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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


8. Februar 2015

Die heute-Show langte daneben …

In der Satiresendung heute-Show wurde ein Interview, in dem eine Frau eine fremde Meinung referierte, so geschnitten, dass durch die Reduktion des Ausschnitts der Eindruck erweckt wurde, als teile die Frau diese Aussage. Konkret ging es um Überlegungen von Wählern mit Präferenz für NPD und AfD, während die Interviewpartnerin im Gegenteil Parteigängerin der Linkspartei ist.

Die wehrte sich gestern in ihrem Blog. Das ZDF twitterte Krisen-PR. heute-Show-Moderator Welcke facebookte inzwischen eine umfassende Entschuldigung und erklärte den Faux Pas mit einem Missverständnis bei der Recherche. Wollen wir es der Redaktion mal glauben, denn da hätte man schon skeptisch werden können. Es wäre durchaus denkbar (siehe unten), dass die Manipulation aus satirischem Kalkül inkauf genommen wurde, nach dem Motto: „Lieber einen guten Freund verlieren, als einen guten Gag nicht machen!“ ;)

In dem Fall wäre die Rechtslage nämlich sehr verzwickt.

Mit Satire tun sich die Gerichte schwer. Das gilt erst recht für solche Satire, die nicht oder nur schwer als solche zu erkennen ist. Legendär etwa wurde der Rechtsstreit um eine Fotomontage mit dem auf einem bröckelnden „T“ sitzenden Telekomchef Ron Sommer, bei welcher Sommers Kopf um eine Kleinigkeit vergrößert wurde. Der – natürlich – am Landgericht Hamburg begonnene Rechtsstreit ging rauf bis zu BGH und Verfassungsgericht und wieder zurück, wobei jedes Gericht etwas anderes beizutragen hatte.

Ich selbst hatte mit der heute-show auch mal eine skurrile Erfahrung gemacht. So hatten sie Bildmaterial benutzt, bei dem einer Piratin frontal ins Dekolleté gefilmt wurde. Für ein Standbild machten sie sich die Mühe, einen dieses verdeckenden Hinterkopf rauszuretouchieren und fotoshopten, wie sie sich die Brust der Piratin vorstellten. Eine klare Persönlichkeitsverletzung, aber Piraten gehen mit der Pressefreiheit nun einmal souverän um. Für den Fall eines Rechtsstreits hätte ich einen guten Zeugen aufbieten können: Der gelöschte Kopf war meiner … ;)

Geheimdienstskandal der Woche

Im Snowden-Sommer 2013 hatte ich für die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses plädiert. Für die Leitung hatte ich (natürlich) die nun einmal überwachungskritischen Piraten empfohlen, die man zu diesem Zweck hätte in den Bundestag wählen müssen.

Zum Glück haben die Alt-Parteien fähige und untadelige Politiker, die den Job frei von Interessenkonlikten machen. Zur Liste der bedauerlichen Einzelfälle an NSAUA-Mitgliedern, die möglicherweise doch etwas zu verbergen haben, gesellt sich nunmehr der stramme Transatlantiker Roderich Kiesewetter, dem der BND einen Streich gespielt hat.

Gefestigten Transatlantikern möchte ich gerne diesen aktuellen Beitrag zu soldatischen Geheimdiensttugenden der amerikanischen Freunde empfehlen.

5. Februar 2015

Kleines Foltern unter Freunden

Der Deutsche Bundestag hatte Ende letzten Jahres den Antrag abgelehnt, die USA aufzufordern, den Bericht über das Inhaftierungs- und Verhörprogramm der CIA vollständigund ungeschwärzt übermitteln. Die Koalition der Christdemokraten und der Sozialdemokraten vermochte mit dem folgenden Antrag der Fraktion der Grünen offenbar nichts anzufangen:
I.
Der Deutsche Bundestag verurteilt Folter. Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden (vgl. Artikel 5 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) und Artikel 3 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)).
II.
Der Deutsche Bundestag begrüßt die vom Geheimdienstausschuss des Senats der Vereinten Staaten von Amerika durchgeführte Aufklärung der Foltervorwürfe gegen die CIA.
III.
Der Deutsche Bundestag ersucht die zuständigen Stellen in den USA, ihm den Bericht des Geheimdienstausschusses des Senats über das Inhaftierungs- und Verhörprogramm der CIA vollständig und ungeschwärzt zu übermitteln.
IV.
Der Deutsche Bundestag versichert, dass er etwaige Maßgaben der Vereinigten Staaten zur Geheimhaltung beachten wird und den Bericht – wenn von den USA gewünscht – nur in seiner Geheimschutzstelle zugänglich machen wird.
V.
Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, das unter III. genannte Ersuchen sowie die unter IV. genannte Versicherung den Vereinigten Staaten von Amerika zu übermitteln.
Regierungssprecher Seibert referierte in der gestrigen Pressekonferenz, der US-Präsident hätte das jetzt verboten, und damit gut. Im Dezember hatte das deutsche Folteropfer dem letzten in Berlin ernst zu nehmenden Journalisten Tilo Jung ein
href="
target="_blank">bemerkenswertes Interview gegeben. Die damals zuständige Bundesregierung hatte Kurnaz trotz Kenntnis in seinem Folterlager auf Guantánamo sitzen lassen und stattdessen bei Verhören mit dem US-Geheimdienst kooperiert.

4. Februar 2015

John Kiriakou ist draußen

 

Da die USA schon niemanden einsperren, der Gefangene foltert, hatten sie stattdedessen John Kiriakou eingesperrt, dessen Leaks den Folterskandal öffentlich machten. Obamas Wahlversprechen, sich für Whistleblower einzusetzen, hat er eher eigenwillig eingehalten.

Heute wurde Kiriakou entlassen. Für die Medien scheint das kein Thema zu sein.

Die Antwort auf Terror sollte besser eine Frage sein

 

Bundesjustizminister Maas zeigt dem Wahlvolk, was für ein harter Hund er ist und bringt uns die 240.(?) Verschärfung der Sicherheitsgesetze dieser Republik. Wir sind inzwischen wieder sehr nahe beim Verdachtsstrafrecht. Sofern Terroristen uns die Freiheit nehmen wollten, scheinen sie zu gewinnen.

Eine nüchterne Bilanz allerdings besagt, dass der bushig-obamige „War on Terror“ absolut kontraproduktiv war. Statt den provozierten Terror zu vervielfachen, wäre es die politisch ungleich größere Leistung, bei der Ursache anzusetzen.

Dass derartige Gesetze kommen, ist auch ein gutes Stück weit Medienversagen. Die tatsächliche Bedrohung durch Terror steht in keinem Verhältnis zur medialen Darstellung. Deutlich dringender wären Gesetze gegen Lobbyismus und Politikerkorruption. DAS wäre mal ein Sicherheitsgesetz …

28. Januar 2015

Ungeheime Dienste

 

Letzte Woche habe ich in Berlin der Verleihung des Sam Adams-Awards an den vormaligen technischen Direktor der NSA beigewohnt. William Binney wurde aus Verantwortung zum Whitsleblower und fand Mitstreiter bei den Veteran Intelligence Professionals for Sanity, einer Art Selbsthilfegruppe für Spione mit Rückgrat. Die Zivilcourage dieser Ex-Geheimdienstler wird von der Gesellschaft kaum gewürdigt. Von den deutschen Medien berichtete über die Peisverleihung gerade einmal Heise (Kollege Borchers und ich).

Wenn man in der deutschen Medien-Landschaft Aufmerksamkeit wünscht, muss man schon richtig wichtige Sachen machen. Etwa am östlichen Rand der Gesellschaft seine Blödheit demonstrieren oder in Wuppertal mit einer „Sharia-Polizei“-Jacke rumlaufen. Aber seine Freiheit zu riskieren, um einen totalitären Staat zu verhindern? Interessiert keine Sau.

Am Dienstag habe ich mir die Anhörung des NSU-Untersuchungsausschusses zum Verfassungsschutz angesehen. Als Experten waren u.a. ein ehemaliger Top-Verfassungsschützer und ein ehemaliger Innenminister geladen. Auch dazu habe ich in den Medien heute nichs gefunden. Na ja, außer meinem Geschreibsel halt. Terror ist wohl doch kein so pralles Medienthema, wenn es gerade keine Agenda gibt, die man bedienen soll. Ungleich wichtiger ist der Rücktritt der PEGIDA-Schreckschraube. Und ein gewisser „Walter“. Verpasse ich als Nicht-TV-Besitzer eigentlich etwas?

19. Januar 2015

Demonstrationsfreiheit in Gefahr?

 

Im letzten Jahrhundert haben wir in Deutschland eine Auswahl an totalitären Systemen durchgemacht, in denen Meinungs- und Demonstratinsfreiheit keinen allzu hohen Stellenwert genoss. Der Wert der Demonstrationsfreiheit ist kaum zu überschätzen, waren es doch friedliche Demonstrationen, die 1989 sogar den Kalten Krieg beendeten.

Ich halte es daher für sehr wichtig, dass der Staat das Demonstrationsrecht aus Artikel 8 Grundgesetz garantiert. Meinungsfreiheit ist allerdings nur dann gewährleistet, wenn ich Meinungskundgaben toleriere, die ich eigentlich nicht hören will. Daher sollte sich der Staat auch gegenüber unpopulären Meinungen so neutral wie möglich verhalten. Gerade unsympathischen Zeitgenossen sollte man ruhig ein Podium lassen, auf dem sie sich blamieren.

Während ich es gut finde, wenn Privatleute und Unternehmen in der Ablehnung von widerwärtigen Meinungen ein Zeichen setzen, indem sie etwa die Außenbeleuchtung abschalten, habe ich Bauchschmerzen, wenn öffentliche oder von der öffentlichen Hand kontrollierte Einrichtungen darüber befinden, welche Demonstration im Licht stattfinden dürfen und welche in den Schatten gestellt werden.

2009 etwa war es unpopulär und vom Staat unerwünscht, für die Internetfreiheit zu demonstrieren. Wer sich gegen das Zugangserschwerungsgesetz aussprach, wurde von der Regierungspropaganda als Befürworter von Kinderpornographie denunziert. Wer gegen den Überwachungsstaat eintritt, wird vermutlich bald zum „Terroristenversteher“ ausgerufen. Soll der Staat jetzt darüber bestimmen, wer erwünschter Demonstrant ist und wer stört?

Nunmehr wurde eine (verständlicherweise) unerwünschte Demonstration wegen einer Anschlagsdrohung verhindert. Anders als bei Licht- und Schattenspielereien geht es hier um eine Gefahrprävention für die Allgemeinheit, von der nicht nur die Provozierer, sondern auch Passanten, provozierte Gegendemonstranten und dienstverpflichtet Polizeibeamte betroffen sind. Ob die Gefahr wirklich konkret ist, wissen nur die Beteiligten. Ich würde auf ein bellende Hunde wetten, die bekanntlich nicht beißen.

Ab sofort also kann man Demonstrationen mit einer angeblichen Bedrohung abschalten. In Zeiten des Linksterrorismus wollte sich die „wehrafte Demokratie“ nicht von Terroristen erpressen und kalkulierbar machen lassen. Das Bundesverfassungsgericht hatte diese harte Linie der Politik in der Schleyer-Entscheidung ausdrücklich gebilligt. Die Terrorhysterie vor Islamisten hingegen scheint nicht ungelegen zu kommen.

Der Abbau von Bürgerrechten geschieht schleichend, aber effizient. In Spanien etwa müssen Demonstranten mit Bußgeldern von bis zu 600.000,- € und hierzu eingeschleusten Agents Provocateurs rechnen.

15. Januar 2015

BND-Präsident Schindlers Liste …

Im letzten James Bond-Film hatte der britische Auslandsgeheimdienst eine Liste mit den Namen von allen wichtigen Agenten verloren. Das war insoweit ein bisschen unglaubhaft, als dass kein Geheimdienst, der halbwegs bei Trost ist, eine solche Liste überhaupt anlegen würde. „Datensparsamkeit“ nennt man diese Strategie unter Datenschützern.

Die Realität ist weitaus großzügiger. So wurde bekannt, dass ein 31-jähriger BND-Mann eine Liste von nicht weniger als 3.500 Agenten aus dem BND herausgetragen und an die CIA verhökert hat. Überraschend ist, dass der BND überhaupt so viele Agenten hat. Aber warum BND-Präsident Schindler das Risiko einging, einem vermutlich unterrangigen BND-Mann einen so umfassenden Zugriff auf denkbar sensible Daten zu gewähren, ist schon mehr als erklärungsbedürftig.

Einer solchen Behörde, die nicht einmal auf die eigenen Agentendaten aufpassen kann, möchte ich nur sehr ungern Zugriff auf meine Daten gewähren. Dass Frau F., die Datenschutzbeauftragte des BND, von der Führung des Hauses nicht so recht ernst genommen wurde, zeigte sich neulich im NSA-Ausschuss, als es um das Abschnorcheln von Satelliten von deutschem Boden aus ging. Im Weltall gilt nach BND-Meinung kein Recht für deutsche Daten. Der nächste BND-UNtersuchungsausschuss zeichnet sich wohl ab.

7. Januar 2015

Anmerkung zum Anschlag auf Charlie Hebdo

Ich möchte heute dem norwegischen Ministerpräsidenten Jens Stoltenberg und seinem Justizminister Knut Storberget nochmals meine Hochachtung für ihren souveränen Umgang mit dem grausamen Anschlag von 2011 aussprechen.

„Ihr werdet unsere Demokratie und unser Engagement für eine bessere Welt nicht zerstören. [Niemand kann Norwegen] zum Schweigen schießen“

„Noch sind wir geschockt, aber wir werden unsere Werte nicht aufgeben. Unsere Antwort lautet: mehr Demokratie, mehr Offenheit, mehr Menschlichkeit.“

Politiker aus Ländern mit weitaus weniger Kultur hätten damals die bestialischen Morde zum Anlass für martialische Reden und militärische Aktionen genommen und damit die Gewaltspirale weiter gedreht, religiöse Menschen auseinander dividiert und dem Überwachungsstaat Vorschub geleistet.

Auch heute, an einem für die Presse- und Meinungsfreiheit denkbar dunklen Tag nicht nur in Paris, sondern in der gesamten zivilisierten Welt, kann die Antwort nicht Hass und Wut lauten. Gefragt sind weitsichtige Politiker wie die von Norwegen. Hoffen wir, dass die Grande Nation souverän genug ist, aus dem furchtbaren Anschlag auf die Satiriker von Charlie Hebdo nicht die falschen Schlüsse zu ziehen.

Anschläge wie der heutige sind in einer offenen Gesellschaft nicht zu verhindern, auch nicnt mit totaler Überwachung. Man muss den Mördern zeigen, dass sie nichts erreichen und vor Augen führen, dass sie das eigene Lager diskreditieren. Als Charlie Hebdo wegen der islamkritischen Karrikaturen erstmals das Opfer von Anschlägen wurde, zeigten etliche Zeitungen eine großartige Reaktion: Sie druckten die Karriakturen auf der Titelseite ab.

Ideas are bulletproof.

2. Januar 2015

Frag den Staat!

Auf dem diesjährigen Treffen des Chaos Computer Clubs, das jeweils zwischen den Jahren stattfindet, wurde in den verschiedenen Panels immer wieder nach Juristen gerufen, die sich um digitale Bürgerrechte verdient machen möchten.

Ein interessantes Betätigungsfeld bieten etwa die Aktivisten von fragdenstaat.de, die den Staat mit den viel zu wenig genutzten Informationsfreiheitsgesetzen transparent machen wollen. Das ist vor allem bei Interessenkollisionen aufschlussreich.

Der Vortrag lohnt sich schon deshalb, weil man dort sehen kann, dass auch einer im Medienrecht sehr renommierten Kanzlei bei urheberrechtlichen Abmahnungen grobe Fehler unterlaufen können.