Der meinungsfreudige Wikipedia-Autor mit dem Pseudonym „Feliks“ durfte deanonymisiert werden. Nach dreieineinhalb Jahren ging auch dieser Rechtsstreit (hoffentlich) nun zu Ende. Wie bereits die Hamburg Gerichte im Verfügungsverfahren und das Landgericht München im Hauptsacheverfahren, hat nun auch das OLG München ein hinreichendes Interesse der Öffentlichkeit an Identität und Person des Wikipedia-Autors bestätigt, und die Berufung von Feliks verworfen.
Im Beschluss findet der Senat für Feliks, vertreten von Herrn Rechtsanwalt Dr. Achim Dörfer, deutliche Worte:
„Die Ausführungen des Beklagten im Schriftsatz vom 11.03.2022, die in weiten Teilen juristische Fachkenntnisse, insbesondere auf dem Gebiet des Äußerungsrechts, vermissen lassen, geben keine Veranlassung zu einer abweichenden Beurteilung.“
„Inhaltlich falsch – und im Ton vollkommen unangemessen – ist der Vorwurf, die in vorliegender Sache tätigen Gerichte würden sich „als Experten zur Beurteilung der richtigen Berichterstattung über die Person von Prof. Dr. R. V. ‚aufspielen‘ . In der Sache bestätigt der Beklagte mit seinen Ausführungen, dass er sich bei der selektiven Wiedergabe des Lebenslaufs von Prof. Dr. V. nicht um Objektivität bemüht hat, sondern dass es ihm vor allem darauf ankam, dessen „Außenseiterposition“ herauszustellen.“
„Der Beklagte erhebt den Anspruch, es sei Sache des einzelnen Wikipedia-Autors, zu entscheiden, in welchem Umfang er frühere Aktivitäten der beschriebenen Person darstelle. In diesem Zusammenhang verkennt er grundlegend, dass der Leser von einem biographischen Beitrag erwartet, über den Werdegang der beschriebenen Person im Wesentlichen vollständig und objektiv informiert zu werden, um sich ein eigenes Urteil bilden zu können. Gerade Brüche im Lebenslauf oder die Abwendung von früher vertretenen Ansichten sind für den kritischen Leser dabei von besonderem Interesse. Die einseitige Auswahl der über Prof. Dr. V. berichteten Tatsachen lässt dagegen das Bestreben des Beklagten erkennen, alles zu verschweigen, was zu dem von ihm gezeichneten Bild eines „Außenseiters“ nicht passt. Anstatt sich mit den von ihm kritisierten Positionen inhaltlich auseinanderzusetzen, was auch im Rahmen einer Kurzbiographie zulässig ist und dem Leser wertvolle Orientierungshilfen geben kann, verschweigt der Beklagte wesentliche Aspekte des Lebenslaufs von Prof. Dr. V., um dem Leser die gewünschte negative Beurteilung von dessen Person aufzudrängen.“
„Wie das Oberlandesgericht Hamburg in seinem zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits ergangenen Urteil vom 03.03.2020 (Az: 7 U 63/19, AfP 2020, 229) – in anderem Zusammenhang – zutreffend ausgeführt hat, kommt dem Medium „Wikipedia“ sowohl eine erhebliche Breitenwirkung als auch – aufgrund der ständigen Bearbeitung der Beiträge durch die Nutzer selbst – der „Nimbus besonderer Objektivität“ zu. Die Frage, wer die Einträge erstellt und bearbeitet, kann daher insbesondere dann von öffentlichem Interesse sein, wenn es um Beiträge zu zeitgeschichtlichen oder politischen Themen geht und der konkrete Bearbeiter einer bestimmten politischen oder religiösen Richtung zuzuordnen ist (OLG Hamburg a.a.O., Rn. 40). Entgegen der Ansicht des Beklagten erschöpft sich das Interesse der Öffentlichkeit an der Identität des Wikipedia-Autors „Feliks“ nicht darin, den Beklagten verklagen, über ihn weiteres Material herausfinden oder mit ihm in Kontakt treten zu können. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen hat der Beklagte jedenfalls bei der Bearbeitung der Einträge über Prof. Dr. V, N. S., K. M. und E.D. diejenige Objektivität der Darstellung vermissen lassen, welche der verständige und unvoreingenommene Leser von einer Kurzbiographie auf „Wikipedia“ erwarten darf. In den vorgenannten Fällen hat der Beklagte sich ersichtlich davon leiten lassen, dass er die von den Betroffenen vertretenen Personen zum Nahostkonflikt ablehnt. Eine Unterrichtung darüber, welcher politischen und religiösen Richtung der Beklagte zuzuordnen ist, liefert dem Leser deshalb wesentliche Hintergrundinformationen, die ihm das Verständnis der vom Beklagten verfassten oder bearbeiteten Wikipedia-Einträge erleichtern.“
OLG München, Beschluss vom 12.04.2022 – 18 U 2509/21 Pre. Nichtzulassungsbeschwerde möglich.
(Hinweis zum Video: Die darin enthaltene Rechtsmeinung, Wikimedia könne man nur in den USA mit einem US-Anwalt verklagen, ist unzutreffend. Man kann die in den USA ansässige Wikimedia-Foundation problemlos in Deutschland verklagen.)
Unter seinem Pseudonym „Feliks“ missbrauchte ein in der Linkspartei vor einem Jahrzehnt gescheiterter Politiker die Wikipedia, um dort die Biographien von über 200 Personen seinem extremen Narrativ entsprechend zu manipulieren.
Hierzu legte er seinen Medienopfern u.a. erfundene Äußerungen in den Mund und erweckte den Eindruck politisch fragwürdiger Positionen, die notwendig zu politischer Ächtung und sozialer Ausgrenzung führten. Bücher der von ihm diskreditierten Autoren hatte Feliks nicht einmal gelesen. In einem anderen Rechtsstreit räumte er sogar seinen Vorsatz sein, Leser von der Beschäftigung mit der von ihm geächteten Person abzuhalten, da dieser kein anderer als ein schlechter Ruf zustehe.
Etliche Journalisten und Politiker gingen Feliks auf den Leim und beteiligten sich an Hexenjagden. Selbst Rechtsanwälte verweigerten einem von Feliks‘ Medienopfern ihr Ohr, obwohl unvoreingenommener Kontakt gerade mit schwierigen und gestrauchelten Menschen deren professionelle Aufgabe gewesen wäre.
Die eigene Medizin, nämlich das Licht der Öffentlichkeit, schmeckte Felix offenbar nicht, und er entdeckte vor dreieinhalb Jahren plötzlich das allgemeine Persönlicheitsrecht.
Bereits das Landgericht München, das Landgericht Hamburg und das Oberlandesgericht Hamburg hatten entschieden, dass man den politisch extrem einseitigen, selektiven und fälschenden Wikipedia-Autor Feliks beim Klarnamen nennen darf. Dem hat sich jetzt auch das Oberlandesgericht München in einem ausführlich begründeten Hinweisbeschluss angeschlossen:
„Ein gesteigertes Informationsinteresse der Öffentlichkeit an derjenigen Person, die sich hinter dem Pseudonym „Feliks“ verbirgt, ist jedenfalls deshalb anzuerkennen, weil der Beklagte nach den Feststellungen des Landgerichts bei der von ihm vorgenommenen Bearbeitung der vier Beiträge diejenige Objektivität der Darstellung hat vermissen lassen, die der verständige und unvoreingenommene Leser von einer Kurzbiographie auf „Wikipedia“ erwartet und auch erwarten darf. In allen vier Fällen hat sich der Beklagte dabei ersichtlich davon leiten lassen, dass er die von den Betroffenen vertretenen Positionen zum Nahostkonflikt ablehnt. Er hat sich mit diesen Positionen aber nicht in der Sache kritisch auseinandergesetzt, sondern den Betroffenen pauschal – und zum Teil auf recht dürftiger Tatsachengrundlage – den Stempel des „Antizionismus“ aufgedrückt.“
Die Strafverfolgungsbehörden sahen übrigens keinen Anlass, um gegen die üble Nachrede und Verleumdung einzuschreiten. Damit bleibt Medienopfern nur der Zivilrechtsweg.
Der Wikipedianer Feliks manipuliert seit über eine Jahrzehnt Wikipedia-Biographien über Personen, die nicht seine politisch-religiöse Auffassung zum Nahost-Konflikt teilen. So lässt er nach wie vor eine Vielzahl an Personen als vermeintliche Antisemiten erscheinen, darunter ausgerechnet Jüdinnen und Juden. Die Admins scheint das nicht zu stören. Auf Wikipedia bleibt also ganzjährig 1. April.
2018 wurde Feliks von Mandanten enttarnt. Feliks erschlich sich hiergegen zunächst eine einstweilige Verfügung, jedoch konnten wir Landgericht und Oberlandesgericht Hamburg davon überzeugen, dass an seiner Identität ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit besteht. Wer Heckenschütze spielt, muss mit dem Echo leben. Diese Rechtsprechung hat letzte Woche nun das Landgericht München bestätigt (Landgericht München, Urteil vom 26.03.2021 – 25 O 15729/18, nicht rechtskräftig).
Ein anderer Mandant, ein israelisch-isländischer Komponist, verklagte Feliks erfolgreich vor dem Landgericht Koblenz auf Schadensersatz von insgesamt über 10.000,- € wegen Persönlichkeitsrechtsverletzungen (Landgericht Koblenz, Urteil vom 14.01.2021 – 9 O 80/20). Die von Feliks hiergegen öffentlich eingelegte Berufung erwies sich als Rohrkrepierer. So griff sein neuer Anwalt hauptsächlich präkludierten Vortrag aus der ersten Instanz an und bekannte freimütig, meinem Mandanten stehe nur ein schlechter Ruf zu. Meine künftigen Klagen gegen Feliks kann ich dann wohl mit § 826 BGB begründen.
Sein neuer Anwalt ließ mich auch wissen, die meisten von Felik’s Editierungen seien ohnehin verjährt. Tatsächlich jedoch beginnt der Lauf der Verjährung aber erst ab Kenntnisnahme, sodass jeder Geschädigte alle seit 2010 entstandenen Ansprüche noch bis zum 31.12.2021 geltend machen kann.
Ein gewisser „Feliks“ hatte am Landgericht Hamburg zunächst eine einstweilige Verfügung erstritten, die es den Mandanten verbot, Feliks echten Namen zu verraten. Feliks gehört zu den ca. 300 Wikipedia-Autoren, die in kontroversen Beiträgen im Ergebnis die Macht haben, diese zu kontrollieren – dieses, obwohl er häufig extrem subjektiv editiert und Interessenkonflikte nicht offenlegt. So kontrollierte er eine beträchtliche Anzahl an Wikipedia-Biographien von Politikern der Linkspartei sowie politische Lemmata, obwohl er selbst Mitglied der Linken ist, sogar mal im Vorstand der bayrischen PDS saß. Wer immer Feliks‘ (extreme) Meinung zum Nahost-Konflikt nicht teilte, musste damit rechnen, gebrandmarkt und verächtlich gemacht zu werden.
Das Landgericht Hamburg hatte vor einem Jahr die einstweilige Verfügung unter anderem in diesem Punkt wieder einkassiert, denn wenn jemand andere ausgiebig anprangert und sehr, sehr einseitig und irreführend dar- und bloßstellt, der müsse sich halt auch die eigene Medizin schmecken lassen. Der Serienrufmörder ging in Berufung.
Das Oberlandesgericht Hamburg ließ in der Berufungsverhandlung erkennen, dass es an dieser Bewertung nicht nur festhält, sondern die Hürden für eine De-Anonymisierung sogar deutlich niedriger legt. Laut dem Bundesverfassungsgericht hat der Einzelne eine Unterlassungsanspruch, gegen seinen Willen nicht ohne besondern Anlass etwa in einem Text identifiziert zu werden. Wenn sich jemand aber an einer Diskussion über politische oder historische Themen beteiligt, tendiert das OLG Hamburg dazu, eine Deanonymisierung zu gestatten. Mit anderen Worten: Die Denunziationen und Interessenkonflikte, die Feliks nachgewiesen werden konnten, waren nicht einmal nötig, um ihn beim Namen nennen zu dürfen.
Feliks hat damit den anderen Heckenschützen in der Wikipedia einen Bärendienst erwiesen, denn jeder, der nicht gerade zu Themen wie „Algebra“ editiert, muss nun damit rechnen, mit seinen Hinterlassenschaften öffentlich konfrontiert zu werden. Ein Urteil hierzu wird es nicht geben, denn mangels Erfolgsaussicht nahm Feliks diesen und weitere Anträge im Gerichtssaal auf Anraten seiner Anwältin zurück.
Anders als das Landgericht Hamburg vermochte das Oberlandesgericht aus den Äußerungen keinen zwingenden Eindruck zu konstruieren, Feliks sei Mitarbeiter eines Geheimdienstes. Den Mandanten war aufgefallen, dass es sehr schwierig war, ein Foto von Feliks zu finden, was einen Mandanten, einen renommierten Geheimdienstexperten, eben an Geheimdienstler erinnerte, die Weisung haben, jegliche Fotos zu vermeiden.
Erfolgsaussichten hat Feliks jedoch mit einem Antrag gegen die berichtete Behauptung eines Zeugen, dieser habe auf einem Foto eine bestimmte Uniform getragen. Im Verfügungsverfahren konnte Feliks die Mandanten mit einer eidesstattlichen Versicherung in Beweisnöte bringen. Im Rahmen der allerdings von den Mandanten erhobenen negativen Feststellungsklage am Landgericht München wird ihm dieses „Beweismittel“ nicht zur Verfügung stehen.
Die Verhandlung war auch prozessrechtlich interessant. Eine einstweilige Verfügung ist nur zulässig, wenn man mit dem Antrag nicht zu lange trödelt. Vorliegend hatte sich Feliks allerdings in mehrfacher Weise dringlichkeitsschädlich verhalten:
Die Enthüllung war ihm angekündigt worden, sodass er eine Woche zuvor sogar anwaltlich auf Unterlassung abmahnen ließ, dann aber keine Unterlassung gegen eine Erstveröffentlichung durchsetzte.
Feliks ließ nach dem Zeitpunkt der behaupteten Kenntnisnahme fünf Wochen Zeit verstreichen.
Es gibt starke Indizien dafür, dass Feliks die Enthüllung bereits am Tag der Veröffentlichung und nicht erst am Folgetag gekannt haben dürfte.
Die Zivilprozessordnung definiert nicht, wann eine Sache dringlich ist und wann nicht mehr. Normalerweise zählen die Umstände des Einzelfalls. In Hamburg gibt es allerdings eine Tradition, dass man dort „sehr strikt“ an einer Ausschlussfrist von fünf Wochen festhält, die Feliks nach unserer Auffassung um ein paar Stunden verpasst hätte.
Das Landgericht hatte einer einsilbigen eidesstattlichen Versicherung von Feliks Glauben geschenkt, das OLG hingegen meint, dass es auf ein paar Stunden mehr gar nicht ankomme. Das ist insbesondere dann sehr großzügig, wenn man bedenkt, dass Feliks ja nach seiner Abmahnung noch eine Woche ins Land gehen ließ und keine weiteren Maßnahmen ergriff, etwa die Erstveröffentlichung zu unterbinden.
Es bleibt dabei, dass Feliks die ursprünglich mit einem Streitwert von 216.000,- € angesetzte einstweilige Verfügung, die es in der Berufung noch immerhin auf 108.000,- € brachte, fast vollständig verloren hat. Den Rest machen ihm die Mandanten am Landgericht München streitig. Unterm Strich dürfte Feliks das Hamburg-Abenteuer knapp 30.000,- € gekostet haben. Dafür hätte man auch anders Spaß haben können.
Der Rechtsstreit hat noch eine ironische Wendung: Der Titel der ersten Dokumentation eines der Mandanten über Manipulationen in der Wikipedia lautete „Zensur“. Die ist Feliks nun im wahren Leben nicht gelungen.
In der aktuellen Ausgabe der Computerfachzeitschrift c’t vom 04.01.2020, S. 166, warnt ein Artikel vor der Abzocke mit provozierten Verstößen gegen Creative Commons-Lizenzen. So streuen Fallensteller ihre Bilder im Netz unter kostenfreien Lizenzen, obwohl allgemein bekannt ist, dass praktisch niemand die komplizierten Regeln zur korrekten Benennung tatsächlich beherrscht. Dann aber bitten diese Leute mit einem breiten Grinsen zur Kasse wegen einer Urheberrechtsverletzung. Ich beobachte diese Masche seit 2011.
Folgendes möchte ich aus der Sicht eines mit dieser Branche erfahrenen Anwalts anmerken:
99% dieser zweifelhaften Forderungen kommen nicht von „Abmahnanwälten“, sondern von den (angeblichen) Fotografen direkt. Einzig der Kollege Herr Rechtsanwalt Lutz Schroeder aus Kiel mahnte bis letztes Jahr in großem Stil für einen angeblichen Fotografen Christoph Scholz sowie jedenfalls früher für einen obskuren „Verband zum Schutz geistigen Eigentums im Internet (VSGE)“ immer sofort ab. Andere CC-Lizenzforderer bemühten nur sehr gelegentlich Rechtsanwälte. (Update: Magister Kulac fällt wohl noch in diese Kategorie.)
Dem Beitrag zufolge seien solche unberechtigten Forderungen in der Praxis selten. Das kann ich so nicht bestätigen. Es sind zwar wenige „Anbieter“, deren Fallzahlen sind allerdings durchaus beeindruckend. In diesem Bereich gibt es aber sehr wenig Urteile, weil andere Anwälte entsprechende Rechtsstreite ganz überwiegend durch Vergleiche beenden. Ich allerdings habe einige Musterklagen durchgezogen, darunter auch die im c’t-Bericht genannten Sachen am OLG Köln.
In dem Beitrag wird geraten, die Forderungen zurückzuweisen und als ggf. aktive Gegenmaßnahme eine negative Feststellungsklage zu erheben. Das Kostenrisiko läge hier bei einem Streitwert von 6.000,- € bei etwa 2.650,- €.
Das kann ich so nicht bestätigen. Eine wirtschaftlich geführte negative Feststellungsklage sollte keinen höheren Streitwert als den der finanziellen Forderung aufweisen. Daher sollte man eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abgeben, denn eine mögliche Unterlassungsforderung wäre ein unproduktiver Kostenfaktor. Die Lizenzforderungen, mit denen man heute bei Creative Commons-Rechnungen konfrontiert wird, liegen inzwischen meistens unter 1.000,- €. (2015 hatte mal jemand sagenhafte 5.310,38 € verlangt – bekommen hat er am Ende, als wir beim BGH waren, 0,- €, dafür aber unsere Rechnung.) Das Kostenrisiko erster Instanz liegt also bei 620,72 € zzgl. ggf. Anfahrtskosten.
In dem Beitrag wird behauptet, Dreh- und Angelpunkt sei die Tabelle der „Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing“ (mfm). Nein, ganz sicher nicht! Diese Tabelle wird schon bei konventionellen Bildern von den Gerichten müde belächelt und nur bei professionellen Fotografen bzw. Agenturen zum Ausgangspunkt einer Honorardiskussion genommen. Wer aber seine Werke zur kostenfreien und sogar kommerziellen Nutzung freigibt, ist nun einmal insoweit kein professioneller Anwender. Einen mfm-Tarif für Bilder, die unter Creative Commons lizenziert wurden, gibt es logischerweise nicht. Ich glaube nicht, dass aktuell irgendein Gericht für solche Bilder mehr als 100,- € geben würde. Aktuelle Tendenz ist 0,- €.
Die Autoren meinen, bei einer Forderung von 200,- € würde sich der Gang zum Anwalt nicht lohnen. Da viele Kollegen eine kostenlose Erstberatung anbieten (ich nicht) und ich freundliche E-Mail-Anfragen zumindest mit einem hilfreichen Standard-Text beantworte, kann ich das so nicht bestätigen.
Die Autoren raten, statt des Gangs zum Anwalt (wer „geht“ im E-Mail-Zeitalter eigentlich noch zum Anwalt?) bei geringen Forderungen lieber selbst mit dem Gegner unter Verweis auf die jüngeren Urteile zu verhandeln, um eine reduziere Rechnung rauszuschlagen. Damit geht man dem Gegner bereits ein Stück weit auf den Leim: Die meisten dieser „Anbieter“ fügen ihren exoribitant berechneten Ansprüchen ohnehin ein „gutes Angebot“ bei und machen auch noch bei einem Euro einen Gewinn. Das einzig akzeptabe Angebot ist jedoch in Wirklichkeit „0,- €“. (Selbst bei möglichen 100,- € würde niemand klagen, der bei Trost ist, weil solche Prozesse grob unwirtschaftlich wären.)
Die Empfehlung des Beitrags, ansonsten einen Fachanwalt für Urheberrecht oder IT-Recht aufzusuchen, ist mir zwar im Prinzip sympathisch. :) Aber: Zwar müssen Fachanwälte für IT-Recht Grundkenntnisse im Urheberrecht nachweisen, aber gerade gestern hatte ich einen solchen auf der Gegenseite, der § 97a Abs. 4 UrhG selbst in der Berufung noch immer nicht verstehen wollte. Daher rate ich, in vorliegenden Fällen eher nach Spezialisierung auf Urheber- als auf IT-Recht zu achten (und mich mit IT-Recht in Ruhe zu lassen).
Der Beitrag geht auch kurz auf die „Unterlassungserklärung“ ein, die bei Abmahnungen gefordert werden. Richtig ist, dass man diese nicht ohne fachmännische Prüfung unterschreiben sollte. Die Beobachtung, dass bei Verstoß Vertragsstrafen zwischen 1.500,- € oder 5.000,- € fällig würden, kann ich so nicht bestätigen. Zum einen werfen Gerichte vor allem bei Privatleuten häufig deutlich geringere Summen aus, zum andern ist ein Großteil der mir in diesem Bereich bekannten Vertragsstrafevereinbarungen aus unterschiedlichen Gründen schlicht und ergreifend unwirksam. (Unter uns: Ich habe bislang alle solche Forderungen abgewehrt …)
Ich biete Ihnen Vertretung in entsprechenden Fällen zu fairen Konditionen an. Anfragen nach kostenloser Rechtsberatung bitte direkt an meine Mitbewerber!
Eine Million Euro Schadensersatz wollte der US-Hersteller eines sehr populären Computerspiels von einem jungen Mann. Der 19-jährige hatte den Konzern geärgert, weil er eine unerwünschte Cheatsoftware anbot, die in einem Multi-Player-Online-Game dem Spieler gewisse Vorteile einbrachte. Die Forderung der forschen Klägerin hätte für den Mandanten mindestens die Insolvenz bedeutet.
Die wirtschaftlichen Interessen von Computerspiele-Herstellern sind nicht zu unterschätzen: Heute gibt es in Deutschland doppelt so viele Computerspieler wie Autofahrer; allein beim Spiel unseres Gegners werden jährlich Preisgelder iHv 100 Millionen Dollar verteilt. Die Größenordnung des konventionellen Sports haben die Gamer also längst hinter sich gelassen. Entsprechend wenig Spaß verstehen die Anwälte dieser Branche.
Wenn man als Anwalt solche Gegenstandswerte auf den Tisch bekommt, interessiert man sich auf einmal ganz intensiv für Themen wie „wirksamer Haftungsausschluss“ und „ausreichende Deckung des Berufshaftpflichtversicherers“. Die gesetzlich für Anwälte vorgschriebene Mindestdeckung beträgt nämlich „nur“ 250.000,- €.
Die urheberrechtliche Rechtsprechung bei Computerspielen geht absurd weit. In der BGH-Entscheidung World of Warcraft I hatte es der BGH sogar ausreichen lassen, dass für die Entwicklung einer Cheatsoftware irgendwann einmal eine unzulässige (weil vertragswidrige) Vervielfältigung einer fremden Software erfolgt sein muss. Das hieraus resultierende Produkt soll urheberrechtswidrig sein, obwohl es selbst keine audiovisuellen Bestandteile aufweist und fremde Software nicht verändert.
Ersichtlich ist Urheberrecht nicht dazu gemacht, dass ein Computerspiele-Konzern den Leuten verbieten darf, ergänzende Software zu bauen. Solange keine geschützten Inhalte kopiert oder das Originalwerk nicht verändert wird, hat der Fall herzlich wenig mit Urheberrecht zu tun. Wenn die Annahme ausreicht, dass ein Entwickler das fremde Programm irgendwann einmal habe testen müssen, erinnert das stark an das Konzept der Homöopathie, dem zufolge die Schwingungen eines Stoffes noch in subatomarer Größenordnung erhalten bleiben sollen.
Überzeugender als Urheberrecht wäre daher der Ansatz gewesen, Ansprüche aus dem Gesetz gegen unlauteren Wetbewerb heranzuziehen, wie man es bei World of Warcraft II tat. Das wäre in unserem Fall spannend geworden, weil in unserer Variante unlauterer Wettbewerb nämlich im Ergebnis wohl nicht einschlägig war.
Es hätte mich schon gereizt, diese Sache insgesamt noch einmal beim BGH durchzufechten. Der Mandant konnte solch akademischen Interessen natürlich wenig abgewinnen.
Ein halbes Jahr Nervenstärke zahlte sich nun vor Gericht aus. Mit dem nunmehr zustande gekommenen Vergleich, über dessen Details naturgemäß Stillschweigen vereinbart wurde, können beide Seiten gut leben. :)
Wohl noch nie hatte das Oberlandesgericht Köln über einen Fall mit einem Streitwert von sagenhaften 100,- € zu entscheiden. Doch das Landgericht Köln hatte unsere Berufung zugelassen, weil eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung geklärt werden sollte. Hat der Fotograf dieses unter eine kostenlose Creative Commons-Lizenz gestellten Lichtbilds der Hamburger Speicherstadt Anspruch auf Schadensersatz, wenn es jemand nicht rechtskonform nutzt? Nunmehr sprach das OLG Köln das erste obergerichtliche Urteil zu dieser spannenden Rechtsfrage.
Update: Einem Lizenzgeber sind bei Rechtsverletzung die Ansprüche auf Unterlassung, Urheberbenennung oder Erstz für Abmahnkosten unbenommen. Hier geht es einzig um die Frage, ob man bei kostenlos nutzbaren Werken einen finanziellen Schadensersatz geltend macht kann und in welcher Höhe. Der Lizenzinhaber wollte einen solchen in einer Höhe, die sogar über den MFM-Sätzen lag.
0,- €?
Herr Wolf, der jedenfalls im Zeitpunkt der Lizenzierung und Nutzung kein profesioneller Fotograf war, hatte etliche Fotos von bekannten Gebäuden bei Wikimedia unter einer Lizenz Attribution-ShareAlike 3.0 Unported (CC BY-SA 3.0) eingestellt, die selbst kommerzielle Nutzung kostenlos zulässt, solange Namen und Lizenz korrekt genannt und ggf. verlinkt werden. Wer einen Fehler machte, etwa den werten Namen des Fotografen nicht angab, wurde bisweilen von Wolf oft sogar vierstellig zur Kasse gebeten.
100,- €?
Die Richter an Amts- und Landgericht Köln wiesen diese astronomischen Forderungen ganz überwiegend zurück, billigten Herrn Wolf jedoch – dogmatisch fragwürdig – einen „geschätzten“ Schadensersatz iHv 100,- € zu.
Kurz nach diesem Urteil hatte ich für einen anderen Mandanten am OLG Köln einen inzwischen „berühmten“ Prozesskostenhilfebeschluss vom 29.06.2916 (6 W 72/18) erwirkt, demzufolge der Schadensersatzanspruch für das oben abgebildete Lichtbild nicht höher als 0,- € beträgt:
Auch an den Gerichten in Düsseldorf, Hannover, München, Würzburg, Koblenz, Kempten, Nürnberg-Fürth, teilweise Berlin, teilweise Frankfurt am Main und anderen folgte man in den letzten beiden Jahren meiner Rechtsauffassung, dass ein Kostenlos-Bildverteiler denknotwendig keinen wirtschaftlichen und damit ersatzfähigen Schaden erleidet, wenn sein werter Name nicht genannt wird. So hatte Herr Wolf keinen Beweis erbringen können, dass er seine Bilder auf konventionelle Weise veräußert hatte.
100,- €!
Trotz des Kölner OLG-Beschlusses blieben Amts- und Landgericht Köln jedoch bei ihrer Rechtsauffassung und billigten Herrn Wolf weiterhin 100,- € zu. (Ein von Herrn Wolf ausgiebig kommunizierter Ausreißer des Amtsgerichts Köln nach oben beruhte auf einem Versehen des Richters, der in späteren Urteilen wieder auf 100,- € zurückschwenkte.) Andere Gerichte wie Landgericht München folgten dieser Schätzung, in Mannheim gab es sogar das doppelte.
In Rechtsprechung und Fachliteratur ist diese Rechtsfrage bislang ungeklärt, obwohl es seit Jahren etwa in München häufig Klagen gibt, die aber immer mit irgendwelchen Vergleichen endeten. Das Berliner Kammergericht hatte schon 2015 Zweifel angemeldet, ob eine solche Petitesse überhaupt Schadensersatzansprüche auslösen kan erlaubte es jedenfals, solche Anbieter „Abzocker“ zu nennen.
Das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg hingegen gab neulich zwar einen Anspruch, taxierte den Schaden aber auf gerade einmal 10,- € + Verletzerzuschlag von weiteren 10,- € – statt den üppigen 2.200,- €, die Herr Wolf gerne gehabt hatte.
Schaden ja, aber …
Die Frage, dass auch bei kostenlosen Lizenzen grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch denkbar ist, hatte auch der Bundesgerichtshof schon einmal behandelt, nämlich in den Entscheidungen „Motorradteile“ und „CT Paradis“. Ich halte das für falsch, weil man nicht mit der einen Hand geben und das dann mit der anderen Hand gleich wieder nehmen kann. Es ist nicht Sinn einer kostenlosen Lizenz, als Munition für „Tretminen“ herzuhalten. Aber gut, den BGH wird man erst einmal beachten müssen.
… nicht höher als 0,- €!
Eine andere Frage aber ist, in welcher Höhe ein solcher Schadensersatzanspruch geltend gemacht werden kann. Das OLG Hamm, das ich in einem anderen Fall
Nach nunmehr ca. 30 negativen Feststellungsklagen trafen sich nun die Parteien vor dem OLG Köln zum Endspiel. (Ich hatte immer bedauert, dass Herr Wolf seine Kamera nie dabei hatte, denn er hätte die Wikipedia mit einer Menge Fotos von Gerichtsgebäuden bereichern können … ;) )
Das OLG bewertete die Lizenz als „allgemeine Geschäftsbedingung“, wollte aber nicht entscheiden, ob die sog. „Heimfallklausel“ nach § 7a möglicherweise wegen Unklarheit unwirksam oder möglicherweise auch keine auflösende Bedingung ist. Eine Entscheidung insoweit war in unserem Fall nicht erforderlich, weil der vermeintliche Anspruch bereits an der Tatsachenfrage scheiterte, ob dieser höher als 0,- € sei.
Denn insoweit trägt der Rechteinhaber nämlich die Darlegungs- und Beweislast. Herr Wolf allerdings konnte keinen wirtschaftlichen Wert der Null-Euro-Lizenz darstellen. Zwar kann eine solche Benennung und Verlinkung durchaus Werbung für einen professionellen Fotografen sein. Allerdings vermochte Herr Wolf jedenfalls für den streitgegenständlichen Zeitraum keine tatsächliche Lizenzierungspraxis nachweisen.
Damit bleibt es dabei, dass Geschäftsleute für eine Lizenz, die sie kostenlos nutzen dürfen, keinen anderen Marktpreis als 0,- € vereinbart hätten. Dem Verwender ist dementsprechend auch kein unmittelbarer Vermögensvorteil zugeflossen.
Allerdings schloss das Gericht nicht aus, dass Herr Wolf inzwischen professioneller Fotograf ist oder es einmal wird.
2 x 0 € = 0 €
Außerdem hat ein verletzter Lichtbild-Urheber, dessen Namen entgegen seinem Urheberpersönlichkeitsrecht aus § 13 UrhG nicht genannt wurde, nach (umstrittener) Meinung des BGH Anspruch auf Verdoppelung des Lizenzschadens. Aber wenn der halt bei „Null“ liegt, dann weiß man in Köln:
Seit etwa sieben Jahren versenden diverse Fotografen Forderungsschreiben, in denen sie horrende Beträge fordern, weil ihre unter kostenlose Creative Commons-Lizenzen gestellte Lichtbilder von Nutzern nicht oder nicht hinreichend benannt werden. Angeblich wäre ihnen dadurch ein ersatzfähiger Schaden entstanden.
Bereits 2014 hatte ich am Berliner Kammergericht durchgesetzt, dass man dieses Geschäftsmodell „Abzocken“ nennen darf. Wenn solche Fälle allerdings tatsächlich mal vor Gericht landen, lassen sich die Abmahnopfer meistens zu einem Vergleich breitschlagen.
In den letzten zwei Jahren haben allerdings ca. 30 Abmahnopfer sog. „negative Feststellungsklagen“ gegen solche Forderungen erhoben. Seither habe ich diverse Gerichtsstände durchgetestet und etwa Herrn Wolf bzw. seine Anwälte nach Köln, Mannheim, Frankfurt, München, Hannover, Koblenz und Berlin gebeten. Inzwischen ist die Saat aufgegangen: Manche Gerichte erkennen zwar einen Bruchteil dieser Forderungen an, inzwischen aber folgen mir die meisten Richter und weisen die vermeintlichen Ansprüche vollends zurück.
Der persönlich sehr sympathische, geschäftlich aber nicht ganz so freundliche Herr Thomas Wolf – TW Photomedia – behauptet zwar in seinen Anschreiben, das Amtsgericht Köln hätte ihm leztes Jahr 367,- € für ein Bild zugstanden. Letzten Sommer hat dieser Richter seine Ansicht in gleichgelagerten Fällen jedoch geändert und will wie seine Kollegen gerade einmal einen Hunni anerkennen. Derzeit ist am OLG Köln eine Revision anhängig, in der wir Herrn Wolf auch noch die lezten 100,- € streitig machen. 2016 hatte der Senat in einem viel zitierten PKH-Beschluss in dieser Sache anklingen lassen, dass 0 x 0,- € = 0,- € sei.
Auch an Herrn Wolfs eigenem Gerichtsstand, dem Amtsgericht Würzburg, hat sich nunmehr in einer Serie an Urteilen meine Rechtsauffassung durchgesetzt, dass solche Forderungen zur Gänze unbegründet sind. Während 0,- €-Urteile der Amtsgerichte Hannover und Düsseldorf inzwischen rechtskräftig sind, wird sich mit den Würzburger Judikaten noch das Landgericht Nürnberg-Fürth befassen.
Auch ein 0,- €-Urteil des Amtsgerichts Koblenz muss in die Verlängerung, und zwar zum Landgericht Frankenthal, das bislang in der Wikipedia noch kein Foto bekommen hat. Gebäudefotografie ist allerdings genau die Spezialität von Herrn Wolf. Vielleicht nimmt er ja mal die Kamera zum nächsten Gerichtstermin mit … ;)
Obwohl die Gerichte dem geschäftstüchtigen Foto-Lizenzgeldeintreiber Thomas Wolf seit Jahren die Grenzen aufzeigen und einige inzwischen gar keine finanziellen Ansprüche für unter kostenfreien Creative-Commons lizenzierte Lichtbilder zubilligen, will Thomas Wolf einfach nicht von seinen Lizenzforderungen wegen unterlassener Namens- und Lizenznennung lassen.
Für das oben abgebildete Lichtbild berühmte sich Wolf mal eben eines Anspruchs über 2.250,- € (netto). Ein ausländischer Mitarbeiter meines Mandanten, der auf Wikipedia die oben genannte Lizenzbedingung missverstand, hatte dieses Bild im Online-Auftritt des Unternehmens verwendet und dabei nicht das kryptische Kürzel sowie den Namen des Lichtbildners (der sich für einen Urheber hält) genannt.
Bekanntlich fotografiert der ungelernte Hobbyfotograf Thomas Wolf berühmte Bauwerke, die aufgrund ihrer prominenten Bezeichnung und Platzierung etwa in der Wikipedia ein traumhaftes Google-Ranking erfahren. Die Motive sind also alles andere als originell und die Ausführung genügt auch in den seltensten Fällen professionellen Ansprüchen an Architekturfotografie, wie es vorletzte Woche das Landgericht München ausführte. Schon deshalb sind die astronomischen Honorarvorstellungen, die Wolf auf seiner Homepage präsentiert, unglaubhaft.
Der Mandant, ein mittelständische Verleger, war allerdings mit realistischen Marktpreisen vertraut. Er sah sich das von Wolf aufgetischte Lizenzmodell mal genauer an und verglich einzelne Motive mit professionellen Angeboten. So will Wolf dort für ein Lichtbild der Engelsburg1.425,- € haben – im Monat … Ein vergleichbares Foto kann man bei dpa für 20,- € beziehen, und dieses dann zeitlich unbegrenzt nutzen. Der Mandant fand das Motiv auch bei einem Fotostockanbieter, dem er eine Jahrespauschale für ein Volumen von 350 Bildlizenzen bezahlt, die unter dem Wolfschen „Monatspreis“ einer einzigen Monatslizenz liegt. Die Bereicherung läge im Monat bei deutlich unter 50 Cent.
Wie etliche andere Mandanten auch lehnte er Wolfs Angebot dankend ab und beauftragte eine negative Feststellungsklage. Im Laufe der kommenden Monate stehen Urteile an, in denen die Gerichte Wolf Forderungen zwischen 0,- € und maximal 100,- € zubilligen werden. Gleiches gilt für das Inkasso-Unternehmen Inkasso Becker Wuppertal GmbH & Co. KG, an das Wolf einen Teil seiner vermeintlich werthaltigen „Forderungen“ abgetreten hat.
Seit Januar suggeriert Wolf in seinen Forderungsschreiben, das Amtsgericht Köln wäre seinen unverschämten Honorarvorstellungen in einem Urteil gefolgt. Richtig ist, dass ein Richter in Köln (anders als sein Kollege) in einem Urteil vom Januar 2017 Wolf 357,- € „zubilligte“ – gerade einmal die Hälfte seines „Anspruchs“. Die Umstände des nicht berufungsfähigen Fehlurteils sind allerdings alles andere als ruhmreich:
In der mündlichen Verhandlung vom Mai 2016 hatte der Richter erklärt, dem OLG Köln folgen zu wollen und einen Lizenzschaden von 0,- € anzuerkennen, einer Honorarforderung für eine anwaltliche Abmahnung jedoch statt zu geben. Der Richter erkrankte jedoch für ein halbes Jahr und entschied dann im Januar überraschend genau umgekehrt. Die Urteilsbegründung setzt sich weder mit der Creative Commons-Problematik noch mit dem Hinweisbeschluss des OLG Köln sowie der Rechtsprechung von Amts- und Landgericht Köln auseinander, die jeweils nur 100,- € zubilligen.
Der Richter hatte also aufgrund seiner Krankheit und des Arbeitsrückstaus schlicht und ergreifend den Überblick verloren. Ärgerlich, aber menschlich. Zum Mitschreiben: Bundesweit hat Wolf keine realistischen Chancen mehr, vor Gericht für einen Lizenzverstoß bzgl. seiner Creative Commons-Lichtbilder mehr als 100,- € zu erwirtschaften. Tendenz 0,- €.
Wolfs Forderungs-E-Mails sind allerdings nicht nur lästig, sondern insoweit ernst zu nehmen, als dass er seinen Unterlassungsanspruch anwaltlich abmahnen und entsprechende Forderungen einklagen lässt. Die Gerichte gehen bislang auch bei Creative Commons-Abmahnungen davon aus, dass für ein Knipsbild ein stolzer Gegenstandswert von 6.000,- € anzusetzen ist. Für eine Abmahnung kann daher ein Anwalt 480,20 € netto verlangen. Der „professionelle“ Fotograf Thomas Wolf bestreitet zudem, zum Vorsteuerabzug berechtigt zu sein, sodass die Abmahnungen mit 571,44 € plus Zinsen zu Buche schlagen würden. Außerdem schlägt der Anwalt auf den Gegenstandswert noch die Lizenzforderung drauf.
Die Erfahrung zeigt, dass Wolf trotz anwatlicher Zurückweisung von Forderungen weiterhin seine „Mahnungen“ verschickt. Wer also nicht mehr von Wolf belästigt werden möchte, muss daher eine negative Feststellungsklage einreichen. Im realistischen Idealfall muss Wolf sämtliche Prozesskosten tragen. Die zahlt er allerdings lässig aus der Portokasse, denn der junge Mann hat mit seinem Geschäftsmodell beeindruckende Umsätze generiert.
Heute titelt die BILD-Zeitung mit Jürgen Klinsmann, einem langjährigen Prozessgegner des Axel Springer Verlags. Und diesmal ist man in der komfortablen Lage, auf einen gemeinsamen „Gegner“ zu verweisen, denn Klinsmann trainiert bekanntlich die US-Mannschaft im heutigen Spiel gegen die deutsche Elf.
Die BILD-Zeitung maßt sich seit Jahrzehnten an, mitzubestimmen, wer Kanzler oder Bundestrainer wird usw.. Wer was werden will, der muss mit BILD tanzen. Wollte Klinsmann aber nie. Von Anfang an schirmte er sein Privatleben ab, so wie es jedem zusteht. Im Gegensatz zu Lothar Mathäus, der BILD zuverlässig mit Boulevard-Käse versorgte. 1996 musste Mathäus gehen, offenbar auch auf Betreiben von Klinsmann.
Während der EM 1996 in England griff die BILD-Zeitung einen Besuch der Nationalelf in einer Hotelsauna auf, wo die Deutschen im Adamskostüm aufliefen – auf der Insel hält man nämlich in der Sauna Bekleidung für zweckmäßig. Durch ein Foto entstand der Eindruck, als wäre Klinsmann entsprechend freizügig durch das Hotel marschiert. Klinsmann erstritt für diesen Jux von BILD 25.000,- €, die er spendete.
Als Gerüchte über Klinsmanns Privatleben auftauchten, griff diese während der WM 1998 etwa Harald Schmidt auf, der aus vermeintlicher Sicht von Mathäus das „geheime WM-Tagebuch“ servierte und ihm satirisch „Zitate“ wie „Warmduscher“ und „Schwabenschwuchtel“ in den Mund legte. Das fand der DFB nicht witzig und erstritt von Schmidt eine Unterlassungserklärung.
Anders als seine Vorgänger lieferte Klinsmann auch keine Mannschaftsaufstellung im Voraus an BILD, alle Journalisten bekamen die Infos gleichzeitig. „Grinsi-Klinsi“ blieb auch in den Folgejahren unfreiwilliger Dauergast bei BILD, wie das BILDblog dokumentiert. Selbst Auswandern in die USA nutze nichts.