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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


7. Januar 2010

Tritt Professor Gersdorf in GEZ-Streik?

Soeben von mir auf Telepolis erschienen: Staatsrechtler Prof. Hubertus Gersdorf überlegt, durch einen Widerspruch gegen seinen GEZ-Bescheid und entsprechende Klagen ein Vorlageverfahren nach Art. 100 GG zu initiieren, damit das Bundesverfassungsgericht die Staatsferne des ZDF kommentieren kann!

30. Dezember 2009

Erste Videos vom CCC-Kongress (Auswahl)

Inzwischen sind die ersten Vorträge des 26C3, also des Chaos Computer Club-Kongresses online. Hier eine für Juristen relevante Auswahl:

Juniorporfessor Dr. Matthias Bäcker erklärt, warum das Zugangserschwerungsgesetz (Zensurerleichterungsgesetz) schon rechtstechnisch Murks ist.

Hier analysiert Liguistikprofessor Martin Hase die Rhetorik, mit welcher die Familien-Demagogin Uschi von der Leyen die intelligenten Wähler zu beleidigen pflegte.

Der Kollege Rechtsanwalt Dominik Böcker referiert hier zum Hacker-§.

Der CCC berichtete über seinen Beitrag zur Klage gegen die Vorratsdatenspeicherung vor dem Bundesverfassungsgericht – eine Klage mit 35.000 Klägern …

Wie Wikileaks die Zensur diverser Länder sowie das Landgericht Hamburg umgeht und künftig umgehen will, kann man hier erfahren. Der Vortrag endete mit einer standing ovation. Spaß am Rande: In Island waren sie zur besten Sendezeit im dortigen TV geladen, jedoch gab es eine einstweilige Verfügung. Der Sender, der das vorbereitete Thema nicht senden konnte, verwies lässig auf die Website, wo man die unzensierten Infos kriegen konnte. Seit diesem Moment kennt jeder in Island Wikileaks …

25. November 2009

Süddeutsche lobpreist den fliegenden Gerichtsstand

Ausgerechnet eine renommierte Zeitung wie die Süddeutsche redet dem fliegenden Gerichtsstand das Wort. Klasse!

Aufgrund der gegenwärtigen Auslegung des § 32 ZPO kann man sich bei überregionaler Verbreitung angeblicher Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht den Gerichtsstand aussuchen und wählt daher zweckmäßig unter den 18 Landgerichten dasjenige aus, das für die schärfsten Urteile bekannt ist – meistens spricht es hanseatisch. Das nennt sich fliegender Gerichtsstand.

Die Süddeutsche bemüht krasse Fälle wie Robert Enke, der sich angeblich wegen Angst vor schlechter Presse nicht stationär behandeln lassen wollte.

Warum Prominente keine Angst haben müssen, mit ihren Krankheiten in die Öffentlichkeit gezerrt zu werden.

EINSPRUCH, Herr Kollege.

Professionelle Redaktionen WISSEN, dass Berichte über den Gesundheitszustand, der nicht öffentlich sichtbar ist oder freiwillig bekannt gemacht wurde, nicht ohne weiteres zulässig sind. Entweder, die Redaktionen respektieren das, oder sie übertreten sehenden Auges das Verbot und kassieren eine einstweilige Verfügung – die sie dann aus der Portokasse zahlen.

DAFÜR brauchen wir keinen fliegenden Gerichtsstand, solche Evidenzfälle kriegen auch die anderen Landgerichte hin.

IM GEGENTEIL: Dadurch, dass eine einstweilige Verfügung erst Wirksamkeit entfaltet, wenn sie zugegangen ist, macht es in Eiligstfällen wenig Sinn, diese am Landgericht Hamburg zu beantragen, wenn sie in Köln zugestellt werden muss.

Unter dem fliegenden Gerichtsstand leiden insbesondere kleine Blogger, die alle nach Hamburg bemüht werden können, wenn jemand eine einstweilige Verfügung erschleicht. Vor allem aber widerspricht das Konzept des Forumshoppings dem Prinzip des gesetzlichen Richters, nach dem sich niemand seinen Richter aussuchen können soll. Aufgrund des fliegenden Gerichtsstandes bekommen Hamburger Richter, die unverblümt in offenem Widerspruch zu den Vorgaben von BGH und BVerfG urteilen, eine unverhältnismäßige Macht. Davon aber steht im Artikel der Süddeutschen nichts.

Besonders weh tut es aber, wenn der Autor Rechtsanwalt Gernot Lehr von „erfahrenen Pressekammern“ schwärmt und dazu ausdrücklich die des Landgerichts Köln zählt. Erfahrungen habe ich in Köln vor Jahren gesammelt, allerdings definitiv keine guten …

19. November 2009

Strategisch unkluge Verfassungsbeschwerde gegen Verbot von Nennung des geänderten Namens

Das Landgericht Hamburg hatte der Frankfurter Rundschau verboten, über die geplante Namensänderung einer wegen Terrorismus verurteilten Person zu berichten. Bereits der Plan ohne Nennung des Namens ist der Hamburger Pressekammer zu viel der Pressefreiheit.

Die FR wendet sich nun mit einer Verfassungsbeschwerde gegen das gerichtliche Verbot. Und wie nicht anders zu erwarten springt ihr der Chefreaktionär der Springerpresse pflichtschuldig bei.

Mag das Verbot, über den Plan zur Namensänderung auch mal wieder überzogen sein, so stimme ich den Hamburger insoweit zu, als dass es keinen journalistisch seriösen Grund gibt, den neuen Namen rauszuposaunen. Zudem wäre das strategisch sehr ungeschickt: Zur Zeit klagen alle möglichen Knackis – meistens vertreten von einer ganz bestimmten Kanzlei – gegen Nennung ihres Namens, unter dem sie verurteilt wurden. Man will ja bei der Resozialisierung keinen schlechten Ruf durch die Tagespresse bekommen. Wenn diese in Hamburg erfolgreiche Rechtsprechung in den Instanzen hält, bedeutet dies, dass die ganzen Archive nachträglich anonymisiert werden müssten.

Nun könnte man aber Terroristen, Mördern und inhaftierten Rechtsanwälten, die Wert auf Diskretion legen, nahelegen, dann gefälligst ihren Namen zu ändern, anstatt den Chronisten das Leben schwer zu machen. Diese Leute sind es ja ohnehin häufig gewohnt, unter Tarnnamen zu leben. Eine obligatorische Namensänderung ist schon deshalb vernünftig, weil man im Zeitalter des internationalen Phänomens Internet keinen einmal bekannt gegebenen Namen wieder wirksam aus der Welt schaffen kann. Eine Umbenennung kann aber nur funktionieren, wenn die Presse usw. dann die Anonymität des neuen Namens respektiert.

Ich sehe auch kein ernsthaftes Bedürfnis, den Namen von entlassenen Straftätern preis zu geben. Die haben laut Gericht ihre Strafe abgesessen, sie stellen laut Sozialprognose keine Gefahr mehr dar und es ist nicht Aufgabe der Presse, solche Leute nach Jahrzehnten an den Pranger zu stellen. Strafe ist Sache des Staates. Man kann über diese Leute unter dem alten Namen berichten, das reicht für soliden Journalismus völlig aus.

Was der BILD-Kolumnist Nicolaus Fest jedoch schwadroniert, entbehrt jeden Kommentars und wäre ihm ein guter Anlass, sich selber einen neuen Namen zuzulegen.

20. September 2009

Gerhard Baum redet Klartext

Gerhard Baum, Bundesinnenminister a.D. (1972-1978), redet in der obigen Talkshow Klartext. Seine Wahrnehmung der Piratenpartei, „geistiges Eigentum“ im Netz abzuschaffen, ist eine wohl etwas freie Wiedergabe des Programms der Piraten, der Rest ist aber o.k. Die Tonqualität ist allerdings schlecht.

In dieser Talkrunde verteidigt er 2007 konsequent das Recht auf freie Meinungsäußerung.

In einem aktuellen Interview des „Computerclub 2“ stellt er u.a. sein neues Buch „Rettet die Grundrechte!“ vor und spricht über seine Übereinstimmungen und Probleme mit der Piratenpartei. Schade, dass seine Partei (FDP) in den letzten Jahren in Sachen Internet versagt und in den Länderregierungen praktisch jeden Kompromiss mitgetragen hat.

31. August 2009

Streisand-Effekt via Bundesverfassungsgericht

Ein Häftling schrieb einen unflätigen Brief aus seiner Zelle, der wegen den enthaltenen Beleidigungen von der Postkontrolle zurückgehalten wurde. Rechtsweg und Verfassungsbeschwerde hiergegen blieben zwar erfolglos – wer aber den Brief lesen möchte, kann dies nun an prominenter Stelle tun …

Streisand-Effekt at its best!

12. August 2009

Bundesverfassungsgericht zeigt Landgericht Hamburg die gelbe Karte

Vor genau einem Jahr hatte ich für einen Mandanten eine Verfassungsbeschwerde gegen ein Hamburger Fehlurteil bzgl. der Haftung für User Generated Content (Foren, Wikis, Blogs) eingelegt. Nunmehr kam aus Karlsruhe ein Signal, das hoffen lässt:

Eine Zeitung hatte im sogenannten „Pressespiegel“ die Meldungen bzw. Meinungen der Mitbewerber abgedruckt (was im UrhG eigens erlaubt wird, um die Meinungsvielfalt zu fördern). Dummerweise riskiert man bei der Wiedergabe fremder Inhalte, dass diese ggf. unwahr oder sonstwie persönlichkeitsrechtsverletzend sind. Die Printmedien haben also ein ähnliches Problem wie Forenbetreiber mit User Generated Content. Inwieweit also muss man anderer Leute Informationen überprüfen? (more…)