4. März 2015
Letzten Samstag habe ich mir die derzeit in Berlin gastierende Ausstellung des Hauses der Geschichte zur RAF angesehen. Unter den Exponaten war auch ein Faxausdruck aus den 1970ern mit dem damals geheimen täglichen „Lagebericht Innere Sicherheit“. Bis heute existiert eine Rundmail der Sicherheitsbehörden über aktuelle Infos rund um Terrorismus und Organisierte Kriminalität, deren Inhalt und Empfängerkreis der Geheimhaltung unterliegen.
Bislang gab es offenbar keine oder etwas laxe Richtlinien, was da so verbreitet werden darf. Das habe ich inzwischen geändert. Ja, ich. ;)
Die Rundmail konnte nämlich bislang dazu missbraucht werden, um behördeninterne Informationen an die Presse zu lancieren und die Quelle zu anonymisieren. Denn investigative Magazine haben nun einmal einen guten Freund bei der Polizei oder im Geheimdienst, der ihnen eine Kopie durchsticht, und bei dem geheimen wie vermutlich dreistelligen Empfängerkreis kann man Leaks kaum rückverfolgen.
Nachdem der Lagebericht im Oktober 2012 dazu missbraucht wurde, um halbgare Behördeninterna über einen Piraten an den SPIEGEL zu spiegeln, haben wir den Bundesdatenschutzbeauftragten in Marsch gesetzt. Nach zwei Jahren hat er – inzwischen eine sie – den Verantwortlichen auf die Finger geklopft. Infolgedessen wurden nunmehr die redaktionellen Richtlinien für den Lagebericht Innere Sicherheit verschärft.
Auf presserechtlichen Terz gegen den SPIEGEL hatten wir übrigens bewusst verzichtet, denn mein Mandant, ein Pirat der ersten Stunde, achtet die Pressefreiheit fundamental. Die ganze Geschichte meines terroristischen Mandanten habe ich auf Telepolis erzählt. In einer Gastrolle: Kollege Udo Vetter. ;)
admin •
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26. Februar 2015
Diese im Dezember auf arte gelaufene Doku berichtet eindrucksvoll über US-Bürger, die in ihrer Eigenschaft als CIA-, NSA- und State Department-Mitarbeiter Rückgrat bewiesen und nicht mitlaufen wollten, als sie erkannten, dass die gegen „feindliche“ Länder und Terroristen entwickelten Instrumente heimlich gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt werden.
Heute nun tun sich im NSA-Ausschuss des Bundestags weitere Abgründe auf, siehe Liveblog von netzpolitik.org. Unsere Politiker und Geheimdienste nehmen nahezu hemmungslos Zugriff auf unsere Telekommunikation, etwa von der BND-Anlage in Schöningen aus, deren Bewandtnis in den Snowden-Dokumenten nur als „das Geheimnis“ bezeichnet wird.
Mit Rechtsstaat hat das nichts mehr zu tun. Es wird Zeit, dass auch mal in der Geheimdienst-Community die Selbstachtung aufbringt und an die Öffentlichkeit geht. Es reicht langsam.
24. Februar 2015
In „House of Cards“ versucht ein investigativer Reporter, einen Politiker durch Einsatz eines USB-Sticks auszuspionieren. Diesen will er in einem Rechenzentrum heimlich anbringen, stellt sich dabei jedoch so dilletantisch an, dass er sich dabei erwischen lässt, zumal seine Aktion verraten war, bevor sie begann. Täuschung in real life ist halt nicht jedermanns Sache …
Nun hat sich ein ähnlicher Fall in der Taz-Redaktion ereignet. So versuchte ein Taz-Mitarbeiter, einen USB-Keylogger verschwinden zu lassen. Die Taz schreibt in eigener Sache:
Am späten Vormittag versucht sich die Praktikantin am betroffenen Rechner einzuloggen. Wieder ein Problem. Allerdings ist der Rechner nicht komplett stillgelegt, wie es die EDV geplant hatte. Also macht sich ein Mitarbeiter daran, der Praktikantin einen anderen Rechner hinzustellen und einzurichten.
Während er daran arbeitet, beobachten mehrere Mitarbeiter, wie ein taz-Angestellter seine Zeitung über die Rückseite des betroffenen Rechners hält und den Keylogger entnimmt. Er habe nur einen USB-Stick herausgezogen, sagt der Erwischte laut Augen- und Ohrenzeugen. Der EDV-Mitarbeiter nimmt ihm den Stick ab. Gemeinsam gehen sie in die EDV. Es ist zwölf Uhr. Der Kollege äußert sich nicht weiter, geht auf die Toilette, dann an seinen Arbeitsplatz. Auch gegenüber dem herbeigerufenen Abteilungsleiter und einem Mitglied der Geschäftsführung sagt er nichts zu den Vorwürfen. Der Kollege verlässt die taz.
Es wäre vermutlich schwierig gewesen, einen USB-Stick einem Täter zuzuordnen. Im Fachjorgon nennen Strafrechtler so etwa „ungeschicktes Nachtatverhalten“.
Zur Rechtslage habe ich gestern bei Telepolis geschrieben: „Befugtes Spionieren“.
admin •
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22. Februar 2015
Immer, wenn ich auf einen Beitrag von BILD verlinke, empört sich reflexartig irgendein selbsternannter Tugendwächter oder zitiert gar Max Goldt. Bei Verlinkung von SPIEGEL Online (mitverantwortet von Ex-BILD-Mann Nikolaus Blome) eigenartigerweise noch nie. Freunde, mal ganz unter uns: Abgesehen von der Satzlänge sehe ich keinen, aber wirklich gar keinen Unterschied zwischen den beiden Medien. Beispiel gefällig?
Der heutige SPON-Ukraine-Beitrag hat folgende Überschrift und Dachzeilen:
Ukraine-Krise: Die fehlerhafte Revolution
Ein Jahr nach den Schüssen auf dem Maidan ist es Zeit für eine Bilanz: Kiew und der Westen haben es dem russischen Aggressor zu leicht gemacht. Ihre Fehler spielten dem Kreml in die Hände.
Na, was bleibt wohl hängen? Insbesondere bei den wohl meisten Lesern, die nur die Überschriften lesen und die anschließende Buchstabenwüste meiden? Richtig: Putin war der Aggressor der Schüsse auf dem Maidan. Und natürlich Profiteur.
Zum Mitmeißeln: Bei den Schüssen auf dem Maidan schossen unbekannte Sniper auf beide Parteien. Ein Jahr später deutet vieles darauf hin, dass dies zur taktischen Destabilisierung geschah. Das scheint SPON aber nicht zu interessieren. Falscher Gegner.
Putin dürfte das geringste Interesse an der Destabilisierung der Ukraine und damit der Krim gehabt haben. Was SPON da betreibt, ist schlichtweg Kriegstreiberei. Und jeder, der SPON gegenüber BILD verharmlost, trägt dazu bei.
(Bild: Hier geklaut.)
11. Februar 2015
Vor ein paar Jahren betreute ich einen Fall gegen einen Vertreter der mir bis dahin unbekannten „Germanischen Neuen Medizin“. Das sind rechts-esoterische Impfgegner, deren Auffassung zur Schulmedizin jedenfalls nicht evidenzbasiert sind. Diese Leute versuchten damals, ihre „fachlichen“ Diskussionen auf einer Mailingliste unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu führen, hatten sich allerdings V-Leute eingefangen.
-> Die Mailing-Liste der Schrumpfgermanen
Unsere Rechtsauffassung, dass die Veröffentlichung entsprechender Kommunikation rechtmäßig war, wurde uns schließlich vom BGH bestätigt. Wie ich später erfuhr, wurde unser Kontrahent vermögenslos, weil er auf irgendeine Glücksspielsache reingefallen sein soll. Solange sich jeder mit seiner Dummheit nur selbst schädigt und für andere kein ernst zu nehmendes Beispiel gibt, soll sich halt jeder blamieren, so gut er kann. Aber er muss Kritik daran nun einmal hinnehmen.
Nunmehr steht ein im rechten Millieu orientiertes Paar vor Gericht, weil sie ihr Diebetes-krankes Kind statt mit Insulin lieber mit Rohkost therapieren wollten. Bereits 2007 hatten Ärzte das Jugendamt über ihren Verdacht bestätigt, dass die Eltern ihrer Sorgepflicht nicht ausreichend nachkämen. 2009 starb es.
3. Februar 2015
Foto: Abmahnung, Urheber: Dirk Vorderstraße, Lizenz: CC BY 3.0
Nachdem der Lichtbildner Herr Dirk Vorderstraße wegen meiner kritischen Texte inzwischen Gerichte in Köln, Münster und Berlin bemühte, versuchte es sein dem fliegenden Gerichtsstand huldigender Rechtsanwalt, der sympathische Kollege Herr Arno Lampmann von der Kölner Kanzlei Lampmann, Haberkamm & Rosenbaum diesmal nun in Frankfurt.
Konkret wehrte sich gescholtene Lizenzkünstler gegen meinen Bericht Das Ende der CC-Abzockerei über einen am Landgericht Berlin gescheiterten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Dieser enthielt nicht den Hinweis, dass Herrn Vorderstraße noch die Gelegenheit offen stand, dem schlechten Geld gutes hinterher zu werfen, etwa durch Einlegen einer aussichtslosen sofortigen Beschwerde. Durch meinen insofern lückenhaften Bericht werde der falsche Eindruck erweckt, als sei der Rechtsstreit in Berlin endgültig entschieden worden. Tatsächlich nämlich war Herr Vorderstraße so optimistisch, sich in Berlin sofortig zu beschweren.
Herr Vorderstraße versuchte daher, den Bericht verbieten zu lassen. Der Kollege Herr Lampmann war trotz zwei zuvor in einer Klage ergangenen Hinweisbeschlüssen des Landgerichts Köln nicht von seiner faszinierenden Rechtsansicht abzubringen, Rechtsanwälte und Fotografen stünden in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis, so dass UWG bemüht werden könne. Auch glaubte Herr Lampmann, Herr Vorderstraße werde rechtswidrig in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt.
Auch dem Landgericht Frankfurt gelang es nicht, den Glauben der Herren Vorderstraße und Lampmann an ein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Fotograf zu erschüttern. Ehrensache, dass Herr Vorderstraße sich auch in Frankfurt sofortig beschwerte.
Inzwischen allerdings hatte das Berliner Kammergericht Herrn Vorderstraßens Beschwerde längst zurückgewiesen. Die unterstellte Andeutung, Herr Vorderstraße sei in Berlin endgültig mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gescheitert, entsprach daher inzwischen der Wahrheit. Unterlassungsanträge sind nun einmal nur in die Zukunft gerichtetet, so dass die nunmehr wahre Berichterstattung schon allein deshalb nicht mehr untersagt werden konnte.
Und damit verlor Herr Vorderstraße natürlich auch seinen Eil-Antrag am OLG Frankfurt. Die Abweisung der beantragten Eilverfügung in Berlin erfolgte übrigens 10 Tage, bevor Herr Vorderstraße in Frankfurt Beschwerde einlegte. Herr Vorderstraße hat nun sowohl in Berlin als auch in Frankfurt die Möglichkeit, seinem gewähnten Recht jeweils im Wege der Hauptsacheklage Geltung zu verschaffen. Da der Streitwert jedesmal bei 10.000,- € liegt, lässt sich an der Klagefreudigkeit langfristig ganz gut verdienen. ;)
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17. Januar 2015
Das Landgericht Köln hat dem Axel Springer Verlag per einstweiliger Verfügung untersagt, das Video mit der Attacke gegen einen Paparazzo weiterhin online zu stellen. Grönemeyer will sich gegen aufdringliches Fotografieren verbal und wohl auch mit einer temperamentvollen Gestik seiner Tasche gewehrt haben.
Filmaufnahmen im öffentlichen Raum muss man grundsätzlich hinnehmen, während das öffentlich-zur-Schau-stellen und Verbreiten der Aufnahmen gegen den Willen des Abgebildeten nur bei einem hinreichen anerkennenswertem Berichtsinteresse der Öffentlichkeit zulässig ist. Die private Anwensenheit auf einem Flughafen alleine ist kein insoweit erforderliches zeitgeschichtliches Ereignis.
Ein solches sehen Springers Juristen offenbar in der Tatsache, dass Grönemeyer ausgeflippt ist und sich nicht sozialadäquat benommen habe. Grönemeyers Anwalt hält dagegen und spricht von einer Notwehrsituation. Die Grenze zwischen Notwehr und Selbstjustiz verläuft allerdings fließend.
Richtig ist, dass man die Privatsphäre im Internetzeitalter effizient nur durch Datenvermeidung schützen kann, wozu Einschüchtern, Verprügeln oder Exekutieren des Fotografen einen nachvollziehbaren Beitrag darstellen können. Grundsätzlich sieht die Rechtsordnung bei §§ 22ff KunstUrhG jedoch ein geordnetes Zivilverfahren vor. Auch hätte Grönemeyer etwa das Flughafenpersonal bitten können, das Hausrecht wahrzunehmen, wenn er sich belästigt fühlt. Dem Flughafenbetreiber billigen Gerichte sogar die Rechte an Fotomaterial zu, das auf dessen Grundstück aufgenommen wurde.
Springer hat angekündigt, den Rechtsweg auszuschöpfen.
Die in London und Berlin ansässigen Parteien kabbeln sich am Landgericht Köln. Die Anwendung des „fliegenden Gerichtsstands“ nach § 32 ZPO ist vorliegend schon deshalb sachgerecht, weil sich der Vorfall am Flughafen Köln ereignete. Plakativer kann man den fliegenden Gerichtsstand kaum veranschaulichen … ;)
admin •
13:30 •
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15. Januar 2015
Im letzten James Bond-Film hatte der britische Auslandsgeheimdienst eine Liste mit den Namen von allen wichtigen Agenten verloren. Das war insoweit ein bisschen unglaubhaft, als dass kein Geheimdienst, der halbwegs bei Trost ist, eine solche Liste überhaupt anlegen würde. „Datensparsamkeit“ nennt man diese Strategie unter Datenschützern.
Die Realität ist weitaus großzügiger. So wurde bekannt, dass ein 31-jähriger BND-Mann eine Liste von nicht weniger als 3.500 Agenten aus dem BND herausgetragen und an die CIA verhökert hat. Überraschend ist, dass der BND überhaupt so viele Agenten hat. Aber warum BND-Präsident Schindler das Risiko einging, einem vermutlich unterrangigen BND-Mann einen so umfassenden Zugriff auf denkbar sensible Daten zu gewähren, ist schon mehr als erklärungsbedürftig.
Einer solchen Behörde, die nicht einmal auf die eigenen Agentendaten aufpassen kann, möchte ich nur sehr ungern Zugriff auf meine Daten gewähren. Dass Frau F., die Datenschutzbeauftragte des BND, von der Führung des Hauses nicht so recht ernst genommen wurde, zeigte sich neulich im NSA-Ausschuss, als es um das Abschnorcheln von Satelliten von deutschem Boden aus ging. Im Weltall gilt nach BND-Meinung kein Recht für deutsche Daten. Der nächste BND-UNtersuchungsausschuss zeichnet sich wohl ab.
21. Dezember 2014
Udo Jürgens — Der gläserne Mensch – MyVideo
In seinem letzten Album „Mitten im Leben“ textete Udo Jürgens bemerkenswert politisch. Insbesondere griff er den NSA-Überwachungsskandal auf. Den Wert der Privatsphäre besang er u.a. 1977 („Ein ehrenwertes Haus“), als sich impertinente Nachbarn an einer „wilden Ehe“ störten (wie sie heute unser moralinsaurer konservativer Bundespräsident vorlebt). Auch mit der BILD-Zeitung sammelte Jürgens seit den 1960er Jahren seine Erfahrungen:
„Ja. Ich bin kraft meines Berufes sehr bekannt, weit über 90 Prozent, und ständiger Gast in wahren und unwahren Geschichten des Springer Verlags. Das Verhältnis ist aber ausgezeichnet.“
2002 war Udo Jürgens Gast in Richter Buskes Hamburger Pressekammer, wo er persönlich als Zeuge über ein angebliches Techtelmechtel mit Dauerklägerin Caroline von Monaco aussagen und sehr private Fragen beantworten musste. Jürgens selbst war alles andere als ein Prozesshansel:
„Nichts ist so alt wie die Zeitung von gestern.“
19. Dezember 2014
In der Bevölkerung wurde vor allem im Bezug auf die Berichterstattung zur Ukraine-Krise ein breites Unbehagen gegenüber den konventionellen Medien immer stärker spürbar. Gerade hat die Legal Tribune Online gemeldet, dass mein Beitrag zum unsäglichen Propaganda-Cover des SPIEGEL („Stoppt Putin jetzt!“) der am meisten geklickte dieses Jahres war.
Bei TELEPOLIS, einem vergleichsweise unabhängigen Medium, haben verschiedene Autoren unabhängig voneinander die berechtigte Skepsis gegenüber den Schreibtisch-Kriegsberichterstattern thematisiert. Nunmehr ist eine Sammlung Medien im Krieg – Zwischen Leitmedien und ihren Rezipienten erschienen. Meine Polemik Deutsche Elite-Journalisten setzen den Stahlhelm auf hat es leider nicht hineingeschafft, wurde dafür aber mehr oder weniger ja sogar verfilmt.
ZAPP hat nun eine Studie zur Glaubwürdigkeitskrise veröffentlicht. Die Medien sind sich kaum einer Schuld bewusst, und selbst Stefan Niggemeier, der zwischenzeitlich zu Hochform auflief, irritiert durch eine bestenfalls naive Einschätzung zum Interessenkonflikt atlantischer Klüngelei bei Alpha-Journalisten.
Mit dem NSA-Skandal und dem CIA-Folter-Skandal wurden etliche zuvor als „antiamerikanistische Verschwörungstheoretiker“ gebrandmarkte Mahner bestätigt. Doch ein Obama kann es sich leisten, seine Freunde abzuhören, mit fliegenden Killerrobotern Tausende Menschen (darunter Hunderte Kinder) auf Verdacht abzuknallen und Europa von seinem riesigen Nachbarn zu isolieren. Wegen Menschenrechtsverletzung tritt doch niemand aus der Atlantik-Brücke aus! Auch auf die erste Doku zur Atlantik-Brücke oder dem German Marshall Fund wird man wohl noch etwas warten müssen. Eine solche würde eher von RT Deutsch als vom NDR zu erwarten sein, der bei weitem nicht so unabhängig ist, wie er von Verfassungs wegen sein sollte.
2003 jubelte DER SPIEGEL über das „Geständnis“ zu 9/11. Bereits damals wiesen etliche Mahner darauf hin, dass ein durch Folter erpresstes Geständnis nichts wert ist. Dies unterstrich kürzlich der vormalige CIA-Chef-Ermittler im Nahen Osten Robert Baer, der in seinen lesenswerten Büchern zwischen den Zeilen einräumt, dass er selbst bei der Wahl seiner Methoden „nicht schüchtern“ war. TELEPOLIS-Autor Paul Schreyer hat den SPIEGEL zum Umgang mit der damaligen journalistischen Fehlleistung befragt: Der Spiegel, die Folter und 9/11. Anlass zur Distanzierung von den einstigen Propaganda-Meldungen der Bush-Ära sieht man dort nicht wirklich.
Mit Selbstkritik tat man sich im Hause SPIEGEL schon immer schwer. Als ich 2011 (bei weitem nicht als erster) auf den Einfluss von SS-Leuten in den ersten Jahrzehnten des SPIEGEL hinwies, wollte man mir bei der Recherche nicht so recht Auskunft geben, sondern zog es bis zum 50. Jahrestag der SPIEGEL-Affäre vor, das Thema zu tabuisieren. Auch die Verstrickung des einstigen SPIEGEL-Mannes Becker mit dem BND waren dem SPIEGEL kürzlich im Nachruf auf Becker keine Zeile wert.