3. Februar 2015
Foto: Abmahnung, Urheber: Dirk Vorderstraße, Lizenz: CC BY 3.0
Nachdem der Lichtbildner Herr Dirk Vorderstraße wegen meiner kritischen Texte inzwischen Gerichte in Köln, Münster und Berlin bemühte, versuchte es sein dem fliegenden Gerichtsstand huldigender Rechtsanwalt, der sympathische Kollege Herr Arno Lampmann von der Kölner Kanzlei Lampmann, Haberkamm & Rosenbaum diesmal nun in Frankfurt.
Konkret wehrte sich gescholtene Lizenzkünstler gegen meinen Bericht Das Ende der CC-Abzockerei über einen am Landgericht Berlin gescheiterten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Dieser enthielt nicht den Hinweis, dass Herrn Vorderstraße noch die Gelegenheit offen stand, dem schlechten Geld gutes hinterher zu werfen, etwa durch Einlegen einer aussichtslosen sofortigen Beschwerde. Durch meinen insofern lückenhaften Bericht werde der falsche Eindruck erweckt, als sei der Rechtsstreit in Berlin endgültig entschieden worden. Tatsächlich nämlich war Herr Vorderstraße so optimistisch, sich in Berlin sofortig zu beschweren.
Herr Vorderstraße versuchte daher, den Bericht verbieten zu lassen. Der Kollege Herr Lampmann war trotz zwei zuvor in einer Klage ergangenen Hinweisbeschlüssen des Landgerichts Köln nicht von seiner faszinierenden Rechtsansicht abzubringen, Rechtsanwälte und Fotografen stünden in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis, so dass UWG bemüht werden könne. Auch glaubte Herr Lampmann, Herr Vorderstraße werde rechtswidrig in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt.
Auch dem Landgericht Frankfurt gelang es nicht, den Glauben der Herren Vorderstraße und Lampmann an ein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Fotograf zu erschüttern. Ehrensache, dass Herr Vorderstraße sich auch in Frankfurt sofortig beschwerte.
Inzwischen allerdings hatte das Berliner Kammergericht Herrn Vorderstraßens Beschwerde längst zurückgewiesen. Die unterstellte Andeutung, Herr Vorderstraße sei in Berlin endgültig mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gescheitert, entsprach daher inzwischen der Wahrheit. Unterlassungsanträge sind nun einmal nur in die Zukunft gerichtetet, so dass die nunmehr wahre Berichterstattung schon allein deshalb nicht mehr untersagt werden konnte.
Und damit verlor Herr Vorderstraße natürlich auch seinen Eil-Antrag am OLG Frankfurt. Die Abweisung der beantragten Eilverfügung in Berlin erfolgte übrigens 10 Tage, bevor Herr Vorderstraße in Frankfurt Beschwerde einlegte. Herr Vorderstraße hat nun sowohl in Berlin als auch in Frankfurt die Möglichkeit, seinem gewähnten Recht jeweils im Wege der Hauptsacheklage Geltung zu verschaffen. Da der Streitwert jedesmal bei 10.000,- € liegt, lässt sich an der Klagefreudigkeit langfristig ganz gut verdienen. ;)
admin •
15:30 •
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31. Dezember 2014
Foto: Feuerwerk Maximilianpark 2010, Urheber: Dirk Vorderstraße, Lizenz: CC BY 3.0
Foto-Freund Dirk Vorderstraße kassiert seit Jahren seine Mitmenschen mit unverschämten Lizenzforderungen für die Nutzung von Lichtbildern ab, die er unter eigentlich kostenlose Creative Commons-Lizenzen stellt. Wer jedoch den Urheber und die Lizenzbedingungen nicht nennt, kriegt ungebetene Post von Herrn Vorderstraße. So will er bisweilen vierstellig honoriert werden und droht mit Kosten für eine „Abmahnung durch einen Fachanwalt“.
Mit diesem Abzockmodell ist jedenfalls in Berlin Schluss.
Das Berliner Kammergericht hat mir zum Jahresausklang nun einen Beschluss geschickt, nach dem Fotofreund Dirk Vorderstraße auch künftig die Kritik meines Mandanten in voller Breitseite hinnehmen muss. Auch eine „Zuordnungsverwirrung“ durch die Domain mit Namensbestandteil ist durch die ersichtlich kritische Domain nicht gegeben. In dem Verfahren selbst ging es nicht direkt um Urheberrecht, sondern um Meinungsäußerungen über Herrn Vorderstraßes Abzocke sowie die instruktive Domain Foto-Abzocker-Dirk-Vorderstrasse.
Der eigentliche Silvesterknaller aber ist die Beurteilung des Landgerichts Berlin über Herrn Vorderstraßes Geschäftsmodell. Dessen Verhalten lasse durchaus darauf schließen, er wolle „insbesondere sorglosen Internetnutzern eine Kostenfalle stellen“. Wenn ein Fotograf bei einem unter CC-Lizenz stehenden Foto bereits in der Wikipedia ohne (hinreichend erkennbare) Benennung veröffentlicht, wertet das Berliner Kammergericht ein entsprechendes Säumnis eines Nutzers als „bloße Bagatelle“. Soweit Herr Vorderstraße frech auch die unterbliebene Lizenznennung versilbern will, bewertet dies das Kammergericht als widersprüchliches Verhalten, denn Herr Vorderstraße selbst veröffentlicht seine Werke in der Wikipedia, wo die Benennung regelmäßig nicht sichtbar ist.
Jedenfalls Rechtslaien dürfen solche Abzock-Schreiben wie die von Herrn Vorderstraße „Abmahnung“ nennen (andere wohl auch, denn eine Abmahnung erfordert nicht notwendig die Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungserklärung). Soweit Herr Vorderstraße in seinen Lizenz-Eintreibeschreiben mit Kosten einer Abmahnung durch einen Fachanwalt droht, folgt das Kammergericht ausdrücklich meiner Rechtsauffassung zur Nichterstattungsfähigkeit von Kosten einer Zweitabmahnung (vgl. BGH – Kräutertee).
UPDATE: Nach seinem Scheitern im einstweiligen Rechtsschutz hat Herr Vorderstraße nun die Möglichkeit, eine Hauptsacheklage zu erheben, wenn er sich davon etwas verspricht.
Im kommenden Jahr werden wir miteinander noch einigen Spaß haben. Unter anderem will mir Herr Vorderstraße die Formulierung verbieten:
Die Berliner Gerichte haben allerdings eine gesunde Auffassung zu Fotografen, welche die Nutzung ihrer Bilder kostenlos und ohne Namensnennung dulden, dann aber eines Tages ange******en kommen und von Gott und der Welt Geld sehen wollen.
Dank der Prozessfreudigkeit von Herrn Dirk Vorderstraße und seinem umtriebigen Rechtsanwalt Herrn Arno Lampmann von der Kanzlei Lampmann Haberkamm Rosenbaum, die wegen des nicht mehr ganz so fliegenden Gerichts (more…)
admin •
18:59 •
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29. Oktober 2014
Foto: Wikingerfest 2010, Urheber: Dirk Vorderstraße, Lizenz: CC BY 3.0
Der Fotofreund Dirk Vorderstraße, der das Internet mit unter Creative Commons Lizenzen stehenden Bildern überschwemmt, und dann von Nutzern bei Nichtnennung von Namen und Lizenz vierstellige Beträge einfordert, versucht schon seit längerem, sich mit mir juristisch zu messen. So hat er mich durch seinen Rechtsbeistand, den Kollegen Herrn Arno Lampmann von der Kanzlei Lampmann/Haberkamp/Rosenbaum vor einem halben Jahr am Landgericht Köln wegen dieses kritischen Beitrags von 2011 verklagt. Von dem rechtlich wie tatsächlich unterhaltsamen Prozess werde ich voraussichtlich im Januar berichten.
Ein besorgter Bürger, der von dem Verfahren hörte, war so aufmerksam, ein privates Blog mit der instruktiven Domain Foto Abzocker Dirk Vorderstraße anzulegen, um dort Beiträge über den fotografierenden Urheberrechtsfreund zu archivieren. Doch Herr Vorderstraße wollte weder „Abzocker“ genannt werden noch wollte er sich nachsagen lassen, er mahne ab – und mahnte das durch seinen Anwalt ab, jedoch erfolglos. Daraufhin beantragte Herr Vorderstraße eine einstweilige Verfügung, zunächst am Landgericht Köln, das aber nicht das geringste mit dem Fall zu tun hat.
Kollege Lampmann, lautstarker Verfechter und stolzer Durchsetzer des fliegenden Gerichtsstands, musste zunächst hinnehmen, dass sich insoweit der Wind auch am Landgericht Köln gedreht hat. Der Antrag flog zum Wohnsitz des Bloggers nach Berlin und wurde nach einem Hinweisbeschluss schließlich abgewiesen.
Hinsichtlich der Wahl der Domain schrieb das Landgericht Berlin, das Verhalten des Antragstellers dürfe getrost als ‚abzocken‘ bezeichnet werden. Die Annahme einer Namensverwirrung sei fernliegend. Soweit der Antragsteller meint, seine Lizenzeintreibeschreiben seien als ‚Abmahnungen‘ bezeichnet worden und diese keine seien, stellte das Gericht klar, dass es insoweit auf die Wirkung solcher Schreiben beim Empfänger ankomme. So drohte der Antragsteller den Urheberrechtsverletzern ein gerichtliches Verfahren an, wenn sie sich nicht seinen üppigen Lizenzforderungen beugten. Daher wiege das Recht des Bloggers auf Meinungsfreiheit schwerer als das des Antragstellers auf Achtung seiner Ehre. Eine weitere abgemahnte Behauptung durch einen angeblich erweckten Eindruck wurde schon nicht aufgestellt.
UPDATE: Das Berliner Kammergericht hat die Abweisung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung bestätigt. Herr Vorderstraße hat nun die Möglichkeit, eine Hauptsacheklage zu erheben, wenn er sich davon etwas verspricht.
Die Rechtslage, ob man bei CC-Bildern bei fehlender Benennung wirklich einen Anspruch auf Lizenzzahlungen hat, ist umstritten. Die meisten Juristen, mit denen ich die Frage diskutierte, teilen meine Rechtsauffassung, dass lediglich auf Unterlassung der Nutzung oder auf Vornahme der Benennung geklagt werden kann. Wenn ein Foto bei Einhaltung der Bedingungen kostenlos genutzt werden darf, lässt sich ein finanzieller Schaden nach § 97 UrhG nicht darstellen. Insgesamt spricht viel dafür, dieses auf Asunutzen von Rechtsirrtümern basierende Geschäftsmodell als rechtsmissbräuchlich zu bewerten, was ebenfalls zur Anspruchsversagung führen kann. Berliner dürfen es nunmehr ‚abzocken‘ nennen.
Für die Behauptung, man könne aus CC-Lizenzverstößen Geld schlagen, wird mir von den Lizenzeintreibern immer wieder ein Blogposting des Kollegen Lampmann unter die Nase gehalten, in welchem sich der Kollege Lampmann rühmt, eine ‚Rekordsumme‘ iHv 14.000,- € für einen Mandanten wegen Nichtnennung der CC-Lizenz erzielt zu haben. Gegner sei ein großes Unternehmen gewesen, das eigenmächtig hochwertige Fotografien genutzt habe. In einem Update räumte der Kollege dann allerdings ein:
Update vom 27.6.2013 aufgrund zahlreicher Nachfragen:
Die Einigung erfolgte außergerichtlich. Wir können leider nicht alle Details des Falls preisgeben, da sonst Mandant oder Gegner erkennbar werden könnten. Das wäre nicht nur rechtswidrig sondern entspräche auch nicht unserem Selbstverständnis. Wir bitten daher um Nachsicht für die “Geheimniskrämerei”. Wir sind der Meinung, dass der Fall auch so interessant genug ist, insbesondere um die Bedeutung von Creative Commons Licenses für Fotografen und Seitenbetreiber zu beleuchten.
Was also konkret verhandelt wurde und welches Ausmaß die rechtswidrige Nutzung wirklich aufwies, wird also ein Geheimnis bleiben. Ich bezweifle allerdings, dass das Unternehmen primär aus juristischen Erwägungen gehandelt hat. Erfahrungsgemäß haben namhafte Unternehmen in Fällen von ihnen zurechenbaren Urheberrechtsverstößen in erster Linie den guten Ruf im Auge. Daher legen sie vor allem Wert auf das Zustandekommen einer Verschwiegenheitsvereinbarung, was üblicherweise nicht direkt gekauft wird, sondern formal über eine großzügige Lizenzzahlung.
Auch der Kollege Lampmann scheint sich seiner Sache mit den finanziellen Ansprüchen bei CC-Verstößen nicht ganz so sicher zu sein. So hat er gegen einen Mandanten von mir für Herrn Vorderstraße vor einem halben Jahr eine stolze Zahlung gefordert, aber noch immer keine Klage erhoben.
admin •
12:24 •
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19. Oktober 2014
Heute um 19.30 Uhr bringt das ZDF eine Doku über Houdini, zu dem ich eine besondere Beziehung habe. 2006 hatte mich der Magische Zirkel von Deutschland anlässlich des 80. Todestags (30.10.1926) mit einer Kurz-Biographie über den legendären Entfesslungskünstler und Zauberer beauftragt, den seinerzeit George Bernhard Show neben Jesus und Sherlock Holmes zu den drei bekanntesten Menschen der Welt zählte.
Houdinis Leben verlief denkbar bewegt. Der Magier war nicht nur äußerst geltungssüchtig, sondern auch sehr streitfreudig, gerne auch im Gericht. Er leiferte sich etliche Prozesse gegen Kritiker, die behaupteten, seine Tricks durchschaut zu haben und ging gegen Nachahmer vor. Wer immer Stress mit Houdini suchte, bekam einen unerbittlichen Feind.
Houdinis Prozesse sorgten stets für Presseaufmerksamkeit. Mit seinem Konkurrenten Hardeen lieferte sich Houdini eine 25 Jahre andauernde Pressefehde. Nach Houdinis Tod kam heraus, das Hardeen in Wirklichkeit Houdinis Halbbruder war, der „Streit“ war in Wirklichkeit eine inszenierte PR-Kampagne … ;)
Der 1900 praktisch unbekannte Houdini hatte seinen Durchbruch in Deutschland, nachdem er sich in Dresden gefesselt in die Elbe werfen ließ und überlebte. Am Ufer war ein Bussgeld fällig, weil das Betreten des Rasens verboten war. Mit Houdinis Entfellslungsnummern konnten sich vor allem Menschen in Polizeistaaten wie dem deutschen Kaiserreich und dem russischen Zarenreich identifizieren, wo Houdini fast zwei Jahrzehnte seinen wichtigsten Markt hatte. Dort führte er auch viele Prozesse. Sein damals wichtigster Anwalt war ein Medienrechtler, der seine Honrare auch im Berliner Filmgeschäft investierte.
Houdini war definitiv ein Hacker. So lernte er in Deutschland alles über Schlösser und machte Lockpicking zur Kunst. Sein wichtigster Mitarbeiter war jedoch der deutsche Schlosser Franz Kukol, der die Spezialrequisiten konstruierte. Außerdem erlernte er in Hamburg das kurz vorher erfundene Fliegen. Erst mit dem Ersten Weltkrieg zog sich Houdini aus Europa zurück. In den USA konnte er mit großem Werbeaufwand einen ähnlichen Status wie in Europa erzielen.
Selbst die Legendenbildung um Houdinis mysteriösen Tod hatte mit Anwälten zu tun. So verhandelten die Juristen mehrere Tage lang, bis schließlich eine Lösung für alle Parteien akzeptable Version gefunden wurde, die eine Auszahlung einer Versicherungssumme an die Witwe ermöglichte.
Das Schreiben der Biographie war schon deshalb interessant, da es in deutscher Sprache bislang keine ansatzweise brauchbare Houdini-Bio gibt, dafür in den USA jedoch etliche. Trotz strengster Auswahl auf das Wesentliche wurden es 19 eng beschriebene Seiten. Eine besonders erfolgreiche Houdini-Bio, die mir stilistisch sehr gut gefiel, stammte von einer britischen Autorin, die am Denkmal Houdini sägte. Das brachte ihr den Hass der US-Zauberer ein, denn Houdini gilt als der erste amerikanische Superheld und Popstar.
Der US-Zauberer Bill Kalush, der als einer der besten Close Up-Künstler unserer Zeit gilt und das Conjuring Arts Research Center gegründet hat, machte es sich daraufhin zu Lebensaufgabe, die ultimative Houdini-Bio herauszubringen, ebenfalls zu 2006. Kalush und sein Co-Autor fuhren bei der Recherche einen unglaublichen Aufwand, allein für die Fußnoten wurde ein zweites Buch gedruckt – das keinen einzigen Hinweis auf die verachtete britische Autorin enthält …). Das Buch ist wirklich beeindruckend geworden.
Während die meisten US-Houdini-Biographen wegen der Sprachbarriere Houdinis Deutschland-Bezüge nahezu ausließen, so etwa die oben eingebettete Doku „Unlocking the Mystery“ von 2005, recherchierte Kalush gründlich auch hierzulande. Dabei half ihm unser gemeinsamer Freund Volker Huber.
Kallush bekam vom Verlag eine Million Dollar, die vermutlich nur die Kosten gedeckt haben. Für Kalush dürfte das Honorar eher eine Geste gewesen sein, denn der Mann ist in seinem Hauptberuf Milliardär. Natürlich wurden auch die Filmrechte verkauft. Im Mai diesen Jahres wurden Verhandlungen mit Johnny Depp für die Hauptrolle bekannt. Der Film soll als eine Art Indiana Jones-Version aufgezogen werden.
Unabhängig von diesem Projekt wird gerade eine TV-Serie über Houdini produziert, on der den Magier der Oscar-Gewinner Adrian Brody verkörpern wird, der selbst einmal professioneller Zauberkünstler war.
Houdini betätigte sich in seinen letzten Jahren als Anti-Spiritist und stritt sich mit einer frivolen Geisterbeschwörerin. Die skurrile Geschichte, über die auch die Freundschaft zwischen Houdini und Arthur Conan Doyle zerbrach, habe ich vor ein paar Jahren mal auf TELEPOLIS nachgezeichnet.
13. Oktober 2014
Der aktuelle SPIEGEL (print) bringt einen längeren Artikel über die drei bedeutendsten Pressekammern Köln, Hamburg und Berlin. Darin wird beklagt, dass in diesen Kammern seit Jahren einstweilige Verfügungen im Regelfall ohne Anhörung der Gegner erlassen werden. Dies kritisiert der bis 2002 der Kölner Pressekammer Vorsitzende Ex-Richter Huthmacher, der möglichst immer die Gegenseite vor einer Beschneidung der Pressefreiheit zu kontaktieren pflegte und meistens eine mündliche Verhandlung ansetzte. Ex-BGH-Richter Bornkamm spricht sogar von Missbrauch.
Außerdem geht der Beitrag auf den von mir vehement kritisierten fliegenden Gerichtsstand ein, der Klägern effizientes forum shoping ermöglicht. Mit Recht sieht der SPIEGEL inzwischen die Kölner Zivilkammer 28 als die bei Verbietern beliebteste Kammer an. Am Anfang dieses Trends, 2008, hatte ich die Ehre, auf der Gegenseite der Köln-Premiere eines Berliner Medienanwalts beizuwohnen. Der Berliner(!) Kollege hatte ohne jeden Sachbezug nach Köln gebeten, um einen Hamburger(!) Gerichtsblogger zum Schweigen bringen zu bringen. Offenbar wollte der Kollege die Kölner Kammer austesten und die Domstadt zum neuen „Hamburg“ machen, wie es dann auch geschah. Entfielen laut SPIEGEL 2006 ganze 8% der auf die drei Gerichtsstände Köln/Hamburg/Berlin verteilten Pressesachen auf die Domstadt, sind es inzwischen 24%.
Ein schönes Zitat vom legendären Berliner Vorsitzenden Mauck:
„Wir machen eine Menge nicht mehr mit, ‚Köln‘ dagegen nimmt das alles.“
Der fliegende Gerichtsstand macht heute übrigens nur noch professionellen Medienschaffenden Ärger. Erforderlich ist, dass entweder Äußerungen in den Sprengeln der Gerichte tatsächlich erscheinen, also bundesweiter Printvertrieb oder Rundfunk, oder aber dass eine Äußerung einen inhaltlichen Mindestbezug zum Gerichtskreis hat. Zum Glück reicht es inzwischen nicht mehr aus, dass eine Äußerung im Internet und damit überall erscheint. So war es noch vor wenigen Jahren Gerichtspraxis, dass der Regensburger Bischof das Blog Regensburg Digital erfolgreich nach Hamburg zwang. Diese Zeiten sind inzwischen sogar in der Hamburger Zivilkammer 24 weitgehend vorbei.
Meinen nächsten planmäßigen Termin in Köln habe ich übrigens am 11.11. ab 11.00 Uhr. Zum Glück habe ich noch vom Hochwasser in Münster vor zwei Monaten eine Krawatte über, um die es nicht mehr schade ist. ;) Allerdings hat die dortige Kammer dem Gegner inzwischen in einem Hinweisbeschluss kommuniziert, dass sie meine Bedenken gegen die örtliche Zuständigkeit von Köln teilt. Eine Reise nach Köln ist mir den Weg jedoch allemal wert!
admin •
19:43 •
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30. September 2014
Der BGH hat sich erneut mit der pressemäßigen Nutzung von fremden E-Mails beschäftigt. Vor ein paar Jahren hatte ich den BGH davon überzeugt, die Revision gegen ein Urteil des OLG Stuttgart nicht zur Entscheidung anzunehmen, das die Nutzung von E-Mails aus einer vermeintlich privaten Mailingliste erlaubte.
Nunmehr ging es um E-Mails eines Politikers, die auf einem ihm abhanden gekommenen Rechner gefunden wurden. (Passiert häufig: Allein in London werden jährlich an die 1.000 Notebooks allein in Taxen vergessen …) Der Unglücksvogel war außerehelicher Vater eines Kindes geworden, für das offenbar Sozialleistungen beantragt waren. Für einen Finanzminister war das halt schon ein bisschen peinlich.
Während die Vorinstanzen eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts erkannten, ließ heute nun der BGH die Äußerungen zu (via Beckmann & Norda):
Zwar greift eine Berichterstattung, die sich auf den Inhalt der zwischen dem Kläger und seiner Geliebten gewechselten E-Mails stützt, in die Vertraulichkeitssphäre des Klägers und sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein. Beide genannten Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts schützen das Interesse des Kommunikationsteilnehmers daran, dass der Inhalt privater E-Mails nicht an die Öffentlichkeit gelangt. Der Eingriff ist aber nicht rechtswidrig. Das von den Beklagten verfolgte Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihr Recht auf Meinungsfreiheit überwiegen das Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die veröffentlichten Informationen von einem Dritten in rechtswidriger Weise beschafft worden sind. Nach den getroffenen Feststellungen haben sich die Beklagten die E-Mails nicht durch vorsätzlichen Rechtsbruch verschafft, um sie zu publizieren. Sie haben sich an dem Einbruch in die Vertraulichkeitssphäre des Klägers auch nicht beteiligt, sondern aus dem Bruch der Vertraulichkeit lediglich Nutzen gezogen.
Und:
Die Informationen, deren Wahrheit der Kläger nicht in Frage stellt, haben einen hohen „Öffentlichkeitswert“. Sie offenbaren einen Missstand von erheblichem Gewicht, an dessen Aufdeckung ein überragendes öffentliches Interesse besteht. Als Minister und als Landtagsabgeordneter gehörte der Kläger zu den Personen des politischen Lebens, an deren Verhalten unter dem Gesichtspunkt demokratischer Transparenz und Kontrolle ein gesteigertes Informationsinteresse besteht. Die der Beklagten zu 1 zugespielten E-Mails belegen, dass sich der Kläger über viele Jahre der wirtschaftlichen Verantwortung für seine Tochter E. entzogen und diese auf den Steuerzahler abgewälzt hat. Er hat es im eigenen persönlichen, wirtschaftlichen und politischen Interesse hingenommen, dass seine ehemalige Geliebte für die gemeinsame Tochter Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz bezog, obwohl die Voraussetzungen für einen Leistungsbezug nicht gegeben waren. Denn die Kindesmutter hatte der zuständigen Behörde den Kläger pflichtwidrig nicht als Vater von E. benannt.
admin •
17:50 •
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31. Juli 2014
Mehrfach kam die Frage auf, ob das Agitprop-Magazin DER SPIEGEL für seinen aktuellen Titel die privaten Fotos der beim Flug MH 17 getöteten Menschen benutzen durfte.
Zivilrecht
Sofern nicht die Angehörigen eingewilligt haben: NEIN.
Wer in Deutschland Fotos verbreiten oder zur Schau stellen will, auf denen Gesichter zu erkennen sind, benötigt grundsätzlich nach § 22 KunstUrhG die Einwilligung entweder des Abgebildeten oder nach dessen Tod die von den Angehörigen (bis zum Ablauf von zehn Jahren).
Eine solche Einwilligung wäre entbehrlich in Fällen eines gewichtigen Berichtsinteresses der Öffentlichkeit, § 23 KunstUrhG. Ein solcher Fall liegt aber nicht vor, denn DER SPIEGEL hat kein Flugzeugunglück berichtend illustriert, sondern „Stoppt Putin“ bebildert. Wenn die Betroffenen oder deren Angehörige diesen politischen Apell nicht teilen, liegt eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts vor.
Etwas anderes könnte aber gelten, wenn Bildrechte nach § 22 KunstUrhG wirksam übertragen wurden. Dem Vernehmen nach soll sich DER SPIEGEL aus sozialen Netzwerken bedient haben. Wenn man selbst Fotos von sich ins Netz stellt, gibt man insoweit ein Stück Privatsphäre von sich faktisch auf. Dies beinhaltet jedoch nicht automatisch die Erlaubnis, dass auch Dritte solche Fotos nutzen dürfen (zumal auch das Urheberrecht des Fotografen geschützt ist, sogar gegenüber dem Abgebildeten). Die Einwilligung nach § 22 KunstUrhG reicht grundsätzlich nur soweit, wie es dem Betreffenden vernünftigerweise erkennbar war. Wird man z.B. bei einem nicht öffentlichen Anlass gefilmt und lässt die Aufnahmen zu, bedeutet dies nicht, dass man pötzlich im landesweiten TV zu sehen sein will. Die Reichweite einer Einwilligung nach § 22 KunstUrhG ist regelmäßig Streitfrage am Richtertisch und wird in den Instanzen unterschiedlich beurteilt.
Bei Facebook heißt es in den Allgemeinen Geschäftsbedinungen:
(…) Du erteilst uns deine Erlaubnis zur Nutzung deines Namens, Profilbilds, deiner Inhalte und Informationen im Zusammenhang mit kommerziellen, gesponserten oder verwandten Inhalten (z. B. eine Marke, die dir gefällt), die von uns zur Verfügung gestellt oder aufgewertet werden. Dies bedeutet beispielsweise, dass du einem Unternehmen bzw. einer sonstigen Organisation die Erlaubnis erteilst, uns dafür zu bezahlen, deinen Namen und/oder dein Profilbild zusammen mit deinen Inhalten oder Informationen ohne irgendeine Entlohnung für dich zu veröffentlichen. (…)
Außerdem ist Facebook der Ansicht, dass jedweder Anspruch, Klagegegenstand oder Streitfall (Anspruch), den man gegenüber Facebook Ireland Limited hat und der sich aus der Erklärung gegenüber Facebook oder in Verbindung mit dieser bzw. mit Facebook ergibt, ausschließlich vor dem für den nördlichen Bezirk von Kalifornien zuständigen US-Bezirksgericht oder vor einem Staatsgericht in San Mateo County zu verhandeln sei, wobei die Gesetze des Bundesstaates Kalifornien unter Ausschluss der Bestimmungen des internationalen Privatrechts anzuwenden seien.
Das Landgericht Berlin teilte allerdings 2010 freundlich mit, dass in Deutschland deutsches Recht anzuwenden sei und auch hierzulande geklagt werden könne. Das Urteil wurde dieses Jahr vom Kammergericht bestätigt.
Die Frage also, inwieweit ein Verlag für einen Printtitel von Facebook wirksam Rechte Dritter nach § 22 KunstUrhG erwerben kann, wäre daher auch hierzulande justiziabel. Wie gesagt, die Reichweite solcher Einwilligungen ist im Einzelfall eine diffizile Angelegenheit. Die Rechtsansicht, dass man auf Facebook wirksam darin einwilligt, in politische Kampagnen eingespannt zu werden, halte ich für abwegig.
UPDATE:
BILDblog hat sich die SPIEGELBILDerei vorgenommen. Dort ließen sich die SPIEGEL-Leute wie folgt ein:
„Wir halten die Optik für angemessen, denn es handelt sich um Opfer der ruchlosen Machtpolitik des russischen Präsidenten Putin. Dies rechtfertigt nicht nur eine so starke, emotionale Optik, es macht sie geradezu notwendig – und zwar im Interesse der Opfer und ihrer Angehörigen.“
UPDATE: Unabhängig vom Aspekt der Persönlichkeitsrechte sind natürlich auch die Urheberrechte der Fotografen betroffen.
Pressekodex
Der Verlag des SPIEGEL hat sich dem – nicht vor ordentlichen Gerichten justiziablen – Pressekodex unterworfen:
§ 1 (…) Die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der Presse.
§ 8 (…)
Richtlinie 8.2 – Opferschutz
Die Identität von Opfern ist besonders zu schützen. Für das Verständnis eines Unfallgeschehens, Unglücks- bzw. Tathergangs ist das Wissen um die Identität des Opfers in der Regel unerheblich. Name und Foto eines Opfers können veröffentlicht werden, wenn das Opfer bzw. Angehörige oder sonstige befugte Personen zugestimmt haben, oder wenn es sich bei dem Opfer um eine Person des öffentlichen Lebens handelt.
Richtlinie 8.3 – Kinder und Jugendliche
Insbesondere in der Berichterstattung über Straftaten und Unglücksfälle dürfen Kinder und Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres in der Regel nicht identifizierbar sein.
§ 11 (…)
Richtlinie 11.3 – Unglücksfälle und Katastrophen
Die Berichterstattung über Unglücksfälle und Katastrophen findet ihre Grenze im Respekt vor dem Leid von Opfern und den Gefühlen von Angehörigen. Die vom Unglück Betroffenen dürfen grundsätzlich durch die Darstellung nicht ein zweites Mal zu Opfern werden.
§ 13 (…)
Richtlinie 13.1 – Vorverurteilung
Die Berichterstattung über Ermittlungs- und Gerichtsverfahren dient der sorgfältigen Unterrichtung der Öffentlichkeit über Straftaten und andere Rechtsverletzungen, deren Verfolgung und richterliche Bewertung. Sie darf dabei nicht vorverurteilen. Die Presse darf eine Person als Täter bezeichnen, wenn sie ein Geständnis abgelegt hat und zudem Beweise gegen sie vorliegen oder wenn sie die Tat unter den Augen der Öffentlichkeit begangen hat. In der Sprache der Berichterstattung ist die Presse nicht an juristische Begrifflichkeiten gebunden, die für den Leser unerheblich sind.
Ziel der Berichterstattung darf in einem Rechtsstaat nicht eine soziale Zusatzbestrafung Verurteilter mit Hilfe eines „Medien-Prangers“ sein. Zwischen Verdacht und erwiesener Schuld ist in der Sprache der Berichterstattung deutlich zu unterscheiden.
admin •
10:45 •
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1. Mai 2014
Peter Alexander wehrte sich gegen Boulevardberichterstattung über seine Trauer wegen des Tods seiner Tochter und forderte eine Geldentschädigung von mindestens 30.000,- €. Die Klage ging bei Gericht per Fax einen Tag vor Alexanders eigenem Tod ein und wurde der Beklagten aber erst einige Wochen später zugestellt. Der Sohn führte die Klage weiter.
Die Vererblichkeit von Ansprüchen aus dem Persönlichkeitsrecht ist wegen dessen höchstpersönlichen Charakters umstritten. Klassiker in diesem Bereich ist die Entscheidung „Der blaue Engel“, die Marlene Dietrichs sehr klagefreudigen Erben erstritten hatten. Besonders fragwürdig ist das Anliegen jedenfalls dann, wenn Geldentschädigung (vulgo: „Schmerzensgeld“) verlangt wird.
Der presserechtliche Anspruch auf Geldentschädigung ist so im Gesetz eigentlich nicht vorgesehen. Ausnahmesweise wird er aber dann zuerkannt, wenn sich ein Betroffener gegen eine wehr schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung wehrt und es mit einem Unterlassungsanspruch, dessen Prozesskosten die Verlage aus der Portokasse zahlen, nicht getan ist. Daher soll den Verlagen finanziell weh getan werden, um taktischen Rechtsbruch unwirtschaftlich zu machen.
Diese sogenannte „Genugtuungsfunktion“ gewährt der Bundesgerichtshof nur lebenden Personen. Hätte allerdings Alexander den Prozess zu Lebzeiten erfolgreich zuende geführt, dann hätte der Sohn 30.000,- € geerbt.
Vorliegend war der Prozess zwar „anhängig“ (also bei Gericht), aber noch nicht „rechtshängig“ (also dem Beklagten zugestellt). Insoweit erhoffte sich der Kläger eine analoge Anwendung des § 167 ZPO. Der BGH stellte aber klar, dass es darauf gar nicht ankäme. Die Genugtuungsfunktion gelte nur für Lebende.
Zynisch könnte man jetzt schlussfolgern, dass Verlage bei Personen mit geringer Lebenserwartung schwere Persönlichkeitsrechtsverletzungen hinsichtlich des Geldentschädigungsanspruchs riskieren können.
Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs zum Urteil vom 29. April 2014 – VI ZR 246/12.
13. März 2014
Herr H. ist heute vom Landgericht M. zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Bei Berichten wäre anzuraten, auf die bislang noch fehlende Rechtskraft hinzuweisen. So kann Herr H. immer noch Revision einlegen. Solange dies noch möglich ist, beurteilten Gerichte die Berichterstattung ohne eine solche Angabe als Persönlichkeitsrechtsverletzung.
Der Hintergrund ist der, dass ein Mensch aufgrund der Unschuldsvermutung so lange als unschuldig zu gelten hat, bis ein rechtskräftiges Urteil gesprochen ist. Ohne Angabe zur Rechtskraft wird – mitunter zwingend – der Eindruck erweckt, als sei die Verurteilung endgültig. Und wer lässt sich schon gerne nachsagen, er sei ein Straftäter?
Update: Herr H. hat auch konkret Spaß an Presserecht und schätzt es nicht, wenn man seine Steuerschulden höher schätzt, als er sie einräumt.
admin •
15:57 •
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18. August 2013
Die Legal Tribune Online hat mich gebeten, rechtliche Risiken bei Internetmems zu skizzieren. Anlass war das Urteil des Landgerichts Berlin zum Technoviking. Für den Titel „Mimimi mit Mems“ beanspruche ich natürlich Titelschutz! ;)
admin •
15:14 •
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