Das Grenzpfosten-Blog hat eine lesenswerte Handreichung an Unternehmen, die sich gegen lästige Blogger wehren möchten, ohne eigendynamische Kommunikationspannen zu erleiden. Ich kann aus der Erfahrung mit Blogger-Prozessen jeden dieser Aspekte zu 100% unterstützen.
Die Empfehlung, bei der Kontaktaufnahme zu Bloggern besser auf Emails zu verzichten, da diese veröffentlicht werden und damit nach hinten losgehen können, ist allerdings dann unfruchtbar, wenn es nur diese Kontaktmöglichkeit gibt. Ziemlich ungeschickt ist es allerdings, wenn man mailt, obwohl der Blogger im Vorhinein angekündigt hat, aus Prinzip jede Email zu veröffentlichen. Letztes Jahr hatte ein solchen Fall sogar den Weg vor Gericht gefunden, als ein Mandant als angeblicher Blogger auf Unterlassung in Anspruch genommen worden war. Da das Landgericht Köln in dieser Sache eine unglaublich schwache Entscheidung getroffen hatte, die dann auch noch unkritisch verbreitet wurde, sah ich mich zu folgendem Artikel veranlasst:
Wie neulich berichtet, hatte sich das Enthüllungsblatt BILD in der Kunst der Satire versucht und einige Personen zu Aliens stilisiert. Der Springer-Verlag wird versuchen, sich auf Humor herauszureden. Wie man sowas richtig macht, zeigt Günther Butzko im obigen Beitrag!
Als ich im aktuellen CDU-Spot das Shell-Symbol gesehen habe, musste ich an die Schleichwerbungs-Provokation der Partei „Die Partei“ denken. Nunmehr hat sich Shell die Verwendung der Marke verbeten. Der Spot muss gelöscht werden. Ob das auch für die im obigen Video verlinkte Parodie gilt, welche die Tonspur leicht verändert hat.
Als ich letztes Jahr für meinen Artikel „Die RYAN-Krise – Als der Kalte Krieg beinahe heiß geworden wäre“ recherchierte, erwähnte ich dort die Leistung von Stanislaw Petrow, der möglicherweise eine Atomkrieg verhindert hat. Da wirklich alle Berichte übereinstimmend die Behauptung enthielten, Petrow sei aus der Roten Armee ausgeschlossen worden, verließ ich mich hierauf. Ebenfalls war häufig in seriösen Medien zu lesen, Petrow lebe in Armut, sei ein gebrochener Mann, Alkoholiker usw.
Im Mai diesen Jahres brachte uns die avantgardistische Theatergruppe Rimini Protokoll zusammen, wo wir gemeinsam in dem politischen Theaterstück „Der Zauberlehrling“ die Geschichte des Semtembers 1983 erzählten und Gelegenheit bekamen, die Presseenten zu korrigieren: (more…)
Damals vertrat ich die temperamentvolle Website Finanzparasiten.de, die sich kritisch mit Finanzvertrieben befasst. Da die Auseinandersetzung mit einem der kritisierten Finanzdienstleister Überhand nahmen, war beschlossen worden, diesem ein eigenes Weblog zu widmen. Um die Firma ordentlich zu provozieren, sollte die Domain aus dem Firmennamen und dem Wort „Blog“ bestehen. Noogie konnte nun am lebenden Objekt forschen! (more…)
Nachdem gerade das Amtsgericht Euskirchen und dann das Landgericht Bonn einen Antrag auf einstweilige Verfügung gegen eine als Zeitung aufgemachte Parteipostille abgelehnt haben, wird nun eine Nummer größer geboten:
Kritiker aus dem linken Spektrum verspotten den SPIEGEL seit langem als „Das ehemalige Nachrichtenmagazin“. Lesenswert hierzu die Nachdenkseiten, die dem Spiegel die Qualifikation zum „Leitmedium“ absprechen. Nachdem wir in den letzten Jahren zur Freude christlich-reaktionärer Parteien auf die Gefahren des Islam eingeschworen wurden,
stigmatisierte der SPIEGEL dieses Jahr die Internetgemeinde als doof. Und nachdem die Linkspartei an der Saar 21,3 % geholt hatte und für die anstehenden Bundestagswahlen auf 11 % geschätzt wird, muss offensichtlich auch der auf 25 % taxierten SPD und den Grünen geholfen werden.
Zwei Abgeordnete der Bundestagspartei „Die Linke“ gehen nun gegen den SPIEGEL vor. In seiner aktuellen Ausgabe thematisiert das Blatt u.a. die Linkspartei, die sich hierdurch in mehrfacher Weise verleumdet sieht.
Konkret hatte der SPIEGEL behauptet, Klaus Höpcke, der frühere stellvertretende Kulturminister der DDR, habe den Schauspieler Peter Sodann in den Knast gebracht. Sodann, selbst prominenter Unterstützer der Linken, soll ebenfalls empört sein.
Klagen wird auch Ulla Jelpke, die sich durch ihr in den Mund gelegte Worte verleumdet sieht. Der SPIEGEL unterstellt Jelpke abfällige Äußerungen gegen ihren Fraktionskollegen Bodo Ramelow. Sie finde die Ossis in der Partei »spießig und staatstragend«, sie mache sich für »Terrorgruppen wie Hisbollah und Hamas« stark. Sie diskriminiere Hartz-IV-Bezieher als »Hartzies« – niemand hat aus ihrem Munde je dieses Wort gehört. Und dann habe sie sogar für ihr Dortmunder Büro ein Alkohol- und Rauchverbot verfügt, damit es dort für Erwerbslose »nicht so gemütlich« sei.
Die Beweislast für seine Behauptungen und Zitate trägt der SPIEGEL, und derzeit hat es nicht den Anschein, als könne er etwas aufbieten. Da fragt sich der geneigte Leser, wieso die SPIEGEL-Leute denn so etwas machen. Und wieso dürfen da immer noch diese vier Gestalten arbeiten? Hagen Rether über die „Ausgewogenheit“ u.a. des SPIEGEL:
Seit einiger Zeit läuft mit großem Erfolg die Beta-Version von Wikileaks, einem internationalen Projekt zur unzensierbaren Verbreitung von „geleakten“ Informationen. Während Organisationen wie Staaten oder Konzerne die Daten ihrer Kundschaft begehren, selbst jedoch Geheimniskrämerei pflegen, sehen es Bürgerrechtler genau umgekehrt: Datenschutz für die Kleinen, Transparenz für die Großen.
In einem hörenswerten Interview im Chaosradio auf FRITZ wurden zwei der Wikileaker auch auf die Frage zum Umgang mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht angesprochen. Konkret ging es um die Frage, ob man eine ggf. zutreffende Information über die AIDS-Erkrankung eines prominenten Unternehmers veröffentlicht hätte. (more…)
„(…) Ärgerlich ist nur die grundsätzliche Ignoranz mancher Landgerichte in Internetfragen und die daraus resultierende Extremjudikatur. Es ist kein Wunder, dass clevere Anwälte die freie Wahl des Gerichtsstands bei Internetsachen ausnutzen, um etwa in Haftungsfragen extrem internetfeindliche oder netphobe Richter anzurufen. Hier bedarf es der Vorsicht, der Geduld – vieles wird in zweiter Instanz korrigiert – und der verstärkten Diskussion zwischen den Gerichten. Richter reden wenig miteinander, organisieren sich nicht und werden dann von klugen Anwälten über den Tisch gezogen. Das wird sich im Zeitalter des Internet ändern müssen. (…)“
Hoeren wäre für die Piraten die ideale (Achtung: Wortspiel!) Gallionsfigur. Soweit ich weiß, ist er aus prinzipiellen Gründen in keiner Partei, da sich so etwas für Professoren nicht gehöre.
Eine Partei tut das allerdings umso mehr, die allerdings in der heutigen TAZ mal wieder für ihre Profillosigkeit bzgl. der Offline-Welt kritisiert wird. Eine Aachener Zeitung, wo es ja wie hier in Münster nun einen Piraten im Stadtrat gibt, stellt hierzu folgende (von mir nicht überprüfte) Behauptung auf (Unterstreichung von mir):
Asylrecht uninteressant, bitte kein Verbot von Rüstungsexporten
Richtig heftig ist die Position der Piraten zum Asylrecht und zu Rüstungsexporten. Während zum 1992 weitgehend abgeschafften Asylrecht keine Position eingenommen wird, obwohl ein voll wiederhergestelltes Asylrecht eigentlich ein urdemokratisches Anliegen sein sollte, lehnt die Piratenpartei ein Verbot von Rüstungsexporten explizit ab. Zur Erinnerung: Deutschland ist unter der Schröder- und Merkelregierung zum drittgrößten Rüstungsexporteur weltweit geworden, es wird heute mehr als doppelt so viel Kriegsgerät in alle Welt exportiert, wie vor zehn Jahren.
Sollte die Meldung stimmen, dann nimmt die Piratenpartei also doch zu allgemeinpolitischen Fragen Stellung – möglicherweise die falsche.
Inzwischen hat die Piratenpartei mit nunmehr ca. 7.500 Mitgliedern die anderen Kleinparteien hinter sich gelassen und sieht sich als siebtstärkste politische Kraft. Nach dem knapp 1%-Wahlerfolg bei den Europawahlen machte sich nun jemand die Mühe mit dem obigen Video, das sich satirisch mit der neuen Bewegung auseinandersetzt. Das mit über fünf Minuten bemerkenswert lange Video ist professionell gemacht, verfügt über einen pointierten Text und exzellentes Timing. Wie auch immer, es ist so manchen Videos der Piraten in Sachen Esprit haushochüberlegen.
In der PR-Branche – jedenfalls im Polit- und Show-Geschäft – werden Parodien grundsätzlich als etwas Positives bewertet. Denn wenn sie funktionieren, kann daraus geschlossen werden, dass der Parodierte einen Wiedererkennungswert hat und als wichtig bewertet wird. Noch professioneller ist die Einstellung hinsichtlich des Spiels mit Negativ-PR. Ein ziemlich prominenter Mandant von mir lebt seit über 35 Jahren von schlechter Presse und vertritt die Auffassung,
„There is NO such thing as bad publicity (unless you are John Edwards and you’re running for president).“
Es gibt also keine schlechte PR, sondern nur PR. Der Mann muss es wissen. ;)
Beim genauen Betrachten des ziemlich aufwändigen Anti-Piraten-Spots stellt allerdings die Frage nach dem offenbar ziemlich treibenden Motiv für die zweifellos nicht unintelligenten Macher. Würde der politische Gegner die Piratenpartei PR-technisch aufwerten wollen (so wie es die FDP neulich unfreiwillig geschafft hat)? Kaum, denn Totschweigen heißt die Devise.
Unter uns: Ich wäre nicht sonderlich überrascht, wenn der Anti-Piratenspot ein taktischer false flag attack eines Piraten wäre, der einen PR-trächtigen Disput inszeniert. ;)
Bis eben hatte ich noch nie etwas von „Textberater.com“, dem „Magazin für nachhaltige Kommunikation“ gehört. Da wird unter der Überschrift „Blogger sind rechtlich nicht besonders gefährdet“ ein Rechtsanwalt zum aktuellen Jako-Fall interviewt, jener Meisterleistung in Sachen PR-Selbstmord.
Der Kollege äußert da wörtlich:
(…) „Bei privat tätigen Bloggern wird man seltener unmittelbar mit einer Abmahnung rechtlich Erfolg haben, da sich hier nicht so einfach irgendwelche Anspruchsgrundlagen konstruieren lassen. Der Geltendmachung von irgendwelchen Ansprüchen gegen Blogbetreiber steht immer noch insbesondere die Presse- und vor allem Meinungsfreiheit gegenüber.“ (…)
Öhm … Die Blogger-Fälle, mit denen ich so zu tun habe, werden durch die Bank weg mit Verletzung von Persönlichkeitsrechten, gerne auch von Unternehmenspersönlichkeitsrechten begründet. Und glauben Sie mir, das ist eine verdammt lästige Anspruchsgrundlage. Okay, steht nirgendwo im Gesetz drin, und auch die juristische Literatur gibt zu letzterem nicht viel her. In der Rechtsrealität gibt es das aber.
Der Kollege gibt noch mehr zum Besten:
(…) „Es kommt mit Sicherheit immer auf den konkreten Einzelfall an. Wenn jemand sich einfach nur kritisch über eine bestimmte Marke im Internet äußert, so wird man hiergegen nicht mit besonderem Erfolg vorgehen können.“ (…)
Wenn dieser Einzelfall am Landgericht Hamburg geltend gemacht wird, dann wird er zum Regelfall. Da sind schon etliche Leute gestrandet, die dachten, dass sie ihre Meinungsfreiheit, Pressefreiheit usw. in Anspruch nehmen dürften. Unternehmenskritik gleicht einem Stepptanz auf Tretminen. Ich sage nur: Stolpe-Entscheidung.
Zur Vertiefung hier drei meiner Artikel zum Hamburger Landrecht: