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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


5. März 2020

OLG Hamburg zu Feliks aus der Wikipedia

Ein Wikipedia-Autor namens „Feliks“, dem die sonst so argwöhnischen Admins auffällig freie Hand bei der Diskreditierung von Politikern, Aktivisten und Publizisten lassen, wenn diese nicht seine politisch-religiöse Auffassung etwa zum Nahost-Konflikt teilen, war vorletzten Herbst enttarnt worden. Feliks bemühte in neureicher Manier eine renommierte Hamburger Anwaltskanzlei, die unter Heranziehung etlicher branchüblicher Tricks den Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung beantragte, um das YouTube-Video über Feliks zu attackieren.

Nunmehr hat das OLG Hamburg geurteilt, dass der Antrag jedenfalls erstinstanzlich gänzlich unbegründet war. Feliks muss also erstinstanzlich die gesamten Kosten tragen, was bei einem ursprünglichen Streitwert von 216.000,- € gegen ursprünglich drei Gegner schon ein teurer Spaß ist.

Von den in der Berufungsinstanz noch verhandelten Einzelanträgen mit Streitwert 108.000,- € nahm Feliks auf dringendes Anraten des Gerichts alles bis auf einen Antrag zurück. Bei diesem Antrag hatte er in der zweiten Instanz neue „Glaubhaftmachung“ angeboten, die dem Gericht insoweit ausreichte. Für die zweite Instanz muss Feliks 80% der Kosten tragen.

Wie bereits im Blog besprochen, ist die Deanonymisierung von Wikipedanten dem OLG Hamburg zufolge bereits dann zulässig, wenn diese zu meinungsbildenden Themen wie Politik oder Gechichte schreiben.

Ebenfalls ist es zulässig, konspiratives Verhalten von Feliks mit dem von Geheimdienstlern zu vergleichen, ohne hierdurch einen zwingenden Eindruck einer Mitgliedschaft in einem Geheimdienst zu erzeugen. Die Mandanten müssen also nicht mehr den Beweis für die aberwitzig untergeschobene Behauptung erbringen, Feliks sei ein Geheimagent.

Untersagt wurde nunmehr eine Äußerung über Berichte über ein Foto, das den Mandanten übereinstimmend von mehreren Personen beschrieben wurde. Aufgrund der Beweislastumkehr in § 186 StGB trägt bei Tatsachenbehauptungen die Beweislast der Äußernde. Zwar konnten die Mandanten eine schlüssige eidesstattliche Versicherung eines gut beleumundeten Zeugen vorlegen, die erstinstanzlich zum Erfolg führte. In der zweiten Instanz nun legte Feliks eine eigene eidesstattliche Versicherung in eigener Sache vor, in welcher er die Existenz des Fotos bestritt.

Nach Rechtsmeinung des OLG Hamburg sollen die Mandanten, die sich in einem YouTube-Video äußerten, für die Meldung haften, ihnen hätten Dritte die Existenz eines Foto bestätigt, das Feliks in einer für ihn angeblich ansehensmindernden Situation zeige. Eine eigene Behauptung hatten die Mandanten schon nicht aufgestellt. Beantragt war auch nicht etwa das Verbot eines unwahren Eindrucks, sondern der Bericht über Aussagen Dritter soll zur Haftung führen. Dieses Haftungskonzept erinnert auffällig an die vom BGH aufgehobene Markwort-Entscheidung der Hamburger Richter, die eine Zeitung für den Abdruck eines Interviews mit Roger Willemsen haften ließen, in welchem diesem ein Irrtum unterlief.

Wenn man diese drakonische Verbreiter-Haftung auf die Wikipedanten anwendet, haften die übrigens auch für jede falsche oder nicht beweisbare Aussage, welche sie aus fremden Quellen übernehmen. Ob sich ausgerechnet unser Feliks da wirklich einen Gefallen tut, solche Urteile zu produzieren?

Als Beleg für seine Rechtsmeinung zur Verbreiterhaftung zitierte der Senat eine Rechtsmeinung in einem juristischen Buch, dessen Autor insoweit allerdings der beteiligte Richter des OLG-Senats persönlich ist. Ich wage mal die Prognose, dass diese in Karlsruhe nicht geteilt wird. -> Hamburg hört in Karlsruhe auf

Allerdings wird es voraussichtlich nicht so weit kommen, denn während im Verfügungsverfahren so seltsame Beweismittel erlaubt sind wie eidesstattliche Versicherungen einer Prozesspartei in eigener Sache (Interessenkonflikt?), und diese dann in Hamburg auch nicht gewichtet werden, können im Hauptsacheverfahren Zeugen gehört werden, und da bieten wir mehrere.

Prozessrechtlich ist das Urteil auch interessant. So soll das Landgericht nicht verpflichtet gewesen sein, hinsichtlich der von Anfang an abgewiesenen Anträge die Mandanten einzubeziehen. Dies ist vor allem deshalb ungewöhnlich, weil die Mandaten vor Antragstellung eine umfangreich begründete Schutzschrift hinterlegt hatten und sich die Abmahnung praktisch im Antragstenor erschöpfte.

Spannend ist auch, dass ein Antragsteller, der eine Erstveröffentlichung erwartet, sich sechs Wochen mit seinem Antrag Zeit lassen darf und eine Abmahung mit kurzer Frist übers Wochenende akzeptiert wird. Nach wie vor also laden die Hamburger Gerichte jeden Querulanten zur Gängelung von Journalisten und Bloggern durch absurde einstweilige Verfügungen ein.

OLG Hamburg, Urteil vom 03.03.2020 – 7 U 63/19

18. Februar 2020

OLG Hamburg: Deanonymisierung von Autoren politischer Beiträge zulässig

Ein gewisser „Feliks“ hatte am Landgericht Hamburg zunächst eine einstweilige Verfügung erstritten, die es den Mandanten verbot, Feliks echten Namen zu verraten. Feliks gehört zu den ca. 300 Wikipedia-Autoren, die in kontroversen Beiträgen im Ergebnis die Macht haben, diese zu kontrollieren – dieses, obwohl er häufig extrem subjektiv editiert und Interessenkonflikte nicht offenlegt. So kontrollierte er eine beträchtliche Anzahl an Wikipedia-Biographien von Politikern der Linkspartei sowie politische Lemmata, obwohl er selbst Mitglied der Linken ist, sogar mal im Vorstand der bayrischen PDS saß. Wer immer Feliks‘ (extreme) Meinung zum Nahost-Konflikt nicht teilte, musste damit rechnen, gebrandmarkt und verächtlich gemacht zu werden.

Das Landgericht Hamburg hatte vor einem Jahr die einstweilige Verfügung unter anderem in diesem Punkt wieder einkassiert, denn wenn jemand andere ausgiebig anprangert und sehr, sehr einseitig und irreführend dar- und bloßstellt, der müsse sich halt auch die eigene Medizin schmecken lassen. Der Serienrufmörder ging in Berufung.

Das Oberlandesgericht Hamburg ließ in der Berufungsverhandlung erkennen, dass es an dieser Bewertung nicht nur festhält, sondern die Hürden für eine De-Anonymisierung sogar deutlich niedriger legt. Laut dem Bundesverfassungsgericht hat der Einzelne eine Unterlassungsanspruch, gegen seinen Willen nicht ohne besondern Anlass etwa in einem Text identifiziert zu werden. Wenn sich jemand aber an einer Diskussion über politische oder historische Themen beteiligt, tendiert das OLG Hamburg dazu, eine Deanonymisierung zu gestatten. Mit anderen Worten: Die Denunziationen und Interessenkonflikte, die Feliks nachgewiesen werden konnten, waren nicht einmal nötig, um ihn beim Namen nennen zu dürfen.

Feliks hat damit den anderen Heckenschützen in der Wikipedia einen Bärendienst erwiesen, denn jeder, der nicht gerade zu Themen wie „Algebra“ editiert, muss nun damit rechnen, mit seinen Hinterlassenschaften öffentlich konfrontiert zu werden. Ein Urteil hierzu wird es nicht geben, denn mangels Erfolgsaussicht nahm Feliks diesen und weitere Anträge im Gerichtssaal auf Anraten seiner Anwältin zurück.

Anders als das Landgericht Hamburg vermochte das Oberlandesgericht aus den Äußerungen keinen zwingenden Eindruck zu konstruieren, Feliks sei Mitarbeiter eines Geheimdienstes. Den Mandanten war aufgefallen, dass es sehr schwierig war, ein Foto von Feliks zu finden, was einen Mandanten, einen renommierten Geheimdienstexperten, eben an Geheimdienstler erinnerte, die Weisung haben, jegliche Fotos zu vermeiden.

Erfolgsaussichten hat Feliks jedoch mit einem Antrag gegen die berichtete Behauptung eines Zeugen, dieser habe auf einem Foto eine bestimmte Uniform getragen. Im Verfügungsverfahren konnte Feliks die Mandanten mit einer eidesstattlichen Versicherung in Beweisnöte bringen. Im Rahmen der allerdings von den Mandanten erhobenen negativen Feststellungsklage am Landgericht München wird ihm dieses „Beweismittel“ nicht zur Verfügung stehen.

Die Verhandlung war auch prozessrechtlich interessant. Eine einstweilige Verfügung ist nur zulässig, wenn man mit dem Antrag nicht zu lange trödelt. Vorliegend hatte sich Feliks allerdings in mehrfacher Weise dringlichkeitsschädlich verhalten:

  • Die Enthüllung war ihm angekündigt worden, sodass er eine Woche zuvor sogar anwaltlich auf Unterlassung abmahnen ließ, dann aber keine Unterlassung gegen eine Erstveröffentlichung durchsetzte.
  • Feliks ließ nach dem Zeitpunkt der behaupteten Kenntnisnahme fünf Wochen Zeit verstreichen.
  • Es gibt starke Indizien dafür, dass Feliks die Enthüllung bereits am Tag der Veröffentlichung und nicht erst am Folgetag gekannt haben dürfte.

Die Zivilprozessordnung definiert nicht, wann eine Sache dringlich ist und wann nicht mehr. Normalerweise zählen die Umstände des Einzelfalls. In Hamburg gibt es allerdings eine Tradition, dass man dort „sehr strikt“ an einer Ausschlussfrist von fünf Wochen festhält, die Feliks nach unserer Auffassung um ein paar Stunden verpasst hätte.

Das Landgericht hatte einer einsilbigen eidesstattlichen Versicherung von Feliks Glauben geschenkt, das OLG hingegen meint, dass es auf ein paar Stunden mehr gar nicht ankomme. Das ist insbesondere dann sehr großzügig, wenn man bedenkt, dass Feliks ja nach seiner Abmahnung noch eine Woche ins Land gehen ließ und keine weiteren Maßnahmen ergriff, etwa die Erstveröffentlichung zu unterbinden.

Es bleibt dabei, dass Feliks die ursprünglich mit einem Streitwert von 216.000,- € angesetzte einstweilige Verfügung, die es in der Berufung noch immerhin auf 108.000,- € brachte, fast vollständig verloren hat. Den Rest machen ihm die Mandanten am Landgericht München streitig. Unterm Strich dürfte Feliks das Hamburg-Abenteuer knapp 30.000,- € gekostet haben. Dafür hätte man auch anders Spaß haben können.

Der Rechtsstreit hat noch eine ironische Wendung: Der Titel der ersten Dokumentation eines der Mandanten über Manipulationen in der Wikipedia lautete „Zensur“. Die ist Feliks nun im wahren Leben nicht gelungen.

4. November 2019

Aktuelle Fachliteratur im Medienrecht

Die Lektüre von Rezensionen über juristische Fachliteratur kann man sich im Regelfall sparen, da diese „Kritik“ wegen Interessenkonflikten praktisch immer positiv ausfällt.

Denn die Rezensenten sind meist selbst Buchautoren, die keinen Liebesentzug der Branche riskieren und außerdem weiterhin kostenfreie Rezensionsexemplare beziehen möchten. Zudem erscheinen die meisten Rezensionen in Fachzeitschriften der wenigen Verlage, welche die besprochenen Bücher anbieten. Alles muss man also selber machen …!

Presse- und Medienrecht

Soehring/Hoene, neben dem Wenzel DER Klassiker im Presse- und Medienrecht, hat nach nunmehr sechs Jahren eine überfällige Neuauflage erfahren. Die Überarbeitung war schon wegen etlichen neuen Gesetzen überfällig. Jan Böhmermann hat es sogar ins Vorwort geschafft! Zweifellos sind die 119,- € gut angelegt, aber es bestehen Zweifel, ob den Verfassern bei Redaktionsschluss April alle bis dahin wichtigen Urteile bekannt waren. Irritiert hat mich das Versprechen auf dem Cover, das Werk behandele auch das Recht der sogenannten Neuen Medien, denn die werden allenfalls gestreift.

Korte, der einst in der berüchtigten Hamburger Pressekammer wirkte, hat eine zweite Auflage seines Skripts „Praxis des Presserechts“ (2014) vorgelegt. Dessen praktischen Wert schmälert Kortes Perspektive als Richter, denn einen praktizierenden Rechtsanwalt werden vor allem spezifisch-prozessrechtliche Fragen interessieren, bei denen das Werk Lücken lässt. Für 59,- € OK, aber dafür, dass das Buch aus Kortes Fachanwaltskurs hervorgegangen ist und „Praxis“ im Titel trägt, wäre da noch Luft nach oben.

Urheberrecht

Im Urheberrecht im engen Sinn erscheinen in dieser Saison keine Titel. Zum einen waren die ganzen UrhG-Kommentare letztes Jahr aktualisiert worden, zum andern weiß nach der seltsamen Europäischen Urheberrechtsrichtlinie („Artikel 13“) niemand so genau, wo insoweit die Reise denn jetzt hingehen soll. Die Umsetzung der Richtlinie ins deutsche Recht steht ja bekanntlich noch aus, und da hat der Gesetzgeber noch ausgiebig Gelegenheit zum weiteren Dilletieren.

Um genau zu sein, müsste man noch den Anfang des Jahres aktualisierten Wandtke/Bullinger erwähnen, der als „Praxiskommentar“ vermarktet wird. Meine Stichproben im Bereich Abmahnunrecht ergaben allerdings den Eindruck, dass die Bearbeitung oberflächlicher als anderswo ausfällt. Für 249,- € wird man bei Schricker, Dreier und Möhring besser bedient.

IT- und UWG

Im IT- und UWG-Recht sind gerade zwei Wälzer erschienen, die natürlich wieder als „unverzichtbar“ angepriesen werden. Beide Bücher haben mir im Prinzip gut gefallen, hielten aber meinen (subjektiven) Stichproben nicht stand.

Die soeben erschienene Neuauflage von Auer-Reinsdorff / Conrad: „Handbuch IT- und Datenschutzrecht“ erweckt den Eindruck einer eierlegenden Wollmilchsau. Laut Vorwort deckt das Werk alle Bereiche der Fachanwaltsordnung für IT-Recht ab. Die Autoren des Ende Oktober erschienenen Werks versprechen den redaktionellen Stand von Februar 2019, was mir im IT-Recht als ziemlich großzügig erscheint. Erstaunlicherweise fehlt allerdings manch höchst relevantes Urteil aus Mitte 2018, obwohl das Thema behandelt war. Bei einem Preis von 349,- € dürfte man eine sorgfältigere Endredaktion erwarten.

Nach einem Jahrzehnt Pause erfuhr das „Handbuch des Wettbewerbsrechts“ von Gloy/Loschelder/Danckwerts eine fünfte Auflage. Bei Werbung für ein Buch über unlautere Werbung darf man wohl die Werbung etwas genauer prüfen … Das Werk ist gut, aber der versprochene Praxisbezug bedeutet nicht, dass alle für Praktiker alltagsrelevanten Aspekte abgebildet werden, etwa bei der Abwehr von Abmahnungen. Insbesondere erspart der Kauf dieses 269,- € teuren Handbuchs nicht die jährliche Anschaffung einer Neuauflage des Köhler/Bornkamm/Federsen (185,- €), wo ich die vermissten praxisrelevanten Antworten fand.

Nachtrag: Die vierte Auflage des Spindler/Schuster „Recht der elektronischen Medien“ hatte ich zu erwähnen vergessen. Die 299,- € sind gut angelegt.

Hier in der Kanzlei nehmen noch Vorauflagen von Soehring/Hoene, Korte, Zöller und Fischer Platz weg, die ich gerne verschenke (Selbstabholer).

23. April 2019

Ende einer Trolljagd – Compact-Magazin scheitert am BGH mit Nichtzulassungsbeschwerde

2017 musste ich mich nahezu full time mit Reichsbürgern, rechtspopulistischen Verlagen und deren Influencern herumschlagen. Diese Leute verbreiteten in den (a)sozialen Medien über meinen Mandanten eine hirnverbrannte Schnapsidee, die bei schlichten Gemütern erstaunlich große Resonanz fand.

Ein vergleichbarer Fall, in dem eine verblendete Meute ein schamloses und offensichtlich substanzloses Gerücht derart massiv und aufdringlich wiederkäute, ist mir zumindest in Deutschland nicht bekannt. Ich bin ja eher zurückhaltend mit dem politischen Kampfbegriff Verschwörungstheoretiker, aber für diese wirren Eiferer, die meinen Mandanten mit einem buchstäblichen Shit-Tsunami überzogen, trifft er die Sachlage brauchbar.

Zu den Internet-Trollen gesellte sich auch der Verlag des Compact-Magazins, den wir in zwei Instanzen erfolgreich verklagt hatten. Weil das OLG Köln hiergegen keine Revision zuließ, erhob der Verlag Beschwerde beim Bundesgerichtshof. Letzte Woche nun wies der 6. Zivilsenat des BGH die Beschwerde als unbegründet ab. Dieser Rechtsstreit kostet die Gegenseite damit rund 25.000,- €.

Mit dieser BGH-Entscheidung sind nunmehr alle von uns erstrittenen Unterlassungsurteile rechtskräftig. Lediglich ein seltsamer Autor des Kopp-Verlags, der offenbar als erster das Gerücht ausgebrütet hatte, war mit einer Berufung überraschend erfolgreich, weil das Oberlandesgericht Köln dessen spökenkieckerisches Raunen als gerade noch zulässig ansah.

Da der in diesem Prozess mitverklagte Verlag die Berufung im Gegensatz zum Autor aber zuvor zurückgenommen hatte, ist das Urteil gegen den Verlag trotzdem rechtskräftig. Der Kopp-Verlag muss daher ohne meinen Mandanten auskommen und wieder über Reichsflugscheiben, Echsenmenschen und Mondlandungslüge drucken.

Im Mai letzten Jahres hatte der Mandant bei einer Konferenz in Berlin einen Vortrag über seinen Kampf gegen die Hetzer gehalten und mich kurzfristig um fachliche Mitwirkung gebeten. Dafür, dass wir den vor 2.000 Anwesenden gehaltenen Vortrag nicht geprobt, sondern erst am Vorabend beim Griechen abgesprochen hatten, ist das Ergebnis eigentlich ganz brauchbar geworden.

Die letzten Jahre waren insbesondere für meinen Mandanten eine extrem harte Zeit, allerdings gab es trotz des bitteren Themas sogar auch lustige Momente, etwa die hysterischen Reaktionen auf die Pfändung der Rechte an der Domain des Compact-Magazins. Das Blatt bekam dann in einem Kölner Gerichtssaal auch noch einen Cameo-Auftritt in einem launigen Musikvideo


15. April 2018

Das Oberlandesgericht Hamburg im Syrienkrieg – Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (11)

Als die USA dieser Tage erneut Bomben nach Syrien schickten und damit die Nuklearmacht Russland reizten, war dies nur ein Nebenkriegsschauplatz. Das fundamentale Schlachtfeld in einem Krieg ist nicht die militärische Front, sondern die der Medien, wo der Kampf um die öffentliche Meinung ausgetragen wird.

Jedem Krieg gehen Lügen voraus, deren Schema einst Lord Arthur Ponsonby 1928 in „Falsehood in War-Time: Propaganda Lies of the First World War“ als „Prinzipien der Kriegspropaganda“ formulierte, wie sie seiner Auffassung nach vor und während des ersten Weltkriegs angewandt wurden:

  1. Wir wollen den Krieg nicht.
  2. Das gegnerische Lager trägt die Verantwortung.
  3. Der Führer des Gegners ist ein Teufel.
  4. Wir kämpfen für eine gute Sache.
  5. Der Gegner kämpft mit unerlaubten Waffen.
  6. Der Gegner begeht mit Absicht Grausamkeiten, wir nur versehentlich.
  7. Unsere Verluste sind gering, die des Gegners enorm.
  8. Künstler und Intellektuelle unterstützen unsere Sache.
  9. Unsere Mission ist heilig.
  10. Wer unsere Berichterstattung in Zweifel zieht, ist ein Verräter.

In Zeiten, als politische Journalisten noch Bücher lasen, konnte man bei Journalisten auf Kenntnis des Standardwerks von Phillip Knightley „The First Casualty: The War Correspondent as Hero and Myth-Maker from the Crimea to Iraq“ (1975/2004) hoffen, der aus Sicht eines historisch versierten Journalisten etliche Propagandainszenierungen zur scheinbaren Legitimierung von Kriegen etc. dokumentierte.

Doch der deutsche Journalismus lernt erstaunlich wenig. Zwar weiß man heute, dass der Irak genauso wenig Massenvernichtungswaffen hatte wie Libyen gefährlich war. Man weiß heute, dass die Brutkastenlüge eine PR-Show für die westliche Öffentlichkeit war, Saddam Hussein nichts mit Al Qaida zu tun hatte und auch der Jugoslawienkrieg, der das russische Militär schon einmal nahezu in Zugzwang brachte, vor allem mit Lügen geführt wurde. Noch heute vert(a)uscht das ZDF in Sachen Able Archer 83 Ursache und Wirkung, als ob Kriegstreiber Reagan irgendetwas richtig gemacht hätte. Was vor ein paar Jahren wirklich auf dem Maidan passiert war und warum, interessiert keine Sau. Vermutlich wird man in einigen Jahrzehnten die Manipulation genauso lässig einräumen wie die Tonkin-Lüge, mit der die USA in Vietnam einen bis heute ungesühnten Vernichtungskrieg rechtfertigten.

Damit die Deutschen sich nach dem Zweiten Weltkrieg nicht noch einmal in einen Krieg hineinlügen lassen, schrieb man in das Grundgesetz drei wichtige Rechtssätze:

  1. Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG)
  2. Eine Zensur findet nicht statt. (Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG)
  3. Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. (Art. 26 Abs. 1 Satz 1 GG)

Außerdem apelliert das Grundgesetz in Art. 20 Abs. 4 GG an die Zivilcourage, gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, Widerstand zu leisten, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Solche Hilfe ist allerdings durch den Staat dann nicht möglich, wenn Massenmedien konzertiert Kriegspropaganda durchreichen, denn wegen der Presse- und Rundfunkfreiheit hat der Staat keine wirkliche Handhabe gegen redaktionelle Unfähig- und Willfährigkeit. Daher ist es umso wichtiger, die Fehlleistungen der schreibenden Zunft nachhaltlig und wenn nötig mit plakativen Worten nachzuhalten.

So tat es denn auch der Blogger „Blauer Bote“, der das klebrige Rührstück mit dem syrischen Mädchen Bana Alabed analysierte und dabei einen Job erledigte, der eigentlich Aufgabe der Medien gewesen wäre. -> Das „Twitter-Mädchen“ im Syrienkrieg

Die politische Illustrierte „stern“, weltbekannt für seine jounalistische Sorgfalt mit den Hitler-Tagebüchern, gesellte sich nämlich ebenfalls zu den eifrigen Verbreitern dieses an Naivität nur schwer zu überbietenden Spindoktorspiels, das im Syrienkrieg bei der Einteilung der Rollen in Gut und Böse behilflich ist:

Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (1) – Sachverhalt
Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (2) – einstweilige Verfügung
Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (3) – unlauterer Wettbewerb zwischen Privatleuten?
Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (4) – strukturell unqualifizierter Journalismus
Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (5) – Pressefreiheit und Narrenfreiheit
Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (6) – mehrdeutige Meinungen über mehrdeutige Meinungsäußerungen
Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (7) – Journalist bekennt sich vor Gericht zur Unfähigkeit
Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (8) – stern.de ist mit Tagesschau-Gucken überfordert
Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (9) – Deutscher Presseunrat
Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (10) – stern.de ist mit Recherche der eigenen Website überfordert

Um das politische Medienversagen etwa der Sternenkrieger zu verstehen, lohnt sich ein Blick hinter die Kulissen:

Herausgeber Andreas Petzold begann seine Karriere in der Presseabteilung der Bundeswehr. Das heute zur konservativen Bertelsmann Media Group gehörende Blatt richtete zur US-Präsidentschaftswahl 2016 eine rauschende
Party aus, von welcher Chefredakteur Christian Krug schwärmte:

„Die Wahlveranstaltung in Berlin bekam immer mehr Drive, vor allem durch den Kandidaten Trump. Wir haben über 800 Zusagen von hochrangigen Gästen aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Medien“, freut sich Christian Krug. Gastgeber ist Bertelsmann, in dessen Berliner Repräsentanz vor allem deutsche Prominenz erwartet wird, um das Finale der amerikanischen Präsidentschaftswahlen live mitzuerleben. Partner der Feier sind die US-Botschaft, die Atlantik-Brücke, die American Academy in Berlin, Google sowie UDG United Digital Group.

Soviel zum Thema „journalistische Distanz“. Historisch sei anzumerken, dass der stern von Anfang an zu den Red Papers gehörte, die etwa von der britischen Militärregierung das Druckrecht erhielten.

Die Konsequenz unwidersprochener Kriegspropaganda, nämlich ein im schlimmsten Fall ausgelöster nuklearer Schlagabtausch, interessierte den Pressesenat des Oberlandesgericht Hamburg nicht ansatzweise. Die Geschäftsehre des stern überwiegt nach Meinung des Vorsitzenden Richters Herrn Andreas Buske das Recht des Medienkonsumenten, die Wahrheitsliebe der Propagandaverbreiter zu hinterfragen.

Zweifel an der Wahrheit bewertet das OLG Hamburg als Tatsachenbehauptungen. Die Beweislast trägt der Kritiker, während stern online die dümmlichste Kriegspropaganda ungeprüft ventilieren darf.

Sogar die als Tatsachenbehauptung bewertete Meinungsäußerung, Drewello und stern online verbreiteten Lügen, bleibt dem Blauen Boten verboten.

Ich habe dem Vorsitzenden Herrn Buske im Gerichtssaal die Frage gestellt, wie er den Fall denn 1939 entschieden hätte, wenn der Blaue Bote die Nachrichten über den tatsächlich nur vorgetäuschten Überfall auf den Sender Gleiwitz infrage gestellt hätte. Der Frage konnte man auf der Richterbank nicht folgen.

Mithin darf man also Pressemärchen nicht mehr anzweifeln. Dazu fällt einem eigentlich nur noch das Zitat von George Orwell ein:

Krieg ist Frieden; Freiheit ist Sklaverei; Unwissenheit ist Stärke

OLG Hamburg, 7 U 136/17

15. März 2018

Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (10)

Jeder politische Journalist, der sich aus Social Media füttern lässt, muss mit Fakes und Propaganda rechnen. So ist etwa die Trollfabrik in St. Petersburg wohlbekannt (aktuell interessante Doku auf arte), die mit falschen Accounts Facebook und Foren unterwandert, um Stimmung zu lancieren. Seit den Snowden-Dokumenten wissen wir aus erster Hand von der Joint Threat Research Intelligence Group (JTRIG), mit welcher der britische Nachrichtendienst ganz genau das gleiche tut. Die NSA als Geburtshelfer des Internet mischt sowieso überall mit.

Professionelle Journalisten wissen das. Bei stern online stellt man sich naiv und hält sogar heute noch an der doch recht durchsichtigen Geschichte vom Twittermädchen aus dem Syrienkieg fest.

Während das Landgericht die temperamentvollen Äußerungen des Blauen Boten, der einen stern online-Autor als „Fake News-Produzent“ bezeichnete und des Verbreitens einer „offenkundigen Lügengeschichte“ beschuldigte, als zulässige Meinungsäußerung ansah, bewertete dies das Oberlandesgericht Hamburg als beweisbedürftige Tatsachenbehauptungen. Solche wären zutreffend, wenn stern online bzw. deren ebenfalls klagender Autor die Unwahrheit der berichteten Information zumindest für möglich gehalten hätten.

Nun ja …. Das aber war der Fall. So schrieb stern online selber am 04.10.2016 – mithin zwei Monate vor dem Missgriff:

„Doch es gibt nicht nur positive Kommentare. Manche glauben, dass es sich bei dem Profil um einen Fake handelt, da es in dem Stadtteil, in dem die Familie lebt, gar kein Strom mehr gebe. Andere gehen von Propaganda aus.“

Und bei solchem Recherchestand soll ein Redakteur des gleichen Magazins allen Ernstes damit überfordert sein, mit einem Fake zu rechnen? Seit den Hitler-Tagebüchern hat man beim Politmagazin stern offenbar wenig dazu gelernt.

Diesen Freitag wird die Hauptsache vor dem Landgericht Hamburg verhandelt. Dort hatte auch Erdogan seine Persönlichkeitsrechte eingeklagt – der gleiche Erdogan, auf dessen Schoß das gefeierte Twitter-Mädchen Platz nahm.

Bleibt es bei der aktuellen Haltung der Hamburger Pressegerichte, so muss ein privater Familienvater den Wahrheitsgehalt der Bezeichnung „offenkundige Lügengeschichte“ beweisen, während professionelle Journalisten eines politischen Magazins den größten Blödsinn ungeprüft durchreichen dürfen.

Was bisher geschah:

Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (1) – Sachverhalt
Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (2) – einstweilige Verfügung
Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (3) – unlauterer Wettbewerb zwischen Privatleuten?
Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (4) – strukturell unqualifizierter Journalismus
Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (5) – Pressefreiheit und Narrenfreiheit
Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (6) – mehrdeutige Meinungen über mehrdeutige Meinungsäußerungen
Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (7) – Journalist bekennt sich vor Gericht zur Unfähigkeit
Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (8) – stern.de ist mit Tagesschau-Gucken überfordert
Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (9) – Deutscher Presseunrat
27. Februar 2018

Störerhaftung von Google

Heute hat der BGH ein wichtiges Urteil zur Störerhaftung verkündet. Den Betreiber einer Suchmaschine treffen erst dann spezifische Verhaltenspflichten, wenn er durch einen konkreten Hinweis Kenntnis von einer offensichtlichen und auf den ersten Blick klar erkennbaren Rechtsverletzung erlangt hat.

-> Pressemitteilung zu BGH, Urteil vom 27. Februar 2018 – VI ZR 489/16

Im vom BGH entschiedenen Fall bestand kein Haftungsfall, da die Voraussetzungen nicht vorlagen. Einen solchen Unterlassunganspruch habe ich jedoch neulich am OLG Köln durchgesetzt, wo die Suchmaschine über Jahre hinweg über meinen Mandanten ein wirklich furchtbares Suchergebnis zynisch weiter verbreitete, das ihn sozial und wirtschaftlich erledigte. Google hat selbst während des Prozesses keinen Anlass gesehen, das widerwärtige Ergebnis zu löschen.

Das OLG Köln hat nicht nur das unter Google.de ausgeworfene Suchergebnis untersagt, sondern auch einen entsprechenden Redirect von Google.com. Der Fall wird vorraussichtich ebenfalls vor dem BGH landen, auch deshalb, weil das OLG Köln eine neue Fallgruppe eröffnet hat:

Im Fall meines Mandanten war nämlich nicht die verlinkte Seite rechtswidrig, sondern der von Google aus Suchergebnis-Zeile und Snippet zusammengepuzzlete Eindruck. So wurde mein Mandant mit einer Straftat in Verbindung gebracht, nur weil dessen Name in anderem Zusammenhang im 56. Leserkommentar eines Blogbeitrags auftauchte.

23. Januar 2018

Der durchschnittliche Google-Nutzer ist ein RTL-Zuschauer

Aus einem Schriftsatz:

Ähnlich wie in der Autocomplete-Entscheidung spiegelt die Beklagte eine vermeintliche Äußerung Dritter ab. Ein Nutzer wird den Eindruck gewinnen, als werde hier ein Bericht Dritter wiedergegeben, gegen den der Kläger nicht vorgegangen sei und der daher wahr sein müsse. Der Kläger bestreitet ein hinreichend technisches Verständnis eines durchschnittlichen Nutzers. Der durchschnittliche Nutzer einer Google-Suche ist kein Informatiker, Ingenieur oder Jurist, sondern ein RTL-Zuschauer. Dies läßt sich anhand der populärsten Suchbegriffe leicht unter https://trends.google.de/trends/topcharts überprüfen. Etwa die Hälfte der Bevölkerung ist nach wie vor religiös, liest Horoskope oder schwört auf Homöopathie, obwohl der Stand der Wissenschaft überzeugendere Erklärungsmodelle für Zusammenhänge bietet als Jahrtausende alte Texte, die von brennenden Dornbüschen usw. diktiert wurden. Auch die Ergebnisse politischer Wahlen deuten nicht auf Intelligenz als Massenphänomen hin.

Morgen werden wir erfahren, wie es das OLG Köln sieht.

9. Januar 2018

Dr. Nikolaus Klehr – Klagen, bis der Arzt ging

Der Scharlatan Dr. Nikolaus Klehr, der zynisch Krebspatienten im Endstadium mit unwirksamen Therapien abzockte, beschäftigte über Jahrzehnte Medienanwälte, die jegliche Kritik an diesem denkbar dreisten Hochstapler mit mehr oder weniger unappetitlichen Tricks verbieten ließen. Der durch seinen Betrug reich gewordene „Krebsheiler“ finanzierte Rechtsstreite aus der Portokasse.

Viele der Klehr-Klagen waren glatter Prozessbetrug. So bestritt Klehrs Hamburger Anwalt lächelnd, ein bestimmter Ärztefunktionär habe Klehr als erwerbsgetriebenes Ungeheuer bezeichnet, obwohl der dies in einem TV-Interview getan hatte, das Klehr genau kannt.

WISO-Detektiv

Das hier verlinkte Video mit dem WISO-Detektiv von 2010 ließ Klehr dem ZDF verbieten. Sein findiger Anwalt, der die extrem subjektiven Vorlieben des damaligen Vorsitzenden der Hamburger Pressekammer zu deuteln wusste, erwirkte sowohl gegen das ZDF als auch gegen Google/YouTube, wo jemand die Reportage hochgeladen hatte, einstweilige Verfügungen.

Und auch gegen mich, weil ich das Video in meinem medienrechtlichen Blog eingebunden hatte, um dessen Zulässigkeit aus meiner professionellen Sicht kurz zu kommentieren – zutreffend übrigens. Der für seine absurden Urteile bekannte Hamburger Landrichter wollte mich für dieses Einbetten von fremdem Content, den er rechtsirrig für rechtswidrig hielt, genauso haften lassen, als wäre ich das ZDF (dessen Rechtsabteilung den Film abgesegnet hatte).

Faktisch war dies eine Wiederbelebung der überholten Linkhaftung, denn in Social Media werden aus Links auf YouTube-Videos häufig sogar automatisch Einbettungen. Ungeachtet der irren Rechtsfrage, ob das Verlinken für ein Zu-Eigen-Machen jeglicher möglicher Hamburger Pseudoprobleme des ZDF-Videos ausreichen sollte, war extrem zweifelhaft, dass die drei in Hamburg beanstandeten Punkte ernsthaft das Persönlichkeitsrecht des Scharlatans verletzten.

Hamburger Unrechtsweg

Ich ging sofort in die Hauptsache und ließ mich vom Kollegen Thomas Stadler vertreten. Doch auch der versierte IT-Rechtler vermochte die Richterinnen nicht von ihrer sturen Linie abzubringen, denn in der Hamburger Pressekammer ist es Policy, dass eine einstweilige Verfügung aus Prinzip zu halten ist. Auch das ZDF und Google, die teuerste Medienanwälte beauftragten, mussten mit ihren Widersprüchen das Landgericht Hamburg als Durchlaufinstanz passieren.

Wäre dieses steinzeitliche Urteil rechtskräftig geworden, wäre das Verlinken von YouTube-Videos in Deutschland eine hochgefährliche Sache geworden. Faktisch wäre die Linkhaftung wieder da gewesen. Daher ging ich in Berufung. Da der Hamburger Richter inwischen Vorsitzender der Berufungsinstanz geworden war, musste ich damit rechnen, dass der Leidensweg erst in Karlsruhe enden würde und bis zu 20.000,- € hätte kosten können.

Aktion Klehranlage

Da ich anders als Klehr solche Prozesse jedenfalls 2011 nicht aus der Portokasse finanzieren konnte, rief ich die Aktion Klehranlage ins Leben.

Eigentlich hatte ich nur mit geringer Unterstützung gerechnet, welche mich bei den aktuell anfallenden Kosten für die Berufung entlasten würde. Tatsächlich aber landeten innerhalb weniger Tage ca. 37.000,- € auf meinem Konto. Ich bekomme noch heute Tränen in den Augen, wenn ich daran denke, wie ich damals diese unverhoffte Solidarität erfuhr.

Auch die Presse berichtete über die ungewöhnliche Aktion.

Ein „Gewinn“ war allerdings ebenso wenig geplant wie Verwaltung der vielen Eingänge, die damals pragmatisch auf mein Gechäftskonto überwiesen wurden. Schon allein die steuerrechtliche Verbuchung solcher Eingänge von über 1.228 Geldgebern erforderte die Gründung eines Vereins, der Klehranlage e.V..

Sieben Jahre Oberlandesgericht Hamburg

Da sich ZDF und Google auch gegen die einstweilige Verfügung wehrten, wurden deren  Berufungen alsbald vom OLG Hamburg verhandelt, wo inzwischen der berüchtigte Landrichter hinbefördert wurde. Der sah schließlich doch ein, dass er grottenfalsch lag und gab dem ZDF und Google den Film wieder frei. Meine Berufung allerdings ließen die Hanseaten erst einmal fünf Jahr liegen.

2016 segnete der Nikolaus Klehr das Zeitliche. Der verhasste Scharlatan wurde an einem unbekannten Ort bestattet. Lange war unklar, ob ein Erbe den Prozess aufnehmen – und mir für meine Prozesskosten haften würde. Nunmehr steht fest, dass das Erbe wegen Überschuldung ausgeschlagen wurde. Der Großbetrüger hatte nämlich erhebliche Steuerschulden. Man darf vermuten, dass der Schweinepriester seine Reichtümer ohnehin so organisiert hatte, dass für Gläubiger nichts zu holen war.

Dank OLG Hamburg bleibe/n ich/wir nun auf den bislang angefallenen Rechtskosten sitzen. Herr Buske darf mal wieder stolz auf sich sein.

Eines aber wurde erreicht: Das Hamburger Schandurteil wird nie rechtskräftig werden. Und ich kann das Video verlinken und zeigen, so viel ich will. Und ich will …

Rechtshilfefonds

Die meisten Kehranleger hatten im Betreff wie vorgeschlagen verfügt, dass die Überweisung, wenn sie für den Prozess nicht mehr gebraucht würde, in einen Rechtshilfefonds für gegängelte Blogger fließen soll. Ansonsten haben sie jedoch Anspruch auf anteilige Rückzahlung der unverbrauchten Zuwendungen.

Mein Verein muss sich daher demnächst Gedanken machen, wie wir eine ggf. gewünschte Rückzahlung organisieren, denn wir müssen 1.228 Vorgänge zum Teil anonyme Vorgänge abgleichen, Verwendungswillen und ggf. Bankverbindungen erfragen usw.. Ich halte euch hier im Blog auf dem Laufenden.

3. Dezember 2017

Lama Ole Nydahl klagt mal wieder weltlich

Schon seit Jahren ist Lama Ole Nydahl zu Gast in meinem Blog, weil seine Heiligkeit gerne mal seine Mitmenschen erdenschwer verklagt. Aktuell geht der Heilige Mann gegen mehrere Blogger vor, die angeblich unzutreffend über die Sympathien des Lamas für Rechtspopulisten und fragwürdige Ansichten über Muslime berichten. Auf dem hier verlinkten Video sagt er ab Minute 19 solche Sachen:

„Die Leute hätten einfach nur das Koran lesen müssen und verstehen müssen, dass das wirklich für uns alle gegeben wurde, dann hätten wir vielleicht nicht so viele über die Grenze geholt oder aus dem Wasser geholt, sogar [lacht].“

Während sich der Lama nachdrücklich für die Meinungsfreiheit der Rechtspopulistin Marine Le Pen einsetzt, hält er von solcher seiner abtrünnigen Jünger offenbar nicht ganz so viel. Wie sich der Geistliche die weltlichen Prozesse mit strammen Streitwerten leisten kann, ist unklar. Vor Gericht lässt er vortragen, er besäße kein nennenswertes Vermögen und legt gesteigerten Wert darauf, dass die Verfahren nicht von der ca. 35 Millionen schweren Diamantwegstiftung finanziert werden, der er vorsitzt.

In einem Verfügungsverfahren hatte Nydahls Anwalt beantragt, dem Antragsgegner solle die Äußerung verboten werden, Nydahl habe erklärt, „Muslime schneiden Frauen im Namen des Islam den Kitzler ab“ und legte einen Videomitschnitt seiner diesjährigen Rede vom „Osterkurs“ in Kassel vor, der allerdings unvollständig war. Eine Zeugin hatte den Schluss der Rede jedoch mit einem Handy gefilmt. Auf dem Video kann man deutlich hören, wie Nydahl über den islamophoben Bill Warner referiert. „… Frauen, die den Kitzler abgeschnitten bekommen, nicht, irgendwo und auch die anderen Sachen, die immer wieder geschehen, im Namen des Islams.“ Nydahl hatte diesen Teil-Antrag allerdings zurückgenommen, bevor er mit der doch sehr, sehr ähnlichen Äußerung konfrontiert wurde.

Aktuell geht der Lama gegen einen Blogger aus Österreich vor, weil der angeblich unzutreffend über Nydahls Rede vom letzten Jahr berichtet hatte. Eine Aufzeichnung hat der Lama diesmal bislang nicht vorgelegt – obwohl er offenbar eine hat. Die Rede des Lamas war 2016 sogar live ins Internet gestreamt worden, so dass wir bereits mehrere Zeugen haben, die sich daran erinnern. Wer sich ebenfalls an Nydahls Tiraden über gewalttätige Muslime vom letzten Jahr erinnern kann, wird freundlich gebeten, sich mit mir in Verbindung zu setzen.