14. Dezember 2013
Wenn es auf Weihnachten zugeht, werde ich immer ein bisschen melancholisch. Während meines Studiums in Saarbrbrücken war ich mit einer Hip-Hop-Tänzerin von der dort ansässigen Band La Bouche befreundet, die von Frank Farian aufgebaut wurde. Die unfassbare talentierte Sängerin Melanie Thornton hatte damals einen Song eingesungen, den Coca Cola für seine Weihenachts-Kampagne kaufte. Vermutlich hätte man von ihr noch viel gehört.
Vor ihrem Flug von Berlin nach Zürich im November 2001 sagte sie:
„Wir wissen alle nicht, ob wir morgen noch erleben. Also sollten wir unseren Traum jetzt leben.“
Die Maschine kam nie an. Zwei ihrer Tänzer starben ebenfalls, zum Glück nicht meine damalige Bekannte.
Seit ein paar Jahren befasse ich mich mit beruflich mit Flugzeugunfällen, hatte vor ein paar Jahren auch einmal das Absturzblog.de ins Leben gerufen, das ich schon länger nicht mehr bearbeitet habe. Ich bin immer wieder entsetzt, welche Zustände ausgerechnet in einem so denkbar sensiblen Bereich herrschen und wie der deutsche Staat, respektive das Bundesverkehrsministerium, offensichtliche Missstände hinnimmt. Demnächst werde ich das Blog wieder reaktivieren und ein paar für die Branche eher unwillkommene Informationen verbreiten.
https://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=jhA-IWo7dP0
13. Dezember 2013
Gestern Abend leakte die Piratenpartei eine offenbar zwischen einem Pornorechteinhaber und einer Anwaltskanzlei ausgehandelte Vereinbarung über ein Erfolgshonorar für Massenabmahnungen im pornografischen Filesharing-Bereich. Besonders spektakulär ist, dass an der Sache die aktuell wegen der Streaming-Abmahnlawine bekannte Kanzlei U+C beteiligt sein soll.
Die Piraten hatten die Dokumente zuvor vom mit der Abmahnindustrie besonders erfahrenen Kollegen Christian Solmecke analysieren lassen, der sich gestern auch zu einer sehr informativen Audio-Talkshow im Internet einfand, die hier zu hören ist (abmahnfrei).
OFF TOPIC:
Im Verlaufe der Talkshow kam es allerdings zu einem Moment, als das Blut gefror: So wollte sich der Kollege Solmecke von der radikalen Position der Piraten abgrenzen, die ja das Urheberrecht ablehnten …
Wenn ein relativ junger, sehr internetaffiner Rechtsanwalt, der sich hauptsächlich im absoluten Kernthema der Piraten(!) bewegt und den Bundestag beim Anti-Abmahngesetz beriet, nicht die tatsächliche Position der Piratenpartei zum Urheberrecht kennt – dann ist der Vorwurf nicht dem Kollegen zu machen, denn Parteiprogramme liest bekanntlich kein Mensch. Wenn wir nicht einmal einem solch aufgeschlossenen Rezipienten die tatsächliche Piraten-Kritik am Urheberrecht kommunizieren konnten, dann sollte es eigentlich auch dem weltfremdesten Pirat langsam einleuchten, dass mit der Öffentlichkeitsarbeit etwas gewaltig schief gelaufen ist.
Seit dem NRW-Wahlkampf habe ich von den Piraten zum Urheberrecht nichts mehr gehört, schon gar nicht im Bundestagswahlkampf, wo man uns nicht einmal Expertise zur Überwachung zubilligte. Warum die Verantwortlichen nach den Sympathieverlusten Ende 2012 und dem Wahldesaster in Niedersachsen unsere durchaus finanzierten Vorschläge, die öffentliche Kommunikation in professionelle Hände abzugeben, in den Wind schlugen und lieber Plakate mit Nichtkandidaten (Transparenz?), Kleingedrucktem (Medium verstanden?) und Themen hängen ließen, die praktisch alle anderen Parteien auch bedienten, habe ich nie verstanden. Selbst ein kontroverser Auftritt wäre wenigstens wahrgenommen worden.
Entgegen der Meinung mancher Piraten glaube ich nicht, dass es im Spektrum zwischen Grünen und Linken sinnvollen Raum für eine weitere Partei gibt, deren Alleinstellungskriterium sich insoweit auf Unerfahrenheit und Dilettanz beschränkt. Rot, Grün und Dunkelrot verfügen bei den sozialen Themen über dramatische höhere Kompetenz und vor allem Konsens, während sich die Piraten im Sandkasten lieber gegenseitig mit Fäkalien bewerfen.
Wenn die Piraten nach Europa wollen, dann können sie nur mit den Themen punkten, von denen sie etwas verstehen (sollten) und bei denen Konsens besteht, und das sind TTPI, bestehendes EU-Urheberrecht und Überwachung. Wenn die Piraten bei der Europawahl im Mai 2014 ernst genommen werden und sich nicht wieder sogar von einer schmierigen rechts-populistischen Parteineugründung überholen lassen wollen, wird es ohne Professionalität im Wahlkampf nicht gehen. Und die sollten immens wichtige Themen wie TTPI eigentlich mehr als wert sein.
Den Tiefpunkt beim diesjährigen Wahlkampf markierte für mich der unsägliche Wahlspot der Piraten, der ähnlich verstörte wie Batman&Robin (1998).
12. Dezember 2013
Nach dem eigenartigen Ausgang der Bayern-Wahl, der von niemandem gewünschten großen Koalition und der sich nunmehr abzeichnenden Apokalypse von Zensursula muss das Konzept der Demokratie als gescheitert gelten. Nachdem die parlamentarische Opposition von Bündnisgrünen und Linkspartei nicht einmal auf 25% kommt und die vormals als Hoffnungsträger gehandelten Piraten in der APO sind, liegt die Weltherrschaft der Nerds in unerreichbarer Ferne.
Daher müssen die Aufrechten nun das Konzept „Stadtguerilla“ aufgreifen und in den Untergrund gehen. Die Gründung einer Organgenen Armee Fraktion, etwa auf dem 30C3, ist daher unvermeidbar. Als geistigen Führer wird man sich wohl auf Fefe berufen, OAF-Anwälte stehen auch schon bereit. Die Details müssen wir noch besprechen … ;)
11. Dezember 2013
Die FAZ hatte hierzulande einen Aufruf von über 500 internationalen Schriftstellern veröffentlicht, welche sich für die Verteidigung der Demokratie im digitalen Zeitalter einsetzen wollen.
Kurz darauf setzten Reflexe von Netzaktivisten ein, die an das bisherige Verhalten der schreibenden Intellektuellen in Sachen Netzpolitik erinnerten, das vor allem im letzten Jahr zu wünschen übrig ließ. Auf die Schelte hin riefen jedoch bekannte Netzaktivisten zur Ordnung.
Bevor auch mich jemand zur Ordnung ruft, verstecke ich mich hinter meinem früheren Ausbilder Prof. Dr. Hoeren, der am Dienstag auf einer Veranstaltung den leider nun einmal terminologisch und juristisch misslungenen Schriftsteller-Aufruf fachlich als naiv kritisierte:
- Überwachung ist nicht „Diebstahl“. (Dieser Vergleich ist ähnlich sinnlos wie der Begriff „Raubkopie“, da er Sachenrecht mit Informationsrecht vermengt.)
- Die Forderung, dass jeder Bürger das Recht haben müsse, mit zu entscheiden, in welchem Ausmaß seine persönlichen Daten gesammelt, gespeichert und verarbeitet werden und von wem, schießt ein bisschen über das Ziel hinaus, da es nun einmal gesetzliche Befugnisse zum Datensammeln gibt. (Hätte jeder ein Mitspracherecht als Voraussetzung hierzu, könnten wir die Polizei, Staatsanwaltschaften, Finanzämter, das Wahlregister und eigentlich so ziemlich jede Behörde abschaffen …)
- Auch die Unschuldsvermutung, an welche die Schriftsteller „erinnern“, kann Geheimdienste schwerlich vom Datensammeln abhalten. (Im Gegensatz zu Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichten prüfen Geheimdienste keine (Un-)Schuld.)
Hinzuzufügen wäre noch, dass sich der Text auf die „Menschenrechte“ beruft. In der UN-Menschenrechtscharta steht aber (leider) nichts vom Recht auf Freiheit vor Überwachung. So etwas wie die deutschen Grundrechte oder die den US-Bürgern verbrieften Freiheitsrechte, aus denen man etliche Abwehrrechte herleiten kann, gibt es nicht in jedem Land. Der vormaligen Kolonialmacht „Vereinigtes Königreich“ ist nicht einmal Pressefreiheit bekannt.
Die fachlichen Defizite des „Schriftsteller-Aufrufs“ wären vermeidbar gewesen. Man hätte nur mal einen halbwegs Rechtsgelehrten nett fragen müssen.
Weiterhin fällt auf, dass sich in Deutschland mit gerade einmal 79 Schriftstellern erstaunlich wenig für den zweifellos ehrenwert gemeinten Aufruf begeisterten – allein auf der Frankfurter Buchmesse gibt es jährlich über 7.000 Aussteller. Stichproben der mir persönlich überwiegend unbekannten „Schriftsteller“ in der Liste ergaben, dass selbst die Unterschreibenden so prominent und schriftstellend nun auch nicht sind. Schade eigentlich.
UPDATE:
https://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=B6DXwx18g4Q
Bei Frau Menasses Qualifikation des Rechts auf Privatsphäre und des Briefgeheimnisses als „hart erkämpfte Menschenrechte“ handelt es sich eher um eine politische Forderung als um eine juristische Beschreibung des gesetzlichen Ist-Zustands. Hierzulande gibt es ein Grundrecht auf Brief- und Fernmeldegeheimnis, auch andere Staaten sehen es als fundamentales Verfassungsrecht an, aber ein „Menschenrecht“ ist das Briefgeheimnis bislang nicht. Auch die Einschränkung der freien Meinungsäußerung ist nicht das Thema der NSA, im Gegenteil sind die ja gerade an unserer Meinung interessiert (auch wenn kundige Überwachte insoweit vorsichtiger werden).
9. Dezember 2013
Nachdem kürzlich bekannt wurde, dass sich NSA & Co. für das Online-Konsumverhalten bei Pornographie interessiert, kam nun also heraus, dass auch Second Life wie „World of Warcraft“ überwacht wird. Wegen den Terroristen, versteht sich. Da sollen tatsächlich Leute kriegerisch aktiv sein. Hochverdächtig!
Wenigstens ein Gebiet, wo man der NSA zeigen kann, wo der Warhammer hängt …
WikiLeaks hat weitere Dokumente zum geplanten Trans-Pacific Partnership Agreement (TPP) veröffentlicht, in dem man uns wieder etwas zum „geistigen Eigentum“ unterjubeln möchte.
Vor zwei Jahren war es aufgrund von WikiLeaks-Veröffentlichungen gelungen, eine breite außerparlamentarische Ablehnung gegen ACTA zu formieren und ACTA von Deutschland aus zu verhindern. Diesmal dürften die US-Strategen mit ihren Plänen durchkommen, denn die große Koalition, die wir ja alle gewollt haben, hat die Zustimmung bereits beschlossen, ohne dass das öffentlich verhandelt wurde. Während in Deutschland Netzpolitik derzeit keine Lobby mehr hat, bleibt eine leise Hoffnung, dass sich sonst wo in Europa die Menschen wahrnehmbar ihres Verstandes bedienen und dieses parlamentarisch wie außerparlamentarisch artikulieren.
Verlässlicher als die meisten anderen hat sich Julian Assange um die Aufklärung im Digitalzeitalter verdient gemacht und gezeigt, wie Kriege, Diplomatie und „Sicherheitspolitik“ wirklich aussehen. Ohne die von ihm aufgebauten Strukturen wüssten wir weder von ACTA noch von TTP. Ohne einen Assange hätte es vermutlich keinen Snowden gegeben, dessen Enthüllungen die vernetzte Welt wohl mehr umkrempeln, als es vielen derzeit bewusst ist. Ich weise deshalb darauf hin, weil gerade einige Leute im Vorfeld des 30.Chaos Communication Congresses erstaunliche Gewichtungen anstellen und lieber keinen Helden wollen als einen, mit dem sie sich nicht zu 100% identifizieren können.
7. Dezember 2013
Schon mehrfach hatte ich im nun seit einem halben Jahr andauernden Überwachungsskandal unsere prominenten Urheber vermisst, die sich mal ruhig hätten bemerkbar machen können. Hier mal ein paar Anregungen weniger bekannter Künstler aus Amiland:
NSA blurred Lines
Hello NSA
I’ll be Watching You
Don’t Know Much About Agency
500 Files
Mein nach wie vor Favorit kommt aber aus Deutschland: Wrecking Ball
Manchmal wollen Rechtssuchende die Anwaltskosten sparen, indem sie in Foren oder bei bloggenden Rechtsanwälten ihre konkreten Fragen als solche „aus allgemeinem Interesse“ tarnen. Gestern etwa fragte ein Außerirdischer beim Kollegen Udo Vetter:
Ich habe mal eine Frage aus purem Interesse heraus.
Wenn Supermans Raumschiff nicht in Smallville Kansas, sondern in
Buxtehude gelandet wäre, würde er als illegaler Einwanderer gelten?
Ist er gemäß deutschem Recht eine natürliche Person und unterliegt damit denselben Rechten und Pflichten wie ein Homo Sapiens?
Oder wäre das deutsche Recht (wie das US-Recht sicherlich auch) gar
nicht wirklich vorbereitet auf diese Frage?
Grundsätzlich sind hierzulande nur geborene Menschen rechtsfähig, vgl. § 1 BGB, Art. 1 GG.
Nun fragt sich, wie „Mensch“ zu definieren ist. Intelligenz gehört nicht zu den Kriterien, wie man am jüngsten Ergebnis der Bundestagswahl sehr schön sehen konnte. Man wird mindestens solche Wesen als Menschen gelten lassen müssen, mit denen man in „Zehn Vorne“ ein romulanisches Ale trinken gehen könnte. Den Anspruch auf Rechtsfähigkeit kann man allerdings nicht auf humanoide Lebensformen beschränken, weil dies ein unsachliches Kriterium wäre, zumal zu hoffen ist, dass das Universum höher entwickelte Spezies hervorgebracht hat als solche, die Dieter Bohlen zum erfolgreichsten Sachbuchautor gemacht haben.
Künstliche Lebensform (Droiden, Replikanten) sind allerdings nicht rechtsfähig. Abgrenzungsschwierigkeiten könnte es bei den zufällig entstandenen Naniten geben. Das Kristallwesen wäre zwar als Lebensform anzuerkennen, hätte allerdings bei der Ausländerbehörde keine Chance, da es nach § 125 StGB auffällig gewesen ist. Insekten, egal welcher Größe, gelten demgegenüber als Tiere und sind damit bislang nicht rechtsfähig, § 90a BGB. Tödliche Wolken scheiden ganz aus.
Von der Frage des Ausländerrechts zu trennen ist natürlich die der friedlichen Co-Existenz. Auch für Aliens muss in diesem Universum Platz sein.
6. Dezember 2013
Der Kollege, Herr Rechtsanwalt Nelson Rolihlahla Mandela, ist gestern verstorben.
Mandela studierte Jura bis 1949, konnte jedoch seinen Abschluss aufgrund seiner politischen Aktivitäten damals nicht verwirklichen. Erst 1989 wurde er Bachelor of Law. Aufgrund eines BA-Abschlusses und eines Juradiploms konnte er jedoch als Anwalt tätig werden und eröffnete 1952 in Johannesburg die erste allein von Schwarzen geführte Anwaltspraxis Südafrikas unter dem Namen Mandela & Tambo Attorneys.
In dieser Zeit erhielt er ein wichtiges Mandat, das er höchst eindrucksvoll vertrat: Das Mandat der Bevölkerung Südafrikas, insbesondere der in der Überzahl befindlichen Einwohner, denen man aufgrund ihrer Hautfarbe weniger Rechte beimaß. Er schwankt damals zwischen dem bewaffneten Kampf gegen das Apartheid-Regime, wie es seinerzeit der Kollege Herr Rechtsanwalt Fidel Castro getan hatte, und den Methoden des Kollegen Herrn Rechtsanwalt Mahatma Gandhi, der das Prinzip der Gewaltlosigkeit (Ahimsa) vertrat.
Nach Berührung mit Kommunisten rief er zu Streiks auf und tendierte zum bewaffneten Widerstand. Aufgrund von illegalen Auslandsreisen wurde er mit anderen 1962 angeklagt, wobei die Todesstrafe verlangt wurde. Stattdessen wurde er eingesperrt. Damals tauschten sich die westlichen Geheimdienste, die etwa in den USA die Bürgerrechtsbewegung und Friedensaktivisten überwachten, intensiv mit dem südafrikanischen Geheimdienst aus. 1968 wurde der Bürgerrechtler Martin Luther King unter ominösen Bedingungen erschossen, 1969 starb Mandelas Sohn bei einem angeblichen Autounfall, bei dem die Gerüchte über eine Beteiligung des Geheimdienstes nie ganz verstummt sind.
Sowohl die Kolonialistin Margaret Thatcher als auch der Neo-Kolonialist Ronald Reagan bezeichneten Mandela als Terrorist. Musiker aus den USA und GB, die mit dieser Bewertung sowie dem Konzept der Apartheid nicht einverstanden waren, organisierten 1988 zum 70.Geburtstag des Kollegen ein weltweit beachtetes Konzert.
1990 wurde Mandela freigelassen und verhandelte maßgeblich mit Staatspräsident Frederik de Klerk über eine friedliche Beilegung des Rassenkonflikts. 1993 erhielten beide hierfür den Friedensnobelpreis. 1993 wurde Mandela Staatschef. Erst 2008 wurde Mandela von der Terror-Watchlist der USA gestrichen, als diese mit ihrem Drohnenabschussprogramm begann.
Es dürfte nur sehr wenige Menschen geben, denen die Welt höheren Respekt zollt. Danke, für Ihr Vorbild, Herr Kollege.
5. Dezember 2013
Vor 30 Jahren erklärte Tegtmeier in einer Folge (bitte ganz schnell ins Internet befreien!) die Nation darüber auf, was man den im Orwelljahr zu erwarten habe. Nachdem er in einem Kaufhaus einen venezianischen Spiegel entdeckte hatte, hinter dem der Hausdetektiv den Laden überwacht, traute er keinen Spiegeln mehr, die er folgerichtig auch in Umkleidekabinen abdeckte.
Im Verlauf der Folge kriegte er auch mit, dass sich jeder Lautsprecher im Prinzip auch zu einem Mikrofon umfunktionalisieren lässt. tegtmeier folgerte messerscharf, dass das auch für Fernseher zutreffen könne, und befürchtete, durch seine Mattscheibe zurück beobachtet zu werden. Daher gab Tegtmeier den Rat aus, beim Fernsehen stets zu lächeln. :)
Inzwischen sind wir soweit. LG fiel neulich damit auf, dass die TV-Geräte meldeten, welches Programm man gerade sah. Im Prinzip kann man ein Programm auch über den Stromverbrauch identifizieren, da die Helligkeit von Bildstellen unterschiedlich Strom verbraucht. Wer dem Programm am Notebook oder Tablet folgt, blickt meist auch in eine Kamera, von der man nicht zuverlässig erkennen kann, ob diese auch wirklich ausgeschaltet ist.
Für die mobile Überwachungswanze, vulgo „Handy“, fehlten sowohl Orwell als auch Tegtmeier die Fantasie. Nunmehr wissen wir von Snowden, dass die NSA anlaßlos Milliarden an Bewegungsdaten speichert – und auch in Jahren noch weiß, wann Sie im Swinger Club, beim spezialisierten Arzt und bei Strohwitwen etc. waren. Oder an Orten, wo typischerweise Drogen gehandelt werden. Durch den Abgleich mit anderen weiß die NSA, wen sie getroffen haben – oder glaubt dies zumindest.
Durch den Anstieg an Daten steigt auch das Risiko von Verwechslungen. Unter den Menschen, die jahrelang in Guantánamo festgehalten wurden oder von Drohnen auf verdacht getötet werden, befanden sich etliche, bei denen dies aufgrund von Verwechslungen geschah. Wie im dystopischen Film Brazil, wo im „Informationsministerium“ eine Fliege einen Namen veränderte.