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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


11. November 2010

Recht am eigenen Bild: Sixt-Guerilla-Werbung

Der Autoverleiher SIXT ist schon mehrfach durch progressive Aktionen zur Förderung der Rechtsprechung zum Recht am eigenen Bild aufgefallen. So hatte man Lafontaine als „Mitarbeiter während der Probezeit“ verspottet und Angela Merkel eine Cabrio-Frisur verpasst. Die Frage, inwieweit kommerzielle Interessen das Recht auf Meinungs- und Kunstfreiheit schwächen, wird unterschiedlich gesehen. Verboten wird so etwas – Überraschung! – in Hamburg, da gibt es sogar eine satte Geldentschädigung. Die wird dann natürlich wieder in Karlsruhe kassiert.

Nunmehr hat sich SIXT an die Demos gegen die Castor-Transporte rangewanzt und anscheinend Demonstranten gefilmt, wobei unklar ist, ob diese um ihr Einverständnis in die Veröffentlichen der Aufnahmen gemäß § 22 KunstUrhG ersucht wurden. Die Einschätzung des TAZ-Interviewpartners Dirk Feldmann, dieser Fall sei „ganz klar“, teile ich nicht. SIXT wird den Instanzenweg ausschöpfen und sich auf die Meinungs- und Kunstfreiheit berufen. Falls die erwarteten „ganz klaren“ Urteile in Karlsruhe gekippt werden, werden einige der Gesichter, die man nicht zeigen soll, vermutlich länger …

26. Oktober 2010

Ottfried Fischer: „Pressefreiheit statt Erpressungsfreiheit“

Die Süddeutsche Zeitung hat den gestern verhandelten Fall der Herrschaften, die sich an Ottfried Fischer gesund stoßen wollten, exzellent zusammengefasst.

Inwieweit Fischer tatsächlich zum Interview mit der BILD-Zeitung gedrängt wurde, oder ob dies als kommunikativ schadensbegrenzende Maßnahme der Agentin von Fischer gedacht war, ist nicht einfach zu beurteilen. Bei BILD habe man nicht einmal daran gedacht, das heimlich gedrehte Video zu veröffentlichen – was angesichts eines solchen Eingriffs in Persönlichkeitsrechte auch für Axel Springer-Verhältnisse sauteuer geworden wäre, vom Imageschaden einer Verurteilung des Verlags gar nicht erst zu sprechen.

Was den Schutz der eigenen Persönlichkeitsrechte betrifft, so zeigt sich die Mitangeklagte durchaus anspruchsvoll:

Ausgerechnet die Frau, die geholfen hat, Ottfried Fischer beim Sex zu filmen, hat Probleme damit, wenn sie gefilmt oder fotografiert wird. Die Prostituierte Maria K., 32, tarnt sich im Gerichtssaal mit Perücke, Cape, Sonnenbrille; sie verbirgt ihr Gesicht zusätzlich hinter einem Kuvert. Angeblich will sie nur aus Rücksicht auf ihren kranken Vater unerkannt bleiben. Das Opfer hingegen stellt sich den zwei Dutzend TV-Kameras und Fotografen

25. September 2010

Rückrufsrecht einer Jugendsünde

Im Persönlichkeitsrecht wird häufig diskutiert, ob es ähnlich wie beim aus dem Urheberrecht bekannten „Rückrufsrecht wegen gewandelter Überzeugung“ auch eine Rücknahme der Einwilligung aus § 22 KunstUrhG („Recht am eigenen Bild“) gibt. Standardfall sind Aktfotos, die dem Abgelichteten später einmal unangenehm werden. Soweit bekannt, wurde ein solcher Fall bislang nicht entschieden. Es gab mal die Sache mit der Zweitverwertung eines Aktbildes in einem Biologiebuch, bei dem man sich darüber gestritten hat, ob diese Nutzung noch von der Einwilligung umfasst gewesen war.

Nunmehr hat der Kollege Schertz für eine Schauspielerin, die ihr Debut in einem Erotikstreifen gab, eine einstweilige Verfügung gegen einen großen Kölner Privatsender erwirkt, der für die nächtliche Ausstrahlung entsprechender Naturfilme bekannt ist. Bereits 2004 hatte das Berliner Kammergericht der Bildzeitung einen Bildausschnitt wegen des höhnischen Kommentars untersagt.

So sehr man den Geltungsanspruch der moralisch geläuterten Schauspielerin nachvollziehen mag, aber bei Annahme einer „Verjährung von Einwilligungserklärungen“ werden es künftig Filmproduzenten oder Verleger schwer haben, rechtssichere Verträge zu machen. Was wäre, wenn eine Schauspielerin eine Nazi-Braut spielt und 20 Jahre später nicht mit dem Nazi-Thema in Verbindung gebracht werden will? Oder wenn ein Darsteller seine Religion ändert und plötzlich nicht mehr fluchend oder Schweinefleisch-essend gezeigt werden will?

Dem Kölner Sender ist es nun verboten, aber die haben bereits von Anfang an das Spiel mit der Aufmerksamkeitsökonomie beherrscht. Thoma hatte sogar die Journalisten beim Sendestart darum gebeten, „Dreck auf uns zu werfen“, damit jeder, der Erotik im TV suchte, wusste, wo es „Rammeln, Titten, Lümmeln“ zu suchen galt. Was die Kölner nicht können, das kann das Internet. Es bedarf keiner 20 Sekunden, um via Google den Porno der Schauspielerin zu finden.

Meines Erachtens wäre die Schauspielerin besser beraten gewesen, mit dem Sender einen diskreten Deal zu machen oder den Sender stillschweigend zu boykottieren. Aber sie wäre nicht die erste Mandantin des Kollegen, die durch ihre Verbotswünsche erst recht Medienaufmerksamkeit genießt.

Was das Rückrufsrecht betrifft, so ist dies im Urheberrecht an eine Entschädigung des Rechteerwerbers geknüpft, so dass die Aktion der Schauspielerin nicht ganz ungefährlich ist. Die macht sich allerdings noch im Gegenteil Hoffnung auf Geldentschädigung.

UPDATE: Und hier gibt es wie immer fachmännischen Support vom Kollegen Dörre.

31. Juli 2010

Kachelmann will zwei Millionen von BILD

Heute nutzte die BILD-Zeitung die halbe Titelseite, um das Bedürfnis nach Kachelmann-Berichterstattung zu befriedigen. Das hierbei verdiente Geld wird man horten müssen, wenn Wetterman mit seiner Forderung nach Schmerzensgeld über zwei Millionen Euro durchdringt. Ob das Thematisieren von Kachelmanns Intimsphäre durch den Tatvorwurf einer angeblichen Vergewaltigung gedeckt ist, und ob Franz-Josef Wagners grenzwertiges Gerülpse über den Usus von Besteck in Betten noch der Meinungsfreiheit unterliegt, wird eine spannende Frage sein.

Während auf der Welle der Empörung der Kollege Dr. S. gegen die Medien wettert, ist des Wettermans tatsächlicher Anwalt Prof. Ralf Höcker eher zurückhaltend. Der Mann ist absoluter Profi und außerdem Autor eines Buches über populäre Rechtsirrtümer.

UPDATE: Das Ganze wird Thema bei Anne Will.

31. Mai 2010

Bunter Stern

Die BUNTE ist noch immer sauer auf den stern, dessen Lichtschein Schatten auf erhellende Beschattungen warf, die dann aber nur schattierende Fotos betroffen haben sollen, weshalb der Presserat einen Schatten hatte und die Vorgänge als unaufklärlich einstufte und nicht zu presseratsitzen wollte, weshalb die BUNTE nun in einer norddeutschen Pressekammer vorstellig wird, wobei man nicht schnödes Geld wünscht, sondern Unterlassung begehrt.

14. Mai 2010

Von einem, der auszog, von BILD Schadensersatz zu erhalten …

Während Unterlassungsverfügungen gegen die Presse relativ leicht zu bekommen ist, tun sich die Gerichte schwer, wenn sich jemand an einer Zeitung finanziell gesund stoßen will. Wie sehr ein solcher Prozess zeitlich und wirtschaftlich aus dem Ruder laufen kann, zeigt der seit fünf Jahren andauernde Prozess gegen den Axel Springer-Verlag wegen einer unappetitlichen, aber boulevardesk brauchbaren Story der BILD-Zeitung über eine Belanglosigkeit im Rotlichtviertel von Bangkok, deren Wahrheitsgehalt nicht überbewertet werden sollte.

Wie sich der kaputte Fall entwickelte und was es dem Kläger (nicht) gebracht hat, weiß unser Mann in Hamburg.

19. April 2010

Prinzessin Charlotte im Himmel der Liebe – ohne Text, aber mit Fotos!

Eine monegassisch-hannoveranische Prinzessin hatte sich bei öffentlichen Veranstaltungen gezeigten etwa bei einer Benefizgala im Pariser Centre Pompidou. Einen Bericht, sie sei mit ihrem Freund unterwegs, ließ sie den Normalsterblichen erfolgreich verbieten. Die heute 23 jährige junge Dame bzw. ihre Geschwisterlein hatten wir in Hamburg ausgiebig durch ihre Pubertät begleitet, wo sie fernab der Kameras behütet aufwachsen sollte.

Doch das Prinzesschen wollte auch die Fotos verbieten lassen – obwohl diese auf einer öffentlichen Veranstaltungen geknipst worden waren. Der Klage von Durchlaucht nahm sich das Berliner Kammergericht an, doch wie die Süddeutsche Zeitung meldet, hob der BGH das Urteil letzte Woche auf.

Via telemedicus.

16. April 2010

Oberbürgermeisterin darf wieder nackt gezeigt werden

Das OLG Dresden hat entschieden, dass die Oberbürgermeisterin auch künftig wieder im Schambereich nackt und ansonsten in Strapsen gemalt werden darf. Das LG Dresden hatte zuvor eine einstweilige Unterlassungsverfügung bestätigt, da es das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Politikerin höher gewichtete als die Kunstfreiheit.

Da sowohl Persönlichkeitsrechte als auch die Kunstfreiheit Grundrechte ohne definiertes Rangverhältnis sind, muss bei Kollision beider Rechtsgüter in jedem Einzelfall eine Abwägung gemacht werden. Es handelt sich in jedem Einzelfall um eine Wertung, die man so oder so sehen kann. Grundsätzlich müssen sich Gerichte allerdings an vorbestehender Rechtsprechung orientieren, die bislang nahezu eindeutig war.

Auch, wenn ich die ausufernde Ausdehnung des Persönlichkeitsrechts oft und laut kritisiere und mich grundsätzlich Künstlern näher als Berufspolitikern fühle, habe ich persönlich Zweifel, ob das sein muss. Eine Frau vorgerückten Alters als nackt zu darzustellen und im Stile einer Prostituierten zu portraitieren, sogar noch mit geöffneten Schamlippen, ist nach meinem Geschmack ein sehr billiger Einfall, etwa auf dem Niveau, Polikern Hitler-Bärtchen zu malen. Gegen Lügen könnte man sich mit der Wahrheit wehren, aber dagegen, dass ein Gegner jemanden obszön durch ein Kunstwerk beleidigt – und die Pose ist nun wahrlich kein Kompliment – das empfinde ich rein persönlich als unfair.

Bislang galt in der Rechtsprechung, dass der nackte Unterleib zur Intimsphäre zählt und nicht gegen den Willen der betroffenen Person thematisiert werden darf. Wenn die aktuelle Dresdner Entscheidung das Dogma des Tabubereichs aufweicht und endlich das Ungleichgewicht der Abwägung Persönlichkeitsrechte zu Meinungsfreiheit aufweicht, dann begrüße ich die Entscheidung.

Für mein Verständnis für die ursprüngliche Entscheidung des Dresdner Landgerichts habe ich übrigens einiges an persönlicher Anfeindung bezogen – erstaunlicherweise von Leuten, die für die Meinungsfreiheit eintreten. Dass auch ich eine eigene Meinung haben und äußern darf, scheint manche in ihrer sendungsbewussten Toleranz zu überfordern. Toleranz ist halt immer die des anderen … Den seltsamen Vorwurf aber, ich persönlich sei prüde, sollten meine Leser als inzwischen entkräftet ansehen dürfen: Mein Beitrag Feuchtgebiete 2.0 führte fünf Tage lang die Liste der „most wanted“-Artikel bei Telepolis.de. ;-)

UPDATE:

Die SZ weiß etwas mehr: Ausschlaggebend für das OLG Dresden war die Satirefreiheit. Mit dieser Begründung war es ein guter Tag für die Meinungsfreiheit. Es wird langsam einsam rund um Hamburg … :P

UPDATE:

Hier ist die Entscheidung. (via Kollege Stadler)

15. April 2010

Recht am eigenen Po? Gegendarstellungsrechte einer Pokerlady

Eine bekannte Pokerspielerin wurde in einem Klatschmagazin als scheinbar halbnacktes Luder mit Spielkarten im Bikinihöschen dargestellt, wobei es sich auf einem Foto offenbar um ein Model handelte. Das sollte einen Flirt mit einem bekannten Ex-Tennisspieler illustrieren. Durch derartiges Falschspiel fühlte sich die einen eigenen Po besitzende Pokerqueen abgezockt und verlangte eine Gegendarstellung. Dabei wollte sie auch, dass das fragliche Bild in der Gegendarstellung abgedruckt wird, damit diese für den Leser besser nachvollziehbar wird.

Das bayrische Pressegesetz sagt:

Art. 10

(1) 1 Der verantwortliche Redakteur und der Verleger einer Zeitung oder Zeitschrift sind verpflichtet, zu Tatsachen, die darin mitgeteilt wurden, auf Verlangen einer unmittelbar betroffenen Person oder Behörde deren Gegendarstellung abzudrucken. 2 Sie muss die beanstandeten Stellen bezeichnen, sich auf tatsächliche Angaben beschränken und vom Einsender unterzeichnet sein. 3 Ergeben sich begründete Zweifel an der Echtheit der Unterschrift einer Gegendarstellung, so kann die Beglaubigung der Unterschrift verlangt werden.

(2) 1 Der Abdruck muss unverzüglich, und zwar in demselben Teil des Druckwerks und mit derselben Schrift wie der Abdruck des beanstandeten Textes ohne Einschaltungen und Weglassungen erfolgen. 2 Der Abdruck darf nur mit der Begründung verweigert werden, dass die Gegendarstellung einen strafbaren Inhalt habe. 3 Die Gegendarstellung soll den Umfang des beanstandeten Textes nicht wesentlich überschreiten. 4 Die Aufnahme erfolgt insoweit kostenfrei.

(3) Der Anspruch auf Aufnahme der Gegendarstellung kann auch im Zivilrechtsweg verfolgt werden.

Zwar hat es durchaus solche Gegendarstellungen mit Bildillustration gegeben. Aus dem Gesetz lässt sich ein solcher Anspruch aber nicht unmittelbar herleiten, auch wenn die Verpflichtung zur gleichen Schrift eine solche Analogie nahe legen mag. Aber selbst in dem Fall sah es das Landgericht München als wesentliches Überschreiten des zuzubilligen Umfangs und gab nur einen Anspruch auf Abdrucken eines Textes.

Off Topic:

Wem die oben verlinkte Pokerrunde gefallen hat, der hat vielleicht auch Spaß am Wilsberg-Krimi „Royal Flusch“ (2007). Am Ende der Folge ist eine Pokerrunde mit einem Geber zu sehen, der ähnliche Kartenkunststückchen wie (scheinbar) Terence Hill macht. Gerüchten zufolge soll es sich bei diesem Darsteller um einen Münsteraner Anwalt mit Hang zum Falschspiel gehandelt haben … ;-)

UPDATE: Hier ein bisschen mehr Hintergrund.

19. Februar 2010

Jauch will Verfassungsbeschwerde einlegen

Herr Jauch, der RTL-Zuschauern bekannt ist, weil er Fragen abliest, die ihm andere aufgeschrieben haben, kriegt den Hals nicht voll. Der Mensch, der ständig vor irgendwelchen Kameras rumhängt, ist sauer, weil jemand bei seiner Hochzeit geknippst hat. Dass man sowas unterlassen sollte, ist klar. Aber hat der Mann wirklich Anspruch auf eine Geldentschädigung (vulgo „Schmerzensgeld“)? Für 130.000,- Euro will der Multimillionär gelitten haben.

Nein, sagt der BGH.

Promi-Presseanwalt Dr. S. ist sich nicht zu schade, das Bundesverfassungsgericht mit diesem Schmonz zu belästigen. Naja, er argumentiert auch aus Lizenzanalogie („ungerechtfertigte Bereicherung“). Das könnte interessant werden. Beim Rätselheft hatte der BGH dem unfreiwilligen Coverboy Cash zugesprochen.