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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


17. November 2010

Juraforum Münster u.a. zu Wirtschaftskriminalität

Gestern ging das Juraforum Münster im hiesigen Schloss über die Bühne. Diese Tagung wird ehrenamtlich von Studierenden jeweils zu juristischen Schwerpunkten gestaltet, zu denen hochkarätige Referenten eingeladen werden – diesmal zum Thema Wirtschaft und Recht, wobei ein Panel Wirtschaftskriminalität beleuchtete.

Schlossherrin Prof. Ursula Nelles, selbst eine Kapazität für Wirtschaftsstrafrecht, begrüßte bei der Eröffnungsveranstaltung die Gäste. Was diese Gäste und Schirmherren betrifft, so kennen die sich mit Wirtschaftskriminalität aus, so etwa der Bischof von Münster, der die kriminellste Organisation vertritt, welche dieser Planet je gesehen hat, vgl. Deschner: „Kriminalgeschichte des Christentums“, Band 1-10.

So richtig Humor bewies man aber, in dem man als Hauptredner dem ehemaligen Chefökonomen der Deutschen Bank(!) ein Plenum bot. Der Mann mit Hang zum Predigen redete ohne erkennbaren Bezug zur Veranstaltung einen Stuss mit konservativem Glaubensbekenntnis daher, dass man nicht weiß, wo man mit der Kritik anfangen und wo aufhören soll. Der gläubige und gutgläubige Walter beschwor sogar das Wirtschaftswunder und pries dessen „Vater“, den damaligen Wirtschaftsminister und späteren Kanzler Ludwig Erhard.

Lieber Norbert, jemand in deiner Position, der auch mit Josef Abs („IG FARBEN“) auf gutem Fuß stand, sollte eigentlich informiert sein, was es mit dem „Wirtschaftswunder“ offensichtlich auf sich hat. Triebfeder für das geheimnisvolle „Wirtschaftwunder“ waren aus dem „Nichts“ in Südamerika aufgetauchte Berge von Bargeld, die sich seltsamerweise ausschließlich für deutsche Güter interessierten und hierdurch sowohl die Wirtschaft ankurbelten, als auch das Steuersäckel füllten. Woher dieses germanophile Geld kam, ist unbekannt – so unbekannt wie zuvor der Verbleib des als „Nazigold“ bekannten größten Raubzugs der Geschichte, nämlich die die Beutezüge der Nazis in Osteuropa.

Ebenfalls dubios ist der Verbleib von unschätzbaren Gütern der deutschen Wirtschaft, die nach dem Fall von Stalingrad ins Ausland verbracht wurden, vorwiegend in die Schweiz. Auf einem damals geheimen Treffen in Straßburg hatten Eliten der deutschen Wirtschaft erkannt, dass der Krieg nicht mehr zu gewinnen war, und wollten aufgrund der Erfahrung nach dem Ersten Weltkrieg einen Zugriff der Siegermächte auf deutsches Kapital diesmal vermeiden. Man wollte mit dem Geld nach Abzug der Siegermächte „ein viertes Reich“ finanzieren, wie sich der Koordinantor der Aktion ausdrückte – eben jener Herr Ludwig Erhard.

Da die Siegermächte nach dem Zweiten Weltkrieg jedoch etwas länger blieben, das Geld aus dem Ausland also nicht zu repatriieren war, entschloss man sich offensichtlich zur Geldwäsche, wobei ein großer Deutscher Autokonzern eine wesentliche Rolle spielte. Erhards Schwiegersohn leitete praktischerweise in Südamerika dessen Filiale. Es ist für Nicht-Wundergläubige offensichtlich, dass das „Wirtschaftswunder“ eine gigantische Geldwäsche-Aktion gewesen ist, organisiert vom Reichsgeldwäscher Ludwig Erhard.

Lieber Prediger Norbert, willst du uns wirklich das Märchen erzählen, das Wirtschaftswunder beruhe auf „deutschen Tugenden“ und „deutschen Fleiß“? Und warum ging es dann so plötzlich zu Ende, wie es begann? Der Vortrag des Dampfplauderers endete glücklicherweise bereits nach knapp einer Stunde.

Geistreiches Heilen vor dem Kadi

Ein Gesundbeter, der beim Kranken lediglich dessen eigene Heilungskräfte stimulieren will, unterfällt nicht dem Heilpraktikergesetz und begeht auch keinen Betrug bzw. keine irreführende Heilmittelwerbung, solange er keine eigenen Heilkräfte anbietet, Amtsgericht Meldorf, 29 DS 315 Js 27580/09. Bzgl. des Heilmittelgesetzes kam dem Anbieter eine mangelhafte Beweissicherung zugute.

Die Entscheidung ist konsequent, denn andernfalls müssten die Pfaffen den Staatsanwalt fürchten, fiele der Rosenkranz unter das Heilmittelgesetz, ebenso Heiligenbildchen, Weihwasser usw. Wir haben nun einmal in Art. 4 GG garantierte Religionsfreiheit. Das wirklich fette Geschäft mit dem Glauben machen nicht fliegende Händler mit obskuren Dienstleistungen, sondern das das Bodenpersonal von Gott&Sohn. Und dazu bedarf es nicht einmal der Gläubigen!

16. November 2010

User Generated Content: Sevenload gewinnt am OLG

Das Oberlandesgericht Hamburg hat ein Urteil des Landgerichts Hamburg aufgehoben, das wie kein anderes die Kultur des User Generated Content bekämpft und damit dem Kommunikationsstandort Deutschland schadet. Die Plattform Sevenload war von einem Musikverlag in Anspruch genommen worden. Das Landgericht Hamburg wendete jedoch schematisch das Wortspiel vom „zu Eigen Machen“ an, was es jedem Foren-, Wiki- oder sonstigem Plattformbetreiber andichtet. Der Einfachheit halber verweise ich auf die Pressemitteilung von Sevenload.

UPDATE:

Ich habe das Urteil OLG Hamburg – 5 U 9-09 mal online gestellt. Hoffentlich finde ich morgen Zeit, die Entscheidung zu kommentieren.

Off Topic:

Das Urteil war heute morgen übrigens auch schon Dr. Florian Drücke bekannt gewesen, dem Geschäftsfüher des Musikindustrie Verbandes e.V. (der allerdings nicht Verlage) vertritt und heute Referent beim Juraforum Münster ist. Da geht es nämlich heute genau m das Thema.

Mit Entsetzen habe ich dort vernommen, dass RTL-Star und Juraprofessor Ralf Höcker im entsprechenden Panel den sinnlosen Kampfbegriff „geistiges Eigentum“ propagiert, und zwar zur Legitimation von Strafrecht gegen Urheberrechtsverletzer. Es ist mir ein bisschen peinlich, einen Juraprof darüber zu belehren, dass der Begriff des Eigentums aus dem Sachrecht kommt. Naja, da hat er ja ein schönes neues Kapitel für sein „Lexikon der populären Rechtsirrtümer“ … ;-)

Auf dem Podium war sich dann auch jemand nicht dafür zu schade, den Diebstahl eines Handys mit dem „Diebstahl“ von Musik zu vergleichen, welchen er gleichfalls strafrechtlich sanktioniert sehen möchte. Beim Klonen eines Musikstück entsteht jedoch dem Rechteinhaber kein Verlust einer Sache oder eines Rechts, er erleidet lediglich den Verlust einer Erwerbschance. Das kann man bewerten, wie man will, aber mit „Diebstahl“ und „Eigentum“ hat das nix zu tun.

Strafrecht ist die härteste Sanktion des Staates. Die Kriminalisierung von Kavaliersdelikten ist eine höchst bedenkliche Forderung, der seinerzeit von Staatsanwaltschaften die Gefolgschaft verweigert wurde. Die Gefängnisse sind nämlich schon voll, und die Staatsanwaltschaften kämen zu nichts mehr. Die wenigsten, die von Knast sprechen, haben eine authentische Vorstellung, wie es da zugeht. Ist anders als der RTL-Frauenknast. Höcker sollte das wissen, schließlich vertritt er (medienrechtlich) den ehemaligen Untersuchungshäftling Herrn Kachelmann.

Zum Thema „Urheberrecht“ erschien heute bei Telepolis ein Beitrag über „Kindergarten-Cops“.

11. November 2010

KJM: „Tatort Internet“ wird nicht beanstandet

Die KJM lässt den RTL2-Schrott mit der feschen Kriegsministergattin unbeanstandet. Das ist auch gut so. Denn jeder soll sich so gut blamieren, wie er es irgendwie kann …

Die erhoffte Quote hat der Murks übrigens nicht gebracht.

29. Oktober 2010

„Archipel Gulag“ dezensiert

Schon nach 40 Jahren kam jetzt in Russland jemand auf die Idee, den Klassiker „Archipel Gulag“ von Alexander Solschenizyn von der Zensurliste zu streichen. Solschenizyn selbst war 1945 wegen Briefen mit abfälligen Bemerkungen über Josef Stalin für neun Jahre in Straflager geraten, also Zensuropfer gewesen. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich das Werk bis heute nicht gelesen habe. Ich bin allerdings dankbar, die Freiheit zu haben, dies jederzeit tun zu dürfen.

Ich kenne einen Verlegersohn und Bücherfreund, der in den 80er Jahren in der DDR in den Stasi-Knast gesteckt wurde, weil er „Archipel Gulag“ und eine Handvoll anderer Bücher an Freunde verliehen hatte, die ebenfalls der östlichen Zensur unterlagen. Das Verfahren hat er 1985 dann doch noch gewonnen und wurde als möglicherweise letzter noch 1990 von der DDR selbst entschädigt und rehabilitiert, während seine Richter 2000 verurteilt wurden.

Das ist übrigens der gleiche Typ, der jeden Freitag in der Hamburger Pressekammer sitzt und staunt, was da so alles mit der Meinungs- und Pressefreiheit passiert. Inzwischen gewinnt er auch im Westen seine äußerungsrechtlichen Prozesse überwiegend. Dass allerdings die Richter, mit denen er sich heute gelegentlich fetzt, ebenfalls verurteilt würden, ist eher unwahrscheinlich.

27. Oktober 2010

Gangster Rapper

Heute traf ich im Eingangsbereich des OLG Stuttgart auf junge Männer mit Migrationshintergrund, die einen gewissen „Xatar“ suchten, der heute Termin habe. Der hätte für 1,8 Millionen Gold geraubt. Ich ließ die Jungs wissen, dass ich den sofort vertreten würde, wenn er die 2 Millionen voll gemacht hätte. Man gibt sich ja schließlich nicht mit kleinen Fischen ab!

„Xatar“, der mir bis vorhin nichts sagte, hatte seinen Termin allerdings nicht im OLG, sondern eine Ecke weiter, nämlich beim Landgericht Stuttgart. Wie ich soeben las, hat der Junge einen Coup hingelegt, den man sich eigentlich eher im Kino vorstellen würde: Mit einem vorgetäuschten Polizeifahrzeug haben die Brüder einen Schmucktransporter rausgewinkt und hops genommen!

Der Witz an diesem Ganovenstück ist, dass „Xatar“ vorher eine Karriere als Gangster-Rapper Xatar, Gründer des Labels „Alles oder Nix Records“ versucht hatte. Dass man bei entsprechend krimineller Gesinnung als Rapper auch über Filesharing-Business mit schlechter Musik Kohle machen kann, hatte ihm wohl niemand gesagt. Dabei hatte der Mann sogar Wirtschaftsmathematik studiert … Im obigen Video zu seinem Stück „§ Einunddreisisch“ tritt der Gangster-Rapper sogar ausgerechnet in einem Gerichtssaal als Angeklagter auf und wird später in einem Polizeiauto weggefahren. Die Nummer mit dem gefaketen Polizeiauto war ihm offenbar vertraut.

Damit nicht genug, hatte sich der kurdischstämmige Xatar in den Nordirak abgesetzt. Bei der Festnahme scheint der irakische Geheimdienst eine unrühmliche Rolle gespielt zu haben. Nach US-Tradition haben die offenbar gefoltert. Da stellt sich für die deutschen Strafrechtler natürlich die Frage nach der Verwertbarkeit der Fruit of the poisonuos tree.

26. Oktober 2010

Ottfried Fischer: „Pressefreiheit statt Erpressungsfreiheit“

Die Süddeutsche Zeitung hat den gestern verhandelten Fall der Herrschaften, die sich an Ottfried Fischer gesund stoßen wollten, exzellent zusammengefasst.

Inwieweit Fischer tatsächlich zum Interview mit der BILD-Zeitung gedrängt wurde, oder ob dies als kommunikativ schadensbegrenzende Maßnahme der Agentin von Fischer gedacht war, ist nicht einfach zu beurteilen. Bei BILD habe man nicht einmal daran gedacht, das heimlich gedrehte Video zu veröffentlichen – was angesichts eines solchen Eingriffs in Persönlichkeitsrechte auch für Axel Springer-Verhältnisse sauteuer geworden wäre, vom Imageschaden einer Verurteilung des Verlags gar nicht erst zu sprechen.

Was den Schutz der eigenen Persönlichkeitsrechte betrifft, so zeigt sich die Mitangeklagte durchaus anspruchsvoll:

Ausgerechnet die Frau, die geholfen hat, Ottfried Fischer beim Sex zu filmen, hat Probleme damit, wenn sie gefilmt oder fotografiert wird. Die Prostituierte Maria K., 32, tarnt sich im Gerichtssaal mit Perücke, Cape, Sonnenbrille; sie verbirgt ihr Gesicht zusätzlich hinter einem Kuvert. Angeblich will sie nur aus Rücksicht auf ihren kranken Vater unerkannt bleiben. Das Opfer hingegen stellt sich den zwei Dutzend TV-Kameras und Fotografen

25. Oktober 2010

Schmuddeljournalismus vor dem Strafgericht: Fall Ottfried Fischer

SPIEGEL online berichtet über den begonnen Prozess gegen einen ehemaligen [hier beliebigen Begriff] der BILD-Zeitung. Jeglicher Kommentar erübrigt sich. Lauschen wir lieber dem Meister!

UPDATE: SPON

20. Oktober 2010

Kriminelle Anwälte in Würzburg

„Kriminelle Anwälte“ ist hier nicht tautologisch gemeint, vielmehr scheinen in Würzburg die Dinge etwas rustikaler zu laufen. So kommen in der Unterfranken-Metropole auf einen Advokaten im Schnitt nicht 533 Einwohner, sondern gerade mal nur 235 potentielle Rechtssuchende. Das verschärft den Wettbewerb anscheinend deutlich: Man hört wilde Geschichten von Provisionen von Strafverteidigern, die Knackis für Empfehlungsmarketing bekommen. So weit, so anrüchig.

Nun aber hört man von übler Nachrede, um Kollegen aus dem Geschäft zu drängen. Krasse Gegend, dieses Würzburg …

19. Oktober 2010

Handfeste Auseinandersetzung über denkmalgeschütztes Kunstwerk

Ein Pächter einer Burg am Rhein hatte ein Wandgemälde aus dem 19. Jahrhundert zunächst übermalt, „um es besser sichtbar zu machen“, dann aber gleich ganz mit Wandfarbe übermalt – ohne die Denkmalschutzbehörde zu konsultieren. Die Eigentümerin der Immobilie war mäßig angetan und sandte ihren Advokaten – der vom Burgherren nach alter Ritter Sitte verdroschen wurde.