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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


25. Januar 2011

OLG Köln: Nümann unterliegt gegen Heise

Der Kollege Nümann von der Kanzlei Nümann und Lang, welche sich um das Urheberrecht gegen die bösen Filesharer verdient macht, hatte sich in erster Instanz erfolgreich gegen einen Artikel gewehrt, in dem u.a. auch sein Namen erwähnt wurde. Dem Landgericht Köln hatte er auf die Nase gebunden, dass schändliche Überlegungen zu Massenabmahnern mit ihm verbunden würden. Das sah das OLG Köln anders. Nümann ist nicht der erste Massenabmahner, der an einer Einzelabmahnung gescheitert ist … ;-)

Wikipedia offline – nicht geheime Briefwahl ist doof

Etwa einmal im Jahr entsteigen die Wikipedia-Krieger ihrer digitalen Matrix und materialisieren sich in der realen Welt, um sich bei der Hauptversammlung des Vereins „Wikimedia Deutschland e.V.“ in Berlin gegenseitig zu zerfleischen.

Während es die Wiki-Mächtigen im Vorfeld der MV gegenüber kritischen Anträgen mit Förmlichkeiten und angeblichem Datenschutz sehr genau nahmen, ließ man es umgekehrt eher lax angehen. So kam es nicht nur bei der Versendung von Wahlunterlagen zu eigenartigen Pannen, sondern auch bei der Wahl selber: Der mit 17 bezahlten Angestellten ausgestattete Verein, der in neureicher Manie etliche seiner Schritte seit Jahren mit einer großen Berliner Anwaltskanzlei eng abstimmt, war nicht in der Lage, eine brauchbare Briefwahl durchzuführen.

Wahlen unterliegen aus gutem Grund strengen Formvorschriften: Durch die Formstrenge soll die Autorität einer authentischen Wahl garantiert werden. Zudem kommen Manipulationen bei Wahlen häufiger vor, als man in zivilisierten Gefilden annehmen sollte. Daher gibt es Wahlrechtsgrundsätze. Im Zweifel ist eine formwidrige Stimme als ungültig anzusehen.

Die Wahlordnung von Wikimedia sieht zwei antagonistische Wahlformen vor: offene und geheime Abstimmungen. Da die Wahl offensichtlich nicht offen war, sollte sie logischerweise geheim sein. Aus dem Wahlgeheimnis folgt, dass dieses auch kein Wähler eigenmächtig unterlaufen darf, damit kein psychischer Druck entsteht, sich zur Wahl bekennen zu müssen.

Wie man eine Briefwahl zünftig gebacken kriegt, hätte Wikimedia locker in der Wikipedia nachlesen können. Oder in § 75 Bundeswahlordnung, wo erklärt wird, dass

  • sowohl der Wahlbrief (äußerer, postalischer Umschlag)
  • als auch der Stimmzettelumschlag (innerer Umschlag mit Stimmzettel)

von den entsprechenden Wahlvorständen geöffnet werden – und von niemandem sonst.

Die Authentizität (Unmittelbarkeitsgrundsatz) einer Briefwahl ist nur dann gewährleistet, wenn ersichtlich der Umschlag des Wählers mit dem Stimmzettel seinen Weg in die Wahlurne findet. Das Wahlgeheimnis ist nur dann gewährleistet, wenn die Wahl hierdurch anonymisiert wird. Daraus folgt, dass der Wahlbrief, der den Wahlschein und den Stimmzettelumschlag enthält, nur vom Wahlvorstand geöffnet werden darf. Briefwahlen sind übrigens auch durch das Postgeheimnis geschützt.

Bei der Schicksalswahl der Wiki-Warriors, in der es um u.a. ein Misstrauensvotum sowie das Generieren von lukrativen Pöstchen (hauptamtlicher Vorstand mit bis zu 5 Jahren Amtsdauer!) ging, wurden die Wahlumschläge seltsamerweise vor der Hauptversammlung durch die Geschäftsstelle geöffnet.

Mir wurden die Briefwahlunterlagen von Pavel Richter übergeben. Ich habe die verschlossene Stimmzettel erhalten, und ein Ordner mit den geprüften Wahlscheine.

WiseWoman

  1. Damit ist es der Mitgliederversammlung unmöglich geworden, zu beurteilen, ob der beigefügte Stimmzettelumschlag tatsächlich vom Absender stammte.
  2. Sofern der Stimmzettelumschlag nicht zugeklebt war, wäre eine Kenntnisnahme möglich und daher das Wahlgeheimnis verletzt worden.

Ob eine Manipulation oder Kenntnisnahme tatsächlich erfolgte, ist irrelevant, denn der Formfehler schließt eine nachprüfbare Authentizität der Wahl sowie das zu garantierende Wahlgeheimnis aus.

Sofern die Behauptung zutreffen sollte, man habe es in den Vorjahren genauso gemacht, dann macht es das nicht besser.

Doch haben wir noch einige schöne Einzelfälle:

Martin Zeise, der wie WiseWoman auszählte als ein Versammlungsleiter fungierte, schreibt:

Da gab es einerseits einen vor Ort vorhandenen Briefumschlag, der drei Stimmumschläge enthielt und (weil äußerlich nicht als Briefwahl erkennbar) bereits geöffnet war.

Das hört sich aber verdammt nach drei ungültigen Stimmen an …

Weiterhin gab es fünf Briefe, die keinen Wahlschein enthielten..

Na sowas …?! Es wäre interessant, zu erfahren, ob das Umschläge von den 66 Kritikern waren, welche die außerordentliche MV erzwungen hatten.

Bei zwei Briefen war durch die Angabe eines Absenders eine solche Zuordnung möglich (die eingelegten Stimmumschläge waren verschlossen)

Damit waren die Stimmzettel nicht mehr anonymisiert, da diese nach dem Urnengang dem Absender zugeordnet werden konnten. Sie wurden trotzdem als gültig bewertet.

Der „Wahlexpertin“ WiseWoman“ aber sollte irgendjemand mal den Unterschied zwischen Rechtsanwalt und Notar erklären.

Für den Misstrauensantrag fanden nur 58 als gültig bewertete Stimmen ihren Weg in die Wahlurne. Erstaunlich, denn immerhin hatten sich vorher 66 Mitglieder namentlich dazu bekannt, indem sie die außerordentliche Hauptversammlung erzwangen. Die seltsamen Vorfälle werden im offiziellen Wikimediablog in einer Rhetorik marginalisiert, die erstaunlich an die gute, alte DDR erinnert. Besonders gut gefällt mir die Stelle:

Der Rechtsanwalt war die ganze Zeit anwesend, es war ja eine offene Auszählung. Er wurde vor allem gebraucht, als nachgerechnet werden musste, ob der zweite Antrag – die von Sebastian Moleski eingebrachte Satzungsänderung – nun erfolgreich war oder nicht, weil ganz genau in der Wahlordnung nachgeschaut werden musste, wie Enthaltungen zu zählen sind.

Das steht doch in der Wikipedia … ;-)

Die Abstimmung leidet an einem schwerwiegenden Formfehler. Irrelevant ist die Frage, ob über die Möglichkeit der Manipulation hinaus ein entsprechender Verdacht besteht. Führt man sich die Tendenz des Wikimedia-Vorstands vor Augen, hinter dem Rücken der Vereinsöffentlichkeit zu konspirieren und bezahlte Vorstandspöstchen zu backen, so wäre es manchem wohl lieber, wenn die Wahlbriefe künftig von einem Notar verwaltet würden.

(Der Autor ist Mitglied im Schiedsgericht eines großen deutschen Vereins.)

Bitte beachten Sie unsere Hinweise zu Rechtsthemen!

24. Januar 2011

Wie schmierige Millionäre Rechtsanwälte mit Selbstachtung akquirieren

Vielleicht so …?

22. Januar 2011

Schweigt DER SPIEGEL über „Schweigeabkommen“?

Niemand auf der Welt verfügt über mehr Erfahrung mit Zensur als die Katholische Kirche. Besonders in der Dösese Regensburg scheint man sich mehr um lästernde Worte als um lüsternde Prediger zu sorgen.

Nun hat das Landgericht Hamburg dem SPIEGEL erstinstanzlich verboten, von angeblichen „Schweigeverträgen“ zu schreiben: So ist dem Nachrichtenmagazin verboten,

die Berichterstattung in der bisherigen Form nicht weiter verbreiten. Der Grund hierfür liegt darin, dass nicht fest steht, ob die Vorwürfe tatsächlich zutreffen. Derjenige, der Behauptungen aufstellt, die geeignet sind, einen anderen in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen, muss im Streitfall die Richtigkeit seiner Behauptung beweisen. Dieser Nachweis ist den Beklagten nicht gelungen.

weiß der Pressetext des Landgerichts Hamburg, wie in Regensburg Digital wiedergibt.

Erfolglos blieb die Klage, soweit sie sich gegen die in der Berichterstattung enthaltene Äußerung richtete, die Familie habe eine “Schweigevereinbarung” unterzeichnet. Bei dieser Formulierung handelt es sich um eine zulässige Bewertung der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung. Ein Bezug zwischen der Schweigeabrede und der Schmerzensgeldzahlung wird durch die verwendete Formulierung nicht hergestellt.

21. Januar 2011

Gaby Weber ./. BND (Fortsetzung)

Ich war vorletztes Jahr Zaungast beim Prozess der investigativen Journalistin Gaby Weber gegen den Bundesnachrichtendienst (BND) wegen der Eichmann-Akten. Die Schlapphüte wehrten sich nach allen Regeln der Kunst, gaben irreparable Nachteile für Deutschland bei Aktenfreigabe usw. zum Besten. Nachdem sie den langwierigen Prozess gegen Widerstände aus BND und Bundeskanzleramt gewonnen hatte, legte der BND dem Bundesarchiv ein Dokument über eine „Notvernichtungshandlung“ vor. Ein interessantes Wort für Zensur.

Im Bundestag gab es zu Eichmann diese Woche eine spontane aktuelle Stunde.

Die Akte Gysi

Obwohl Gysi an der gestern gesendeten Doku noch kurzfristig hatte schnippeln lassen, ist der Indizienring erdrückend. Die Anzahl an Ex-Mandanten, die ihn für einen Verräter hielten und halten, lässt sich schwer ignorieren. Gysis Standard-Einlassung, er sei abgehört worden oder man habe in seiner Kanzlei spioniert, ist schwer nachvollziehbar. Wenn Gysi Zeit für Unterhaltungssendungen hat, wieso nicht für ein Interview für eine NDR-Doku?

BGH: Madeleine von Schweden erhält 400.000,- Euro

Während sich Familienministerin Schröder auf ihr erstes Bundesbaby freut, ziert sich der schwedische Hochadel und meidet sogar Scheinschwangerschaften. So hatte ein Fachorgan des Klambt-Verlags („Frau mit Herz“, „Welt der Fau“, „Frau mit Hirn“) von einer Schwangerschaft berichtet, von der die Glückliche nichts wusste, und damit offenbar viele Leserinnen von Klatschmagazinen glücklich gemacht. Und so etwas ist ja auch sehr, sehr schlimm, weshalb ein Prinz aus Hamburg 850.000,- Euro für die bedürftige Schwedin verlangte. Bekommen haben Hoheit nun 400.000,- Euro.

Vergleicht man den Schmerz, den eine vergewaltigte Frau hat, mit dem „Schmerz“, den eine Hochwohlgeborene hat, wenn dröge Hausfrauen eine Falschmeldung über eine Schwangerschaft lesen, und vergleicht man dann die Größenordnung des Schmerzensgeldes bzw. der Geldentschädigung, dann kann man eigentlich nur noch den Kopf schütteln.

Andererseits: Das schwedische Königshaus hat in letzter Zeit genug geliefert, um die Bedürfnisse der Boulevardpresse zu befriedigen … ;-)

20. Januar 2011

Vodaphone! Wir haben gerade ein Problem zusammen!

Nein, Vodaphone, ich bin nicht willens, euch anzurufen. Ihr ruft bitte mich an und klärt eure Fehler selber. Und bevor ihr mich das nächste mal ärgert, schaut euch gut das obige Video an … ;-)

Maschis Kumpel unterliegt in Ausgburg

Über den Streit von AWD-Chef Maschmeyer wurde hier häufig berichtet.

Nun hat es jemand am Landgericht Augsburg versucht, der Maschmeyer beim Betreten einer Gala „Ein Herz für Kinder“ begleitet hatte. Die Augsburger Allgemeine weiß:

Die 5. Zivilkammer unter Vorsitz von Landgerichtspräsident Herbert Veh lehnte am Donnerstag den Antrag ab. Das Landgericht sah den Begleiter Maschmeyers durch die Berichterstattung der ARD in seinem Recht am eigenen Bild und damit in seinem Persönlichkeitsrecht nicht verletzt. So stelle sich die beanstandete Berichterstattung nach Auffassung des Landgerichts als Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte dar. Konkret sei der Antragsteller als relative Person der Zeitgeschichte zu qualifizieren, weil er Maschmeyer bei der ZDF-Spendengala –  einem Ereignis der Zeitgeschichte – begleitet hatte.

Lassen wir einmal dahingestellt, ob es den Begriff der „Relativen Person der Zeitgeschichte“ wirklich noch gibt – wenn sich der Mann in der ZDF-Show nicht geziert hat, dann sollte ihm die NDR-Zweitverwertung recht sein. Echte Freunde stehen doch zusammen, auch wenn es mal regnet! Gell, Maschi?

Ankündigungstext für NDR-Doku „Die Akte Gysi“ stellenweise verboten

Mit 25 % seiner Verbotswünsche kam der ehemalige Rechtsanwalt Dr. Gregor Gysi beim Landgericht Hamburg durch. Die Doku heute wird jedoch wohl laufen …

UPDATE: So kommentiert DIE LINKE.

UPDATE: Die FAZ weiß, was fehlt:

Der NDR dürfe nun unter anderem nicht mehr behaupten, dass Gysi die Staatsräson oft wichtiger gewesen sei als das Schicksal seiner Mandanten.