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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


21. April 2022

OLG München: Name des Wikipedia-Serienrufmörders Feliks durfte genannt werden

Der meinungsfreudige Wikipedia-Autor mit dem Pseudonym „Feliks“ durfte deanonymisiert werden. Nach dreieineinhalb Jahren ging auch dieser Rechtsstreit (hoffentlich) nun zu Ende. Wie bereits die Hamburg Gerichte im Verfügungsverfahren und das Landgericht München im Hauptsacheverfahren, hat nun auch das OLG München ein hinreichendes Interesse der Öffentlichkeit an Identität und Person des Wikipedia-Autors bestätigt, und die Berufung von Feliks verworfen.

Im Beschluss findet der Senat für Feliks, vertreten von Herrn Rechtsanwalt Dr. Achim Dörfer, deutliche Worte:

„Die Ausführungen des Beklagten im Schriftsatz vom 11.03.2022, die in weiten Teilen juristische Fachkenntnisse, insbesondere auf dem Gebiet des Äußerungsrechts, vermissen lassen, geben keine Veranlassung zu einer abweichenden Beurteilung.“

„Inhaltlich falsch – und im Ton vollkommen unangemessen – ist der Vorwurf, die in vorliegender Sache tätigen Gerichte würden sich „als Experten zur Beurteilung der richtigen Berichterstattung über die Person von Prof. Dr. R. V. ‚aufspielen‘ . In der Sache bestätigt der Beklagte mit seinen Ausführungen, dass er sich bei der selektiven Wiedergabe des Lebenslaufs von Prof. Dr. V. nicht um Objektivität bemüht hat, sondern dass es ihm vor allem darauf ankam, dessen „Außenseiterposition“ herauszustellen.“

„Der Beklagte erhebt den Anspruch, es sei Sache des einzelnen Wikipedia-Autors, zu entscheiden, in welchem Umfang er frühere Aktivitäten der beschriebenen Person darstelle. In diesem Zusammenhang verkennt er grundlegend, dass der Leser von einem biographischen Beitrag erwartet, über den Werdegang der beschriebenen Person im Wesentlichen vollständig und objektiv informiert zu werden, um sich ein eigenes Urteil bilden zu können. Gerade Brüche im Lebenslauf oder die Abwendung von früher vertretenen Ansichten sind für den kritischen Leser dabei von besonderem Interesse. Die einseitige Auswahl der über Prof. Dr. V. berichteten Tatsachen lässt dagegen das Bestreben des Beklagten erkennen, alles zu verschweigen, was zu dem von ihm gezeichneten Bild eines „Außenseiters“ nicht passt. Anstatt sich mit den von ihm kritisierten Positionen inhaltlich auseinanderzusetzen, was auch im Rahmen einer Kurzbiographie zulässig ist und dem Leser wertvolle Orientierungshilfen geben kann, verschweigt der Beklagte wesentliche Aspekte des Lebenslaufs von Prof. Dr. V., um dem Leser die gewünschte negative Beurteilung von dessen Person aufzudrängen.“

„Wie das Oberlandesgericht Hamburg in seinem zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits ergangenen Urteil vom 03.03.2020 (Az: 7 U 63/19, AfP 2020, 229) – in anderem Zusammenhang – zutreffend ausgeführt hat, kommt dem Medium „Wikipedia“ sowohl eine erhebliche Breitenwirkung als auch – aufgrund der ständigen Bearbeitung der Beiträge durch die Nutzer selbst – der „Nimbus besonderer Objektivität“ zu. Die Frage, wer die Einträge erstellt und bearbeitet, kann daher insbesondere dann von öffentlichem Interesse sein, wenn es um Beiträge zu zeitgeschichtlichen oder politischen Themen geht und der konkrete Bearbeiter einer bestimmten politischen oder religiösen Richtung zuzuordnen ist (OLG Hamburg a.a.O., Rn. 40).
Entgegen der Ansicht des Beklagten erschöpft sich das Interesse der Öffentlichkeit an der Identität des Wikipedia-Autors „Feliks“ nicht darin, den Beklagten verklagen, über ihn weiteres Material herausfinden oder mit ihm in Kontakt treten zu können. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen hat der Beklagte jedenfalls bei der Bearbeitung der Einträge über Prof. Dr. V, N. S., K. M. und E.D. diejenige Objektivität der Darstellung vermissen lassen, welche der verständige und unvoreingenommene Leser von einer Kurzbiographie auf „Wikipedia“ erwarten darf. In den vorgenannten Fällen hat der Beklagte sich ersichtlich davon leiten lassen, dass er die von den Betroffenen vertretenen Personen zum Nahostkonflikt ablehnt. Eine Unterrichtung darüber, welcher politischen und religiösen Richtung der Beklagte zuzuordnen ist, liefert dem Leser deshalb wesentliche Hintergrundinformationen, die ihm das Verständnis der vom Beklagten verfassten oder bearbeiteten Wikipedia-Einträge erleichtern.“

OLG München, Beschluss vom 12.04.2022 – 18 U 2509/21 Pre. Nichtzulassungsbeschwerde möglich.

(Hinweis zum Video: Die darin enthaltene Rechtsmeinung, Wikimedia könne man nur in den USA mit einem US-Anwalt verklagen, ist unzutreffend. Man kann die in den USA ansässige Wikimedia-Foundation problemlos in Deutschland verklagen.)

31. Januar 2022

OLG München: Wikipedia-Serienrufmörder „Feliks“ durfte mit Klarnamen genannt werden

Unter seinem Pseudonym „Feliks“ missbrauchte ein in der Linkspartei vor einem Jahrzehnt gescheiterter Politiker die Wikipedia, um dort die Biographien von über 200 Personen seinem extremen Narrativ entsprechend zu manipulieren.

Hierzu legte er seinen Medienopfern u.a. erfundene Äußerungen in den Mund und erweckte den Eindruck politisch fragwürdiger Positionen, die notwendig zu politischer Ächtung und sozialer Ausgrenzung führten. Bücher der von ihm diskreditierten Autoren hatte Feliks nicht einmal gelesen. In einem anderen Rechtsstreit räumte er sogar seinen Vorsatz sein, Leser von der Beschäftigung mit der von ihm geächteten Person abzuhalten, da dieser kein anderer als ein schlechter Ruf zustehe.

Etliche Journalisten und Politiker gingen Feliks auf den Leim und beteiligten sich an Hexenjagden. Selbst Rechtsanwälte verweigerten einem von Feliks‘ Medienopfern ihr Ohr, obwohl unvoreingenommener Kontakt gerade mit schwierigen und gestrauchelten Menschen deren professionelle Aufgabe gewesen wäre.

Die eigene Medizin, nämlich das Licht der Öffentlichkeit, schmeckte Felix offenbar nicht, und er entdeckte vor dreieinhalb Jahren plötzlich das allgemeine Persönlicheitsrecht.

Bereits das Landgericht München, das Landgericht Hamburg und das Oberlandesgericht Hamburg hatten entschieden, dass man den politisch extrem einseitigen, selektiven und fälschenden Wikipedia-Autor Feliks beim Klarnamen nennen darf. Dem hat sich jetzt auch das Oberlandesgericht München in einem ausführlich begründeten Hinweisbeschluss angeschlossen:

„Ein gesteigertes Informationsinteresse der Öffentlichkeit an derjenigen Person, die sich hinter dem Pseudonym „Feliks“ verbirgt, ist jedenfalls deshalb anzuerkennen, weil der Beklagte nach den Feststellungen des Landgerichts bei der von ihm vorgenommenen Bearbeitung der vier Beiträge diejenige Objektivität der Darstellung hat vermissen lassen, die der verständige und unvoreingenommene Leser von einer Kurzbiographie auf „Wikipedia“ erwartet und auch erwarten darf. In allen vier Fällen hat sich der Beklagte dabei ersichtlich davon leiten lassen, dass er die von den Betroffenen vertretenen Positionen zum Nahostkonflikt ablehnt. Er hat sich mit diesen Positionen aber nicht in der Sache kritisch auseinandergesetzt, sondern den Betroffenen pauschal – und zum Teil auf recht dürftiger Tatsachengrundlage – den Stempel des „Antizionismus“ aufgedrückt.“

Die Strafverfolgungsbehörden sahen übrigens keinen Anlass, um gegen die üble Nachrede und Verleumdung einzuschreiten. Damit bleibt Medienopfern nur der Zivilrechtsweg.

26. Juni 2014

Klinsmann und das Presserecht

Heute titelt die BILD-Zeitung mit Jürgen Klinsmann, einem langjährigen Prozessgegner des Axel Springer Verlags. Und diesmal ist man in der komfortablen Lage, auf einen gemeinsamen „Gegner“ zu verweisen, denn Klinsmann trainiert bekanntlich die US-Mannschaft im heutigen Spiel gegen die deutsche Elf.

Die BILD-Zeitung maßt sich seit Jahrzehnten an, mitzubestimmen, wer Kanzler oder Bundestrainer wird usw.. Wer was werden will, der muss mit BILD tanzen. Wollte Klinsmann aber nie. Von Anfang an schirmte er sein Privatleben ab, so wie es jedem zusteht. Im Gegensatz zu Lothar Mathäus, der BILD zuverlässig mit Boulevard-Käse versorgte. 1996 musste Mathäus gehen, offenbar auch auf Betreiben von Klinsmann.

Während der EM 1996 in England griff die BILD-Zeitung einen Besuch der Nationalelf in einer Hotelsauna auf, wo die Deutschen im Adamskostüm aufliefen – auf der Insel hält man nämlich in der Sauna Bekleidung für zweckmäßig. Durch ein Foto entstand der Eindruck, als wäre Klinsmann entsprechend freizügig durch das Hotel marschiert. Klinsmann erstritt für diesen Jux von BILD 25.000,- €, die er spendete.

Als Gerüchte über Klinsmanns Privatleben auftauchten, griff diese während der WM 1998 etwa Harald Schmidt auf, der aus vermeintlicher Sicht von Mathäus das „geheime WM-Tagebuch“ servierte und ihm satirisch „Zitate“ wie „Warmduscher“ und „Schwabenschwuchtel“ in den Mund legte. Das fand der DFB nicht witzig und erstritt von Schmidt eine Unterlassungserklärung.

Anders als seine Vorgänger lieferte Klinsmann auch keine Mannschaftsaufstellung im Voraus an BILD, alle Journalisten bekamen die Infos gleichzeitig. „Grinsi-Klinsi“ blieb auch in den Folgejahren unfreiwilliger Dauergast bei BILD, wie das BILDblog dokumentiert. Selbst Auswandern in die USA nutze nichts.

2009 fand Klinsmann einen neuen Gegner: die TAZ, die ihn satirisch an Kreuz schlug. Das Landgericht München meinte allerdings, dass auch einem gläubigen Christen so etwas zuzumuten sei, ebenso das Oberlandesgericht.

Egal. Wichtig is auf`m Platz!

21. Januar 2014

Liebes Verfassungsgericht!

Post vom Bundesverfassungsgericht.

Das Verfassungsblog finden die Entscheidung gut.

Das Lawblog weniger.

28. November 2011

Dr. Nikolaus Klehr – Klagen, bis der Arzt kommt (12)

Der sympathische Nicht-Onkologe Herr Dr. Nikolaus Klehr, der unglücklich darüber ist, dass viele Fachleute an seinen Krebsheilkünsten zweifeln und daher eine beachtliche Anzahl an medienrechtlichen Prozessen anstrengte, vermochte den Bayerischen Rundfunk offensichtlich nicht einzuschüchtern.

Heute nun lief ein neuer, nunmehr 30 Minuten langer Radio-Beitrag auf Bayern 2 über Herrn Dr. Nikolaus Klehrs erstaunliche PR-Gefechte. Auch medizinrechtlich zum Thema „Therapiefreiheit“ und Aufsicht hochinteressant. In den letzten fünf Minuten behandelt der Beitrag die Klagewut des Dr. Nikolaus Klehr.

Ob das alles im Beitrag stimmt, kann ich natürlich nicht beurteilen und erkläre hiermit zur Kenntnisnahme speziell der Zivilkammer 24 des Landgerichts Hamburg, dass ich mich von allen Behauptungen im Bericht distanziere. Man weiß ja nie, was die in Hamburg einem so zurechnen … ;)

18. November 2011

Youtube muss Nutzer nicht verpetzen!

Die Rechteinhaberin des Films „Werner beinhart“ hatte von Youtube die Herausgabe der Nutzerdaten eines Filmfreunds begehrt, der dort urheberrechtlich geschütztes Material hochgeladen hatte. Youtube begnügte sich jedoch mit dem Löschen. Das OLG München hat der Neugierde einer Absage erteilt, da das Hochladen kein „gerwerbliches Ausmaß“ darstelle.

Tja, Werner, da hättest du mal besser in Köln geklagt …

14. November 2011

Dr. Nikolaus Klehr – Klagen, bis der Arzt kommt (10)

Die umfangreichen Schriftsätze der Klehr-Anwälte, die hier so über meinen Schreibtisch gehen, sind nun verfilmt worden. Letzte Woche sendete der Bayerische Rundfunk diese Reportage über eine erstaunliche Lücke in der Aufsicht über Mediziner – und Dr. Nikolaus Klehrs ausgelebtes Bedürfnis nach Schutz seiner Persönlichkeitsrechte.

Von den im Beitrag aufgestellten Tatsachenbehauptungen, Meinungsäußerungen und Andeutungen distanziere ich mich. Ich habe von Medizin keine Ahnung und kann auch die Echtheit der abgebildeten Dokumente nicht beurteilen.

13. April 2011

Pressefreiheit für Links

Ich wollte eigentlich noch etwas Erbauliches zu den nunmehr veröffentlichten Urteilsgründen in Sachen Musikindustrie ./. Heise-Verlag schreiben. Der 1. Senat des BGH hatte ein pressefeindliches Verbot aufgehoben, in einem Beitrag auf einen Website zu verlinken, die der Content-Industrie nicht gefiel.

Aber alles, was zur Pressefreiheit zu kommentieren ist, hat der Kollege Stadler bereits 2005 in JurPC ab Absatz 18 ff. geschrieben.

Zu ergänzen wäre allenfalls die Hintergrund-Info, dass die Musikleute ursprünglich sogar ein Totalverbot des Heise-Artikels verlangt haben. Verständlich, weil sich dann jeder den Link hätte ergooglen können. Aber unverständlich, weil das nun einmal Zensur wäre. Und aus diesem Grund spiele ich oben mit speziellem Gruß an die Musikindustrie das „Lied gegen Zensur“!

Ich selber bin ja bekanntlich neulich von einem freundlichen Kollegen wegen einer Einbindung eines Youtube-Videos abgemahnt worden, dessen Inhalte seinem Mandaten nicht gefielen. Technisch gesehen ist diese Einbindung eigentlich nichts anderes als ein Link. Und wenn man ein fremdes Presseerzeugnis zur Diskussion stellt, macht man sich nicht dessen Inhalte zu Eigen. In Hamburg muss man allerdings mit so etwas vorsichtig sein … ;-)

11. März 2011

Dr. Nikolaus Klehr – Klagen, bis der Arzt kommt (1)

Zu den zähesten Dauerkunden der Medienjurisprudenz darf sich der Krebsarzt Dr. Nikolaus Klehr zählen, der heute bald mal wieder Termin vor dem LG Hamburg hat, diesmal gegen das ZDF wegen dem WISO-Beitrag vom 06.12.2010. Bei fast jeder mir bekannten Klehr-Klage argumentiert der gute Mann stets mit einem vierseitigen Gutachten einer vierseitigen „Gutachterlichen Stellungnahme“ der Charité von 1999, das die angeblich die Wirksamkeit seiner Heilkünste belege.

Dabei vergisst der erfahrene Kläger regelmäßig zu erwähnen, dass der „Gutachter“ gutachterliche Stellungnehmer längst mit Bausch und Bogen aus der Charité geflogen ist. Der Charité reichte schließlich Klehrs Hausieren mit ihrem guten Namen: Letztes Jahr verklagte sie Klehr erfolgreich auf Unterlassung. Das Urteil wurde kürzlich durch das OLG München bestätigt. Wir werden uns in absehbarer Zeit noch öfters mit Herrn Dr. Klehr zu beschäftigen haben …

UPDATE: Der Termin scheint abgesagt worden zu sein. UP-UPDATE: Der Termin war doch nicht angesetzt worden.

RICHTIGSTELLUNG:
Dr. Klehr ließ das ZDF und nunmehr auch mich persönlich durch seinen Anwalt wissen, es handele nicht um ein „Gutachten“ eine „Studie“. Allerdings steht im Original „Gutachterliche Stellungnahme“.

UPDATE 31.03.2011: Richtigstellung der Richtigstellung! Jetzt noch richtiger!

Herr Dr. Klehr hat NICHT moniert, es habe sich statt eines „Gutachtens“ um eine „gutachterliche Stellungnahme“ gehandelt. Er scheint sich daran gestört zu haben, dass das Papier nicht als „Studie“ bezeichnet wurde, oder so. Keine Ahnung, ich gucke kein Fernsehen. Lesen Sie es am besten selber nach, was er gemeint haben könnte!

Ich weise darauf hin, dass Herr Dr. Klehr nicht bestritten hat, dass der [UPDATE  15.4.: Prof. Kiesewetter) aus der Charité ausgeschieden ist, und würde sehr bedauern, wenn ein geneigter Leser einen solchen fernliegenden Trugschluss gezogen haben sollte.

Dem ZDF ist vom Landgericht Hamburg mit Beschluss vom 18.01.2011, 324 O 657/10 einstweilen untersagt worden, die Aufnahmen aus den Münchener Praxisräumen des Antragsstellers zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten, wie sie in dem WISO-Beitrag zu sehen waren.
Ebenso ist dem ZDF untersagt worden, im Zusammenhang mit einer Berichterstattung darüber, dass es dem Antragsteller verboten sei, Eigenblutpräparate an seine Patienten auszuhändigen, und darüber, dass der Antragsteller in seiner Münchener Praxis aufgesucht worden sei, durch Verbreiten und/oder Verbreiten lassen der folgenden Äußerungen:

[UPDATE  15.4.“ZENSIERT“]

den Eindruck zu erwecken, der Antragsteller [UPDATE  15.4. ZENSIERT].

Ob der angeblich durch die Darstellung des ZDF erzeugte Eindruck zutreffend ist, vermag hier nicht beurteilt zu werden. Insoweit distanziere mich von einer solchen Deutung.

8. Dezember 2010

Zensur-Rebell Schälike zieht positive Jahresbilanz

Richter- und Answaltsschreck Rolf Schälike („Buskeismus.de“) zieht in seinem Pressejustiz-kritischen Blog eine positive Jahresbilanz. Rein persönlich hat er allen Grund dazu, denn er zählt nunmehr 75 abgewehrte juristische Angriffe auf seine Website. Nachdem er anfänglich an gegnerische Anwälte viel Lehrgeld hatte zahlen müssen, drehte er den Spieß um und konnte den Saldo an festgesetzten Anwaltskosten dieses Jahr ausgleichen. Hier nun seine Bilanz:

2010 – ein gutes Jahr für die Äußerungsfreiheit

Rechtsgeschichte soll 2009 geschrieben werden,“ hatte ich Ende 2008 in einer Weihnachtskarte an Rechtsanwalt Dr. Christian Schertz geschrieben und bekam Recht. Die Weihnachtskarte wurde Gegenstand eines bis heute nicht beendeten Rechtsstreites. Auch Rechtsgeschichte wurde geschrieben.

Trotzdem habe ich nur teilweise Recht behalten. 2009 dürfte zwar seit Beginn der Aufzeichnung von Wetterdaten das Jahr gewesen sein, in dem die meisten einstweiligen Verfügungen auf mich niederprasselten, wirklich Rechtsgeschichte wurde dann aber erst 2010 geschrieben, obwohl Ende 2009 die Wende zu erkennen war. Mit dem BGH, Urteil vom 22.09.2009 – VI ZR 19/08 obsiegte der Daimler-Aktionär Jürgen Grässlin gegen Daimler AG und deren ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Jürgen Schrempp.

Das Bundesverfassungsgericht ist in einer Reihe von Entscheidungen den ausufernden Verboten wegen einer angeblichen Verletzung des Persönlichkeitsrechtes 2010 relativ konsequent entgegengetreten. Es hat den BVerfG-Beschluss Gen-Milch 1 BvR 1890/08 vom 09.09.10 gegeben, der zumindest die Anwendung der Stolpe Entscheidung auf Ausnahmefälle reduzierte. Der BGH hat in seinen „Archiv Entscheidungen“ – VI ZR 243/08  v. 08.02.10 das Internet von der Verpflichtung befreit, alte Artikel immer wieder neu überprüften zu müssen und damit auch Geschäftsmodellen von Anwälten, die an der Vertretung verurteilter Mörder verdienten, den Boden entzogen. Der BGH hat in der Fraport Entscheidung VI ZR 36/07  v. 03.02.10  den Bereich der geschützten Meinungsäußerung ausgedehnt. Sumpf an Lügen, Täuschung, Vertuschung, Vetternwirtschaft, Polit-Kumpanei und Korruption dürfen als Meinung geäußert werden. Insgesamt werden Verbotsanträge häufiger zurückgewiesen. Auch Promis mussten Federn lassen.

Ich freue mich, dass auch mein wissenschaftliches Projekt dazu sein Schäflein beigetragen hat. Es steht fest

– dass meine Forschungsarbeiten und die damit zusammenhängende Berichterstattung kein Cyber-Stalking ist,

– die wahrheitsgemässe Berichterstattung über Rechtsanwälte mit deren Namensnennung regelmäßig nicht verboten werden kann,

– die Veröffentlichung gerichtlicher Entscheidungen mit Namensnennung der Anwälte und Parteien in vielen Fällen als zulässig angesehen worden ist, was im Jahre 2009 noch verboten worden war,

– die Wiedergabe eines Antragschriftsatzes eines Rechtsanwaltes als Teil einer gerichtlichen Entscheidung verletzt weder das Urheber- noch das Persönlichkeitsrecht,

– Berliner Anwälte können keine Reisekosten zurückerstattet bekommen, wenn diese gegen mich als Hamburger in Köln klagen, das Instrument des fliegenden Gerichtsstandes missbrauchend,

– der bekannter XXXXanwalt und XXXX Dr. Christian Schertz fühlte sich bemüßigt, fünf mal die Pressekammer des Landgerichtes Berlin wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, weil diese ihre Rechtsprechung geändert hat.

Auch mein Rechtsanwalt Eberhard Reinecke schrieb Rechtsgeschichte und ließ den Kläger, Rechtsanwalt Dr. Christian Schertz auf der Strecke: BVerfG 1 BvR 2477/08 vom 18.02.10.

Ich wünsche allen treuen Lesern und Zensoren meiner Seite ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr, in dem jetzt schon sieben Termine mit Zensurbegehren feststehen.

Die erste Verhandlung im neuen Jahr ist am 12.01.11 beim OLG Hamburg. Die Kanzlei Schertz hatte beim LG Hamburg verloren und hofft, in der Berufung das Verbot zu erhalten, den Lebenslauf ihres Chefs nicht im Frame aufrufen zu dürfen, um diesen zu kommentieren. Az. 5 U 89/09

Am nächsten Tag, Donnerstag, den 13.01.11 versucht Rechtsanwalt Dr. Schertz um 11:30 sein Glück bei Mauck vom LG Berlin in der Sache 27 549/09 und möchte u.a. 20.000,00 Schmerzensgeld für meine Weihnachtsgeschichte aus dem Jahre 2008.

Eine Woche später am 20.01.11 liegen gleich drei Verfahren an – 27 O 624/09, 27 O 787/09 und 27 O 665/09. Die Zensurverfahren beginnen um 11:00.

Na ja, dann gibt es noch eine Klage gegen meine Buskeismus-Zeitung, die Richter Schulz vom LG Hamburg an sich gerissen hat, um um 13:30  zu zensieren oder auch nicht – 325 O 217/10.

Mein ehemaliger Rechtsanwalt Helmuth Jipp, mit dem ich vor Jahren nur verloren habe, versucht es am 16.03.11 um 10:10 beim Landgericht Köln im s.g. Phychopathen-Prozess mir aufzuzeigen, wie der Rechtsstaat funktioniert. Az. 28 O 840/10.

Ich kann nur hoffen und beten, dass einige dieser Prozesse die Zahl der schönen Entscheidungen erhöhen. Nun glaube ich nicht an Gott, weil es diesen leider nicht gibt. Zu meinen Göttern gehören die Kläger, meine Anwälte, die Zensurrichter und der Zufall. Selbstverständlich gibt es noch ein paar andere, die Gott mit mir spielen.

Das Duo Schälike/Schertz wird uns also auch im neuen Jahr weiter erheitern!