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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


21. Oktober 2011

Piratenflagge darf wieder im Fenster hängen

Wie hier berichtet, war einer Mieterin von einem TV-bekannten Juristen verboten worden, eine Piratenflagge ins Fenster zu hängen. Das Landgericht Chemnitz kaperte das Urteil, ließ die erstinstanzlichen Richter Kiel holen und den spießigen Kläger über die Planke springen.

Gratulation an die Berufungsführerin, die übrigens mein Blog liest. ;)

GVU freut sich über eine Bewährungsstrafe

Mit diesem unsäglichen Spot terrorisierte die Filmindustrie einst redliche Film- und Videokonsumenten, bevor sie ihre Filme genießen durften. Dem gegenüber zeichneten sich gepflegte „Raubkopien“ dadurch aus, dass sie den Genuss der Filmfreunde nicht mit einem solchen Propaganda-Machwerk trübten.

Heute nun rennt die GVU durchs Dorf und verkündet mit stolz geschwellter Brust – eine gerade einmal zur Bewährung ausgesetzte Strafe, die mit dem dramatisierten Gefängnisspot eher wenig zu tun hat:

Zu einem Jahr Haft hat das Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein einen 42-Jährigen wegen unerlaubter Verwertung und Verbreitung von urheberrechtlich geschützten Werken verurteilt.

Zwei verschiedene Tatbestände wurden dem Angeklagten zur Last gelegt: 1. Das gemeinschaftliche Betreiben eines Trackers und damit der zentralen Organisationseinheit eines BitTorrent-Netzes. 2. Die unerlaubte Vervielfältigung von insgesamt 781 urheberrechtlich geschützten Werken auf DVD und PC, die anlässlich einer Durchsuchung bei dem Mann sichergestellt worden waren. Für Punkt 1 erhielt der Ludwigshafener eine Einzelstrafe von 7 Monaten Gefängnis. Für Punkt 2  hielt das Gericht jeweils fünf Tagessätze zu je 40 Euro pro Titel für tat- und schuldangemessen.

Ein umfassendes Geständnis sowie Reue und Schuldeinsicht des Angeklagten wirkten strafmildernd. Die Strafe des zuvor noch nicht strafrechtlich in Erscheinung Getretenen wurde zur Bewährung ausgesetzt. Das Urteil ist rechtskräftig.

20. Oktober 2011

GVU: Erste Anklage wegen kino.to

Die GVU meldet:

Wegen gewerbsmäßiger Urheberrechtsverletzungen in über einer Million Fälle hat die Generalstaatsanwaltschaft Dresden Anfang dieser Woche Anklage vor der großen Strafkammer beim Landgericht Leipzig gegen den ersten der mutmaßlichen Betreiber von kino.toerhoben. Dem Beschuldigten wird die Mittäterschaft am diesem illegalen Filehoster-Portal-System vorgeworfen.

Die Anklage ist Folge einer internationalen Durchsuchungsaktion gegen kino.to unter der Leitung der Integrierten Ermittlungseinheit Sachsen (INES) am 8. Juni dieses Jahres. In deren Verlauf beschlagnahmten die Beamten die Domain von kino.to sowie die Server mehrerer Streamhoster und verhaftete 13 Personen. Sechs dieser Tatverdächtigen sitzen bis heute in Haft, darunter der nun Angeklagte.

19. Oktober 2011

Geschmacklose Satire zum Bundestrojaner

NDR-Extra3 hat einen Doppelgänger von Uhl in den Bundestag geschickt, der heute eine so unterirdische Rede hielt, dass … Ach ne, sehen Sie sich dieses Dokument selbst an.

18. Oktober 2011

Regensburg Digital erzeugte keine falschen Eindrücke

Man ist nicht nur für eigene Tatsachenbehauptungen verantwortlich und beweispflichtig, sondern auch dann, wenn Leser durch an sich zutreffende Äußerungen einen Eindruck bekommen, also objektiv eine Schlussfolgerung angedeutet wird. Geschickte Anwälte finden in unklaren Äußerungen häufig irgendetwas, das sie missverstehen wollen.

Die Rechtsprechung in Karlsruhe findet zwar auch, dass ein Autor dran ist, wenn er zwar etwas nicht ausdrücklich schreibt, aber andeutet. Allerdings fordert man in Karlsruhe, dass ein solcher falscher Eindruck zwingend erweckt wird.

Die am Dienstag gewonnenen Berufungen von SPIEGEL und Regensburg Digital gegen die Diözese Regensburg, die ich mir live vor Ort angesehen habe, zeigen nahezu schulmäßig, welche Farce am Landgericht Hamburg geboten wird. Das Hanseatische Oberlandesgericht war nämlich der Ansicht, dass die vom Landgericht „ausgemachten“ Eindrücke gar nicht erweckt werden – oder jedenfalls nicht falsch sind.

Ich halte diese Entscheidungen, auch wenn sie nur für den Einzelfall greifen, für sehr wichtig. Es war eine gute Sache, dass die Berufung durchgezogen wurde, was laut Regensburg Digital-Macher Stefan Aigner nur durch Spenden möglich war.

Freunde, das Geld war gut angelegt!

100.000,- Euro Prozess- und Anwaltskosten gegen kritische Blogger

Seit ca. zwei Jahren prozessiert ein inzwischen ehemaliger Leiter einer therapeutischen Einrichtung Drogenkranker gegen kritische Blogbeiträge seiner ehemaligen Klienten und deren Unterstützer. Diese berichteten übereinstimmend Missstände, was dem Manne missfiel. Endlich schien er den richtigen Anwalt gefunden zu haben, der mit aller Härte und Unverhältnismäßigkeit gegen die Blogger – allesamt Hartz 4-Empfänger – vorging, etwa Rentenbezüge pfändete usw.. Der Therapeut hatte es abgelehnt, sich mit den Kritikern inhaltlich auseinanderzusetzen und verprasste stattdessen das Geld seines Arbeitgebers, der sich unter anderem durch Leistungsträger und Spendenvereine wie die „Aktion Mensch“ finanziert.

Der gute Mann hatte sich aber mit den falschen angelegt. Insbesondere meinem hauptsächlichen Mandanten ist die Meinungsfreiheit ein zu wertvolles Gut, als dass dieses kampflos aufgegeben werden könnte. Das hatte er schon den Zeugen Jehovas und der Scientology-Church demonstriert, und auch der wunderliche Therapeut, der übrigens allen Ernstes auch die Energiefeldtechnik propagiert und der Anthroposophie zugetan ist, wird meinen Mandanten nicht beirren. In der Presse stand nun zu lesen, dass unsere Gegenwehr die Kosten auf etwa 100.000,- Euro hochgetrieben hat. Schön, wenn man hört, dass die Arbeit gewürdigt wird! ;) Als Ertrag für seine Investition bekam der klagewütige Therapeut im wesentlichen nur den Streisand-Effekt.

Wie ein Therapeut seine Ex-Klienten, die ja drogengefährdet sind, dermaßen unter Druck setzen kann, will mir nicht in den Kopf. Seine kostspielige Prozessfreudigkeit wird demnächst vor dem Arbeitsgericht eine Rolle spielen, denn die neue Leitung seiner Einrichtung hat sich von der Spitzenkraft getrennt. Auch den Anwalt hat der der Energiefeld-Meister gewechselt und lässt sich nun dort bedienen, wo man auch das Persönlichkeitsrecht von Dr. Nikolaus Klehr und Ulrich Marseille pflegt. Ob es hilft?

17. Oktober 2011

50 Jahre Massaker von Paris

Während sich am Wochenende die Occupy-Demonstranten darüber ärgerten, dass die Polizei sie aus der Berliner Bannmeile vertrieben, hatten genau vor 50 Jahren freiheitsliebende Demonstranten in Paris ein ungleich existenzielleres Problem: Menschen, welche die Folter und Morde im französischen Algerienkrieg, der Mitte der 50er Jahre eskaliert war, für kritikwürdig befanden, hatten am 17. Oktober 1961 in Paris demonstriert. Polizeichef Maurice Papon, der schon zu Vichy-Zeiten mit den Nazis kolaborierte und etliche Juden nach Auschwitz geschickt hatte, ließ in die Menge feuern. Leichen kippte man einfach in die Seine. Die genaue Zahl der Todesopfer der Demo ist bis heute unbekannt. Manche schätzen sie auf um die 200.

Trotz dieser Opfer ist das „Massaker von Paris“ erstaunlich un bekannt, in Frankreich sogar ein Tabu-Thema. Schade, wenn von der Pressefreiheit so wenig Gebrauch gemacht wird. Wenigstens bekam Papon eines Tages noch seinen verdienten Prozess wegen der Kolaboration.

Mit dem Algerienkrieg hate ich mich neulich beschäftigt, weil ein deutscher Geheimagent darin eine nicht unbedeutende Rolle spielte.

15. Oktober 2011

Tödliche Tricks

DER SPIEGEL bringt derzeit die wohl bizarrste Geschichte aus der Frühzeit der CIA, nämlich die Indienstnahme des damals gefeierten US-Zauberkünstlers John Mulholland, dessen Anleitungsbuch für tödliche Tricks Jahrzehnte später ruchbar wurde, jedoch bis vor zwei Jahren als Urban Legend galt.

Was der SPIEGEL diese Woche bringt, konnten TELEPOLIS-Leser aus berufener Feder bereits vor knapp zwei Jahren nachlesen … ;-)

(Als ich mich mit der Mulholland-Story vor ca. 10 Jahren das erste Mal befasste, war dies übrigens der Beginn meiner Faszination für die Welt der Geheimdienste.)

13. Oktober 2011

Einen Schritt voraus: Tanzschritte und das Urheberrecht

Die Künstlerin Beyoncé  hatte sich dem Vorbild der Choreographin Anne Teresa De Keersmaeker, wie man so schön sagt, „mit großem Respekt genähert“ – auf deutsch: sie hat geklaut!

Der Fall gibt Anlass, kurz zur Frage der Einstufung einer Schöpfung als urheberrechtsfähigem Werk zu dozieren: Sind einzelne Tanzschritte urheberrechtsschutzfähig? Klare Antwort: Nein. Denn wenn man auf jedes einzelne Element ein „Copyright“ bekäme, würde man in inflationärem Maße Monopole schaffen. Kein Tänzer könnte mehr eine Choreographie aufführen, ohne vorher nach Gemeinfreiheit zu recherchieren. Zudem würde man den (im wahrsten Sinne des Wortes) Fortschritt in der Tanzkunst behindern.

Anders sieht es hingegen aus, wenn man ganze Choreographien sklavisch nachahmt, und derartiges wird Beyoncé vorgeworfen. Ab wann das Ausmaß nicht mehr feierlich ist, haben im Einzelfall Gerichte wertend zu beurteilen. Vorliegend wird wohl kein deutsches Gericht zuständig werden.

Zum Thema Urheberschaft von Tanzschritten hier ein beeindruckendes Video zum Moonwalk (den ich in meinen besten Zeiten mal drauf hatte …)

12. Oktober 2011

Amerell: ungenaue Eigenberichtserstattung des DFB bleibt untersagt

Das Landgericht München I hat Herrn Amerell gegen den DFB Recht gegeben, derzufolge dieser sich seiner Siege nicht so brüsten darf, wie er es tat. Die Erfolge des DFB bezogen sich wohl auf Zivilverfahren, während es ja durchaus noch die Sportgerichte gibt. Ein Zivilverfahren ist demnach ja wohl zugunsten von Amerell ausgegangen.

Die eigene Wahrnehmung von juristischen Erfolgen geht immer mal wieder schief. Derzeit habe ich mit einem Quacksalber zu tun, der meinem Mandanten Gerichtsberichterstattung über ihn beim Landgericht Hamburg untersagte und dann selber bloggte:

„Wir haben rechtliche Schritte gegen die Autoren des Cyber-Stalkings eingeleitet und alle Verfahren vor den entsprechenden Instanzen eindeutig gewonnen. Die Gerichte haben unsere Rechtsposition und die Rechtmäßigkeit unseres Handelns eindeutig und klar bestätigt.“

Hatten die aber nicht. Im Gegenteil hatte sich der Wind gedreht. Daraufhin hat mein Mandant plötzlich ganz schnell sein eigenes Persönlichkeitsrecht entdeckt und das Landgericht Hamburg bemüht …