Foto: Wikingerfest 2010, Urheber: Dirk Vorderstraße, Lizenz: CC BY 3.0
Der Fotofreund Dirk Vorderstraße, der das Internet mit unter Creative Commons Lizenzen stehenden Bildern überschwemmt, und dann von Nutzern bei Nichtnennung von Namen und Lizenz vierstellige Beträge einfordert, versucht schon seit längerem, sich mit mir juristisch zu messen. So hat er mich durch seinen Rechtsbeistand, den Kollegen Herrn Arno Lampmann von der Kanzlei Lampmann/Haberkamp/Rosenbaum vor einem halben Jahr am Landgericht Köln wegen dieses kritischen Beitrags von 2011 verklagt. Von dem rechtlich wie tatsächlich unterhaltsamen Prozess werde ich voraussichtlich im Januar berichten.
Ein besorgter Bürger, der von dem Verfahren hörte, war so aufmerksam, ein privates Blog mit der instruktiven Domain Foto Abzocker Dirk Vorderstraße anzulegen, um dort Beiträge über den fotografierenden Urheberrechtsfreund zu archivieren. Doch Herr Vorderstraße wollte weder „Abzocker“ genannt werden noch wollte er sich nachsagen lassen, er mahne ab – und mahnte das durch seinen Anwalt ab, jedoch erfolglos. Daraufhin beantragte Herr Vorderstraße eine einstweilige Verfügung, zunächst am Landgericht Köln, das aber nicht das geringste mit dem Fall zu tun hat.
Kollege Lampmann, lautstarker Verfechter und stolzer Durchsetzer des fliegenden Gerichtsstands, musste zunächst hinnehmen, dass sich insoweit der Wind auch am Landgericht Köln gedreht hat. Der Antrag flog zum Wohnsitz des Bloggers nach Berlin und wurde nach einem Hinweisbeschluss schließlich abgewiesen.
Hinsichtlich der Wahl der Domain schrieb das Landgericht Berlin, das Verhalten des Antragstellers dürfe getrost als ‚abzocken‘ bezeichnet werden. Die Annahme einer Namensverwirrung sei fernliegend. Soweit der Antragsteller meint, seine Lizenzeintreibeschreiben seien als ‚Abmahnungen‘ bezeichnet worden und diese keine seien, stellte das Gericht klar, dass es insoweit auf die Wirkung solcher Schreiben beim Empfänger ankomme. So drohte der Antragsteller den Urheberrechtsverletzern ein gerichtliches Verfahren an, wenn sie sich nicht seinen üppigen Lizenzforderungen beugten. Daher wiege das Recht des Bloggers auf Meinungsfreiheit schwerer als das des Antragstellers auf Achtung seiner Ehre. Eine weitere abgemahnte Behauptung durch einen angeblich erweckten Eindruck wurde schon nicht aufgestellt.
UPDATE: Das Berliner Kammergericht hat die Abweisung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung bestätigt. Herr Vorderstraße hat nun die Möglichkeit, eine Hauptsacheklage zu erheben, wenn er sich davon etwas verspricht.
Die Rechtslage, ob man bei CC-Bildern bei fehlender Benennung wirklich einen Anspruch auf Lizenzzahlungen hat, ist umstritten. Die meisten Juristen, mit denen ich die Frage diskutierte, teilen meine Rechtsauffassung, dass lediglich auf Unterlassung der Nutzung oder auf Vornahme der Benennung geklagt werden kann. Wenn ein Foto bei Einhaltung der Bedingungen kostenlos genutzt werden darf, lässt sich ein finanzieller Schaden nach § 97 UrhG nicht darstellen. Insgesamt spricht viel dafür, dieses auf Asunutzen von Rechtsirrtümern basierende Geschäftsmodell als rechtsmissbräuchlich zu bewerten, was ebenfalls zur Anspruchsversagung führen kann. Berliner dürfen es nunmehr ‚abzocken‘ nennen.
Für die Behauptung, man könne aus CC-Lizenzverstößen Geld schlagen, wird mir von den Lizenzeintreibern immer wieder ein Blogposting des Kollegen Lampmann unter die Nase gehalten, in welchem sich der Kollege Lampmann rühmt, eine ‚Rekordsumme‘ iHv 14.000,- € für einen Mandanten wegen Nichtnennung der CC-Lizenz erzielt zu haben. Gegner sei ein großes Unternehmen gewesen, das eigenmächtig hochwertige Fotografien genutzt habe. In einem Update räumte der Kollege dann allerdings ein:
Update vom 27.6.2013 aufgrund zahlreicher Nachfragen:
Die Einigung erfolgte außergerichtlich. Wir können leider nicht alle Details des Falls preisgeben, da sonst Mandant oder Gegner erkennbar werden könnten. Das wäre nicht nur rechtswidrig sondern entspräche auch nicht unserem Selbstverständnis. Wir bitten daher um Nachsicht für die “Geheimniskrämerei”. Wir sind der Meinung, dass der Fall auch so interessant genug ist, insbesondere um die Bedeutung von Creative Commons Licenses für Fotografen und Seitenbetreiber zu beleuchten.
Was also konkret verhandelt wurde und welches Ausmaß die rechtswidrige Nutzung wirklich aufwies, wird also ein Geheimnis bleiben. Ich bezweifle allerdings, dass das Unternehmen primär aus juristischen Erwägungen gehandelt hat. Erfahrungsgemäß haben namhafte Unternehmen in Fällen von ihnen zurechenbaren Urheberrechtsverstößen in erster Linie den guten Ruf im Auge. Daher legen sie vor allem Wert auf das Zustandekommen einer Verschwiegenheitsvereinbarung, was üblicherweise nicht direkt gekauft wird, sondern formal über eine großzügige Lizenzzahlung.
Auch der Kollege Lampmann scheint sich seiner Sache mit den finanziellen Ansprüchen bei CC-Verstößen nicht ganz so sicher zu sein. So hat er gegen einen Mandanten von mir für Herrn Vorderstraße vor einem halben Jahr eine stolze Zahlung gefordert, aber noch immer keine Klage erhoben.
Gute Nachrichten: CC-Foto-Lizenzeintreiber darf ‘Abzocker’ genannt werden | -=daMax=-
[…] Wort "Abzocker" schreibe ich einfach auch mal in mein Blog. Den Zusammenhang stelle ich nicht her, das tun andere. Das Landgericht Berlin hat auf jeden Fall geurteilt, […]
#1 Pingback vom 29. Oktober 2014 um 12:46
Vorderstraße ./. Kompa, Oberlandesgericht Frankfurt 6 W 4/15 » Rechtsanwalt Markus Kompa
[…] ./. Kompa veröffentlicht. Vergeblich hatte der Fotofreund Dirk Vorderstraße versucht, dieses Posting verbieten zu […]
#2 Pingback vom 13. März 2015 um 11:45
Einführung ins Urheberrecht - Utopian-Reflections
[…] Allerdings gibt es auch Bereiche, in denen Urheberrechtsverstöße schnell auffallen: Die automatische Youtube Musikerkennung ist ein Beispiel. Und auch nach Versionen des gleichen Bildes lässt sich das Internet mit entsprechender Software automatisiert durchsuchen. Außerdem gibt es auch „Menschen“, die sehr unseriöse Geschäftspraktiken nutzen, und zB. Urheberrechtsverstöße gezielt provozieren, um sich dann durch Abmahnungen zu bereichern. Der Fotograf Dirk Vorderstraße etwa stellt massenweise Creative Commons lizensierte Bilder ins Internet. Es scheint als tue er das, weil er weiß, dass viele Nutzer nicht wissen, wie man diese korrekt einsetzt. Anschließend sucht er nach Verwendungen des Bilds, bei denen der Nutzer Vergessen hat Namen oder CC-Lizenz am Bild anzubringen, und fordert durch Abmahnungen hohe Summen ein. Nach einem Urteil des Berliner Landgerichts von 2010 darf ich die Geschäftspraxis von Dirk Vorderst… […]
#3 Pingback vom 29. November 2015 um 17:39
Kostenlose Bilddatenbanken: Was ist rechtlich zu beachten?
[…] Werken unter Creative Commons Lizenz. (Berichte bei irights, Netzpolitik, NexlevelSEO, Rechtsanwalt Markus Kompa) Es gibt aber zum Glück auch eine gute Nachricht. In einem Urteil stellte das OLG Köln vor kurzem […]
#4 Pingback vom 02. September 2016 um 20:22
Warum die Wikipedia die Creative Commons-Fotos von Thomas Wolf und Dirk Vorderstraße unbedingt behalten sollte » Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
[…] 2014 gab Mitbewerber Herr Dirk Vorderstraße den Berliner Gerichten Gelegenheit, dieses fragwürdigen Geschäftsmodell zu kommentieren, als er einem Blogger die Beschimpfung als […]
#5 Pingback vom 01. März 2017 um 18:15