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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


Piraten leaken Abmahn-Geheimvereinbarung

 

Gestern Abend leakte die Piratenpartei eine offenbar zwischen einem Pornorechteinhaber und einer Anwaltskanzlei ausgehandelte Vereinbarung über ein Erfolgshonorar für Massenabmahnungen im pornografischen Filesharing-Bereich. Besonders spektakulär ist, dass an der Sache die aktuell wegen der Streaming-Abmahnlawine bekannte Kanzlei U+C beteiligt sein soll.

Die Piraten hatten die Dokumente zuvor vom mit der Abmahnindustrie besonders erfahrenen Kollegen Christian Solmecke analysieren lassen, der sich gestern auch zu einer sehr informativen Audio-Talkshow im Internet einfand, die hier zu hören ist (abmahnfrei).

OFF TOPIC:

Im Verlaufe der Talkshow kam es allerdings zu einem Moment, als das Blut gefror: So wollte sich der Kollege Solmecke von der radikalen Position der Piraten abgrenzen, die ja das Urheberrecht ablehnten …

Wenn ein relativ junger, sehr internetaffiner Rechtsanwalt, der sich hauptsächlich im absoluten Kernthema der Piraten(!) bewegt und den Bundestag beim Anti-Abmahngesetz beriet, nicht die tatsächliche Position der Piratenpartei zum Urheberrecht kennt – dann ist der Vorwurf nicht dem Kollegen zu machen, denn Parteiprogramme liest bekanntlich kein Mensch. Wenn wir nicht einmal einem solch aufgeschlossenen Rezipienten die tatsächliche Piraten-Kritik am Urheberrecht kommunizieren konnten, dann sollte es eigentlich auch dem weltfremdesten Pirat langsam einleuchten, dass mit der Öffentlichkeitsarbeit etwas gewaltig schief gelaufen ist.

Seit dem NRW-Wahlkampf habe ich von den Piraten zum Urheberrecht nichts mehr gehört, schon gar nicht im Bundestagswahlkampf, wo man uns nicht einmal Expertise zur Überwachung zubilligte. Warum die Verantwortlichen nach den Sympathieverlusten Ende 2012 und dem Wahldesaster in Niedersachsen unsere durchaus finanzierten Vorschläge, die öffentliche Kommunikation in professionelle Hände abzugeben, in den Wind schlugen und lieber Plakate mit Nichtkandidaten (Transparenz?), Kleingedrucktem (Medium verstanden?) und Themen hängen ließen, die praktisch alle anderen Parteien auch bedienten, habe ich nie verstanden. Selbst ein kontroverser Auftritt wäre wenigstens wahrgenommen worden.

Entgegen der Meinung mancher Piraten glaube ich nicht, dass es im Spektrum zwischen Grünen und Linken sinnvollen Raum für eine weitere Partei gibt, deren Alleinstellungskriterium sich insoweit auf Unerfahrenheit und Dilettanz beschränkt. Rot, Grün und Dunkelrot verfügen bei den sozialen Themen über dramatische höhere Kompetenz und vor allem Konsens, während sich die Piraten im Sandkasten lieber gegenseitig mit Fäkalien bewerfen.

Wenn die Piraten nach Europa wollen, dann können sie nur mit den Themen punkten, von denen sie etwas verstehen (sollten) und bei denen Konsens besteht, und das sind TTPI, bestehendes EU-Urheberrecht und Überwachung. Wenn die Piraten bei der Europawahl im Mai 2014 ernst genommen werden und sich nicht wieder sogar von einer schmierigen rechts-populistischen Parteineugründung überholen lassen wollen, wird es ohne Professionalität im Wahlkampf nicht gehen. Und die sollten immens wichtige Themen wie TTPI eigentlich mehr als wert sein.

Den Tiefpunkt beim diesjährigen Wahlkampf markierte für mich der unsägliche Wahlspot der Piraten, der ähnlich verstörte wie Batman&Robin (1998).

 

« Hallo liebe Pornofreunde! – Urnen-Schmuggler »

Autor:
admin
Datum:
13. Dezember 2013 um 12:09
Category:
Abmahnung,Allgemein,Die lieben Kollegen,Internet,Medienrecht,Politik,Überwachung,Verdachtsberichterstattung
Tags:
 
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