31. Oktober 2016
Der Möchtegern-Politiker Christopher Lauer, der von Axel Springer für irgendwas Geld bekam und plötzlich das Leistungsschutzrecht töfte fand, hat offenbar auch Spaß am Medienrecht. Neulich erinnerte ein Berliner Pirat ungebeten an Lauers schäbiges Verhalten von 2010 gegenüber einem Pirat, der Lauer an Schrägheit ebenbürtig war: Gerwald Claus-Brunner.
Der wollte damals für die Piratenpartei einen Wagen beim Berliner CSD anmelden, was an der vom Veranstalter geforderten Kaution von 1.000,- € zu scheitern drohte. Nachdem die Berliner Piraten nicht in die Gänge kamen, wandten sich Claus-Brunner und andere an den Bundesvorstand und boten persönliche Bürgschaften für den Fall an, dass nicht genug Spenden zusammenkämen. Der Bundesvorstand beschloss daraufhin ad hoc die Teilnahme mit dem Truck.
Als dies Lauer zu Ohren kam, fühlte sich die Diva übergangen. Daher bewegte der Intrigant den Bundesvorstand zur Rücknahme der Beauftragung, indem er die Einbringlichkeit der Bürgschaften in Zweifel zog. Lauer bestreitet, dabei Claus-Brunner als „bankrott“ bezeichnet zu haben. Einen Pirat, der dieses kürzlich gebloggt hatte, ließ Lauer anwaltlich auf Unterlassung abmahnen und verlangte eine Gegendarstellung.
Mit seinem beim Landgericht Berlin eingereichten einstweiligen Unterlassungsantrag fiel der Neu-Sozi zu 2/3 erst einmal auf sein Lauerface, weil zwei beanstandete Äußerungen der Meinungsfreiheit unterlagen – etwas, das Piratens mal hoch hielten. Einzig das „Bankrott“-Zitat wurde einstweilen verboten, weil Lauer an Eides statt versichert hatte, dies nicht behauptet zu haben. Insoweit erwirkte er auch per einstweiliger Verfügung eine Gegendarstellung. (Ob ein persönliches Blog, das Erscheinungsintervalle von bis zu neun Monaten aufweist, wirklich ein Telemedium mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten nach § 56 Rundfunkstaatsvertrag ist, darf man bezweifeln.)
Das kleine Problem dabei ist, dass zwei damalige Bundesvorstände inzwischen an Eides statt versichert haben, dass sehr wohl Worte wie „bankrott“ gefallen seien. Lauers eigene eidesstattliche Versicherung ist schon deshalb spannend, weil er dort eine ohne Auftrag erfolgte Anmeldung des Trucks beim CSD behauptet hatte. Aus einer Rundmail von Lauer folgt aber, dass Lauer genau wusste, dass Claus-Brunner & Co. zwischenzeitlich sehr wohl einen Auftrag hatten, mag Lauer einen solchen auch nachträglich torpediert haben.
Lauers fragwürdige Versicherung an Eides statt beschäftigt inzwischen einen alten Bekannten von ihm: Den Polizeipräsident in Berlin. Die Polizeigewerkschaft nannte Lauer jüngst einen „Politclown“.
Bereits 2014 bemühten seltsame Pseudopiraten Presserecht, als Lauer die Piratenpartei übernehmen sollte und Berichterstattung hierzu unerwünscht war. Der Zensurversuch geriet damals maximal peinlich. Lauers Kandidatur scheiterte witzigerweise an einer formalen Hürde, die er selbst entwickelt hatte, um anderen die Bewerbung zu erschweren. Auch der von Lauer 2010 beinahe sabotierte Truck beim CSD fuhr schließlich doch noch.

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14. Oktober 2016
Erwartungsgemäß hat die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Mainz gegen den Satiriker Jan Böhmermann bestätigt. Damit hat sich die strafrechtliche Seite erledigt.
Die Einstellung hat auch Bedeutung für das von mir betreute verwaltungsrechtliche Verfahren zwischen der Piratenpartei Berlin und dem Land Berlin wegen des gefährlichen Eingriffs in die Demonstrationsfreiheit. Bislang zeigt sich der Berliner Polizeipräsident noch uneinsichtig, doch wer zuletzt lacht, lacht als Satiriker! ;)
Anders sieht es für das zvilirechtliche Verfahren am Landgericht Hamburg aus. Die Staatsanwaltschaft ließ es am nicht nachweisbaren Vorsatz scheitern, der für eine sttrafrechtliche Verurteilung erforderlich ist. Verschulden aber spielt aber beim Unterlassungsanspruch nicht so die Rolle.

admin •

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12. Oktober 2016
Das Landgericht Stuttgart schafft Urheberrechte, wo keine sind. So soll das Eigentum nebst Hausrecht Unterlasungsansprüche gegen Nutzung von Fotografien von gemeinfreien Kunstwerken begründen, wenn diese eigenmächtig im Museum abgelichtet wurden.
Außerdem billigt es der fotografischen Reproduktion eines zweidimensionalen gemeinfreien Werks Leistungsschutz nach § 72 UrhG zu.
Im Ergebnis wird daher ein Museum zum Monoplisten von Abbildungen des – eigentlich gemeinfreien – Werks, das aus Zeiten stammte, als es noch kein Urheberrecht gab. Möglicherweise ist es ja das Ziel der Reiss-Engelhorn-Museen, dass Fotografie nicht gelebt wird, sondern ins Museum gehört … ;)
Ich habe das mal auf Telepolis kommentiert: Recht am eigenen Boden.
LG Stuttgart, Urt. v. 27.09.2016, Az.: 17 O 690/15. Nicht rechtskräftig.
7. Oktober 2016
Vorab: Ich kenne das vom GBA in Auftrag gegebene und nun in einer Fachzeitschrift veröffentlichte Gutachten noch nicht. Allerdings waren wohl die wesentlichen Inhalte der geleakten Dokumente zuvor Gegenstand konventioneller Berichterstattung und damit keine Geheimnisse mehr. Dass bei den Leaks von einem „schweren Schaden für die äußere Sicherheit“ die Rede sein könnte, erscheint mir unwahrscheimlich, zumal professionelle Geheimdienste und Terroristen ohnehin dem überwachten Internet misstrauen.
Ungeachtet dessen teile ich die Auffassung, dass die Politik brauchbare Gesetze (etwa für Whistleblower) zu machen und sich ansonsten nicht ohne Not in laufende Verfahren der Justiz einzumischen hat. Die Farce um das Blog Netzpolitik wäre wohl so oder so ein Rohrkrepierer geworden. Zu entscheiden hätten das letzten Endes Richter. Von einem Justizminister allerdings hätte man erwarten dürfen, dass er sich zunächst einmal vor seine Leute stellt und den Rechtsstaat seine Arbeit machen lässt.
Aus gutem Grund ist die Staatsanwaltschaft unabhängig, ministerielle Weisungsrechte spielen in der Praxis normalerweise keine Rolle. Dieses nennt man Gewaltenteilung. Mit politischer Justiz haben wir in Deutschland keine guten Erfahrungen gemacht.
22. September 2016
Oliver Stones Biopic über Snowden ist in jeder Hinsicht gelungen.
Stone mag sich zur Dramatisierung manch dichterische Freiheit genommen haben, doch diese Kunstgriffe des Meisters erwiesen sich zur Gratwanderung zwischen Dokudrama und spannendem Kino als perfekt. Während etwa der Whistleblower-Film „Inside WikiLeaks“ als „Männer, die auf Bildschirme starren“ verspottet wurde und in jeder Hinsicht floppte, ist „Snowden“ ein kurzweiliger, unterhaltsamer, bildgewaltiger und vielschichtiger Streifen, der die beeindruckende Wandlung des patriotischen Elitesoldaten und CIA-Hackers in einen entschiedenen Bürgerrechtler anschaulich nachzeichnet, ohne in billige Heldenverehrung zu verfallen.
Zu wünschen wäre, dass Stone mit seinem Film wie bei JFK einen politischen Impact erzielt. Der Gegenwind, der gegenwärtig aus Hollywood und der US-Presse kommt, wird das schwierig machen, erlaubt aber Aufschluss darauf, wer wirklich das Sagen hat. Für die beruhigte Bevölkerung spielt das Überwachungs- und Schnüffeleithema derzeit keine Rolle. Wie schon eine Figur im Film sagt, begnügen sich die Leute mit dem Vorwand „Sicherheit“.
Als wir 2013 während des Obama-Besuchs in Berlin eine Snowden-Solidaritätsdemo an der Siegessäule aufzogen, kamen gerade einmal an die 100 Leute. Doch ganz umsonst war es nicht: Im Abspann von „Snowden“ ist ein Foto von unserer Demo zu sehen, bei der wir uns Masken von Snowden und Manning vor das Gesicht hielten. Dann bin ich also jetzt nicht nur in der US-TV-Serie Homeland, sondern nun auch im wohl bemerkenswertesten Kinofilm des Jahres … ;)
12. Juli 2016
Kennen Sie den texanischen Scharfschützen? Er schießt mit einer Schrotflinte auf ein Scheunentor und malt hinterher um die Treffer die Zielscheiben. So ähnlich kommt mir die Präsentation der Ergebnisse am OLG Köln in Sachen Kachelmann vor.
512.785,66 € soll Kachelmann nun von Springer bekommen – genauer: 395.000,- € nebst Zinsen und „Nebenkosten“, meldet der Branchendienst meedia, lässt sich jedoch vom Glanz des selbstbewussten Kachelmann-Anwalts nicht blenden. So zählt man rund 800 Artikel von Bild und Bild.de, 150 davon wurden angegriffen, davon widerum gerade einmal 40 erfolgreich – 3,25 Prozent aller zum Justizfall Kachelmann erschienenen Artikel, rechnet meedia.
Von der fantastischen Summe von 2,25 Millionen €, die Kachelmann aufrief, blieb nur Bruchteil, meedia errechnet im Schnitt 15.000,- € pro Einzelfall – Normalmaß im Presserecht, wenn man schon mal die Schwelle zur Geldentschädigung reißt.
Zu ergänzen wären noch die verballerten Prozesskosten. Sofern tatsächlich 2,25 Millionen in beiden Instanzen beantragt wurden, wären das nach RVG knapp 200.000,- €, von denen der Kläger 4/5 stemmen müsste. Bei einem Mandanten, der zwischendurch am finanziellen Ruin schrammte, eine bemerkenswert risikofreudige Prozessstrategie, zumal sechs Jahre Medienrechtsstreit auch nicht an jedem ohne Blessuren vorbeigehen.
In einem weiteren Beitrag zitiert meedia die Springer-Juristen:
Der Springer-Anwalt Jan Hegemann warf Höcker dagegen vor, er wolle die Presse „auf ein amtliches Verlautbarungsorgan reduzieren“ und Journalisten nur offizielle Pressemitteilungen auswerten lassen. „Die Presse hat die Aufgabe, die Entscheidungsfindung des Gerichts zu begleiten“, betonte Hegemann. (…)
Claas-Hendrik Soehring, Leiter Medienrecht der Axel Springer SE, kommentierte den Kölner Richterspruch am Dienstag wie folgt: „Das Urteil zeigt: Mit seiner absurd hohen Millionen-Klage ist Jörg Kachelmann gescheitert, in zweiter Instanz ist ihm jetzt nur noch ein Bruchteil der ursprünglichen Forderung zugesprochen worden. Von der Zulässigkeit unserer Berichterstattung sind wir nach wie vor überzeugt – ob wir Nichtzulassungsbeschwerde einlegen, werden wir nach einer genauen Prüfung der Urteilsgründe entscheiden.“
Und einen weiteren Wehrmutstropfen musste Kachelmann in diesem Zusammenhang verdauen: Seine Hoffnung, als Gerichtsreporter über das Steuerstrafverfahren von BILD-Seite-1-Mädchen Alice Schwarzer berichten zu können, wurden durch einen von der Steuersünderin akzeptierten Strafbefehl zunichte gemacht. Wir hatten uns alle doch so darauf gefreut … ;)
Reden wir halt übers Wetter …
UPDATE:
Die Gerichtsreporterin Gisela Friedrichsen rechnet anders:
Prinzessin Madeleine von Schweden erhielt rund 400.000 Euro wegen Verletzungen ihrer Persönlichkeitsrechte durch die Medien. Allerdings handelte es sich bei ihr um 86 beanstandete Veröffentlichungen. Bei Kachelmann ging es gerade mal um 26 Beiträge, darunter Fotos und Berichte, die seine Intim- und Geheimsphäre betrafen und durch die er vorverurteilt wurde. Unter dem Strich bekam er mehr zugesprochen als je ein Kläger zuvor in Deutschland.
Außerdem verweist sie auf eine gütliche Einigung mit dem Burda-Verlag, deren Inhalt nicht bekannt ist.

admin •

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21. Juni 2016
Das Landgericht Berlin hat der Wikimedia Foundation die Nutzung eines Lichtbilds eines gemeinfreien Gemäldes untersagt. Zwar ist das Gemälde gemeinfrei, da es aus einer Zeit stammt, die Jahrhunderte vor Einführung des Urheberrechts lag. Nicht frei ist allerdings das konkret verwendete Foto des Gemäldes, das der Hausfotograf des Museums angefertigt hatte.
Denn jedes noch so schwache Lichtbild genießt den Schutz des Urheberrechts. Im Gegensatz zu den anderen Kunstgattungen ist bei der Fotografie keine persönlich geistige Schöpfung nach § 2 Abs. 2 UrhG erforderlich. Zwar kann bei ausreichender Schöpfungshöhe eine Fotografie ein sogenanntes Lichtbildwerk nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG sein, doch ausreichend für den Unterlassungsanspruch ist das Vorliegen eines Lichtbilds nach § 72 UrhG.
Irrlichtbilderei
Der historische Grund liegt darin, dass früher jeder einzelne Schnapschuss mit einem Magnesiumblitz beleuchtet werden musste, was mit einer konkreten finanziellen Investition des Fotografen verbunden war. Dann war es nur fair, dass dem Fotografen alle Früchte dieser Investition zuteil wurden. Dieses Recht nennt sich nicht Urheberrecht im engen Sinne, sondern „Leistungsschutz“.
UPDATE
Gegen die schematische Einordung des Abknipsens von fremden zweidimensionalen Werken als Lichtbilder spricht allerdings eine Entscheidung des BGH zur Reproduktionsfotografie, BGH ZR 146/98:
„Soweit die Klägerin den Lichtbildschutz des § 72 UrhG für sich in Anspruch
genommen hat, fehlt es an Klagevorbringen dazu, ob und inwieweit die Telefonkarte der Klägerin ein Lichtbild oder ein auf ähnliche Weise hergestelltes Erzeugnis wiedergibt. Unabhängig davon müßte das Bild, für das die Klägerin den Schutz des § 72 UrhG in Anspruch nimmt, mehr sein als eine bloße technische Reproduktion einer bestehenden Graphik. Denn der technische Reproduktionsvorgang allein begründet noch keinen Lichtbildschutz (vgl. BGH, Urt. v. 8.11.1989 – I ZR 14/88, GRUR 1990, 669, 673 – Bibelreproduktion, m.w.N.; Schricker/Vogel, Urheberrecht, 2. Aufl., § 72 UrhG Rdn. 22). Vielmehr ist ein Mindestmaß an persönlicher geistiger Leistung erforderlich, die dann zu verneinen ist, wenn ein Lichtbild oder ein ähnlich hergestelltes Erzeugnis nicht mehr als die bloße technische
Reproduktion einer vorhandenen Darstellung ist. Daß diese Voraussetzungen im Streitfall erfüllt sind, läßt sich dem Vorbringen der Klägerin nicht entnehmen.“
In Zeiten von Handykameras, die ohne ernsthaften Aufwand Hunderte Fotos in der Minute schießen, ist dieses Argument des Investitionsschutzes deutlich relativiert. Vielmehr gehört eine solche Haltung ins Museum – dachte man sich allerdings auch in Mannheim.
Das Gericht hat das geltende Recht anzuwenden, und das Museum hat ja nun einmal den Fotograf und den Druck bezahlt. Soll doch Wikimedia gefälligst selbst das Gemälde fotografieren!
Hausrecht …
Doch halt! Wertvolle Gemälde kann man qualitativ anspruchsvoll nur fotografieren, wenn man mit Stativ, Qualitätsgerät und Beleuchtung arbeitet. Jedoch verbieten etliche Museen das Fotografieren qua Hausrecht. Und nach der (umstrittenen) Rechtsprechung des BGH wirkt sich das Hausrecht auch auf das Verwertungsrecht der Aufnahmen aus. Wer auf dem Gelände etwa des Schlosses Sanssouci oder der Deutschen Bahn fotogafiert (und dazu gehören nach Meinung mancher Berliner Richter auch Innenaufnahmen in einem Eisenbahnwagen, der sich naturgemäß über dem Gleisbett befindet), benötigt die Zustimmung der Hausherrin.
Und damit kommt dem Eigentümer eines gemeinfreien Werks faktisch ein „Urheberrecht“ und damit ein Monopol zu, das so nie vorgesehen war. Im Interesse der Informationsfreiheit sollte nach der Konzeption des Gesetzgebers jedes Urheberrecht spätestens 70 Jahre nach Tod des Künstlers enden, um den kulturellen Fortschritt nicht zu blockieren. Welchen Vorteil sich das Museum von seiner Missgunst verspricht, bleibt dessen Geheimnis. Zur Mona Lisa pilgern die Leute sicherlich nicht, um überrascht zu werden, weil sie die noch nie auf Fotos gesehen haben.
Deutsche Kastration
Der Geltungsbereich des deutschen Urheberrechts und damit des Lichtbildschutzes ist allerdings geographisch begrenzt. Außerhalb von Deutschland wird sich Wikimedia kaum Vorschriften machen lassen.
18. Juni 2016
Inzwischen liegt die Begründung zur einstweiligen Unterlassungsverfügung des Landgerichts Hamburg in Sachen Erdogan ./. Jan Böhmermann vor.
Der Besprechung des Kollegen Dr. Kahl ist praktisch nichts hinzuzufügen.
In alter Tradition berücksichtigt die Pressekammer im Ergebnis nicht den Kontext und ignoriert damit standhaft – um nicht zu sagen: trotzig – die Rechtsauffassung der Karlsruher Gerichte.
Dass es außerdem der „Schweinepfurz“ ist, der für das Gericht mit Ausschlag gebend ist, überrascht, da der religiöse Aspekt bislang in der Diskussion keine nennenswerte Rolle spielte. Eine religionsschmähende Intention Böhmermanns dürfte fernliegend sein, für die Einordnung als beleidigend kommt es auch nicht auf subjektive Befindlichkeiten des Betroffenen an, sondern auf ein verobjektiviertes Verständnis einer Äußerung.
Die Hamburger meinen zudem:
Da das Gedicht nicht als unauflösliche Einheit zu betrachten ist, ist wie auch ansonsten bei anderen Kunstwerken wie beispielsweise Büchern oder Filmen nicht die Verbreitung des gesamten Gedichts zu untersagen, sondern nur die aus dem Tenor ersichtlichen, vom Antragsgegner rechtswidrig verbreiteten Passagen.
Das kann man auch anders sehen. Insbesondere darf man nicht das eigentliche Schmähgedicht und Passagen daraus aus dem Kontext reißen, da etwa die ironisch bzw. sarkastisch gemeinten Passagen wie die rassistischen und sexistischen Anspielungen nun einmal isoliert einen anderen Sinn ergeben.
Jedenfalls aber steht die Auffassung des Landgerichts Hamburg, das einzelne Passagen für zulässig erachtet, im Widerspruch zur Rechtsmeinung des Verwaltungsgerichts Berlin, das jegliches „Rezitieren oder Zeigen“ des Böhmermann-Gedichts für zensierenswert hält. Hiergegen haben die Berliner Piraten Hauptsacheklage eingereicht.
Wer immer in den letzten Wochen meinte, das Problem des fliegenden Gerichtsstands sei überschätzt, mag sich die unterschiedlichen Urteile von Köln, Berlin und Hamburg zu Gemüte führen.
LG Hamburg, Beschluss v. 17.05.2016, Az. 324 O 255/16

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3. Juni 2016

Nachdem der Polizeipräsident in Berlin das „Zeigen und Rezitieren“ des Böhmemanngedichts auch in Teilen bei einer Demonstration untersagt hatte und auch das Verwaltungsgericht Berlin sich weigerte, einen Katalog des gerade noch erlaubten anzubieten, wollten es die Piraten etwas genauer wissen. So meldeten die Piraten eine weitere Demonstration vor der türkischen Botschaft an und reichten dem Polizeipräsident zur gefälligen Zensur ein detailliertes Programm ein.
Darin wollten die Piraten eine Aufnahme der Rede des CDU-Abgeordneten Herrn Seif abspielen, sowie Erdogans Anwalt Herrn Prof. Dr. Höcker zitieren, der diese Form des Zitats korrekt fand. Doch der Polizeipräsident meint, dass das Abspielen einer Aufzeichnung die Rede aus dem parlamentarischen Kontext reißen würde.
Mit keinem Wort beanstandete der Polizeipräsident den Programmpunkt mit dem nicht ganz zufällig gewählten Titel „anachronistische Zugvögel“: Darin wollten die Piraten pantomimisch und mit Symbolen das Gedicht „Schmähkritik“ nachspielen. Etwa das Zitieren des Wortes „Schweinepfurz“ durch Darmwinde wurde nicht beanstandet, auf vorherigen Augen- bzw. Nasenschein wurde verzichtet. Schilder mit Textanteilen aus dem Gedicht dürfen allerdings nur den Titel „Schmähkritik“ enthalten.
In keiner Weise verboten wurde der angemeldete Programmpunkt Die Saporoger Kosaken schreiben dem türkischen Sultan einen Brief. Den deftigen Text, der gewiss nicht zur Pflege der Völkerverständigung erdacht wurde, sollte man einmal gelesen haben …

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26. Mai 2016
https://youtu.be/MnnMvIG4-NU
Seit vier Jahren nun warten über 1.000 Klehranleger und meine Wenigkeit auf die Berufungsverhandlung in Sachen Klehr ./. Kompa. Damals wurde mir das Einbetten eines YouTube-Videos mit einem ZDF-Beitrag über den streitbaren Krebsbehandler Dr. Nikolaus Klehr verboten. Schon seit zwei Jahren ist aus dem Rechtsstreit zwischen Klehr und dem ZDF klar, dass das Video keine offensichtlich rechtswidrigen Inhalte aufweist. Außerdem wurde Klehr das Produzieren seiner Eigenblutpräparate verboten.
Doch still ruht der See. Warum die Prozesshanseln von der ZEIT (ebenfalls gegen das ZDF) am Oberlandesgericht Hamburg gerade einmal ein Jahr auf ihre Berufung warten mussten, würde mich ja mal interessieren.
In der Zwischenzeit hat sich einiges ereignet. So hat der BGH dem EuGH folgend klargestellt, dass Framing etwa keinen Fall urheberrechtlichen Öffentlichen-Zugänglich-Machens darstellt. Das ist zwar nicht 1:1 auf das Persönlichkeitsrecht übertragbar, nimmt jedoch etwas Druck vom Kessel.
Gerne hätte ich Herrn Dr. Klehr vor dem OLG Hamburg oder woanders verlieren sehen, doch vor ein paar Tagen ist mein Kontrahent vor seinen letzten Richter getreten.
Über Verstorbene soll man nur Gutes sagen, und tatsächlich habe ich jemand gefunden, der solches tut. Doch wenn man etwas genauer hinsicht, erkennt man auf den zweiten Blick, dass es sich nicht um einen redaktionellen Text handelt, sondern um eine „Anzeigensonderveröffentlichung“. Ob diese in dieser Form mit dem Medienrecht und dem Heilmittelwerbegesetz harmoniert, soll hier besser nicht erörtert werden …
Der Tod einer Partei allein beendet allerdings keinen Zivilprozess, vielmehr haben nun die Rechtsnachfolger die Möglichkeit, das Berufungsverfahren weiter zu führen. Dank der Finanzierung durch die edlen Klehranleger kann ich Widerstand bis zum BGH, zum Bundesverfassungsgericht und zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte leisten. Und genau das werde ich auch tun.
An dieser Stelle danke ich nochmals allen Klehranlegern! :)

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