Zum Inhalt springen


Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


7. Juni 2011

Recht am eigenen Bild von Straftätern

Der BGH hat dem Axel Springer Verlag bestätigt, dass dieser die ungepixelten Fotos von drei verurteilten Herren zeigen durfte, die ein Attentat auf einen irakischen Ministerpräsidenten planten, meldet SPIEGEL ONLINE. Dies hatte das OLG Stuttgart noch anders gesehen:

Es gehe nicht an, dass „Strafrichter nach eigenem Ermessen über die Art und Weise entscheiden, wie zulässige Bildberichterstattung aus dem Gerichtssaal auszusehen hat“.

Ungewöhnlich ist hier, dass Strafrichter das Verbot ausgesprochen hatten und sich über die Art und Weise der Verbreitung von Bildnissen für entscheidungsbefugt hielten.

UPDATE: Pressemitteilung des BGH.

Vor einiger Zeit hatte ich meedia aus anderem Anlass ein Interview zum Thema gegeben.

2. UPDATE: Verhandlungsbericht zur Zivilverhandlung 1. Instanz, in welcher der Klage stattgegeben wurde.

Faxen bei Gegendarstellung

Anträge auf Abdruck einer Gegendarstellung gehen in der Praxis häufig schief. Schwer nachvollziehbar ist jedoch, dass selbst Berliner Anwälte prominenter Anspruchsteller immer wieder an Formalitäten scheitern. Ist es denn wirklich so schwer, einen Antrag auf Gegendarstellung vom Anspruchssteller persönlich unterzeichnet unverzüglich zuzusenden? Jüngst scheiterte eine Hamburger Fernsehmoderatorin und Buchautorin daran, dass ihr Antrag zwar vorab gefaxt wurde, das Original jedoch erst zwei Wochen später eintrudelte. Zu spät, meint das OLG Hamburg.

WikiLeaks-Artikel geleakt

WikiLeaks lässt derzeit mit einigen Medienpartnern Informationen vorab zukommen, bevor diese allgemein veröffentlicht werden, damit zu diesem Zeitpunkt bereits fertig recherchierte Artikel bereit stehen. Nun ist THE NATION offenbar ein Missgeschick passiert wie einst dem SPIEGEL, der beim großen Leak damals schon in der Schweiz verkauft wurde und seinen Weg sofort ins Internet fand.Nun hat man offensichtlich versehentlich zu früh auf den „Publizieren-Button“ gedrückt. Das Löschen nutzte jedoch nichts mehr, das Ding ist nun in der Welt – also nicht DIE WELT von WikiLeaks-Partner Axel Springer, sondern u.a. in der SÜDDEUTSCHEN Welt.

Der Beitrag von The Nation behandelt die Geschäfte des US-Jeansherstellers Levis, der zu Dumpingpreisen in Haiti fertigen lässt und hierzu Einfluss auf Mindestlöhne genommen hat. Der lag bislang 29 mal niedriger als in den USA.

4. Juni 2011

Whistleblower-Gesetz

Whistleblower sind nach gegenwärtiger Rechtslage als Verlierer vorprogrammiert.

Guido Strack, selbst leidgeprüfter Whistleblower in Sachen EU, hatte vor einiger Zeit die Initiative ergriffen und das Whistleblower-Netzwerk gegründet. Um den gesellschaftlichen Nutzen des Whistleblowings nicht durch Gesetze zu blockieren, hat er ein Whistleblowerschutzgsetz entworfen, an dem ich zumindest Kommafehler korrigieren durfte … ;) In anderen Ländern gibt es bereits vergleichbare Whistleblower-Gesetze.

Im Europäischen Parlament stellte Guido Strack neulich seine Erfahrungen als Whistleblower dar.

Inzwischen haben auch die Medien das Thema: SPIEGEL ONLINE, ZEIT ONLINE, SÜDDEUTSCHE ONLINE

Vielleicht werden wir uns dieses Jahr einen US-Film ansehen, der im August anläuft und auf wahren Begebenheiten beruht: The Whistlebower

Konspirologischer Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung

Der Kollege Torsten van Geest aus Essen befürchtet anlässlich der Frauenfußball-WM einen möglicherweise nuklearen Terroranschlag, der als False Flag-Angriff zu erwarten sei. Seine Erwartung wird durch ein konspirologisches Youtube-Video genährt, welches Hollywood-Filme numerologisch auswertet.

Der Kollege van Geest will nunmehr die Bundeskanzlerin sowie den Innenminister im Wege eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zum Aufbau einer von den konventionellen Geheimdiensten getrennten geheimen Einheit verpflichten sowie weiterer Maßnahmen, um uns dieses Ereignis zu ersparen. Sein immerhin 405 Seiten starker Antrag leidet allerdings an handwerklichen Schwächen, sodass wir uns besser vom Frauenfußball fernhalten sollten. Für letzteres gibt bessere Gründe … ;)

2. Juni 2011

Hamburger Bräuche

Die in Hamburg sind anders. Auch untereinander.

Doch anscheinend gibt es für wackere Anwälte, die in mündlichen Verfügungsverhandlungen mit Schriftsätzen der Gegenseite überfallen werden, nun in Hamburg einen neuen Trick, um Zeit zu gewinnen: Man kann sich eine Schriftsatzfrist gewähren lassen. Ja, Sie haben richtig gelesen. „Schriftsatzfrist im Verfügungsverfahren“. Diese unerwartete Wohltat erfährt man aber offenbar nur in der ZK 12, die ausgerechnet für Wettbewerbssachen zuständig ist – also dem Rechtsgebiet, wo eigentlich der Wind am rauesten weht.

Falls aber irgendwelche Hartz 4er in der ZK 25 wegen angeblichen Andeutungen angeblicher Tatsachenbehauptungen, die angeblich unwahr seien, dann wird ihnen der gesamte Dreck prozessrechtlicher Hürden und Härten des Verfügungsverfahrens zugemutet. Selbst dann, wenn der Antragsteller vier Monate Zeit hatte, darf er in der mündlichen Verhandlung mit einem Waschkorb an Schriftsätzen den Gegner überfallen, ohne dass man in Hamburg derartige Manöver als unredlich empfindet – außer der ZK 12.

Doch es gibt Genugtuung auf der Langstrecke: Derartige Methoden sprechen häufig für eine Querulanz des Antragstellers, der sich ein entsprechend schlechtes „Karma“ einfängt. Bei solchen Leuten ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie über die eigenen Beine stolpern.

31. Mai 2011

„Treffen sind keine Kontakte“

Die SPD in NRW scheint es mal wieder etwas an finanzieller Hygiene fehlen zu lassen. Eine mit öffentlichen Aufträgen bedachte Kanzlei soll um Parteispenden gebeten worden sein.

Auch Star-Journalist David Schraven, der inzwischen bei der WAZ den Leyendecker gibt, will wieder einen Scoop gelandet haben. Innenminister Ralf Jäger verstrickte sich in gewisse – sagen wir einmal – „Widersprüche“, die Schraven in DER WESTEN aufzeigte.

Der Enthüllungsjournalist scheint den Eiertanz, der Journalisten wie Bloggern bei Berichterstattung dieser Art zugemutet wird, nicht ganz ohne Blessuren gemeistert zu haben. Selbst für Kenner der fatalen Stolpe-Entscheidung ist die Logik, die der Jäger-Anwalt praktiziert, erstaunlich:

„Jägers Anwalt sagt, Treffen sind keine Kontakte.“

fasst Schraven zusammen. Jäger war gefragt worden, ob es außerhalb von Parteiveranstaltungen Treffen gegeben hatte, also „private Treffen“, was er verneinte. Später räumte er ein, es habe zwei Treffen in der Kanzlei gegeben. Das soll keine Korrektur gewesen sein. Der Fall bleibt spannend.

Weiteres Detail: Bei seiner Einlassung ließ Minister Jäger durchblicken, kostenfrei eine telefonische Erstberatung wegen Telefonoerens am Steuer erschl… erhalten zu haben. Auch das war kein Kontakt. Abgerechnet gehört die Erstberatung trotzdem … :-P

27. Mai 2011

BUNTE ./. STERN: Blatt wusste nicht von Paparazzi

Die BUNTE hatte Bilder bei der Agentur CMK bestellt, will jedoch nicht gewusst haben, mit welchen Methoden dort gearbeitet wird: Man stellte Politikern nach, etwa Franz Müntefering. Sie wehrte sich nun erfolgreich gegen die Darstellung des STERN, der nach Meinung des Landgerichts Hamburg den Eindruck erweckte, die BUNTE hätte doch Kenntnis gehabt. Der STERN denkt über eine Berufung nach.

Schon irgendwie seltsam, wenn sich die Medien gegenseitig die Pressefreiheit kaputtmachen. Zuletzt hatte das ebenfalls ein BURDA-Mann versucht, nämlich der damalige FOCUS-Chef Markwort, der jenseits von Hamburg in Karlsruhe kläglich verlor.

Der Kollege, der seit etlichen Jahren ca. jeden zweiten Freitag für den BURDA-Verlag in der Hamburger Pressekammer auf der linken Seite sitzt (da sitzen in Hamburg die Beklagten), durfte diesmal rechts sitzen.

Anonym im Netz

Letztes Jahr hatte mir Jens Kubiziel sein Buch „Anonym im Netz“ zwecks Rezension zugesandt. Ich hatte das Werk überflogen und einen sehr guten Eindruck gewonnen, den ich bei Gelegenheit und Rücksprache mit Hackern in eine vernünftige Rezension umsetzen wollte. Leider hatten über ein Jahr hinweg andere Sachen Priorität, und bis ich endlich zur Rezension Zeit finden werde, ist der Inhalt vielleicht schon überholt. Daher möchte ich meine Blogleser, die Kontakte mit Filesharing-Jägern, Geheimdiensten und sonstigen Schnüfflern vermeiden wollen, auf diesen praktischen Leitfaden hinweisen.

Anonymität im Internet ist prinzipiell legitim und wertvoll. Nicht von ungefähr betreue ich etliche Mandate im Dunstkreis von anonymen Websites, die über gesellschaftlich wichtige Themen informieren, ohne vom Landgericht Hamburg belästigt zu werden.

Derzeit allerdings macht die anonyme Website „isharegossip“ von sich reden, die internetfeindlichen Politikern wieder in die Hände spielt. (Damit nicht genug, hat sich gerade ein selten dämlicher Trittbrettfahrer im TV profiliert, dessen gelockerte Anonymität nicht überzeugte …) Anonymität verführt mangels sozialer Kontrolle zu Grenzüberschreitungen. Auch, wenn ich tendenziell für die Meinungsfreiheit eintrete und die juristische Ausuferung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nachhaltig kritisiere, verabscheue ich psychische Gewalt und Mobbing. Die zynische Website isharegossip halte ich nicht für einen gesellschaftlichen Fortschritt, sondern für kriminell.

26. Mai 2011

Amtsgericht Weißwasser stellt Fragen zu Thailandreisen unter Strafe

Sachsen muss über zwei Jahrzehnte nach dem Beitritt noch immer als Entwicklungsland in Sachen Pressefreiheit gelten. Während Journalisten in zivilisierten Bundesländern zivilrechtlich gegängelt werden, scheint es im Königreich Sachsen nunmehr Tradition geworden zu sein, Journalisten strafrechtlich einzuschüchtern, dieses bereits während der Recherche.

ZAPP berichtet über einen Journalisten, der beim Amtsgericht Weißwasser bzgl. der Nebentätigkeiten eines Richters anfragte, der offenbar Reisen nach Thailand organisierte. Die Frage nahm das Amtsgericht Weißwasser Weißwasser zum Anlass für einen Strafbefehl über 800,- Euro, denn Reisen nach Thailand enthielten die ehrverletzende Unterstellung, es handle sich um Sex-Reisen.