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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


24. November 2009

Schutzschriften schützen nicht vor Landgericht Hamburg

Wie der Kollege Feil vom Abmahnung-Blog hinweist, ist in Hamburg auch die Wirkung von Schutzschriften eine eher relative.

Vorliegend geht es um das ätzende Thema Massenabmahnung in Fliesharing-Sachen, mit denen gerade alle medienrechtlichen Kollegen genervt werden.

23. November 2009

Schleichwerber verdient nichts mit Persönlichkeitsrecht

Ne, sowas möchte ich nicht kommentieren. Ich lasse es einfach mal stehen:

Ex-SR-Fernsehspiel-Chef scheitert mit Entschädigungsklage gegen ARD (epd)

21. November 2009

Kollege E. ./. Blogger Kai

Der Kollege E. hat dem Nachwuchs-Blogger Kai Diekmann mal wieder gezeigt, wer Chef im juristischen Ring ist. Ob das ein Gewinn für die Presse- und Satirefreiheit ist, darf bezweifelt werden, weshalb die Entscheidung, gegen die Abwehr-Polemik vorzugehen, natürlich zu Abzügen in der B-Note führt. Sie entspricht jedoch der Policy von Kollege E., sich nichts bieten zu lassen, war also absehbar. Und da der Kollege E. das Presserechtshandwerk wie kaum ein zweiter beherrscht, war er auch erfolgreich.

20. November 2009

Enthüllungsbuch über weltlichen Geistlichen wird zensiert

In dem hier bereits angesprochenen Fall eines sündhaften Hirten hatte der Antragsteller mehr als 70 Passagen angegriffen.

Wie die Badische Zeitung nunmehr mitteilt, hat das Landgericht Freiburg Ravensburg inzwischen per einstweiliger Verfügung untersagt, personenbezogene Daten, den Priester betreffend, aus der Verfahrensakte des Landgerichts Freiburg zu veröffentlichen oder veröffentlichen zu lassen. Darüber hinaus wird verboten, vier Behauptungen des schreibenden Opfers in dem Buch zu verbreiten oder verbreiten zu lassen.

19. November 2009

Haider-Jörg ./. BILD

Während die deutschen Gerichte glauben, sie könnten ausländischen Zeitungen die Berichterstattung verbieten, klappt das wohl auch umgekehrt. So hat das Landgericht Graz der deutschen BILD-Zeitung Berichterstattung über Privat- und Intimsphäre eines Politikers verboten. Klägerin war die Witwe. Die Begründung ist kaum politically correct. No comment.

Grenzüberschreitende Prozesse mit „Kundschaft“ in Österreich machen nicht wirklich Spaß, da alleine die Zustellung einer einstweiligen Verfügungen etliche Monate dauert. Hat man eine eV an einem deutschen Gericht erstritten, muss man diese wieder dem Gericht zurücksenden mit dem Antrag, die eV an ein Österreicher Gericht zu senden, das dann irgendwann einmal zustellt. Kürzlich kam hier eine eV wieder (über den Umweg des deutschen Gerichts) zurück, die Anfang des Jahres erlassen worden war. Nun war der Empfänger in Österreich leider unbekannt verzogen. Nervt.

16. November 2009

Name eines TV-Moderatores darf nicht im Zusammenhang mit dessen Neffen genannt werden, wenn dieser eine schlechte Presse hat

Da ich seit etlichen Jahren auf den Konsum von TV verzichte, kann ich nicht einmal erraten, welcher angeblich prominente TV-Moderator jüngst das Landgericht Hamburg bemühte.

Der TV-Mann hatte nichts dagegen, dass sein Neffe sich in seinem Licht sonnte, als dieser wiederum für ein Kunstwerk gerühmt wurde. Nachdem sich das Kunstwerk als Plagiat herausgestellt hat, ist das nun schwarze Schaf der Familie in Ungnade gefallen. Und da hat man natürlich nichts Besseres zu tun, als zur Hamburger Pressekammer zu rennen und entsprechende identifizierende Berichterstattung zu verbieten. Sehr schön!

11. November 2009

Namensnennung eines verurteilten Straftäters im Internet: BGH gibt an den europäischen Gerichtshof ab

Wie der 6. Senat des BGH heute in einer Pressemeldung verlautbarte, will er im Wege einer Vorabentscheidung durch den Europäischen Gerichtshof die internationale Zuständigkeit der Gerichte für Unterlassungsklagen gegen Internetveröffentlichungen von Anbietern klären lassen.

Beim Kläger handelt es sich um einen seinerzeit medienbekannten Herrn, der als Mörder des Schauspielers Walter Sedlmeyer rechtskräftig verurteilt wurde und nun wieder auf freiem Fuße ist. Grundsätzlich ist Namensnennung nur bis ca. ein halbes Jahr nach Rechtskraft der Strafverurteilung zulässig. Sollten die Urteile der Vorinstanzen (selbstverständlich Hamburg …) halten, dann dürfte dies unverhältnismäßige Auswirkungen auf die Archive haben, die dann geflöht werden müssten.

Wie man hört, soll der Kläger übrigens auch an meine Freunde von Wikipedia herangetreten sein, was natürlich die Solidarität mit der Electronic Frontier Foundation ausgelöst hat. Bevor mir noch ein übereifriger Linkhaft-Anwalt die Zeit stiehlt, verlinke ich den Beitrag der EFF nicht, denn da wird der böse Name des Mörders genannt. Googlen soll helfen … ;-)

Das eigentlich Seltsame ist: Wenn sich ein Straftäter, der übrigens aus dem Knast heraus ja gerade die Medien gesucht hatte, wieder in die Gesellschaft integrieren möchte, wäre der erste Schritt, seinen Namen zu ändern, denn der ist nun einmal im Weltgedächtnis. Stattdessen klagt man – übrigens mit Prozesskostenhilfe! – durch alle Instanzen und darüber hinaus.

Fliegender Gerichtsstand mal wieder schizophren

Die Kollegin von Dr. Damm & Partner weist auf eine Klarstellung des (Überraschung!) Landgerichts Hamburg hin, der zufolge es keinen Rechtsmißbrauch darstelle, einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung und eine Hauptsacheklage an unterschiedlichen Gerichten anhängig zu machen.

Das Problem gibt es freilich nur, wenn man überhaupt die Wahl zwischen mehreren Gerichtsständen hat. Das ist in Medienrecht häufig der Fall, weil etwa Internet überall ist bzw. Druckwerke nach Hamburg versandt werden können usw. Das Spiel nennt sich „fliegender Gerichtsstand“. Wer clever ist, sucht sich ein scharfes Gericht aus, wenn er kann. Und das spricht meistens Hamburger Platt.

5. November 2009

Zickige Plastinatoren

Den Plastinator Dirk Piper hatte der Altmeister Gunther von Hagens „billigen Trittbrettfahrer“ genannt, der „Dauerpräparate von schlechter Qualität“ zeige.  Doch Piper wollte kein billiger Trittbrettfahrer sein, sondern ein teurer und besorgte sich beim LG Hannover eine einstweilige Verfügung gegen den berühmten Anatomen.

Die Begründung liegt derzeit nicht vor, wobei im vorliegenden Fall die Kontrahenten in einem Wettbewerbsverhältnis stehen, sodass neben dem „konventionellen Äußerungsrecht“ die Äußerungen auch als unlauterer Wettbewerb aufgefasst werden könnten. In der Sache dürfte der Fall recht spannend sein, denn die Bezeichnung „Trittbrettfahrer“ dürfte dem Pressebericht zufolge durchaus den Sachverhalt zutreffend beschreiben, ferner wird ein Piper vermutlich preiswerter sein als das Original. Spannend wird die Frage, ob die Bewertung von Plastinationen als „schlechte Qualität“ durch einen Fachmann als Werturteil oder als Tatsachenbehauptung eingestuft werden wird. Gute Leichen, schlechte Leichen …

Ob die streitenden Anatomen wohl noch die eine oder andere Leiche im Keller haben …?

LG Hamburg 24 O 864/06 (Freddy’s Hühnerhof ./. Die Tierfreunde e.V.) bei Wikileaks

Ende 2006 hatte Freddy‘ Hühnerhof am Landgericht Hamburg eine einstweilige Unterlassungsverfügung gegen „Die Tierfreunde e.V.“ erwirkt, welche unschöne Bilder über die wenig idyllischen Zustände bei Freddy sogar im Wege des Hausfriedensbruchs erlangt hatten. Die Tierfreunde ließen sich nicht einschüchtern und ließen es auf ein Hauptverfahren ankommen. Nach drei Jahren und der Befragung von Zeugen, was in der Pressekammer Seltenheitswert hat, wurde Freddys Unterlassungsansprüchen am 28.08.2009 eine Absage erteilt. Dass man für die Freiheit der Bilder in einer einzigen Instanz über mehrere Jahre hinweg verhandeln musste, während das Verbieten derselben per einstweiliger Verfügung praktisch durchgerutscht ist, steht auf einem anderen Blatt.

Die siegreichen Tierfreunde vermieden es jedoch, in die nächste Falle zu tappen, denn selbst Gerichtsurteile darf man nicht ohne weiteres 1:1 veröffentlichen. Gegenwärtig wird ja bekanntlich der „Hausjournalist“ der Hamburger Pressekammer von Berliner Anwälten mit einer Klagewelle überzogen, die ihm die Gerichtsberichterstattung aus den seltsamsten Gründen verbieten lassen wollen.

Den Luxus einer eigenen Veröffentlichung in Reichweite deutscher Gerichte wollten sich die Tierfreunde dann doch nicht leisten. Seit ein paar Tagen ist das Originalurteil bei Wikileaks zu finden, die außerhalb deutscher oder sonstiger Gerichtsbarkeit operieren und daher unzensierbar sind. Künftig bleibt es also dem Finderspitzengefühl der Leute bei Wikileaks (oder Nachahmern) überlassen, ob Urteile anonymisiert werden, ob zu unterlassene Äußerungen unzensierbar und in Medienöffentlichkeit wieder auftauchen.

Die Rechtsanwälte aus Berlin wären sehr gut beraten, ihre Aktivitäten entsprechend zu überdenken, denn der Trend kontroverser Websites, den deutschen Rechtskreis nach Erfahrung mit gewissen Pressekammern zu verlassen, ist so neu und ungewöhnlich ja nicht. Und wenn künftig jedes Urteil bei Wikileaks abgegeben wird, genügt insoweit die Absendung einer Email.

Sicherheitshalber distanziert sich der Autor von der Verbreitung des ungeschwärzten Urteils auf Wikileaks, nicht aber von dem schönen Urteil. Das obige Video mit Michael Moores Crime Fighting Chicken hat mit dem Fall selber nichts zu tun und soll auch keinen entsprechenden Eindruck erwecken.

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