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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


7. Dezember 2009

Geheimnisvolles Interview

Der angebliche „Blogger des Jahres“ (Sparte: Newcomer), der u.a. auch ein Papier-Blog zur experimentellen Forschung über Persönlichkeitsrechtsverletzung leitet, hat angekündigt, morgen ab 8.00 Uhr exklusiv ein Interview mit einem „Johannes Eisenberg“ zu veröffentlichen. Wie Google verrät, gibt es etliche Herren mit dieser Namenskombination. In der Pfalz gibt es sogar einen ganzen Ort Eisenberg, der den einen oder anderen Johannes bieten dürfte. Medienrechtler erinnern sich an einen gewissen „Manfred Krug, Architekt“, der für die „Mogelcom“ sprach, die der echte Manfred Krug dann auch nicht mehr so nennen sollte …

Am Wochenende hatten seine Blogleser sich als Nikolausgeschenk ein Interview mit einem bekannten Presserechtler dieses Namens gewünscht, mit dem der Blogger so seine Schwierigkeiten hat. Welcher Johannes Eisenberg auch immer da ein Interview gegeben haben mag, ich kann mir nicht vorstellen, dass es sich um unseren Berliner Kollegen handelt, den ich insoweit gut genug kenne. Definitiv: No way.

Andererseits habe ich ja auch schon mal einen bekannten Richter vom Landgericht Hamburg interviewt, der es vorzieht, keine Interviews zu geben, nach Möglichkeit nicht einmal mit mir spricht, wenn er nicht muss. Man hat es im Pressebereich halt nicht leicht, Freundschaften zu schließen … ;-)

Anyway: Die Ankündigung gibt gewissen Anlass zur Befürchtung, dass das, was wir morgen zu sehen oder lesen kriegen, nur ganz kurze Zeit online sein wird. :-P

UPDATE:

Wie bei BILD kaum anders zu erwarten, verbarg sich hinter der pompösen Ankündigung nicht allzu viel Wahrheit. Der Johannes Eisenberg, der da interviewt wurde, ist definitiv nicht der Kollege aus Berlin.

5. Dezember 2009

FAZ-Widerruf zu TAZ-„Abmahnung“

Die FAZ hatte neulich ein bisschen ungenau über die Animositäten zwischen Diekmann, der TAZ und dem TAZ-Anwalt berichtet. So hatte die FAZ irrtümlich einen formlosen Hinweis des TAZ-Anwalts, Diekmann verstoße durch die Eigenveröffentlichung einer seinerzeit verbotenen TAZ-Satire gegen Urheberrecht, als förmliche Abmahnung gedeutet und berichtet, die TAZ bzw. deren Anwalt hätten die Eigenveröffentlichung Diekmann untersagen lassen (wollen).

Ich hatte den urheberrechtlichen Hinweis auch so aufgefasst, mich aber gewundert, dass Diekmann den Text noch online hatte und daher nochmal vor meiner Veröffentlichung recherchiert. Zwar kann man einen anwaltlichen urheberrechtlichen Hinweis durchaus unter „Abmahnung“ subsumieren, was die Rechtsfolge des § 93 ZPO abwenden kann. Doch eine „richtige“ Abmahnung, für die auch Kosten entstehen, setzt voraus, dass der Abgemahnte zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert wird, was nicht der Fall gewesen ist. So hatte das Hausblog der TAZ lediglich berichtet:

Jetzt aber verbreitet der Neu-Blogger den Beitrag selbst – und hat sich deshalb soeben eine weitere Klageandrohung von Anwalt Jony Eisenberg eingefangen. Der taz die Veröffentlichung verbieten, vor dem Kadi erfolglos um Schmerzensgeld dafür klagen – und dann das Ganze selbst veröffentlichen. So geht’s nicht, lieber Kai. Bitte merken:  Urheberrecht gilt auch für Penisvergrößerungen!

Die „Klageandrohung“ betraf aber wohl das Begehren der TAZ, die Satire nun wieder selbst veröffentlichen zu dürfen. Das wurde inzwischen im Wege einer Vollstreckungsgegenklage wegen des nach Rechtskraft des Urteils weggefallenen Rechtsschutzinteresses von Diekmann durchgesetzt. Denn wenn Diekmann selbst Eingriffe in sein Persönlichkeitsrecht veröffentlicht, begibt er sich seiner Schutzwürdigkeit diesbezüglich, was die Rechtskraft des Urteils durchbricht.

Ich wäre beinahe in die gleiche Falle getappt, als ich meinen Beitrag für Telepolis schrieb. Da jedoch die Satire weiter bei Diekmann im Blog rumhing, was kaum der Fall gewesen wäre, wenn der TAZ-Anwalt losgelegt hätte, hatte ich diesen Punkt gerade noch rechtzeititg recherchiert. Tatsächlich hatte der TAZ-Anwalt lediglich eine „kostenlose Rechtsberatung“ geleistet. So schnell kann es also gehen!

Die TAZ bzw. deren Rechtsanwalt lassen sich aber nur ungern Zensurwünsche nachsagen, und so wurde denn auch die FAZ ungebeten „rechtlich beraten“. Heute nun erschien ein redaktioneller Widerruf der FAZ.

4. Dezember 2009

Nochmal zur Kunstfreiheit

Eine Bloggerin vertritt zur grundgesetzlich Art. 5 Abs. 3 Grundgesetz garantierten Kunstfreiheit eine extremere Auffassung. Daher möchte ich kurz nachlegen.

Grundsätzlich besteht bereits das philosophische Problem, was man als Kunst bewertet, vor allem die verfassungsrechtlich hochproblematische Frage, einem Werk den Status Kunst sogar abzusprechen. Aber darum geht es gar nicht, schon gar nicht um Bilderverbrennung oder ähnliches.

Der Komponist Stockhausen hat in seinen letzten Jahren alles Mögliche als Musik interpretiert. So hat er sogar die Anschläge vom 11. September zu einem Kunstwerk erklärt. Nun sind wir uns hoffentlich einig, dass die Kunstfreiheit nicht soweit gehen kann, dass sie das Töten oder auch nur die Verletzung von Menschen rechtfertigt. Auch Kunstfreiheit kann also nicht schrankenlos gewährleistet sein, sondern findet ihre Grenzen dann, wenn erhebliche Rechte anderer betroffen sind.

Bilder etc. werden nur ganz, ganz selten verboten, praktisch nur dann, wenn das Persönlichkeitsrecht am eigenen Bild in einer erheblichen Weise betroffen ist. Etwa die kopulierenden Schweine mit dem Gesicht von Franz-Joseph Strauß (dem man diese Kritik m.E. durchaus hätte zumuten können). Einem Künstler, der Claudia Schiffer in lasziven Posen Pin Up-mäßig malte, um damit gut zu verdienen, wurde das auch untersagt. Soweit ich die Rechtsprechung überblicke, werden künstlerische Bilder nur im absoluten Ausnahmefall wegen des Verstoßes gegen Persönlichkeitsrechte verboten. Vorsichtiger wäre ich da schon bei markenrechtlich oder urheberrechtlich geschützten Inhalten, wenn diese kommerziell verwertet werden. Siehe etwa auch den Beitrag „50 Jahre Asterix. Eine kleine Rechtsgeschichte“.

Man kann sich über Entscheidungen wie „Der blaue Engel“ trefflich streiten, aber im Grundsatz würde man den deutschen Gerichten Unrecht tun, wenn man ihnen nachsagte, sie gängen mit der Kunstfreiheit leichtfertig um. In entsprechenden Prozessen werden ggf. auch Kunstsachverständige gehört.

Die bloße Idee alleine, eine Person nackt darzustellen, ist trivial. Die Qualität der technisch-graphischen Umsetzung, den ggf. bewusst reduzierten Malstil usw. vermag ich nicht zu beurteilen, wobei nicht jeder Kunsthandwerker auch als Künstler gilt, denn Kunst kommt von Können und Künden. Eine künstlerische Aussage darf und soll sogar der Beobachter interpretieren und bewerten. Dafür benötigt man auch nur im Ausnahmefall Kunstsachverstand.

Die bloße Idee, eine ansonsten nackte Politikerin in Strapsen lächerlich zu machen ist eine künstlerische Aussage auf sehr rudimentärem Niveau. Jeder solch sich mal fragen, ob er oder sie es wirklich witzig fände, wenn die eigene Mutter im vorgerückten Alter öffentlich so bloßgestellt würde. Es gibt gewisse Tabu-Bereiche, über die sich eine Kultur definiert. So gibt es etwa sehr nachvollziehbare Gründe, heranwachsende Kinder nicht nackt abzubilden und Pornographie in der Öffentlichkeit zu regulieren. Jeder Erwachsene darf selber entscheiden, ob er sich öffentlich nackt darstellen will oder eben nicht.

Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht wird zwar von so manchen Anwälten und Gerichten zur politischen oder geschäftlichen Waffe pervertiert und führt tatsächlich oftmals zu Zuständen, die faktisch nichts anderes als Zensur darstellen. Doch grundsätzlich ist das aus der Menschenwürde hergeleitete Persönlichkeitsrecht ein kultureller wie ethischer Fortschritt, der auf gleicher Stufe wie die Kunstfreiheit steht.

Es mag sein, dass bei gewissen Politikern die Nacktheit ein künstlerisch veranlasstes Stilmittel wäre. Aber eine Politikerin, die mit Fragen wie dem Bau einer umstrittenen Brücke befasst ist, zu entblößen, ist ein unverhältnismäßiger Eingriff in den grundsätzlichen Anspruch auf ein Minimum an Respekt. Und der beginnt spätestens an der Gürtellinie. Da muss die Politikerin sich schon ein bisschen mehr zu Schulden kommen lassen, als dass man so weit gehen dürfte, ihr und ihren Familienangehörigen eine solche Obszönität zuzumuten. Auch Politiker sind kein Freiwild.

Da die Rechtsprechung bei sexistischer Nacktheit ohne inhaltlich wirklich kritischen Bezug insoweit einheitlich ist, bewerte ich die gerichtliche Gegenwehr der Künstlerin lediglich als Publicity-Gag. Davon, dass ausgerechnet in einer kunstsinnigen Stadt wie Dresden die Kunstfreiheit nicht gewährleistet sei, sind wir weit entfernt. Wohl jedes deutsche Gericht hätte den Fall ganz genauso entschieden. Das Bild wurde auch nicht als solches verboten, sondern darf lediglich vorerst nicht mehr öffentlich gezeigt werden. Nicht einmal der Verkauf war untersagt oder gar eine Vernichtung beantragt worden.

Und schließlich: Es ist ein himmelweiter Unterschied, ob sich eine Privatperson gegen die Ausbeutung ihrer Persönlichkeit wehrt, oder ob der Staat Bilder verbrennt.

1. Dezember 2009

Blogger leben gefährlich!

Bloggen ist hierzulande wirklich eine hochgefährliche Angelegenheit. Ständig steht man mit einem Bein in der Bärenfalle eines Abmahnanwalts! Wie ist das denn etwa urheberrechtlich geregelt, wenn man Youtube-Videos verlinkt, einbettet – oder gar so adaptiert, als seien sie eigene Inhalte?

Wie verhängnisvoll ein durchaus gut gemeinter Eingriff in fremdes Urheberrecht sein kann, musste nun auch ein bloggender 45jähriger Familienvater aus Berlin erfahren. Der hatte – ziemlich blauäugig – ein bei Youtube gefundenes Video als mehr oder weniger scheinbar eigenen Inhalt auf seine Website gestellt. Ohne zu fragen, versteht sich, denn der FAZ-Leser glaubte offenbar, das Internet sei ein rechtsfreier Raum. Dumm gelaufen! Das wird für den armen Familienvater, der aus allen Wolken fiel, nun ein teures Nachspiel haben! Und das, obwohl er in dem Video selbst dem Urheber ein Interview gegeben hatte!

Besonders pikant war, dass der unbedarfte Blogger noch am Vortag eine kecke Vorlage für Abmahnungen gepostet hatte. (Über ähnliche Provokationen hatte ich jüngst berichtet.) Denn der Familienvater hatte sich erst kürzlich in den juristischen Fallstricke des Bloggens verfangen, denn er irrtümlich war er von Toleranz in der Blogosphäre ausgegangen, wo man unter sich und mit jedem per Du ist.

Vielleicht sollte man aus diesen Missgeschicken einen warnenden Zeitungsartikel machen. Aber welche Zeitung interessiert sich schon für die Nöte der kleinen Blogger …?

UPDATE:

Vorliegend ging es nicht einmal um Urheberrecht, sondern um den verbalen Unflat, welcher dem Berliner Blogger verboten worden war. Das Video enthielt entsprechende Anspielungen, wobei das Video zwar schon älter war als das Verbot, jedoch nachträglich mit erfasst wurde. Gemein!

30. November 2009

Filesharing: aktuelles zu Einzelabmahnungen von Massenabmahnern

Soeben auf Telepolis erschienen:

Massenabmahner im Zwielicht

Besten Dank für die Kooperation an den Kollegen Stadler, mit dem ich ein „Filesharing“ ganz anderer Art praktiziert habe. ;-)

Schlagwörter:

User Generated Content: Forenhaftung ohne Kenntnis ist für’n A****

Wie der Kollege Dr. Bahr mitteilt, nimmt das Landgericht Hamburg nunmehr erst ab Kenntnis eines Forenbetreibers eine Haftung für schmähende Inhalte an (Urteil v. 16.09.2009 – Az.: 325 O 243/09). Wer ein Forum bzw. Blog betreibt, muss nicht Tag und Nacht darüber wachen, dass jemand Unbekanntes einen Mitmenschen mit der unfeinen Bezeichnung für das Gesäß bedenkt. Ab Kenntnis sollte er den Unflat dann aber schleunigst löschen.

Die Zivilkammer 25 des Landgerichts schloss sich somit (endlich) der Rechtsmeinung des insoweit umgestimmten hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg und der anderer Oberlandesgerichte an. Letztes Jahr war es mir nicht gelungen, die in Pressesachen etc. federführend zuständige Zivilkammer 24 unter Leitung eines gewissen Richter Buske vom Irrsinn einer unwissentlichen Haftung eines Forenbetreibers für User Generated Content zu überzeugen. In der Sache habe ich eine Verfassungsbeschwerde laufen.

Ungleich bekannter war das Problem digitaler Kuckuckseier seinerzeit durch den Blogger-Kollegen Stefan Niggemeier geworden. Apropos Niggemeier: In seiner Parodie auf private Blogs hat BILD-Chef Kai Diekmann wieder alle Register gezogen, um sich als unreifer Proll zu inszenieren, indem er  schulmeisterlich gegen Niggemeier pöbelt. Noch 64 Tage, dann haben wir es hinter uns …

29. November 2009

Diekmann legte sich ein zweites Ei: „BILD-Zeitung“-Chef kassiert einstweilige Verfügung von „Berliner Zeitung“-Chef

Da dachte unsereins schon, das real-satirische Potential des presserechtlichen Phallus Diekmann sei inzwischen erschlafft, da hagelt es eine neue einstweilige Verfügung des mit dem Diekmannschen Organ seit Jahren befassten Landgerichts Berlin.

Christian Bommarius, leitender Redakteur der Berliner Zeitung, war von Nachwuchs-Satiriker Diekmann scherzhaft als möglicher Protagonist der monumentalen Plastik von Peter Lenk „verdächtigt“ worden, denn Diekmann hatte anfangs bestritten, der Dargestellte zu sein. So entglitt dem gegelten BILD-Chefredakteur folgender pennälerhafte Unflat:

„Wer ist Phall? …bleiben nach meinem Dafürhalten nur noch …Christian Bommarius, Sexexperte der Berliner Zeitung, der sich so gerne in einschlägigen Kleinanzeigen (,naturgeile Nymphen’, ,megaheiße Citymäuse’) vertieft“.

Dem war auch ein Bildnis des Geschmähten beigefügt.

Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, soll die Spitze gegen den Amtskollegen von der B.Z. eine Vergeltung für einen bereits Jahre zurückliegenden kritischen Beitrag über die Arbeitsmethoden der BILD sein.

Die Unterstellung des inzwischen Satire-affinen, Bommarius vertiefe sich in schlüpfrige Anzeigen – die sich übrigens in ähnlicher Form bei BILD bisweilen auf der Titelseite finden lassen – fand Bommarius dann offenbar nicht ganz so witzig. Prompt wurde Diekmanns Blog wieder um etliche Zentimeter kastriert. Diekmann wird insoweit eine Vorrat von 16 Metern nachgesagt … ;-)

Rechtlich gesehen war Diekmanns genitaler Vorstoß gegen seinen Kollegen bemerkenswert, hatte er doch selber vor sieben Jahren die Berliner Rechtsprechung zu anstößigen Satiren über die Intimsphäre von Zeitungsmachern in potenter Manier vorangetrieben.

Während man manchen Beiträgen aus seinem Blog ja einen gewissen Witz nicht absprechen kann, ist fiktionale Satire bisher nicht die Stärke Diekmanns gewesen. Man erinnere sich an die Plattheit, diverse Leute als Aliens zu klassifizieren. Hier nochmal als Anregung die weitaus gelungenere Umsetzung des gleichen Themas durch Kabarettist Günther Butzko:

UPDATE:

Der in Sachen BILD belesenere Blog-Kollege Niggemeier weist auf den Originalbeitrag von Bommarius hin, auf den Diekmann mit seinen Formulierungen offenbar angespielt hatte.

28. November 2009

Rohrpost für Diekmann

Für diejenigen, die noch nicht von Diekmanns Schwanz die Schnauze voll haben – also BILDlich gesprochen, meine ich – für solche Kunstfreunde habe ich die jüngste Wendung des Phallus bei Telepolis.de pornographiert.

Falls es wirklich eine TAZ-Diekmann-Party geben sollte, könnte das lustig werden, denn inzwischen hat bloggin‘ Kai ja zu Satire eine deutlich liberalere Einstellung entwickelt. Vielleicht spielen Henschel, Bröckers und Diekmann den TAZ-Werbespot nach, den BILD lange hatte verbieten lassen …

UPDATE:

Das neue Berliner Wahrzeichen, das übrigend bereits eine Touristen-Attraktion sein soll, wird nun international gerühmt. Ob Diekmann darauf bestehen wird, dass es beim nächsten Länderspiel beflaggt wird? ;-)

27. November 2009

Anfängerfehler bei Gegendarstellung …

Der skurrile Gerichtsblogger Rolf Schälike, der die Pressekammern Hamburg und Berlin überwacht, hat offenbar sein Formtief überwunden und liefert wieder eifrig Berichte. Das Ding, was ich gerade lesen musste, zieht einem wirklich die Schuhe aus.

Protagonisten sind alte Bekannte, nämlich der empfindliche Herr Schrempp sowie dessen Anwalt Dr. S., der sich mit Schälike seit Jahren gerichtliche Gefechte liefert, weil er sich durch die Gerichtsberichterstattung belästigt fühlt. Gegenseite ist BILD online.

Für mich absolut unglaublich ist die Tatsache, dass Rechtsanwalt S. ein Begehren auf Gegendarstellung selbst unterzeichnet hat – das muss aber laut Pressegesetzen jeweils der Betroffene. So kann man etwa in Schertz/Götting/Seitz (2008) unter § 48 Randnummer 51, 52 (Seitz) nachlesen:

„In Pressesachen nicht erfahrene Anwälte achten zum Teil nicht hinreichend auf die Einhaltung der Formalien. Das kann zur Abweisung eines gerichtlichen Antrags führen. Die Gegendarstellung muss vor dem Gang zum Gericht beim Betroffenen konkret geltend gemacht werden. (..)

Die Gegendarstellung muss vom Betroffenen selbst oder seinem gesetzlichen Vertreter unterzeichnet sein.“

Eine rechtsgeschäftliche (ungleich gesetzliche wie Erziehungsberechtigte usw.) Vertretung kommt Seitz zufolge nur bei Vorlage einer  Originalvollmacht infrage. Für die erforderliche Vorlage von Gegendarstellungsbegehren und ggf. Originalvollmacht dürfte nicht einmal ein Fax den Anforderungen genügen.

Wie häufig, wenn Kollege S. aufläuft, ging es mal wieder temperamentvoll zu. Genutzt hat es ihm nichts.

26. November 2009

Massenabmahner mahnt auch individuell ab!

Unser lieber Kollege, der DigiProtect-Massenabmahner Herr Dr. Udo Kornmeier, kann auch individuell abmahnen: Heute hat Kornmeier den Kollegen Stadler abgemahnt, weil dieser so hässliche Dinge über ihn sagt. Ob das wirklich eine gute Idee gewesen war?

So, wie ich Stadlers Posting verstehe, liegt das Problem darin, dass DigiProtect/Kornmeier eine Zahlung X geltend machen und als Druckmittel hierzu die gerichtliche Geltendmachung in Aussicht stellen, die nach Rechtsanwaltsvergütungsgesetz einen Betrag >X generieren würde. Das bedeutet, dass Stadlers Aussage, Kornmeier mache Anwaltskosten nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz geltend, tatsächlich falsch, weil ungenau wäre.

Nur: Worauf begründet sich dann die „Zahlungseinladung“ für den Betrag X? Anders gefragt: Darf ein Anwalt von einem Abgemahnten unter Drohgebärden eigentlich Kostenübernahme aus etwas anderem als aus dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz verlangen?

Ich kann es nicht völlig ausschließen, dass man mit solchen Spitzfindigkeiten bei einem mir ans Herz gewachsenen Landgericht im Großraum Norddeutschland sogar durchkommen würde. Aber ich fürchte, dass man sich selbst da mit der Bedeutung des Wörtchens „wertneutral“ auseinandersetzen wird. Was den Klassiker, nämlich eine Qualifikation eines Handelns als „Betrug“ betrifft, würde ein entsprechendes Urteil vermutlich kaum abseits des Sievekingplatzes Bestand haben. Denn inzwischen hat sich die obergerichtliche Verfestigung zum umgangssprachlichen Gebrauch von juristischen Fachtermini wie „Betrug“ verfestigt, was mitunter sogar an der Alster respektiert wird.

Ich hoffe allerdings, dass der Kollege Kornmeier nicht nur blufft, sondern die Sache gerichtlich durchzieht – stärkere Publicity kann Stadler nämlich kaum bekommen.

Update:
Der Kollege Udo Vetter sieht es genauso.