27. Juli 2011
Barbra Streisand – If You Go Away (Ne Me Quitte… von la_shivi
Das Spielchen mit beantragten einstweiligen Unterlassungsverfügungen ist u.a. deshalb so spaßig, weil bei direkter der Gegner normalerweise nichts von dem erfolglosen Versuch erfährt. Der gescheiterte Angreifer kann also häufig das Gesicht wahren.
Neben den Fällen, in denen die Kammer wegen Bedenken den Gegner vor Erlass einbezieht oder wegen hinterlegter Schutzschrift einbeziehen muss, gibt jedoch noch weitere Methoden, wie man entsprechende Peinlichkeiten aufspürt, die insbesondere unser lieb gewonnener Stammgast der Hamburger Pressekammer perfektioniert hat.
Besonders freut er sich natürlich dann über Rohrkrepierer, wenn diese von seiner Lieblingskammer gedeckelt werden. So geschehen etwa mit diesem von der Pharmaindustrie in den Sand gesetzten Zensurversuch, Nr. 103 im Schälike-Verzeichnis. Es ging wohl um ein Verbot dieses Beitrags, von dem ich mich natürlich mit dem Ausdruck der Entrüstung distanziere. Frau Streisand, hätten Sie Zeit für uns …?
admin •
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26. Juli 2011
Günther Jauchs Anwalt sieht auf Fotos Dinge, die sonst niemand sieht. Manche Dinge sieht auch das Landgericht Hamburg, das manchmal bei nicht farbechter Wiedergabe eine Persönlichkeitsrechtsverletzung annimmt, weil etwa jemand kränklich aussieht usw. Neulich aber wurde es auch der farbenfrohen Pressekammer zu bunt:
Jauchs Anwalt monierte, dass Jauch nebst Gemahlin (deren Namen man nicht einmal nennen soll) auf der Titelseite der Postille „Viel Spaß“ in einer montierten Weise abgebildet wurde. Wegen der Bildaufteilung hatte man die Eheleute näher aneinander gerückt. Weil in dieser Position die auf der Originalaufnahme von hinten auf Jauchs Schulter gelegte Hand nicht mehr so recht passte, hatte man die Hand weggephotoshoped, zumal eine Kollision mit dem Logo beknackt ausgesehen hätte.
Jauchs Anwalt wollte hierin eine Persönlichkeitsrechtsverletzung erkennen, zumal man die Fotomontage als solche nicht erkennen würde, was ja ganz schlimm sei. Allerdings steht da rechts oben „Fotomontage“ dran, denn auch bis zu „Viel Spaß“ hatte sich die alberne Ron Sommer-Entscheidung herumgesprochen, in der die Erkennbarkeit einer Montage streitig war.
Nach Meinung des Promi-Anwalts würde durch die montierte Position der Eindruck erweckt, zwischen den beiden gäbe es Knatsch. Außerdem wollte der Anwalt erkannt haben, seinem Mandanten sei am Ohr etwas weggeschnitten. Zwar sieht das Ohr tatsächlich eher aus wie das von Mr. Spock auf Drogen, aber das tat es auch schon auf der Originalaufnahme. Wäre diese unglückliche Einstellung geschönt worden, dann wäre der Anwalt wohl erst recht wegen eines Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht auf die Barrikaden gegangen.
Der an Kummer gewohnte Vorsitzende hob die ursprünglich erlassene einstweilige Verfügung wieder auf. Vermutlich hatte er nur nur mit einem Ohr hingehört …
UPDATE: Hier ist das Urteil.
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324 O 246/11
admin •
15:36 •
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23. Juli 2011
Carsten Maschmeyer muss in irgendeinem lichten Moment jemand erklärt haben, wie Internet und andere Medien PR-mäßig funktionieren. Dass der Hamburger top of the notches-Medienanwalt für die „richtige Markenstory“ keine sonderlich große Hilfe war, hätte er von mir im Blog vor einem halben Jahr gratis bekommen können. Millionen-Maschi mag es aber lieber teuer und hat laut einem taz-Bericht die Firma Communications & Network Consulting (CNC) aus München angeheuert, die PR-Dienstleistungen anbietet. Die steht nun mit der Positionierung der Marke Maschmeyer vor einer anspruchsvollen Herausforderung.
Auch, wenn der NDR seinen Kompromiss als Sieg verkauft, bleibe ich dabei, dass es für diesen Deal kaum nachvollziehbaren Anlass gibt, insbesondere was die großzügige Kostenteilung betrifft. Die Maßlosigkeit, mit der Maschmeyer die Presseleute einzuschüchtern versuchte, hätte einer eindeutige Antwort und Stehvermögen verlangt. Hier jedoch wurde Schwäche signalisiert.
admin •
09:25 •
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22. Juli 2011
Inzwischen wurde die Anklageschrift gegen die verhafteten angeblichen Mitglieder des Hacker-Kollektivs „Anonymous“ bekannt. U.a. PayPal ist sauer, weil der Bezahldienst wegen des Boykottierens von WikiLeaks mit DOS-Attacken abgeschossen wurde (was auch nicht sonderlich produktiv war, by the way). Ob sich die Abschreckungs-Strategie auszahlt, oder nicht vielmehr lediglich zu einer Professionalisierung von Anonymisierungstechniken führt, wird die Zukunft erweisen.
Ideen kann man nicht töten, ebenso wenig Märtyrer.
16. Juli 2011
Mein Blogger-Kumpel Fefe, der seinerzeit gegen eine Zeitungsverlag das heute legendäre Paperboy-Urteil erstritt und damit Dienste wie „Google News“ in Deutschland erst möglich machte, weist heute auf eine Farce in Belgien hin.
Belgische Verleger hatten Google aus Sorge um ihr Urheberrecht das Verbreiten ihrer Nachrichten untersagen lassen. Google setzte das Urteil um, mit der Folge, dass die betroffenen Zeitungen jetzt in der Google-Sphäre unsichtbar sind. Und jetzt jammern diese genau Leute über „Boykott“ …
Ich würde die Entscheidung „Paperboykott“ nennen! :-P
11. Juli 2011
Den Nachdenkseiten ist der am 05.07.2011 unterzeichnete Deal zwischen Maschmeyer & Co. und den NDR-Leuten zugespielt worden. Tage vorher beim Treffen von Netzwerk Recherche hatten sich der NDR-Justiziar und der Kollege Fricke für ihre heroische Arbeit feiern lassen, den Journalisten den Rücken zu stärken. Obwohl man große Aussichten hatte, die Rechtsstreite zu gewinnen, macht man plötzlich vor Maschi Männchen und teilt sich sogar die Prozesskosten.
Aufgrund der bekannten Vorwürfe jedenfalls ist nur sehr schwer nachzuvollziehen, weshalb der NDR Anlass sieht, sein Rückgrat einzurollen. Selbst, wenn einzelne Anträge etwa wegen der Bildnisse, die Maschi beim Überfallinterview zeigen, verschütt durchgegangen wären, so hätte der NDR den Gebührenzahlern Haltung demonstriert. Da es für die überwiegenden Anträge sehr gut aussah, ist es mehr als unverständlich, warum sich der NDR auf die hälftige Übernahme der Gerichtskosten eingelassen hat. Auch für den Verzicht auf den „Judge’s Cut“ ist schwerlich ein Anlass zu sehen.
Wie auch immer es der Hamburger Kollege geschafft haben mag, den NDR und die ebenfalls involvierten Rechercheure und den Präsentator Lütgert zur Unterschrift zu bewegen, das Ergebnis war wirklich mehr, als man erwarten konnte. Vermutlich kennen wir nicht die ganze Geschichte.
Fachlich interessant ist, dass der NDR in Köln in Anspruch genommen wurde, obwohl Maschis Kanzlei das Hamburger Medienrecht wie keine zweite geprägt hat. Aus dem angesprochenen Bestrafungsantrag darf man auf Rechtsunsicherheiten wegen der Verwendung von einstweilen verbotenen Bildnissen schließen, die sich Lütgert vor der Kamera erneut ansah. Mit den strafrechtlichen Drohungen scheint Maschi ernst gemacht zu haben, obwohl diese lächerlich sind.
Hatte sich der NDR durch seine Haltung gegenüber dem mächtigen Maschi über ein halbes Jahr hinweg profiliert, so dürfte er in der Achtung der Gebührenzahler aufgrund Feigheit vor dem Feind in gleicher Weise wieder gesunken sein.
admin •
18:56 •
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9. Juli 2011
Eine Woche, nachdem Maschmeyer nicht, wie zwischenzeitlich abgekündigt, beim Jahrestreffen von Netzwerk Recherche aufgelaufen ist, wird nun bekannt, dass man sich zur „Nichtverfolgung“ der Rechtsstreite entschlossen hat.
Die Süddeutsche deutet an, es sei Maschmeyer gelungen, etliche Kräfte im NDR zu binden. Andere Vorteile aus dem Deal sind kaum erkennbar. So wird der Judge’s Cut entfernt und das Häuschen von Machmeyer darf nicht mehr gezeigt werden – was lächerlich ist, denn zum Protzen ist es doch wohl da. Wenigstens scheint seine Villa, in der unser Bundespräsident zu urlauben pflegte, falls dies nicht ebenfalls mit „Privathaus“ gemeint ist. Für einen öffentlich-rechtlichen Sender, der sich als eines der wenigen Medien einen solchen Rechtsstreit leisten könnte und die Aussichten günstig waren, ist das eher schwach.
Auch Maschmeyer selbst will nun – kein Witz – ins TV-Geschäft einsteigen: Papagei-TV.
UPDATE: Wer trotzdem sehen will, wie der Maschi schön wohnen tut, kann ja bei Google-Streetview die MaschmeyerRürup AG Independent International Consultancy, Hanebuthwinkel, Hannover suchen … :-P
admin •
13:46 •
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7. Juli 2011
Vor einigen Jahren brachte ein Anonymus unter dem Pseudonym „Till Freyberg“ den Schlüsselroman „Die Abzocker“ heraus, in welchem er offenbar autobiographisch seine Erfahrung als Drücker in einem Allfinanzvertrieb verarbeitete. Etwa zur gleichen Zeit veröffentlichte ich mein sarkastisches Pamphlet „Eine Beraterkarriere“, zu dem mich Informanten aus einem Finanzvertrieb inspiriert hatten. Nun erschien ein weiterer Schlüsselroman aus der finsteren Welt der Finanzstrukkibuden, das erneut von einem Anonymus verfasst wurde.
„Maximilian von Ah“ schildert den Aufstieg eines Finanzberaters, der einem Tycoon auf den Leim geht und Kritik wagt. Der Mann wird nach allen Regeln der Kunst fertig gemacht, auch ein Neustart in einem konkurrierenden Unternehmen wird durch Dienstleister fürs Grobe wie Detektive und gewisse Anwälte sabotiert und abserviert. Anders als die vorgenannten Werke spielt Ah’s Geschichte jedoch ein, zwei Stockwerk höher: Der Protagonist war mit der Leitung der Schweizer Dependance beauftragtund rollte einen größeren Ball. Der Schweizer Finanzjongleur, der am Schluss jedoch reichlich Finanzprobleme hat, erleidet zudem den Schicksalsschlag, dass seine Frau an einer Geisteskrankheit erkrankt und im Wahn die Kinder gefährdet. Eine Auswahl ausführlicherer Rezensionen findet man hier.
An dem Detailreichtum und der Sachkenntnis erkennt man schnell, dass man es weniger mit Fiktion zu tun hat, als vielmehr mit einer anonymisierten wie verfremdeten Autobiographie. Bei einem Bösewicht namens „Carl Meyer“ sowie anderen Hinweisen etwa in seinem Blog (den ich mit Rücksicht auf meine Freunde beim Landgericht Hamburg nicht verlinke) muss man auch nicht lange raten, wen der Autor da wohl aufs Korn genommen haben mag. Mich erinnerten die geschilderten Intrigen frappierend an Begebenheiten, die mir die beiden Whistleblower erzählt hatten, welche einen anderen Finanzvertrieb vor ein paar Jahren in Bedrängnis brachten. Die Methoden der Drecksarbeit sind die gleichen. Der Fischer-Verlag begibt sich auf eine juristische Gratwanderung, aber vielleicht hat der Betreffende ja inzwischen gelernt, wie das mit Frau Streisand so läuft …
Wer wissen will, mit welchen Ränkespielen gekränkte Finanzfalschspielerwelt an Abtrünnigen Exempel statuieren, für den bietet das Buch eine Fülle von Anekdoten. Für einen Romanleser jedoch ist die Detailverliebtheit auf die Dauer eher anstrengend. Zweifellos ist das Buch eher eine persönliche Aufarbeitung als ein fiktiver Kriminalroman mit Unterhaltungsambitionen. Aber für Kenner ist nichts spannender als die Wirklichkeit.
Einen Schwachpunkt möchte ich jedoch nicht verschweigen: Der Autor hält seine Künste, die Finanzberatung und den Aufbau von Strukturvertrieben, bei denen 80% der geworbenen Strukkis scheitern, anscheinend ernsthaft für eine sinnvolle Tätigkeit. Offenbar hat er zu seiner Branche an sich ein erstaunlich unkritisches Verhältnis. Finanzvertriebe benötigt die Menschheit jedoch nach meiner Auffassung so dringend wie die Nacktputzagentur.
Wie DER SPIEGEL meldet, möchte der Finanzmensch, der Google das Googlen verbieten wollte (und beim Landgericht Hamburg auch konnte) gegen das Berufungsurteil Revision einlegen. Besonders stört er sich an dem Textbaustein, das Urteil habe keine „grundsätzliche Bedeutung“, wobei ich jedoch ganz schwer hoffen will, dass dem so ist.
Also: Der unglaublich solide Kläger, gegen den wegen Immobiliengeschäften etc. während des Verfahrens mindestens 15 Zivilverfahren liefen und ein gegen den Kläger eingeleitetes Strafverfahren wegen Betruges in 13 Fällen gegen Zahlung einer Geldauflage von 300.000 EURO eingestellt wurde, will von Google nicht mit den Suchbegriffen „Schrottimmobilien“ und „Betrug“ gefunden werden. Nun ja, …
In dem Urteil 3 U 67/11 des Hanseatischen Oberlandesgerichts steht wörtlich:
„So würde über den Umweg der Inanspruchnahme des Suchmaschinenbetreibers eine „Zensur“ von Informationen stattfinden, die im Interesse eines freien Meinungsaustauschs, der durch den Einsatz der Suchmaschinen als Verzeichnis der im Netz stehenden Beiträge gewährleistet wird, nicht hinzunehmen ist.“
Schöner hätte ich das auch nicht sagen können. Für die Revision sehe ich schwarz, denn die Leute vom VI. Senat des BGH, die voraussichtlich zuständig sein werden, halten vom Grundrecht der Meinungsfreiheit erfahrungsgemäß eher viel. Und wenn schon das OLG Hamburg ein Einsehen hat …
Am 02.09. werden wir sehen, ob auch der Vorsitzende Richter der Hamburger Pressekammer in einem ähnlichen Verfahren das richtungsweisende Urteil vom Sievekingplatz 2 anerkennt oder als „Einzelfallentscheidung“ bewertet. In Hamburg weiß man nie …
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3 U 67/11
6. Juli 2011
Zu meinen Twitter-Followern gesellte sich eine ihrem Avatar nach schnuckelige Blondine, die für einen Link http://www.dein-presseausweis.de/ wirbt. Dort wird ein „Presseausweis“ angeboten, der total legal sei und allerhand Vorteile böte. Die Website verspricht auch, dass man nicht prüft, ob der Besteller denn tatsächlich Journalist sei, der Ausweis würde aber genau das jedem bescheinigen – für nur 39,95 inkl. Versandkosten.
Erstaunlicherweise lässt der Ausweis nicht erkennen, wer ihn ausgestellt hat, was für eine Urkunde nun einmal konstituierend ist. Damit ist dieser „Ausweis“ so echt wie die Detektiv-Ausweise von YPS. Konventionelle Presseausweise werden von diversen Verbänden ausgestellt, und man muss wenigstens ein bisschen heucheln, dass man Journalist sei. Auch die etablierten Presseausweise begründen übrigens keine originären Rechte. Es bleibt jedem Veranstalter etc. selbst überlassen, ob er jemanden als Journalist anerkennt, oder eben nicht. Der Presseausweis ist nicht mehr als ein Indiz, wobei Aussteller wie der DJV, BDZV, ver.di usw. natürlich eine gewisse Autorität ausstrahlen – mehr nicht.
Der Websitebetreiber – offenbar männlich und nicht die süße Blondine – sieht übrigens schon Twittern als journalistische Tätigkeit an. Na denn …