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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


17. Januar 2010

Wikileaks verlängern erneut ihre Pause

Bei meinem Berlin-Besuch letzte Woche traf ich mal wieder Aktivisten des Enthüllungsportals Wikileaks, deren Arbeit man nicht hoch genug schätzen kann. Derzeit suchen sie nach Geldgebern, wobei sie einen jährlichen Etat von 600.000,- $ finanzieren müssen. Damit die zahlreichen Nutzer den Wert des vorgehaltenen Contents besser zu schätzen wissen, ist die Website während der Spendenaktion abgeschaltet. Die Freigabe wurde nun erneut verschoben, diesmal auf den 18.01.2009. Wenn Sie mal Geld wirklich sinnvoll anlegen wollen und ihnen an der politischen Zukunft etwas liegt, dann wäre das vielleicht was für sie. Wenn sich jeden Tag 70.000,- Euro zur Erhaltung des Kölner Doms finden, dann müsste in einem globalen Fundraising doch mehr drin sein als die bisherigen 200.000,- Euro.

We have received hundreds of thousands of pages from corrupt banks, the US detainee system, the Iraq war, China, the UN and many others that we do not currently have the resources to release. You can change that and by doing so, change the world. Even $10 will pay to put one of these reports into another ten thousand hands and $1000, a million.

Das oben verlinkte Video entstand beim Jahreskongress des CCC. Der Vortrag endete mit einer standing ovation.

16. Januar 2010

Wedel macht den Bohlen

Filmemacher Dieter Wedel hat seine Memoiren geschrieben – und dabei eine frühere Beziehung zu Hannelore Elsner verwertet. Wie schon bei Woody Allen, Diether Bohlen und dem Typ, der Esra liebte, werden sich Gerichte über die Grenzen zwischen Persönlichkeitsrecht und Kunstfreiheit Gedanken machen.

Eine einstweilige Verfügung gegen die BILD-Zeitung, welche einen Vorabdruck bringen wollte, ist bereits erlassen worden, auch sind Teile des Buches verboten worden. Während das Verbieten von Kolportagen aus dem Intimbereich keine Kunst ist, darf man gespannt sein, wie erfolgreich Elsners weitere Forderung auf Geldersatz („Schmerzensgeld“) ausgeht.

Ruhrbarone und Wegelagerer

Wie berichtet, waren die Ruhrbarone von einer Fotografin angegangen worden, welche vor Jahren Sara Wagenknecht abgelichtet hatte und sich nicht erinnern konnte, den Ruhrbaronen ein entsprechendes Nutzungsrecht eingeräumt zu haben. Die Ruhrbarone argumentierten mit dem nachvollziehbaren Rechtsempfinden, das Portrait sei von Frau Wagenknecht etliche Jahre zum Download bereitgestellt worden, eine journalistische Nutzung des Pressefotos sei daher legitim.

Grundsatz: kein gutgläubiger Erwerb von Rechten

Während Frau Wagenknecht als öffentliche Person journalistische Auswertung ihres Bildnisses hinnehmen muss, behält die Urheberin (Helga Paris) der konkreten Fotografie grundsätzlich ihre Rechte. Sie kann die Nutzungsrechte an ihrem Werk ihrer Kundin Wagenknecht in der Weise einräumen, dass diese wiederum dann Dritten Nutzungsrechte einräumt. Das ist ja auch der Sinn von PR-Material. Das Problem am durch Zwischenpersonen vermittelten Rechtserwerb ist, dass nur tatsächlich bestehende Rechte übertragen werden können.

Anders als etwa bei beweglichen Sachen wird der Glaube des Erwerbers an das Eigentum des Veräußerers nicht geschützt.

Grundsatz: Keine Rechtsscheinsprivilege im Urheberrecht

Auch der Rechtsgedanke der Duldungs- oder Anscheinsvollmacht ist nicht ohne weiteres übertragbar.

Im dem Urheberrecht verwandten Markenrecht sieht es anders: eine erworbene Marke muss man pflegen. Marken können wegen Nichtgebrauchs gelöscht werden. Der Industrie obliegen sogar gewisse Marktbeobachtungspflichten, um Verwässerung der Marke etc. frühzeitig zu begegnen. Marken können sogar gegenstandslos werden, wenn sie zum allgemeinen Sprachgebrauch aufsteigen, etwa Vaseline.

Im Urheberrecht jedoch treffen solche Pflichten einen Künstler grundsätzlich nicht. Es ist auch prinzipiell seine Sache, wann er gegen wen seine Rechte geltend macht.

Korrektiv: Rechtsschutzbedürfnis

Für Fälle, die zwar den Buchstaben des Gesetzes entsprechen, auf der Wertungsebene aber aufgrund des unschlüssigen Verhaltens des Klägers Bauchschmerzen bereitet, hat die Rechtsprechung als letzten Notnagel das weitgehend ungeschriebene Erfordernis eines Rechtsschutzbedürfnisses entwickelt. Wir befinden uns hier eher in der Abteilung „Gnade vor Recht“.

Das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg folgte der Argumentation, dass es sich die Künstlerin entgegenhalten lassen muss, jahrelang die Verbreitung des Bildes toleriert zu haben. Sie kann daher heute nicht mehr wie der Geist der vergangenen Weihnacht jedem Verbreiter hinterhersteigen und Nutzungshonorare schinden.

Dies ist eine Wertungsentscheidung, die andere Gerichte auch anders hätten sehen können. Ich habe von einem Gericht im Raum Norddeutschland gehört, bei dem man auf der Ebene des Rechtsschutzbedürfnisses die Beklagten allenfalls aus Höflichkeit ausreden lässt, sich jedoch einen Dreck um die Praktikabilität unverschämter Ansprüche schert.

Fürs Protokoll: Hier handelt es sich um eine spezielle Fallgestaltung. Die prozessuale Enthaltsamkeit der Urheberin hat insbesondere auch nichts mit Verjährung oder ähnlichem zu tun. Die Rechtsauffassung, man könne Pressefotos einfach so übernehmen, ist nicht zur Nachahmung empfohlen. Oft sind die Rechte nur für einen bestimmten Zeitraum oder eine bestimmte Nutzung frei.

Standeswidriger Ruhrbaron

Seiner Durchlaucht Ruhrbaron David Schraven scheinen ihr prozessualer Erfolg zu Kopf gestiegen zu sein, weshalb Schraven nicht die dem Adel obliegende vornehme Zurückhaltung wahrt. So fand er es geziemend, mich aufgrund meiner ad hoc-Einschätzung öffentlich zu bashen. Da er hierzu sogar eine religiöse Formulierung verwendet hat, fällt sein Missgriff nicht nur unter die freie Meinungsäußerung, sondern auch unter Religionsfreiheit.

Sofern der Eindruck entstanden sein sollte, ich stünde auf der Seite gewisser „Abmahnanwälte“ und Gebührenschinder, nur weil ich eine unsichere Rechtsposition als solche darstelle, sei kundgetan, dass ich Mitglied und Rechtsberater der Piratenpartei NRW bin. Wir arbeiten daran, Missbrauch von Urheberrecht einzudämmen.

15. Januar 2010

Gastgeschenk für Kai Diekmann

Ich komme gerade von meinem Praktikum bei der BILD-Zeitung, zu dem mich unser lieber Blogger-Kollege Kai Diekmann eingeladen hatte. Gemeinsam fachsimpelten wir über die juristischen Nöte, die so ein Blog mit sich bringt. Inzwischen hat er ja einen Counter für juristische Kosten eingerichtet, dessen Größenordnung mich an meinen ersten Blog-Fall erinnert.

Vor der Teilnahme an der Redaktionskonferenz wollte er zur Sicherung des Redaktionsgeheimnisses mit der Investition von 10 Cent ein Anwaltsverhältnis begründen, doch ich verkaufte mich nicht unter Wert und nahm 50 Cent.

Später traf ich dann im Journalisten-Club meinen Kollegen Soehring zum Fachsimpeln. Ein andermal mehr zu diesem wirklich abgefahrenen Tag.

Als Gast wollte auch ich mich nicht lumpen lassen und beschenkte Kai Diekmann mit einem Platz auf meiner Blogroll. Alle mit „Anwalts Liebling“ getagten Postings können dort übersichtlich eingesehen werden und dem Forschenden in Sachen Medienrecht Anschauungsmaterial bieten.

Um nicht dem Vorwurf einseitiger Vereinnahmung ausgesetzt zu sein, schreibe ich diese Zeilen aus dem benachbarten TAZ-Cafe! ;-)

Bild: Künstler unbekannt, geklaut bei Kai Diekmanns Fan-Shop, Grüße an die Rechtsabteilung!
14. Januar 2010

Seltsames Erlebnis in Berlin

Berlin Innenstadt. Aus einem am Straßenrand parkenden Auto ruft mich jemand heran, mit einem Stadtplan gestikulierend. Ich trete durch den kleinen Schneeberg heran, eigentlich nur, um dem Mann auf dem Beifahrersitz höflich zu sagen, dass ich selbst fremd hier sei.

Der gut gekleidete Italiener in einem durchaus vorzeigbaren Auto will jedoch nur ungefähr wissen, wie man auf die Autobahn findet und verwickelt mich in ein Gespräch. Er und sein Kumpel wollten zum Gardasee, da müsse er wohl nach Süden. Er macht mir plötzlich Komplimente, ich sei ein netter Mann, fragt, ob ich Italien möge. Klar, jeder Deutsche mag irgendwie Italien. Er wolle mir ein Geschenk machen. Ich werde stutzig. Ist das eine Guerilla-Werbeaktion? Ist das ein Test? Versteckte Kamera?

Er zeigt mir einen Kleidersack einer bekannten italienischen Marke, der zwei italienische Anzüge enthält, sowie Hemden (nur knapp zu groß), Gürtel und Krawatten. Er wolle sie mir schenken, das sei eine Art Werbung, er arbeite hier im [bekanntes Kaufhaus]. Er reicht mir den Kleidersack durch das Autofenster, die seien über 3.000,- Euro wert. Ich lehne mehrfach ab, aber er insistiert, bis ich das Zeug schließlich in Händen halte und überlege, ob die Anzüge sitzen würden (ich trage eigentlich nur Maßanzüge). Ist der Typ ein verrückter Millionär, der einen guten Tag hat? (more…)

13. Januar 2010

Hamburger Bräuche: BGH stellt Gebührenschinden mit Schubladenverfügung ab!

Während man den perfiden Taschenspielertrick „Schubladenverfügung“ andernorts schon immer für eine Unsitte hielt, hat man am Landgericht Hamburg ein großes Herz für kackendreiste Abmahner. Entsprechend servile Anwälte pflegen auf diese Weise ihre Opfer reinzulegen und abzukassieren. Diese Frechheit hat BGH nun um das Gebührenschinden entschärft, worauf der Kollege Stadler hinweist.

Normalfall

Normalerweise kriegt man zuerst eine Abmahnung, die man anerkennen kann, oder nicht. Der nächste Angriffsschritt wäre nun ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung.

Abwehrstrategie: Schutzschrift

Aufgeweckte Anwälte nehmen jedoch Abmahnungen zum Anlass, bei Gerichten Schutzschriften zu hinterlegen, die vor Erlass einer einstweiligen Verfügung berücksichtigt werden müssen. Oft muss sogar vorher eine mündliche Verhandlung stattfinden.

Abwehrstrategie: Sofortiges Anerkenntnis

Hätte der Abmahner ganz auf eine Abmahnung verzichtet, könnte man bei Eintreffen einer einstweiligen Verfügung diese sofort anerkennen, mit der Folge, dass nach § 93 ZPO der Angreifer auf seinen Kosten sitzen bleibt.

Schubladen-Verfügung

Anwälte wie mein geschätzter Hamburger Kollege Dr. M. sind sich jedoch nicht zu schade, absichtlich auf die Abmahnung zu verzichten, um auf diese Weise ihre Opfer von der Hinterlegung einer Schutzschrift abzuhalten. Ohne, dass das Opfer die geringste Ahnung hat, wird hinter dessen Rücken an Hamburger Gerichten einstweilige Verfügungen ertrotzt, ggf. sogar über die Instanzen.

Schutzschrift unterlaufen

Die so erschundene einstweilige Verfügung stellt man jedoch nicht zu, sondern übersendet heuchelnd dem Opfer eine Abmahnung, in der man etliche Unterlassungsansprüche fordert, darunter auch den bereits gerichtlich festgestellte. Nicht nur, dass die Sache hierdurch absichtlich unübersichtlich wird, man beraubt das Opfer auch der Möglichkeit einer Schutzschrift, die dann nämlich ins Leere gehen würde – die eV ist ja schon in der Welt, nur weiß das das Opfer davon nichts.

Anerkenntnis unterlaufen

Anschließend wird dann die einstweilige Verfügung zugestellt. Hat nun ein Opfer die Abmahnung nicht anerkannt, etwa weil man sich etwas von der Schutzschrift erhoffte, so wurde es nunmehr auch der Möglichkeit des sofortigen Anerkenntnisses beraubt. Denn, so die Logik der lieben Hamburger Richter, wer eine nachträgliche Abmahnung nicht anerkennt, der hätte das wohl auch vorher nicht getan. Spekulativ, aber so ist das in Hamburg nun mal.

Keine Abmahnkosten mehr

So kann es passieren, dass man plötzlich auf den Kosten eines über mehrere Instanzen geführten Verfahrens sitzt, von dem man nie etwas gehört hatte. Und damit nicht genug: Der feiste Abmahner will auch noch Geld für seine „vorgerichtliche“ Abmahnung sehen.

Doch von „vorgerichtlicher“ Tätigkeit wird man bei nachgerichtlicher Abmahnung nicht sprechen können. So war schon immer meine Meinung.

Und wieder bröckelt ein Stück weit Hamburger Landrecht. Arme Kollegen … ;-)

Verfahren gegen David Copperfield eingestellt

Wie würde es mein Blogger-Kollege Kai in seinem Nebenjob als BILD-Macher formulieren:

Als der Star-Magier David Copperfield eine junge Frau für ein paar Tage auf seine Paradis-Insel Copperfield Bay einlud, war kaum zu erwarten, dass er ihr nur Zaubertricks zeigen würde. Dann kamen seltsame Vorwürfe über Zudringlichkeiten und Freiheitsberaubung. Letzteres ist auf einer Insel allerdings schon seltsamer Vorwurf … Die Frau wollte Geld und machte ihre Drohung war, an die Öffentlichkeit zu gehen.

Nunmehr wurde bekannt, dass die Unschuld vom Lande tatsächlich eine Prostituierte war, die wohl das Geschäft ihres Lebens gewittert hatte. Da hatte sie ein bisschen geflunkert. Das Verfahren gegen Copperfield wurde nunmehr eingestellt. Nun hat die Dame ein gewisses Problem.

In der Presse war Copperfield jedoch jahrelang geschlachtet worden.

Nunmehr kann man sich wieder besser denn je mit ihm sehen lassen …

12. Januar 2010

„Die Wahrheit der Lüge“ soll verboten werden

Bereits mit einer einstweiligen Verfügung war das Enthüllungsbuch eines Ex-Polizisten im Fall Maggie bedacht worden. Sein Verdacht, dass es nie eine Entführung gegeben hat, steht nun in Lissabon vor Gericht. Man will ihn wegen Verleumdung strafrechtlich belangen sowie Schadensersatz. Der Autor hatte immerhin ganz gut verdient, da will man was von ab.

Springer-Tribunal

Der Axel Springer-Verlag kündigt an, sein Archiv über die Zeit der 68er Bewegung ins Internet stellen. Wie Heise kommentiert, war schon vergangenes Jahr der Versuch gescheitert, das legendäre Springer Tribunal neu aufzulegen. Vielleicht wurde das Revival ja aber auch nur einfach vertagt, wie das beim Original vor 40 Jahren gewesen war.

Ich für meinen Teil, werde mich demnächst mal ganz friedlich im Axel Springer-Haus einfinden, wo ich der freundlichen Einladung eines liebgewonnenen Berliner Bloggerkollegen folgen werde.

Der unberührbare Busen der RTL-Chefin

Gerade ist Stefan Niggemeier wieder heftig am Schimpfen. Der war vor ein paar Jahren von RTL unter Anklang rechtlicher Konsequenzen gebeten worden, einen Screen-Shot zu entfernen, der RTL-Chefin Dr. Schäfferkordt im Kampf mit einem ungünstig sitzenden Textil zeigte. Die Dame gibt in Interviews ja zum Besten, sie sei schüchtern.

Nun kritisiert Niggemeier den RTL-Voyeurismus bzgl. eines 18jährigen Barden, der sich vor dem Sängerwettstreit auf der Toilette „beim Abtropfen“  nicht die erforderliche Ruhe gegönnt hatte, woraus ein Fleck auf der Hose resultierte. Da sich der Barde nicht in zivilisierter Umgebung befand, wo man derartiges wie Gentlemen übersehen hätte, sondern einem RTLümmel gegenüber saß, wurde er durch den Fernsehwolf gedreht. Medienunerfahrene Zuschauer dürfen bloßgestellt werden, die hieran gut verdienende Chefin hingegen hat Anspruch auf eine Glasglocke – sie gebietet ja einer ganzen Rechtsabteilung, die wiederum teuerste Anwälte dirigiert.

Alte Geschichten

Ach, die Frau Anke Schäfferkordt! Vier Jahre ist es jetzt schon her, als ich die persönlich geladene RTL-Chefin am Oberlandesgericht Köln empfangen wollte. Sie hat einfach gekniffen und kam nicht, so dass auch ich keine Expertise über deren Oberweite erstellen kann. Manche sind halt gleicher. Doch ihre Jungs fürs Grobe kamen – und vielen auf die Schnauze. Auch in Köln wird nur mit Wasser gekocht! ;-) (more…)