Richter-Schreck und Anwalts-Nemesis Rolf Schälike hatte es sich vor ein paar Jahren mit einem Berliner Promi-Anwalt verscherzt, der wegen der Berichterstattung insbesondere über von diesem verlorene Prozesse alles andere als erbaut war. Also startete der Berliner Anwalt eine Serie von Abmahnungen, einstweiligen Verfügungen usw., die den renitenten Blogger von seiner Mission abbringen sollten. Was der schlaue Anwalt offenbar nicht wusste, war die Tatsache, dass Schälike seinerzeit Bergsteiger war und die erste Nordpol-Expedition der DDR vorbereitet hatte: Dünne Luft ist für den Mann Alltag, Aufgeben keine Option.
Es entwickelte -sich ein jahrelanger, mit harten Bandagen ausgetragener Kleinkrieg s wissenschaftliches Experiment, der auch über Vasallen geführt wurde. So hatte sich ein beim Promi-Anwalt beschäftigter Anwalt selbstständig gemacht und war ebenfalls in die Schusslinie des Pressebloggers geraten. Also beauftragten sich die beiden Berliner Anwälte jeweils gegenseitig, was für den Gegner gewisse Kosteneffekte hatte. Von seinen Gefechten mit Presse-Anwälten zählt Schälike inzwischen 63 als gewonnen.
Dieser andere Berliner Anwalt hatte das Unglück, dass er bei Berichterstattung über seine Arbeiten stets Karikaturen von Schweinchen auf der Homepage sah, was er auf sich bezog und offenbar für eine Sauerei hielt. Der kultverdächtige Schweinchen-Prozess wurde letzten Freitag vom Berliner Kammergericht in einer aufschlussreichen Verhandlung beendet.
Die beißende Ironie an der ganzen Sache ist, dass es den Anwälten um die Vermeidung peinlicher Prozessberichterstattung auf der Website ging. Doch das genaue Gegenteil haben sie erreicht!
David Beckham war eine Callgirl-Geschichte angelastet worden, auch von Fachorganen für Gesellschaftsreportage des Bauer-Verlags. Nun ist Herr Beckham sauer und hat den Kollegen Prinz mandatiert, der ca. 18 Millionen Euro locker machen soll – melden sinnigerweise die Finanznachrichten.
Interessant ist, dass der Hamburger Prinz eine entsprechende einstweilige Unterlassungsverfügung in Köln beantragt hat, wo es für solche Fälle doch das Landgericht Hamburg gibt. Denkbar, dass der Antrag ursprünglich schon erfolglos bei anderen Gerichten gestellt wurde, was im einstweiligen Rechtsschutz in Kombination mit dem fliegenden Gerichtsstand zulässig ist.
Die von Beckham aufgerufenen 18 Millionen dürften ein wenig hoch gegriffen sein. Aber bescheiden ist der Mann ja ohnehin nicht.
Die für heute vorgesehene Koranverbrennung in Amiland scheint abgesagt zu sein. Hierzulande verfügen wir über ebenbürtige Gottesmänner im Namen des Herrn. So hatte der allseits beliebte Kardinal Meisner dem Kabarettisten Jürgen Becker 2007 vom Landgericht Kölle das folgende Zitat verbieten lassen:
„In Köln kann man keinen Moslem dazu ermuntern, Katholik zu werden. Denn von einem Hassprediger zu anderen zu wechseln, bringt nichts.“
Zur juristisch interessanten Frage, was denn genau ein Hassprediger sei, verweisen manche auf die Legaldefinition in § 55 Abs. 2 Nr. 8 Zuwanderungsgesetz, dem zufolge ein Ausländer ausgewiesen werden kann, der
8. a) öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht in einer Weise billigt oder dafür wirbt, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören, oder
b) in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören, zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt oder zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordert oder die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er Teile der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
Eine Ermessensausweisung („kann“) erfolgt bei sogenannten Hasspredigern, also bei einer Verbreitung von Gedankengut, durch das Kriegsverbrechen oder Terrorismus in einer Weise gebilligt werden, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören sowie bei einer Aufstachlung zu Hass oder Gewalt gegen Teile der Bevölkerung oder Angriffen gegen die Menschenwürde anderer durch Beschimpfung, Verleumdung oder Verächtlichmachung von Teilen der Bevölkerung.
Da es den deutschen Predigern wohl am Migrationshintergrund fehlt, dürfen die also hassen, bis der Arzt kommt. Amen!
Das hatten sich die Medienrechtler so vorgestellt: Nachdem Schälike die Mediengerichte in Hamburg und Berlin überwacht, hielten sich namhafte Kanzleien für clever, die Zensurbegehren ihrer Mandantschaft lieber in Köln zu verhandeln.
Der Schuss geht jedoch zumindest an den Tagen nach hinten los, wenn Schälike selbst in Köln vor den Kadi gebeten wird, denn wenn Schälike schon mal eine Pressekammer aufsucht, harrt er dort grundsätzlich den ganzen Prozesstag aus – und bloggt und twittert, was eigentlich depubliziert werden sollte.
Ein grandioses Eigentor schoss gestern der Promianwalt Dr.S.-Zögling Rechtsanwalt H., der Dr. S. in der Fehde Dr. S. ./. Schälike vertrat. Weil Dr. H. auch andere Fälle in Köln verhandelte, terminierten die Kölner ebendiese Fälle ebenfalls gestern, damit Kollege H. nicht jedesmal neu kommen muss. Da also auch zwei Schälike-Fälle dabei waren, hatte Kollege H. sich den Anwaltsschreck quasi frei Haus bestellt, die Reisekosten und die Entschädigung für den Zeitverlust übernommen und musste ertragen, dass dieser auch über seine anderen Prozesse berichtete – die H. überwiegend verlor.
So richtig demütigend muss es aber gewesen sein, dass Schälike seine Fälle gewann – und zwar ausgerechnet auch den Prozess, in dem es darum ging, ob Schälike Prozesse auflisten darf, die Dr. S. gegen Schälike häufig verloren hatte! :-P Bei dieser Gelegenheit sei auf Schälikes Twitter-Service hingewiesen! ;-)
Auch die Kanzlei des prominentesten deutschen Presserechtlers hatte ihren Vertreter extra von Hamburg nach Köln gesandt, wo man über Schälike Anwesenheit wohl alles andere als glücklich war.
Der Axel Springer-Verlag wehrt sich gegen Kachelmanns Diskretionswünsche hinsichtlich seiner Strafakte und konnte gestern am Landgericht Köln einen weiteren Erfolg verbuchen. Für Presserechtspraktiker interessant ist, dass Kollege Höcker offenbar nur einen beschränkten Antrag stellte. So berichtet Media:
Verlagssprecher Tobias Fröhlich: „Wichtig ist, dass das Berichterstattungsverbot nun vom Tisch ist. Dass das Gericht die eigene Verfügung bestätigen konnte – und das für einen geringen Zeitraum bis zur Anklageerhebung – , ist nur darauf zurückzuführen, dass Kachelmann schon zuvor auf die EV für die Zeit nach dem 19. Mai verzichtet hatte. Anderenfalls hätte das Landgericht die gesamte EV aufheben müssen. Der Verzicht ist daher nichts anderes als eine juristische Nebelkerze um die Niederlage Kachelmanns zu verhüllen. Das wird sich in der Berufungsverhandlung zeigen.“
Die Mechanismen der Aufmerksamkeitsökonomie fasst Constanze Kurz, Pressesprecherin des Chaos Computer Clubs, anhand der Duisburger Gängelei in der FAZ zusammen:
Das Landgericht Köln hält das Gutachten für eine persönlich geistige Schöpfung und macht Urheberrecht fruchtbar. Bei 300 Seiten scheint das wohl vertretbar. Eine interessante Frage ist, warum man nach Köln ging, denn Duisburg hätte doch „näher“ gelegen. Nun ja: Bei Leaks haben die Kölner sich einen gewissen Ruf erworben.
Ich hatte in der Kölner Pressekammer mal erlebt, dass die einer gemailten Löschungsaufforderung, die aus zwei Sätzen bestand, Urheberrechtsqualität beigemessen hatte. Als ich denen ob diesen groben Unfugs die Augen geöffnet hatte, kam der Vorsitzenden eine neue Idee: das Briefgeheimnis! Eine Information, die aufgeschrieben ist, scheint in Köln automatisch ein von Dritten zu wahrendes Geheimnis zu sein. Das entsprechende Urteil, in dem man sich dann auch mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht behalf, wurde natürlich nie rechtskräftig.
Nun gut, lieber Oberbürgermeister! Sein Sie bitte nicht böse, wenn das Ding bei WikiLeaks auftaucht! Manche werden das Internet hat nie begreifen …
„Dieses Verfahren hat zentrale Bedeutung für die Freiheit der Berichterstattung über strafrechtliche Ermittlungen. Wie Herr Kachelmann nun seine zusätzlich erhobenen Geldentschädigungsforderungen begründen will, bleibt abzuwarten“, erklärte „Bild“-Anwalt Spyros Aroukatos.
Auf Nachfrage erklärt Höcker: „In der heutigen Bild-Pressmitteilung wurde ganz geschickt nur dieser letzte Punkt herausgriffen. Bild tut allerdings so, als sei dies ein Ergebnis der heutigen Verhandlung, Herr Kachelmann hat diesen Verzicht jedoch schon am 22. Juli erklärt.“
UPDATE: Auf seiner Website nimmt Höcker zur Frage Stellung, dass es BILD für zulässig hielt, bereits vor der Namensnennung durch die StA zu berichten.
Lukas Podolski war bei der vormaligen WM mit seinen Attacken gegen die WDR-Radio-Comedy „Lukas‘ WM-Tagebuch“ am Landgericht München gescheitert. Nun wird vermeldet, dass sein Promianwalt Dr. S. mit einer einstweiligen Verfügung gegen eine bestimmte Folge am Landgericht Köln erfolgreich war. Ganz großer Sport!
Auslöser war die sexistische Äußerung des Imitators, Podolski solle bei Löw auch mal hinten aushelfen.
Viel effizienter dürfte allerdings Poldis Liebesentzug gegenüber dem WDR sein, der er seit vier Jahren kein Interview mehr gibt.
PS: Gefährlich an der hier verlinkten Folge ist jedenfalls der Kommentar über Ballack am Schluss … ;-)
Ein Mandant von mir erhielt nun zum dritten Mal Post von einem Abmahnanwalt. Stets ging es um den angeblichen Download eines bestimmten BRAVO-Albums am gleichen Tag. Allerdings wurden keine ganzen Alben angemahnt, sondern stets nur einzelne Titel. Da besagtes BRAVO-Album offenbar 43 Stücke bietet, darf sich der Mandant auf weitere 40 Abmahnungen gefasst machen …
Ein Frankfurter Abmahnmeier bat den Mandanten zur Kasse; ein Karlsruher Abmahnmann gab sich gleich zweimal die Ehre. Nähme man diese Abmahn-Farce ernst, dann dürfte der Mensch, der sich da ein Album runtergeladen haben soll, mit Kosten von 20.000,- Euro rechnen, wenn denn das anwaltliche Blutbad durchgezogen wird.
Waren mir bisher schon Abmahnungen zweier unterschiedlicher Kanzleien betreffend eines Downloads eines Albums untergekommen, so scheint sich nun ein neuer Trend herauszubilden. Sind denn die Filesharing-Fälle inzwischen so selten geworden, dass sich die Branche jetzt durch Mehrfachverwertung gesundstoßen muss? Oder mal anders gefragt: Wer hat hier eigentlich mehr Ähnlichkeit mit Piraten? Die Musikfreunde, oder nicht vielmehr die Leute, die unverhältnismäßig auf kleine Leute losgehen und mit aberwitzigen Forderungen konfrontieren?