Heute isses am BGH spannend: Marion versucht in dritter Instanz, aus Hamburger Urteilen wieder eine trübe Suppe zu kochen.
An dieser Stelle möchte ich auf meinen Artikel über das Verhältnis des 6. Senats des BGH zu den Hamburgern auf Telepolis hinweisen: Hamburg hört in Karlsruhe auf
Auch die Kinder des Nationalheiligen und Kaisers Franz Beckenbauer unterliegen irdisch-bürgerlichem Recht. So wollte Beckenbauer zugunsten seiner Kinder ein präventives Verbot für die Verbreitung von Fotos seiner minderjährigen Kinder durchsetzen. Tatsächlich folgte Richter Buskes Pressekammer beim Landgericht Hamburg dem so nicht im Gesetz vorgesehenen Ansinnen Beckenbauers und sprach ein bis zur Volljährigkeit der Kläger geltendes Unterlassungsgebot aus. Auch das hanseatische Oberlandesgericht sah hierin „keine unzulässige Einschränkung der Pressefreiheit“.
Wie der Bundesgerichtshof heute jedoch in einer Pressemitteilung bekannt gab, kann
Eine solche Interessenabwägung kann nicht in Bezug auf Bilder vorgenommen werden, die noch gar nicht bekannt sind und bei denen insbesondere offen bleibt, in welchem Kontext sie veröffentlicht werden. Etwas anderes gilt nicht deshalb, weil die Kläger noch minderjährig sind. Zwar müssen Kinder und Jugendliche gegen die Presseberichterstattung in stärkerem Umfang geschützt werden als Erwachsene. Doch ist für die Zulässigkeit einer Bildveröffentlichung auch bei Minderjährigen eine Abwägung zwischen deren Persönlichkeitsrecht und der Äußerungs- und Pressefreiheit erforderlich. Ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit ist auch bei Kindern und Jugendlichen bei vielfältigen, im Einzelnen nicht vorhersehbaren Lebenssachverhalten denkbar. Ein Generalverbot, welches insbesondere bei jüngeren Kindern bis zu deren Volljährigkeit viele Jahre gelten würde, wird dem nicht gerecht und stellt eine nicht hinnehmbare Beeinträchtigung der Äußerungs- und Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) dar.
Es bleibt also dabei: Man muss in jedem Einzelfall abwägen, ob das Berichtsinteresse überwiegt, oder eben nicht. Das wird bei Kindern von Prominenten, die vom Promi nicht in der Öffentlichkeit zur Schau gestellt werden, regelmäßig im Interesse des ungestörten Aufwachsens nicht der Fall sein. Aber es ist Sache des Gerichts, Verstöße nachträglich bzw. bei unmittelbarer Drohung gerichtlich zu sanktionieren. Das, was Hamburg da strukturell einstielt, kann man kaum höflicher als „Zensur“ nennen.
Immer wieder das gleiche Spiel: Hamburg verbietet, was das Zeug hält, spricht aberwitzige Geldsummen aus usw., Karlsruhe beendet den Spuk. Wie lange soll diese Sisyphos-artige Farce eigentlich noch die Geldbeutel von Verlagen, Rundfunkhäusern und Bloggern strapazieren? Könnte nicht mal irgendjemand in Hamburg die Fenster aufmachen und mal kräftig durchlüften?
Der Fall unterscheidet sich von den meisten presserechtlichen Fallgestaltungen dadurch, als dass die Kontrahenten Wettbewerber im Zeitungsmarkt sind, die filmische Äußerung als nicht nur politisch/künstlerischer Natur war, sondern auch gewerbliche Interessen im Spiel waren. So stützte der Axel Spinger-Verlag seinen vermeintlichen Anspruch auf § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG (unlautere vergleichende Werbung). Doch der BGH fand es einerseits witzig, andererseits die angebliche Herabsetzung nicht so dramatisch.
Wie so häufig, hatten in die Hamburger die Linie von Bundesgerichtshof und Bundesverfassungsgericht, die Artikel 5 Grundgesetz einen weiten Spielraum zubilligen, mal wieder komplett ignoriert. Revisionen gegen abwegige Hamburger Willkür-Entscheidungen lohnen sich fast immer, sind aber häufig eine Frage Geldbeutels. Ob das im Sinne des Erfinders der Meinungs- und Kunstfreiheit sein kann?
Nimmt eigentlich noch irgendwer mit Sachverstand das Landgericht Hamburg ernst?
Der BGH hat heute (wie hier angekündigt) in einem wichtigen Urteil die konstant vom Landgericht Hamburg beschnittene Meinungsfreiheit gestärkt. Wie die Financial Times Deutschland berichtet, war Grässlins Interview, in dem er die Umstände des Rücktritts von Schrempp kommentierte, laut Karlsruhe eine zulässige Meinungsäußerung.
Grässlin musste sich die Zulassung zur Revision hart erstreiten. Mich persönlich verbindet mit Grässlin, dass auch sein Name auf der „Gästeliste“ von Buskes Freitagssitzung stand, als ich vor drei Jahren dort das erste mal meinen Fuß in die berühmt berüchtigte Pressekammer setzte.
Herzlichen Glückwunsch und meinen tiefen Respekt für Ihre Hartnäckigkeit, die nun belohnt wurde! Verbunden fühle ich mich allen Spendern, die Grässlin bei diesem für die Meinungskultur in Deutschland richtungsweisenden Urteil unterstützt haben.
Heute war ein großer Tag für die Meinungs- und Pressefreiheit!
Sowie das Urteil vorliegt, werde ich es eingehend kommentieren. Schöne Grüße nach Hamburg!
Wie bereits hier im Blog berichtet, hatte der BGH im Februar ein unverschämtes Unterlassungsbegehren der FRAPORT AG gegen W. zurückgewiesen, nachdem es beim Landgericht Hamburg und beim hanseatischen Oberlandesgericht natürlich durchgegangen war.
FRAPORT bemühte gegen den lästigen Kritiker W. auch das Geschäftsgeheimnis, auch strafrechtlich. Da für Geheimnisse der fliegende Gerichtsstand offenbar nicht in dem Sinne gilt wie im allgemeinen Presse- und Medienrecht, klagte man in Frankfurt. Dort stellte am 26.01.2006 das Oberlandesgericht Frankfurt fest, dass im geistigen Meinungskampf eine Abwägung zwischen dem Geheimhaltungsinteresse und den berechtigten Interessen der Öffentlichkeit zu erfolgen habe – und erlaubte die Veröffentlichung.
Mit Beschluss vom 30.06.2009 wies der BGH nun die Nichtzulassungsbeschwerde der Frankfurter Flughafenbetreiber zurück, womit das Urteil nunmehr bestätigt ist. Damit haben W. und seine Mitstreiter auf ganzer Linie gesiegt. Eine wichtige Entscheidung für den Meinungsstandort Deutschland!
Dreieinhalb Jahre Prozessiererei haben sich letztendlich gelohnt. Erneuten Glückwunsch, Herr W.!