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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


15. September 2009

Sehenswertes Video zu Internetsperren

So isses.

13. September 2009

FAS09: Private Fahndungsfotos – zulässig?

Der Vorfall mit dem Prügelpolizisten bei der Demo „Freiheit statt Angst“ schlägt hohe Wellen – und beschert der Demo „Freiheit statt Angst“ endlich die gewünschte PR. In wunderbar anschaulicher Weise demonstriert die Berliner Polizei, dass man unseren Volksvertretern nicht blind vertrauen kann. Bei allem Respekt für den harten und oftmals undankbaren Arbeitsalltag der Polizei und die ganz überwiegend soliden Polizisten, so ist eine Kette nun mal nur so stark, wie ihr schwächstes Glied. Was für willkürliche Gewalt gilt, das gilt für „Kavaliersdelikte“ wie Datenmissbrauch erst recht. Und nachdem die Polizei bei der Demo entgegen ihrem Versprechen gefilmt hatte, filmten die Datenschützer eben zurück. Nun haben findige Blogger aus dem Film zwei „Fahndungsfotos“ herausdestilliert und ins Netz gestellt. Dies wirft die Frage nach dem Recht am eigenen Bild auf. Darf man die Polizisten einfach so identifizierend abbilden?

Keine Ausnahme aufgrund von Versammlung

Grundsätzlich zählt die Rechtsprechung auch Polizisten bei ihrer Arbeit zu „Teilnehmern einer Demonstration“, sodass die Ausnahme nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 KunstUrhG für Versammlungen und Aufzüge etc. greift. Diese Ausnahme gibt es deshalb, weil man andernfalls kaum Personenmehrheiten abbilden könnte, denn wer kann schon alle Teilnehmer individuell nach ihrer Erlaubnis fragen? Doch die Fahndungsfotos, die beim Anlass einer Versammlung gemacht wurden, individualisieren nun diese beiden Polizisten. Damit wird jeweils nicht mehr eine Personenmehrheit abgebildet. Damit scheidet diese Ausnahme aus.

Personen der Zeitgeschichte?

Die beiden Polizisten könnten jedoch Personen der Zeitgeschichte nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG sein. Hierfür spricht das breite mediale Interesse, das der Vorfall auch in den etablierten Medien findet und der Umstand, wie sehr die beiden das Misstrauen gegen die Obrigkeit im Sinne der Organisatoren der Demo unfreiwillig beweisen.

Prangerwirkung

Doch die Nutzung der Bildnisse in Form eines Fahndungsplakats stellt die Polizisten an einen virtuellen Pranger. Und Prangerwirkung ist ein Zauberwort, dass etwa Richter Buske besonders gerne verwendet. Denn die Interessen an der Verbreitung sind nach § 23 Abs. KunstUrhG immer auch mit den „berechtigten Interessen“ der Betroffenen abzuwägen. Die Verbreitung des Fahndungsaufrufs ist also juristisch nicht ohne Risiko. Was die Richter in solchen Fällen zulassen, und was sie verbieten, ist selbst für Kenner der Pressekammern nur schwierig vorauszusagen.

Praxisrelevanz

Eine pragmatisch relevantere Frage wäre allerdings, ob die beiden Polizisten gegen die Fotos vorgehen werden. Da sie möglicherweise sehr schnell begreifen werden, dass mit dem ccc nicht zu spaßen ist und ins Netz entsendete Informationen nicht reversibel sind, wäre es ungleich sinnvoller, sich eine neue Frisur wachsen zu lassen, als zum Anwalt zu rennen.

Präventive Beschlagnahme

Der Fall wird allerdings das allgemeine Bewusstsein für das Zurück-Fotografieren stärken und die – rechtlich höchst anfechtbare – Praxis begünstigen, der zufolge Polizisten, die sich fotografiert fühlen, Fotografen vor Ort zur Löschung der Bilder zwingen. Trotz eigentlich fehlender Rechtsgrundlage machen derzeit Gerichte präventive Beschlagnahmungen mit. Normalerweise ist die Anfertigung von Fotografien im öffentlichen Raum zulässig, erst die Verbreitung oder die unmittelbar drohende Gefahr einer Verbreitung könnte Maßnahmen rechtfertigen. Künftig werden Polizisten wohl sehr viel schneller Kameras bzw. Handys mit Kamerafunktion einkassieren wollen. Die Antwort hierauf wird sein, dass Demonstranten dann eben verdeckt filmen – oder eben parallel in so großen Scharen, dass die Polizisten nicht nachkommen werden, zumal die Bilder schnell ins Netz gefunkt werden können.

UPDATE:

Im Lawblog gibt es inzwischen die langerwartete Stellungnahme der Polizei – und Anzeichen, dass diese wohl etwas unglaubwürdig ist.

5. September 2009

Wie bitte? „Blogger nicht besonders gefährdet“

Bis eben hatte ich noch nie etwas von „Textberater.com“, dem „Magazin für nachhaltige Kommunikation“ gehört. Da wird unter der Überschrift „Blogger sind rechtlich nicht besonders gefährdet“ ein Rechtsanwalt zum aktuellen Jako-Fall interviewt, jener Meisterleistung in Sachen PR-Selbstmord.

Der Kollege äußert da wörtlich:

(…) „Bei privat tätigen Bloggern wird man seltener unmittelbar mit einer Abmahnung rechtlich Erfolg haben, da sich hier nicht so einfach irgendwelche Anspruchsgrundlagen konstruieren lassen. Der Geltendmachung von irgendwelchen Ansprüchen gegen Blogbetreiber steht immer noch insbesondere die Presse- und vor allem Meinungsfreiheit gegenüber.“ (…)

Öhm … Die Blogger-Fälle, mit denen ich so zu tun habe, werden durch die Bank weg mit Verletzung von Persönlichkeitsrechten, gerne auch von Unternehmenspersönlichkeitsrechten begründet. Und glauben Sie mir, das ist eine verdammt lästige Anspruchsgrundlage. Okay, steht nirgendwo im Gesetz drin, und auch die juristische Literatur gibt zu letzterem nicht viel her. In der Rechtsrealität gibt es das aber.

Der Kollege gibt noch mehr zum Besten:

(…) „Es kommt mit Sicherheit immer auf den konkreten Einzelfall an. Wenn jemand sich einfach nur kritisch über eine bestimmte Marke im Internet äußert, so wird man hiergegen nicht mit besonderem Erfolg vorgehen können.“ (…)

Wenn dieser Einzelfall am Landgericht Hamburg geltend gemacht wird, dann wird er zum Regelfall. Da sind schon etliche Leute gestrandet, die dachten, dass sie ihre Meinungsfreiheit, Pressefreiheit usw. in Anspruch nehmen dürften. Unternehmenskritik gleicht einem Stepptanz auf Tretminen. Ich sage nur: Stolpe-Entscheidung.

Zur Vertiefung hier drei meiner Artikel zum Hamburger Landrecht:

4. September 2009

Gysi ./. ZDF

Gregor Gysi hat am Landgericht Hamburg (324 O 164/09) erneut obsiegt: Richter Buske verbot dem ZDF, den Eindruck zu erwecken, Gysi habe mit der Staatssicherheit zusammengearbeitet. Passiert dem ZDF nicht zum ersten mal.

Gegen die vorausgegangene einstweilige Verfügung läuft noch eine Berufung am hOLG Hamburg. Dort wird man sich auch mit einer Berufung gegen die heute entschiedene Hauptsacheklage befassen, die das ZDF angekündigt hat.

Mit diesem Verdacht gegen Gysi ist das so eine Sache. Ob Gysi IM gewesen ist oder nicht, ist eine Frage, die eher Historiker und Sachverständige beurteilen sollten. Gerichte entscheiden nicht selten nach Beweislast, und die liegt bei Tatsachenbehauptungen beim Äußernden, vorliegend also beim ZDF. Was Richter Buske für einen Beweis hält, darüber gibt es geteilte Meinungen.

Wenn es klappt, werde ich demnächst jemanden interviewen, der seit Lektüre der eigenen Stasi-Akte diese Schlussfolgerung zu Gysi anstellt. Aber wie werde ich darüber berichten können, ohne den Verdacht als solchen auszusprechen, ohne mich nach jedem Satz meines Gesprächspartners hiervon zu distanzieren?

Hier vorsichtshalber Gysis Statement.

Update:

Wie u.a. die Netzzeitung berichtet, scheiterte Gysi mit einem weitergehenden Antrag, dem ZDF auch die weitere Verwendung von Birthlers Interview-Äußerung zu verbieten, auf der der umstrittene Beitrag im wesentlichen fußte.

Hier vermisste Buske das von ihm sonst sehr schnell angenommene „Zu-Eigen-Machen“ fremder Äußerungen, wie er es bei unkommentierten Interviews oder User Generated Content annimmt.

3. September 2009

Neuer Rekord: 400.000,- EURO

Das OLG Hamburg hat es wieder getan!

Eine schwedische Prinzessin bekommt statt der vom Buske-Gericht bewilligten 300.000,- Euro nun deren 400.000,-. Und zwar vom Klambt-Verlag, weil dieser seine Klatschzeitungen mit unzutreffendem Klatsch füllte.

Dies wirft mal wieder die Frage nach der Verhältnismäßigkeit auf: Eine vergewaltigte Frau darf sich glücklich schätzen, wenn sie als Schadensersatz auch nur ein Prozent dieser Summe bekommt. Wie sehr leidet wohl ein schwedisches Prinzeßchen, wenn im fernen Deutschland irgendwelche Hausfrauen irgendwelchen Klatsch lesen?

Die eigentliche Ratio dieser hohen Summen bei Pressedelikten ist die, dass große Verlage Geldentschädigungen aus der Portokasse zahlen können und daher von vorneherein einkalkulieren, wenn sich die Sache lohnt. Also will man den Verlagen den Zahn ziehen, in dem man das wirtschaftliche Motiv unterläuft und kalkulierte Rechtsverstöße unattraktiv macht. Wer allerdings mit den Werbepreisen vertraut ist, dem werden selbst 400.000,- Euro nur ein müdes Lächeln abgewinnen. Wie man aus Verlagskreisen hört, haben die ungleich mehr Angst davor, dass sie auf den Titelseiten Gegendarstellungen bringen müssen – denn die vergraulen Anzeigenkunden.

Das eigentlich tragische ist, dass diese überflüssigen Klatschmagazine dazu beitragen, die gegenwärtige Presserechtssprechung immer mehr zu verhärten. Mehr zum Urteil, wenn die Urteilsgründe vorliegen. Glückwunsch an den Kollegen Prof. Prinz und seine Rechte Hand Dr. Michael Veddern. (Die Sache mit dem Kleiderhaken ist mir noch immer peinlich, Michael …)

12. August 2009

Bundesverfassungsgericht zeigt Landgericht Hamburg die gelbe Karte

Vor genau einem Jahr hatte ich für einen Mandanten eine Verfassungsbeschwerde gegen ein Hamburger Fehlurteil bzgl. der Haftung für User Generated Content (Foren, Wikis, Blogs) eingelegt. Nunmehr kam aus Karlsruhe ein Signal, das hoffen lässt:

Eine Zeitung hatte im sogenannten „Pressespiegel“ die Meldungen bzw. Meinungen der Mitbewerber abgedruckt (was im UrhG eigens erlaubt wird, um die Meinungsvielfalt zu fördern). Dummerweise riskiert man bei der Wiedergabe fremder Inhalte, dass diese ggf. unwahr oder sonstwie persönlichkeitsrechtsverletzend sind. Die Printmedien haben also ein ähnliches Problem wie Forenbetreiber mit User Generated Content. Inwieweit also muss man anderer Leute Informationen überprüfen? (more…)

10. Juli 2009

Hanseatisches OLG Hamburg von Buske unbeEINDRUCKt

Wenn Mächtige kritisiert werden, dann werden die schnell mal mächtig sauer – und freuen sich, wenn die ihnen gewogene Presse dem Überbringer schlechter Nachrichten Glaubwürdig abspricht. Aber seriöse Presse mag es natürlich nicht, wenn man widerum ihr die Unabhängigkeit streitig macht.

Verdachtsberichterstattung ist gefährlich

So geschah es, dass ein für seine Unabhängigkeit bekanntes Blatt dem rechtspolitischen Sprecher einer bürgerlich nicht so recht gelittenen Partei „selektiven Umgang mit Akten“ beim Thema „Sachsensumpf“ nachsagte. Als eine andere Zeitung die Vermutung andeutete, dass es um die Unabhängigkeit der seriösen Zeitung vielleicht doch nicht zum Besten bestellt sein könne, war das schon wieder zuviel für die freiere Presse.

Für einen gestandenen Journalisten aus Schrot und Korn gibt es in solchen Fällen nur eine Devise: Eine Pilgerreise nach Hamburg zu Richter Buskes lustiger Pressekammer, wo der Ehre genüge getan werde. (more…)

28. Juni 2009

OLG Zweibrücken lehnt wie OLG Hamburg Forenhaftung ab

Nachdem die Bundesregierung den FDP-Vorschlag zur Regulierung der Forenhaftung und weiterer Missstände nicht folgen wollte (oder konnte, weil unsere Politiker nun einmal Internet nur durch ausgedruckte Seiten kennen), bleiben die Probleme der weiterhin der Rechtsprechung überlassen.

Erfreulicherweise folgte in Sachen Forenhaftung das pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken den Richtern des hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, welche in dieser Frage eine vernünftigere Einstellung haben als das berüchtigte Landgericht Hamburg:

Die Pflicht des Betreibers zur Überprüfung der eigenen Internetplattform darf nicht so weit gehen, dass der Diensteanbieter „pro-aktiv“, d.h. anlassunabhängig, nach Rechtsverletzungen jedweder Art zu suchen hat. (…) Dies folgt auch aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der den Plattformbetreiber (…) nicht zu einer vorsorglichen Überprüfung sämtlicher Inhalte auf etwaige Rechtsverletzungen verpflichten will (…) Die Pflicht allgemein, auch bereits vor Eintritt einer Rechtsverletzung bzw. der konkreten Gefahr einer Rechtsverletzung nach Schutzrechtsverletzungen zu suchen, gefährdet rechtlich zulässige Geschäftsmodelle, bei denen die Tätigkeit des Betreibers nur auf den technischen Vorgang des Speicherns und der Zugänglichmachung von Inhalten, die Dritten zur Verfügung gestellt werden, bezogen ist.
Eine einschränkungslose Prüfpflicht kommt lediglich in solchen Fällen in Betracht, in denen das konkrete Geschäftsmodell des Plattformbetreibers von der Rechtsordnung nicht mehr zu billigen ist ( BGHZ 173, 188 – jugendgefährdende Medien bei ebay). Dies kann z.B. der Fall sein, wenn massenhaft eine völlig anonyme Nutzung der jeweiligen Internet-Plattform zu rechtswidrigen Zwecken vom Betreiber ermöglicht wird (…).“
Weitere Details und Kommentare bei der Kollegin Denise Himburg.
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17. Juni 2009

Landgericht und hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg abermals vom BGH gemaßregelt

Der Daimler-Kritiker Jürgen Grässlin hat Grund zur Hoffnung, dass Karlsruhe abermals die absurden Redeverbote der Hamburger Gerichte, über die speziell dieses Blog häufig berichten muss, aufheben wird:

Der Bundesgerichtshof lässt Revision im Rechtsstreit
Schrempp ./. Grässlin in der Frage der Meinungsfreiheit
gemäß Art 5 Grundgesetz zu / Teilerfolg für die Meinungsfreiheit:
Schrempp-Rücktritt wird öffentlich vor dem BGH verhandelt ++

Entgegen dem Willen der Hamburger Justiz geht der Meinungsfreiheitsprozess des früheren Daimler-Vorsitzenden Schrempp gegen mich in die nächste Runde: Über einen am Bundesgerichtshof (BGH) zugelassenen Anwalt hatte ich einen Antrag auf Zulassung der Revision gegen Urteile des Hamburger Landgerichts und das Hanseatische Oberlandesgericht eingelegt. Aktuell teilte der Bundesgerichtshof (BGH) mit: Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten (Grässlin) wird die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Hamburg vom 18. Dezember 2007 zugelassen.

Der Tübinger Rechtsanwalt Holger Rothbauer, der mich in den Verfahren gegen Schrempp und auch gegen Zetsche vertritt, begrüßte den Beschluss des BGH ausdrücklich: »In Karlsruhe vor dem höchsten deutschen Zivilgericht steht nicht nur mein Mandant, sondern auch die grundgesetzlich verbriefte Meinungsfreiheit vor Gericht. In diesem Sinne stellt die Zulassung der Revision auch einen Teilerfolg für die Meinungsfreiheit in Deutschland dar.« Weitere Informationen siehe Pressemitteilung der Kritischen AktionärInnen Daimler (KAD) »Teilerfolg für die Meinungsfreiheit in Deutschland!« vom heutigen Tage.

Zur Finanzierung der vielfachen juristischen Auseinandersetzungen mit dem Daimler-Konzern haben die Kritischen Daimler-AktionärInnen einen Unterstützerkreis gegründet, einen Finanzfonds eingerichtet und bitten um Spenden (siehe hierzu www.daimler-prozesse.net).

Weitere wichtige Informationen siehe
www.juergengraesslin.com >> »Daimler/EADS« und
www.kritischeaktionaere.de

Grässlin weist auf etwas sehr wesentliches hin: Recht bekommen kostet Geld, Energie und Ausdauer. Die notorische Bevorzugung solcher Hirngespinste wie das angeblich existierende „Unternehmenspersönlichkeitsrecht“ gegenüber der ungleich wichtigeren Meinungsfreiheit echter Menschen führt zu einer permanenten Nötigung von Kritikern, die durch finanziellen Druck von Prozesskosten an der Wahrnehmung ihrer verbrieften Grundrechte gehindert werden. Was muss eigentlich passieren, bis das mal die Politik begreift?

7. Juni 2009

Peinlich, peinlich …

Kaum ist man einmal ein paar Wochen weg, schon wetteifert die Szene der Zensurwünschenden um den Preis für die hirnrissigste Leistung auf dem Gebiet des Medienrechts: