Der Innenminister hat die Vorschläge seines Schnüffel-affinen Vorgängers offenbar gestoppt und will nun doch keine Bundesabhörzentrale errichten. Erstaunlich.
Der Innenminister hat die Vorschläge seines Schnüffel-affinen Vorgängers offenbar gestoppt und will nun doch keine Bundesabhörzentrale errichten. Erstaunlich.
Ein seltsamer Philosoph, der esoterischen Praktiken anhängt wie der „Energiefeldtherapie“, macht einige seltsame Dinge in einer Therapiegemeinschaft für ehemalige Drogenabhängige. Ein paar Leute kritisieren seine nicht durchgehend der Schulwissenschaft entsprechenden „Therapien“ und bekommen darauf hin nicht nur Druck von Anwälten, sondern auch von einem gewissen Landgericht im norddeutschen Raum eine Salve von einstweiligen Verfügungen ab.
Die sensationellste einstweilige Verfügung betraf einen kurzen Text, der Tatsachen mitteilt, die allesamt wahr und unbestritten sind. Der Mann berichtete nämlich im Internet
Der Mann hat weder behauptet, die Zeugen seien besonders glaubwürdig, noch hat er behauptet, der promovierte Philosoph und das ehrwürdige Landgericht Hamburg seien besonders unglaubwürdig. Er hat das Urteil seinen Lesern überlassen, hat keine Details genannt. Trotzdem sollen allein diese Äußerungen ausreichend sein, um den „Eindruck zu erwecken“, dass die Version des Philosophen bezweifelt werde. Zu dem Fall ein andermal mehr.
Generell zum „Eindruck“ ist interessant, dass die Hamburger wahre Tatsachenmitteilungen verbieten, die zur eigenen Meinungsbildung beitragen sollen. Wie das mit der Meinungsfreiheit zu vereinbaren sein könnte, vermag ich nicht nachzuvollziehen. Sie? Offenbar haben die Ohrfeigen aus Hamburg noch nicht laut genug geknallt.
Was das Erwecken eines Eindrucks betrifft, so hat auch ein hier bereits thematisierter Bayer Kummer mit den Norddeutschen wegen eines „Eindrucks“.
Zum oben genannten „wissenden Feld“, das auch Wissen der Toten konserviert, passt mein heutiger Beitrag auf Telepolis über den Streit um die schöne Geisterbeschwörerin Margery, der Mitte der 20er Jahre die Presse beschäftigte.
Die ins Gerede gekommene sympathische IT-Firma Euroweb ist sehr sensibel, wenn man über ihre Geschäftspraktiken berichtet. Hier ein Bericht über eine aktuelle einstweilige Verfügung.
Update:
In Polen gibt es gerade eine gewisse Empörung wegen Anklagen gegen Journalisten, die aus Interne laufender Strafverfahren berichtet haben. Jetzt soll daher ein Gesetz kommen, dass solcherlei nur noch dann unter Strafe stellt, wenn es denn auf das Verfahren „negative Einwirkungen“ zeitigt.
Hierzulande gibt es ein ähnliches Problem, nämlich den – weitgehend unbekannten – § 353d Nr. 3 StGB. Ist eigentlich kein großes Ding, weil die nur inhaltliche, nicht wörtliche Wiedergabe zulässig ist.
Außerdem wollen die Polen Knast für Üble Nachrede sogar abschaffen. Strafrecht ist hierzulande für Journalisten seit der SPIEGEL-Affäre eigentlich kein großes Thema mehr. Die praktischen Probleme liegen im Zivilrecht.
Der Volksmusik-Moderator der ARD, der einem Blogger die Berichterstattung über dessen Familienmitglied im Bezug auf seine Person untersagen ließ, will nun auch die (indirekte) Eigenberichterstattung des Antragsgegners über den Rechtsstreit aus dem Netz haben. Hierfür war er sich nicht für einen Ordnungsmittelantrag zu schade, den man in Hamburg martialisch als „Bestrafungsantrag“ zu bezeichnen pflegt. Der Anwalt des Bardenmoderators macht geltend, die Eigenberichterstattung verstoße gegen den Unterlassungstenor.
Inwieweit man über eigene Rechtsstreite trotz Unterlassungsverfügung berichten darf, wird unterschiedlich gesehen. Spezielle Vorschriften gibt es hierfür nicht, auch keine höchstrichterliche Rechtsprechung. Zusätzliche Rechtsunsicherheit löst die Kerntheorie aus, die einen Auslegungsspielraum für den Richter eröffnet, ob ein Verstoß gegen die Unterlassungsverfügungen auch bei lediglich ähnlichen Äußerungen vorliegt.
Ein bekannter Forscher in Sachen Presserecht hat in den letzten Jahren eine Versuchsreihe am Landgericht Berlin durchgeführt. Unter Assistenz von einschlägig bekannten Berliner Pressekanzleien, die dem Experimentalrechtswissenschaftler in bemerkenswerter Treue zuarbeiteten, konnte so Rechtssicherheit bei Verfahren in Berlin erzielt werden. Vorliegend haben wir es mit Hamburg zu tun. Während auch Kern-Theorie-Auslegung beim Landgericht der finger locker am Abzug liegt, kann es beim Oberlandesgericht schon wieder etwas ziviler werden.
Die eigentlich relevante Frage aber muss lauten: Hat es ein bekannter Moderator wirklich nötig, einem am Boden liegenden nachzutreten und „Bestrafungsanträge“ zu stellen? Wo doch dank des von ihm ausgelösten Streisand-Effekts jeder die Erstmitteilung zur Genüge kennt?
Die ARD kündigt einen Spielfilm über die bekanntermaßen klagefreudige Scientology Church an, der unter absoluter Geheimhaltung produziert wurde. SPIEGEL online schreibt:
Bislang galt der Stoff schon aus rechtlichen Gründen als schier unverfilmbar. Unter Filmleuten war man sich nahezu gewiss, dass Scientology Ausstrahlungen gerichtlich untersagen lassen würde. So übte sich die Öffentlichkeit in Debatten um die Verfassungsmäßigkeit des Imperiums, oder man erzählte sich Schauergeschichten über Gehirnwäschen der obskuren Glaubensgemeinschaft. Dazwischen gab es nichts.
SWR-Mann Bergengruen hat nun die Lücke geschlossen. Den Anstoß dazu gab ausgerechnet der Schauspieler und Star-Scientologe Tom Cruise. Im November 2007 wurde ihm mit allerlei Ehrenbezeugungen der Medienpreis Bambi des Burda-Verlags überreicht. Da reichte es Bergengruen.
Als die ARD vor einiger Zeit einen Spielfilm über NS-Zwangsarbeiter in einer Batterienfirma gemacht hat, an deren Erträgen sich noch heute Superreiche erfreuen, hat man sicherheitshalber die Ausstrahlung nicht im Programmheft angekündigt, sondern „tagesaktuell“ ins Programm genommen. Nach der Erstausstrahlung haben die Superreichen dann eingesehen, dass man im Internet-Zeitalter, in dem die Gatekeeper nur noch einen begrenzten Einfluss auf die öffentliche Meinung haben, andere Kommunikationsstrategien fahren muss.
Mal gespannt, ob wir diesen Scientology-Film zu sehen kriegen. Im Moment habe ich es gerade mit ähnlich skurrilen Leuten zu tun, die an ein „wissendes Feld“ glauben und kritische Berichterstattung nicht zu schätzen wissen. Übrigens auch vor dem Landgericht Hamburg, wo auch Scientology gerne gag orders verteilen lässt.
Ein Trittbrettfahrer von den Grünen hat sich von FDPlern ein paar Strafanzeigen wegen des Verdachts übler Nachrede eingefangen. Auch der glaubt an die Erlaubnis des „Presserechts“. Ob er auch so einen langen Atem wie seinerzeit Greenpeace hat?
Derweil will der Chef auch die Sauna günstiger haben.
Bei der CDU entdecken einige ansatzweise eine Schamgrenze.
Hamburg gilt als die „englischste Stadt“ des Kontinents. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass die Hamburger Rechtsprechung gegen Meinungsfreiheit Ähnlichkeiten zu jener des Vereinigten Königreichs aufweist, die international als äußerst meinungsfeindlich gilt. London ist sogar der Lieblingslandeplatz international fliegender Gerichtsstände.
Der bekannte Wissenschaftsjournalist Simon Singh hat seit letztem Jahr eine Klage wegen des Wörtchens „Bogus“ am Hals. Er hatte behauptet, ein Chiropraktikerverband propagiere Hokus Pokus-Behandlung.
„This organisation is the respectable face of the chiropractic profession and yet it happily promotes bogus treatments.“
Er dachte, er hätte seine Meinungs- bzw. Wissenschaftsfreiheit in Anspruch genommen, gewisse Verfahren gegen Asthma seien unwirksam, man könne ihm ja das Gegenteil beweisen.
Umgekehrt! Aus seinen Zweifeln folgerte man auf einen Betrugsvorwurf. Das ist zwar eine nicht ganz unlogische Konsequenz seiner Meinung, aber so hat er das nun mal nicht gesagt. Man forderte, Singh müsse diese ihm unterstellte Tatsachenbehauptung beweisen. Der Fall hat längst eine gewisse Debatte über die Rechtspraxis in diesem Bereich ausgelöst.
Sekten mit wundertätigen Verfahren klagen ja auch ganz gerne mal in Hamburg. Dazu vielleicht demnächst mal mehr.
Ich habe vor Jahren mal einen sehr ähnlichen Fall im Finanzbereich beim Landgericht Hamburg erlebt. Es wurden einem Äußerungen in den Mund gelegt, die man so nicht intendiert hatte. Andeutungen reichten, um einen unterstellten strafrechtlichen Betrugsvorwurf zu erdeuteln, der ironischerweise allerdings so weit von der Wahrheit gar nicht entfernt war. Vom Beklagten wurde dann erwartet, dass er die Schuld von Wirtschaftskriminellen beweist, die sich seit Jahren unter Strafanklage befanden, bei der lediglich über Details gestritten wurde. (Die Verfahren endeten übrigens nicht mit Freisprüchen.
Das NDR-Satire-Magazin Extra3 hatte eine Idee der Satire-Zeitschrift TITANIC aufgegriffen, sich als FDP auszugeben. So lud man mit einem gefälschten Anschreiben Journalisten kurzfristig in ein Hotel(!), wo angeblich Herr Westerwelle Erklärungen abgeben wolle. Für das leibliche Wohl der Journalisten werde gesorgt.
Offenbar nur wenige Journalisten fielen auf den Hoax herein, die FDP-Abwehr scheint zeitnah reagiert zu haben, selbst die anwesenden Medienvertreter zogen sich schnell zurück. Die FAZ war sauer und sprach von „bewaffnetem Zeitraub“. Dem Stern gegenüber meinte die FDP, in ihren Einladungen würde niemals geschrieben, es werde für das leibliche Wohl der Journalisten gesorgt.
Na klar, über Selbstverständlichkeiten redet man nicht … ;-)
Was die rechtliche Seite betrifft, so hat sich der NDR gegenüber der DPA geäußert, dies falle unter die „Pressefreiheit“ (sic! – TV ist keine Presse). Ob unter die Satirefreiheit tatsächlich fällt, sich schriftlich als Pressesprecher auszugeben, könnte auch anders gesehen werden. Die FDP, die so gerne Freiheiten in Anspruch nimmt, wird allerdings klug genug sein, den Fall nicht durch einen Prozess aufzuwerten. Wie man am Landgericht Hamburg auf die Nase fallen kann, wenn man Pressefreiheit in Anspruch nimmt, hat Herr Westerwelle ja am eigenen Leib hinreichend erfahren.