Eigentlich wollte ich zu diesem bemerkenswerten Statement von Stefan Niggemeier etwas bloggen. Nach reiflicher Überlegung habe ich den Text wieder gelöscht, denn Rechtsanwälte sind aufgrund ihres konservativen Standesrechts gehalten, nicht negativ über Kollegen zu sprechen.
Außerdem wäre es gut möglich, dass es mir der Kollege Gravenreuth übel nehmen könnte, würde ich ihn mit dem Kollegen Schertz vergleichen …
Mehrfach hatte ich über Wilhelm Hahne berichtet, der sich mit den mächtigen in Rheinland-Pfalz angelegt hat. Das gehört sich nicht, so dass Hahne ungeladenen Besuch bekam, der ihm die Bude auf den Kopf stellte. Das Landgericht Koblenz stellte nun fest, dass nicht einmal ein Anfangsverdacht bestand.
Vor genau einem Jahr hatte ich für einen Mandanten eine Verfassungsbeschwerde gegen ein Hamburger Fehlurteil bzgl. der Haftung für User Generated Content (Foren, Wikis, Blogs) eingelegt. Nunmehr kam aus Karlsruhe ein Signal, das hoffen lässt:
Eine Zeitung hatte im sogenannten „Pressespiegel“ die Meldungen bzw. Meinungen der Mitbewerber abgedruckt (was im UrhG eigens erlaubt wird, um die Meinungsvielfalt zu fördern). Dummerweise riskiert man bei der Wiedergabe fremder Inhalte, dass diese ggf. unwahr oder sonstwie persönlichkeitsrechtsverletzend sind. Die Printmedien haben also ein ähnliches Problem wie Forenbetreiber mit User Generated Content. Inwieweit also muss man anderer Leute Informationen überprüfen? (more…)
Das Weblog netzpolitik.org hatte zu einem Wettbewerb aufgerufen, bei dem das Plakat einer politischen Partei variiert werden sollte („remixen“). Dies gefiel dem Fotografen nicht, der den Politiker abgelichtet hatte, und er verlangte Unterlassung. Der Urheber meinte, dass
„… sein Motiv nur für die CDU lizenziert wurde und nicht für “Wettbewerbe” und “Diffamierung” freigegeben worden sind.“
Netzpolitik nimmt für sich die Meinungsfreiheit in Anspruch, welche auch die Freiheit auf Satire beinhaltet. Fotomontagen im politischen Bereich haben die Rechtsprechung schon häufig beschäftigt. Die Greenpeace-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu dem kritischen Plakat gegen die Chemie-Industrie hatte (BVerfG 1 BvR 2126/93) aufgezeigt, wie weit bei einem politischen Anliegen die Meinungsfreiheit zulasten des Persönlichkeitsrechts gehen kann. Während des Wahlkampfes müssen sogar besonders scharfe Beeinträchtigungen hingenommen werden.
Vorliegend geht es nicht um Persönlichkeitsrecht, sondern um Urheberrecht. Aber auch das Urheberrecht gilt nicht unbegrenzt. So muss ein Urheber zugunsten der Freiheit von Kommunikation etc. hinnehmen, dass sein Werk in gewissen Grenzen zitiert werden darf. Nach § 51 Nr. 2 UrhG darf ein Werk zitiert werden, wenn hierdurch ein selbständiges Werk geschaffen wird. Was zu beachten ist, hat der Bundesgerichtshof im „Schnippselstreit“ festgestellt, als der Comedian Stefan Raab in seiner Resteverwertungsshow „TVTotal“ für lau zitieren und verwerten wollte. Vorliegend ist mit Sicherheit eine hinreichend geleistete eigene geistige Befassung der Spötter mit dem Werk gegeben. Überzeugen Sie sich selbst!
Update:
Im „Lawblog“ des Kollegen RA Udo Vetter wird gerade über die Rechtmäßigkeit der Sache diskutiert. Vetter geht von einer „freie Benutzung nach § 24 UrhG“ aus, während ein anderer Kollege dem widerspricht und auch kein Zitatrecht für die Fotografie („Lichtbildwerk“) annimmt.
Meine Lösung über § 51 Nr. 2 UrhG (Bildzitat in einem Sprachwerk) wird nicht in diskutiert.
Gleichwohl, wie man es juristisch eintütet, so geben jedenfalls die Urteile des Bundesverfassungsgerichts klar eine Tendenz zum Überwiegen der Meinungsfreiheit jedenfalls in Wahlkampfzeiten vor. Bei Motiven wie kitschigen Wahlplakaten könnte man sogar von „Anstiftung zur Parodie“ sprechen, so dass notfalls § 242 BGB greift … ;-)
Vorgestern hatte ich auf den eher pragmatischen Umgang mit den Persönlichkeitsrechten eines wegen KP verdächtigten Täters hingewiesen. Mich zitierende Blogs hatten u.a. SPIEGEL-online (SPON) als löblich hervorgehoben, der das Bildnis aus seinem Speicher entfernt hatte. Offenbar nicht aufgefallen war, dass SPON den Bericht über den sich stellenden Täter jedoch mit dem Bildnis illustriert hatte. Und genau der SPON-Beitrag war es gewesen, der mich entsetzt hatte, ohne dass ich ihn beim Namen genannt hatte. Schwamm drüber …
Mein Thema ist, dass SPON sehenden Auges (erneut) seine journalistischen Sorgfaltspflichten verletzt. Tauss hat wie jeder andere auch Persönlichkeitsrechte, und als absolut geschützt gilt die Intimsphäre. Es kommt im Bereich der Intimsphäre nicht darauf an, ob etwas wahr oder unwahr ist, sondern es gilt der Grundsatz, dass hierüber nur im extremen Ausnahmefall berichtet werden darf. Möglicherweise wäre hierzulande eine originäre Berichterstattung über den Lewinsky-Fall nicht zulässig gewesen (worüber man sich streiten kann).
Nun bin ich bekanntlich ein erklärter Gegner von Zensur und entsprechender Überdehnung des Persönlichkeitsrechts, auch bin ich dem investigativen Journalismus sehr verbunden, aber einfach so aus „internen Unterlagen“ in einem laufenden Gerichtsverfahren zu zitieren, das ist schon kein Journalismus mehr, sondern Wild West.
Es geht mir nicht darum, für Verdächtige im KP-Bereich Partei zu ergreifen. Aber was mich auf die Palme bringt, ist durchsichtiger Kampagnen-Journalismus und Rufmord. SPON online gilt seit Jahren als „Leitmedium“. SPON ist für das Internet so meinungsbildend wie die BLÖD-Zeitung für die Printmedien. Das sollte eigentlich Ansporn zu journalistischer Qualität sein.
Ob irgendjemand unter 100 Millionen Leuten in Deutschland KP besitzt oder nicht, ist vergleichsweise irrelevant. Für die politische Meinungsbildung ist es ungleich relevanter, wenn Spitzenpolitiker die Bundeswehr nach Afghanistan schicken, wo sie Kinder erschießt. (Die haben wohl eine schwächere Lobby.)
Wenn SPON so weiter macht, werde ich meine Bookmarks demnächst überprüfen müssen. Und unter uns: Sueddeutsche online ist ohnehin um Klassen besser.
Update: Der SPON-Artikel scheint entschärft worden zu sein.
Der Fall ist trivial, zu trivial selbst für ein Blog. Aber die Tatsache, dass es ihn überhaupt gibt und er es in die Presse geschafft hat, und außerdem sich vor meiner Haustüre abspielt, soll ein paar Zeilen wert sein.
Ein Münsteraner Jurastudent entwarf einen Münster-Kalender mit Fotos. Die Stadt Münster hat die Rechte nicht gekauft, befand es aber für in Ordnung, die Titelseite des nie gedruckten Kalenders im Portal muenster.de abzudrucken. Dass das ohne Verwertungsrechte oder Ausnahmen wie Zitatrecht usw. nicht geht, sollte eigentlich zur Allgemeinbildung gehören.
Man habe dem Studenten einen Gefallen tun wollen. Auch schön. Sein Angebot, für eine gemeinnützige Spende von 100,- Euro den Fall zu vergessen, schlug die Stadt aus, kassierte stattdessen eine einstweilige Verfügung und hat die Kosten des Rechtsstreits auf über 3.500,- Euro gesteigert.
Zwar bin ich leider an dem Rechtsstreit nicht beteiligt, bedanke mich aber im Namen der Anwaltschaft bei der Stadt Münster für diese Form der lokalen Konjunkturförderung!
Dramatische Szenen spielten sich beim Bundeswahlleiter ab, die hier im Bundestags-TV zu sehen sind. Ab Minute 10 wird die Partei „Die Partei“ gegrillt, weil sie in einem angeblichen Fax mitgeteilt habe, nur einen Landesverband aufzuweisen. Seltsam, denn jedermann weiß doch, dass die Jungs flächendeckend organisiert sind.
Gab es das Fax wirklich? Ist es ein Phantom-Fax? Desinformatives Störfeuer? Partei-Chef Martin Sonneborn würde es abkönnen müssen …
Eigentlich ist das Thema zu widerwärtig, um an einem schönen Sommertag wie diesem darüber zu bloggen. Was soll’s …
Die Polizei hat heute zu Fahndungszwecken Bilder eines Täters, der sich bei seinen „Heldentaten“ filmte, in den Medien platziert. Dazu gibt es im KunstUrhG eigens eine Rechtsgrundlage, die den Eingriff in das Persönlichkeitsrecht am eigenen Bild erlaubt. Dem Täter war dieser Pranger natürlich peinlich, weshalb er sich noch heute stellte.
Damit wäre der Zweck der Verbreitung des Bildnisses entfallen, denn die Fahndung ist zuende. Was machen die Medien? Sie illustrieren die Meldung, dass der Täter sich gestellt hat, exakt mit dem Fahndungsfoto – das nunmehr keines mehr ist.
Für eine Anprangerung in den Medien eines nicht verurteilten Täters gibt es keine Rechtsgrundlage. Die Regeln über die Art und Weise entsprechender Berichterstattung sind im Kodex des Deutschen Presserates hinreichend ersichtlich. Strafe ist Sache des Strafrichters.
Im Internetzeitalter, wo jede Information im digitalen Gedächtnis haften bleibt, ist die Diskussion natürlich irgendwo müssig. Was immer der Täter machen wird, er braucht nun ein neues Gesicht und eine neue Identität. Sicher, unser Mitleid mit dem Mann hält sich in Grenzen. Was mich aber stört, ist die unprofessionelle Gleichgültigkeit, die manche angeblich seriösen Medien an den Tag legen. Wenn es sich um ein sozial besonders geächtetes Delikt handelt, dann scheint man mit zweierlei Maß messen zu dürfen.