Bis eben hatte ich noch nie etwas von „Textberater.com“, dem „Magazin für nachhaltige Kommunikation“ gehört. Da wird unter der Überschrift „Blogger sind rechtlich nicht besonders gefährdet“ ein Rechtsanwalt zum aktuellen Jako-Fall interviewt, jener Meisterleistung in Sachen PR-Selbstmord.
Der Kollege äußert da wörtlich:
(…) „Bei privat tätigen Bloggern wird man seltener unmittelbar mit einer Abmahnung rechtlich Erfolg haben, da sich hier nicht so einfach irgendwelche Anspruchsgrundlagen konstruieren lassen. Der Geltendmachung von irgendwelchen Ansprüchen gegen Blogbetreiber steht immer noch insbesondere die Presse- und vor allem Meinungsfreiheit gegenüber.“ (…)
Öhm … Die Blogger-Fälle, mit denen ich so zu tun habe, werden durch die Bank weg mit Verletzung von Persönlichkeitsrechten, gerne auch von Unternehmenspersönlichkeitsrechten begründet. Und glauben Sie mir, das ist eine verdammt lästige Anspruchsgrundlage. Okay, steht nirgendwo im Gesetz drin, und auch die juristische Literatur gibt zu letzterem nicht viel her. In der Rechtsrealität gibt es das aber.
Der Kollege gibt noch mehr zum Besten:
(…) „Es kommt mit Sicherheit immer auf den konkreten Einzelfall an. Wenn jemand sich einfach nur kritisch über eine bestimmte Marke im Internet äußert, so wird man hiergegen nicht mit besonderem Erfolg vorgehen können.“ (…)
Wenn dieser Einzelfall am Landgericht Hamburg geltend gemacht wird, dann wird er zum Regelfall. Da sind schon etliche Leute gestrandet, die dachten, dass sie ihre Meinungsfreiheit, Pressefreiheit usw. in Anspruch nehmen dürften. Unternehmenskritik gleicht einem Stepptanz auf Tretminen. Ich sage nur: Stolpe-Entscheidung.
Zur Vertiefung hier drei meiner Artikel zum Hamburger Landrecht:
- “Der Gerichtsreporter und die Kammer des Schreckens”, Presserechtsblogger, Telepolis (2007)
- “(Kein) Interview mit Richter Andreas Buske vom Landgericht Hamburg”, Persönlichkeitsrecht, Telepolis (2008)
- “Stürzt der fliegende Gerichtsstand ab?”, Petition gegen Rechtspraxis zu § 32 ZPO, Telepolis (2008)