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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


18. Dezember 2009

Diekmann fängt sich eine Gegendarstellung ein – und patzt!

„Medienmann und Blogger des Jahres“ Kai Diekmann wird nicht müde, mir Stoff für mein kleines Blog zu liefern. Jetzt musste er eine Gegendarstellung von Frank Berberich veröffentlichen. Die Druckqualität der Gegendarstellung entspricht allerdings nicht der Originalmeldung, vielleicht muss der gute Diekmann das nochmal bringen. Müsste sich doch eigentlich zur BILD-Zeitung herumgesprochen haben, dass die Gegendarstellung optisch nicht schlechter ausfallen darf als der Originaltext, also im Zweifel in der gleichen Schrift gesetzt werden muss. Diekmanns Anwalt – vermutlich mein lieber Kollege Dr. M. (Grüße!) – wird das zweifellos wissen. Ob Diekmann wieder provozieren möchte, um Berberich dann als kleinlich hinzustellen, wenn dieser Nachbesserung verlangt?

Bei dieser Gelegenheit sei noch etwas nachgetragen: Vor allem durch meine Pingbacks bin ich ja auch präsent in Diekmanns Kommentarforum. Neulich hatte ich einen für Diekmann besonders unschmeichelhaften Beitrag geschrieben, der zwar zunächst freigeschaltet wurde. Dann aber verschwand Diekmanns Ausgangsposting – samt der Kommentare!

Vielleicht war es ja nur thematisch veranlasst, denn das Ursprungsposting betraf seinen inzwischen ja abgezählten Countdown. Daher hier nochmal der Beitrag „Morgendliche Propaganda beim Bäcker“. Weil’s so schön war!

17. Dezember 2009

„Aktion Tier“ quält Menschen

Die sebsternannten Tierschützer von „Aktion Tier“ (Achtung! Es scheint scheint mehrere „Aktion Tiers“ zu geben!), die offenbar genug Geld für Anwälte aufbringen können, hatten neulich dem Landgericht Hamburg im Wege einer einstweiligen Verfügung befohlen, einen kritischen Artikel des SPIEGEL verbieten zu lassen. So weit, so schlecht, denn diese Leute scheinen unter Tierschützern tatsächlich ein bisschen umstritten zu sein.

Nun haben die Tier-Aktionisten nichts besseres zu tun, als durchs Internet zu latschern und ihren Anwalt jeden anraunzen zu lassen, der den SPIEGEL-Artikel verbreitet, etwa in Internetforen. Anders als bei konventionellen Abmahnungen will man weder eine Unterlassungserklärung, noch stellt man Kostenforderungen, sondern begehrt lediglich konkrete Löschung des Artikels.

Dabei schreibt der Anwalt wörtlich, die Verbreitung und Zugänglichmachung des SPIEGEL-Beitrags sei durch die Verfügung verboten.

Langsam, liebe Tier-Aktionisten.

  1. Nur zwei Behauptungen sind dem SPIEGEL verboten worden, nicht aber der gesamte Artikel,
    1. Es geht um die Behauptung, in den Jahren 2006 bis 2008 nur etwa 20% der Einnahmen in Gnadenhöfe, Heime oder andere sogenannte Kooperationspartner geflossen seien,
    2. sowie um die Behauptung, Mitarbeiter der Aktion Tier zeigten sich mitunter eisern, wenn klamme Rentner usw. in den Geschäftsstellen anrufen und um Senkung der am Stand vereinbarten Monatsbeiträge bitten.
  2. Dieses Verbot ist wohl noch nicht rechtskräftig und wurde lediglich in Form einer einstweiligen Verfügung ausgesprochen, in der Sache also noch keinerlei Beweis erhoben. Der Gegner wurde nicht einmal angehört.
  3. Dieses Verbot gilt nur gegenüber dem Verlag des SPIEGEL. Es ist kein objektives Verbot. Ein gegen Dritte gerichtetes Verfahren kann nach ggf. aktualisiertem Informationsstand usw. ganz anders ausgehen.
  4. Die Entscheidung kommt von der Pressekammer des Landgerichts Hamburg, muss also nur bedingt ernst genommen werden.

Soweit ich hörte, haben alle Empfänger der „kostenlosen Rechtsberatung“ den SPIEGEL-Artikel komplett vom Netz genommen. Es hätte gereicht, die beiden Passagen zu schwärzen oder sich im Begleittext davon zu distanzieren. Eine solche Distanzierung bzw. Richtigstellung sollte jedoch unbedingt vor Eintreffen einer kostenpflichtigen Abmahnung erfolgen.

16. Dezember 2009

Rapid Share darf nicht mehr vorlesen

Das Landgericht Hamburg hat gegen die Filesharingplattform Rapid Share eine einstweilige Unterlassungsverfügung erlassen. Der Film „Der Vorleser“ darf dort nicht mehr Dritten zugänglich gemacht werden.

15. Dezember 2009

BGH: Mörder haben keine Macht über Archive

Die Serie an BGH-Entscheidungen, die den Hamburger Humbug des dortigen Landgerichts neutralisieren, reißt nicht ab:

Heute wurde die Meinung der berühmt-berüchtigten 24. Zivilkammer, Presse- und Rundfunkunternehmen müssten die Namen von Mördern nachträglich in ihren Archiven anonymisieren, als Quatsch enttarnt:

Im Streitfall hat das Schutzinteresse der Kläger hinter dem von der Beklagten verfolgten Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung zurückzutreten.

Wer tötet, muss damit leben – zumindest in den Archiven. Der Fall hat eine Besonderheit:

Sie war nur auf den für Altmeldungen vorgesehenen Seiten des Internetauftritts der Beklagten zugänglich, ausdrücklich als Altmeldung gekennzeichnet und nur durch gezielte Suche auffindbar.

Der BGH setzt definitiv ein Signal Richtung Hamburg:

Zu berücksichtigen war darüber hinaus, dass ein anerkennenswertes Interesse der Öffentlichkeit nicht nur an der Information über das aktuelle Zeitgeschehen, sondern auch an der Möglichkeit besteht, vergangene zeitgeschichtliche Ereignisse zu recherchieren. Das von den Klägern begehrte Verbot hätte einen abschreckenden Effekt auf den Gebrauch der Meinungs- und Medienfreiheit, der den freien Informations- und Kommunikationsprozess einschnüren würde.

Da der BGH Medienkompetenz hat, bietet er ab sofort einen RSS-Feeder. In Hamburg muss man erst warten, bis Herr Schälike die interessanten Sachen in seinem Blog hat.

Bild: StromBer

Störerhaftung des Internetteilnehmers

Einen gut verständlichen Artikel über die sehr praxisrelevante Haftung von Computerbesitzern für die Sünden Dritter habe ich auf datenschutz-praxis.de gefunden. Hier geht es natürlich wieder um Filesharing, begangen durch Familienmitglieder des Computerbesitzers. Kritisiert wird ein Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom Mai diesen Jahres, das eine entsprechende Haftung annimmt.

Freiheitsfeindliche Gerichte wie Landgericht Hamburg erlegten 2006 übrigens sogar den Betreibern ungesicherter WLANs die Haftung für parasitäre Downloads von Unbekannten auf, während das OLG Frankfurt jedoch bei einem Fall aus dem Jahre 2007 Milde walten ließ. Heute allerdings sollte es sich herumgesprochen haben, dass unverschlüsselte WLANs ein leicht vermeidbares Sicherheitsrisiko sind. Problematisch ist eine Haftung natürlich für Betreiber offener WLANs, etwa in Gaststätten oder sonstigen offenen Plätzen.

11. Dezember 2009

„Buskeismus“-Forscher in der TAZ

Justizkritiker Rolf Schälike, den ich 2007 bei Telepolis vorgestellt hatte, wird heute in der TAZ portraitiert.

Darin wird sein Allgemeines Persönlichkeitsrecht wüst traktiert:

„Der 71-Jährige ist ein anregender, aber auch anstrengender Gesprächspartner. Er kommt vom Hundertsten ins Tausendste, lässt oft fünfminütige Grundsatzeinleitungen vom Stapel, ehe er auf eine Frage antwortet.“

Wallstreet Online hat kein Rückgrat

Der in die Kritik geratene Anlegerschützer(?) Heinz Gerlach, bekannt durch den „Gerlach Report“, scheint nicht von Beiträgen im Forum „Wallstreet Online“ erbaut zu sein. Wie die leicht gallige Website Akte Heinz Gerlach schreibt, werden Threads und dort vorgehaltene Blogs dicht gemacht.

Vor drei Jahren hatte meine Mandantschaft bei Wallstreet Online ähnliche Erfahrungen bei Kritik an einem Finanzdienstleister gemacht. Kritische, rechtlich gesehen jedoch harmlose Beiträge wurden schon bei leichtem Gegenwind gelöscht und Sperren eingebaut, die bei bestimmten Wörtern den Beitrag bockierten. Die logische Reaktion meiner Mandantschaft auf diese Mimosenhaftigkeit war dann die Eröffnung eines eigenen Weblogs gewesen, mit dem die betreffende Firma dann erst recht Spaß hatte.

Ähnlich scheint es Gerlach ja auch zu gehen, der inzwischen ja sogar mehrere „Fan-Seiten“ hat. Dort wird auch erklärt, wie man Gerlachs Informationsangebot zurückzensieren lassen könne. Gerlach bzw. seinen Partner scheint selbst der Mut für eigene Kolportagen verlassen zu haben. Dies könnte mit dieser vom LG Hamburg erlassenen einstweiligen Verfügung zu tun haben.

Der Fall Gerlach bleibt spannend.

Von den Inhalten der verlinkten Websites möchte ich mich mit Blick nach Hamburg distanzieren. Ich kenne Herrn Gerlach nicht näher. Vielleicht wird ihm furchtbares Unrecht getan. Wie das halt so ist, im bösen Internet …

Tierschützer wollen nicht dubios sein

Das Landgericht Hamburg hat sein Problem, Meinungsäußerungen als Tatsachenbehauptungen zu bewerten, trotz jüngster Hilfestellung vom BGH noch immer nicht überwunden.

Die „Aktion Tier“ rennt mit einer einstweiligen Verfügung gegen SPIEGEL ONLINE durchs Dorf und berühmt sich ausdrücklich, man sei nicht gegen Meinungsäußerungen, sondern gegen Tatsachenbehauptungen vorgegangen. Ersteres geht per Definitionem normalerweise nicht, ob letzteres vorliegt, darf unterschiedlich gesehen werden.

So schreiben die Tierschützer:

So dürfen die beiden Antragsgegner z.B. nicht mehr behaupten, der Verein verwende lediglich 20% seiner Einnahmen für den aktiven Tierschutz. Auch dürfen unsere Kooperationspartner, d.h. die von uns geförderten Tierschutzvereine, nicht mehr als „dubios“ bezeichnet und die absurde Behauptung aufgestellt werden, es gebe Hinweise auf „Verschleierungsabsichten“ innerhalb dieser Vereine.

Das wird SPON vermutlich kaum auf sich sitzen lassen. Bei einer einstweiligen Verfügung wird der Gegner normalerweise nicht gehört, so dass die Pressekammer gar nicht wissen kann, ob es vielleicht doch solche Hinweise gibt. Klärungsbedürftig erscheint denn auch, was unter „aktivem Tierschutz“ genau verstanden werden darf.

„Dubios“ scheint mir dann doch eine stark meinungsgeprägte Wertung zu sein. Zwar ist dieses Prädikat nicht schmeichelhaft, aber m.E. doch eher etwas für die öffentliche Auseinandersetzung als für eine einstweilige Verfügung. In Hamburg jedoch fordert man für solche Wertungen so genannte „Anlasstatsachen“. Man darf also nur nach bestimmten Regeln meinen. Steht zwar so nicht in Art. 5 GG, aber in Hamburg laufen die Dinge nun einmal anders. Ich hingegen meine, Anlass zu haben, das Landgericht Hamburg für dubios zu halten. Ich kann mich aber auch irren.

Filtertüten in Hamburg

Wie berichtet, kämpfen die Filtertüten um ihre Ehre. Nunmehr hat mir der Kaffee-Automathersteller freundlicherweise die Antragsschrift zur Verfügung gestellt. Als überzeugter Anhänger dieser Technologie genieße ich gerade einen frisch gemahlenen und aufgebrühten Kaffee (schwarz), der mir den Genuss der Antragsschrift, die selbstverständlich an das Landgericht Hamburg adressiert gewesen war, nochmals verstärkt.

Die Filtertüten meinen es ernst und haben ein Schwergewicht im gewerblichen Rechtsschutz bemüht. Der entsprechende Hersteller erkennt sich trotz Anonymisierung der Filtertüten im Werbespot wieder, obwohl die von einem anderen Hersteller stammen. Das könnte für einen Anspruch aus UWG auch ausreichend sein, denn die Firma hat nun einmal einen Marktanteil von über 50%. Andererseits wurde eine ganze Branche angegangen, ohne dass auf einen bestimmten Hersteller angespielt wurde. Darf man jetzt eine bestimmte Technologie nicht mehr kritisieren, wenn sie überwiegend von einem Hersteller dominiert wird?

Die Werbung wird als vergleichende gesehen und als unsachlich und herabsetzend empfunden, mithin als Verstoß gegen § 6 UWG. Filtertüten werden als etwas Ekelhaftes dargestellt, und es wird der Eindruck erweckt, sie seien unwirtschaftlich, was unzutreffend sei. So lägen die Sachkosten für eine Tasse Filterkaffee tatsächlich jedoch bei 8 Cent, während der Vollautomat 30 Cent fordere. Dies sei irreführend im Sinne des § 5 UWG. Das sind im Wettbewerbsrecht durchaus ernst zu nehmende Argumente, wobei es nicht überraschen würde, wenn der Automatenhersteller bei seiner Berechnung zu anderen Ergebnissen käme.

Nicht minder interessant ist jedoch die Kulturkritik:

„Abgesehen davon, dass der Spot wirklich nicht komisch ist (denn er offenbart ein merkwürdiges Verhältnis zur modernen Bürowelt und des Verhältnis zwischen Sekretärin und „Chef“), zieht er in pauschal-herabsetzender Weise Kaffeepapiereinsätze und die dazugehörigen Maschinen „durch den Kakao“.

Wow! Das ist Poesie! Das ist Lyrik! Liest man in Schriftsätzen mit diesen Streitwerten eher selten … Der Kollege schreibt jedoch ganz Kavalier, die Schauspielerin Mirja Boes sei „begabt“.

Der Kollege hat nicht ganz Unrecht: Der Spot ist tatsächlich nicht komisch, sondern nähert sich lediglich stilistisch an die Unterhaltungsangebote des Privatfernsehens der späten 90er Jahre an. Aber das allein wird für ein Verbot nicht ausreichen …

Denkbar komisch ist allerdings das Ansinnen, einen solchen Spot durch Wettbewerbsrecht verbieten zu lassen und damit dramatisch aufzuwerten. Man könnte – und das klingt ironischerweise auch in der Antragsschrift an – genauso gut auf die Nachteile der Kaffeevollautomaten verweisen, denn da muss ständig der Trester geleert werden, andernfalls der Schimmel droht, usw. Da nehmen sich Filtertüten und Automaten nichts, der Gang zum Mülleimer bleibt! Und die Filtertüten könnten auch das Kosten-Argument in der eigenen Werbung fruchtbar machen (wenn es denn stimmt).

Das Verbot ist natürlich die denkbar beste Werbung für den Spot, von dem ich sonst nie erfahren hätte. Die Prozesskosten sind im Vergleich zu dem, was man für die Sendung eines TV-Spots anlegen muss, ein Fall für die Portokasse.

Der Fall bleibt spannend. In der Antragsschrift wird auch auf eine als „Todesanzeige“ für Filtertüten gestaltete Werbemaßnahme verwiesen, so dass der Spot als Teil einer Filtertüten-feindlichen Kampagne zu werten sei. Verständlich, dass eine Papiertüte da die Pappe auf hat!

Ein Problem werden die Filtertütenkaffeebrüher aber auch durch das Landgericht Hamburg nicht lösen können: Wer einmal von den Freuden eines Automatenkaffees gekostet hat, wird gefilterte Kaffeebrühe nicht einmal geschenkt trinken wollen …

UPDATE: Artikel im Westfalen-Blatt

Schauspielerin Mirja Boes scheint tatsächlich eine unkomische Person zu sein und singt anscheinend eher laut als gut. Aber in dem Video hier erkannte ich den Varietékünstler Sos Petroysian, der ihr beim sog. „Quick Chance“ hilft, dem zauberhaften Kleidungswechsel. Quickchanger und ähnliche Kuriositätenkünstler etc. gehören nämlich zu meinem Mandantenstamm – und da bin ich wohl Marktführer ;-). Finde ich spannender,  als Filtertüten zu vertreten …

10. Dezember 2009

WDR akzeptiert einstweilige Verfügung (mutmaßlicher) Stasi-Leute

Ein Dokumentarfilm von Fritz Pleitgen über die Bespitzelung der Springer-Presse durch die Stasi scheint nicht mit den Persönlichkeitsrechten der Damen und Herren (mutmaßlichen) Spione zu harmonieren und muss daher umgeschnitten werden, meldet DIE WELT.

Mal wieder wird Geschichtsschreibung von Gerichten verhindert. Dazu sind Gerichte ja schließlich da.