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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


7. Mai 2014

Verspiegelte SPIEGEL-Affäre

 

Der Regisseur Roland Suso Richter ist dafür bekannt, Stoffe deutscher Gerichte dramaturgisch gekonnt, historisch aber mitunter sehr frei und bisweilen ärgerlich falsch zu verfilmen. Die gerade in der ARD gelaufene SPIEGEL-Affäre (hier ins Netz befreit) ist leider keine Ausnahme. Franziska Augstein hat dazu bereits das Wesentliche richtiggestellt.

Sehr schade ist, dass der Film nicht aus der Perspektive und Welt der 50er/60er Jahre erzählt wird. Denn in Wirklichkeit war die SPIEGEL-Affäre eine Art Flügelkampf im konservativen Lager. Die FDP, der Rudolf Augstein angehörte, war damals eher ein Sammelbecken für sehr national Gesinnte. Auch Augstein selbst war keineswegs die im Film dargestellt Lichtgestalt, wie man bei Otto Köhler nachlesen kann. Wie im Film kurz erwähnt wird, arbeiteten im SPIEGEL sogar höchst fragwürdige SS-Leute.

Im Film wird kurz ein vorgeblich punktueller Kontakt der SPIEGEL-Redaktion zum BND dargestellt, der wohl irgendwo in Pullach hause. Tatsächlich war der geschäftsführende Redakteur Hans Detlev Becker mit dem stellvertretenden BND-Chef, der in Hamburg residierte, eng befreundet und wurde sogar als dessen Nachfolger vorgeschlagen. Die damalige BND-Nähe des SPIEGEL dürfte auch einer der Gründe gewesen sein, dass Strauß eine Intrige von dessen Dienstherrn Adenauer witterte, um den ungeliebten Kronprinz aus Bayern als unfähigen Verteidigungsminister zu domestizieren.

Irreführend ist die im Film suggerierte Annahme, Strauß wär atomkriegsfreudiger als Adenauer gewesen. Von den meisten Historikern wird tapfer ausgeblendet, dass gerade Adenauer zur Atombombe ein äußerst naives Verhältnis pflegte und mit seinen Wünschen für deren Einsatz gegen die Sowjetunion Präsident John F. Kennedy mehrfach in Verlegenheit brachte.

Wie weggetreten die Mächtigen damals waren, sieht man am im Film erwähnten Prof. von der Heidte, der seinerzeit die Strafanzeige erstattet hatte. Von der Heidte hatte damals vorgeschlagen, die Bundeswehr in katholische und evangelische Divisionen aufzuteilen. Vermutlich ließ er sich hierzu vom Hohen Kommissar John McCloy inspirieren, der für das US-Militär die Rassentrennung forderte.

Beschähmend am Heldengemälde für Augstein ist schließlich, dass es der Drehbuchautor nicht für nötig befand, den eigentlichen Ghostwriter des berühmten „Bedingt abwehrbereit“-Artikels auch nur zu erwähnen. Jener Autor Heinz Höhne war es denn auch, der ein Jahrzehnt später eine Enthüllungsserie „Pullach intern“ über den BND brachte, welche die enge Zusammenarbeit zwischen Nachrichtendienst und Nachrichtenmagazin beendete. Als Höhne, einer der profundesten Geheimdienstkenner, vor ein paar Jahren zu Grabe getragen wurde, ließ sich vom SPIEGEL dort niemand sehen.

17. April 2014

Regierungen in NRW und Hamburg geben Entwarnung: CSC doch nicht schlimm!

 

Zum diesjährigen BigBrother-Preisträger Computer Science Corporation (CSC) hatten wie bereits die Grüne im Bundestag auch Linksfraktion in Hamburg und Piraten im Landtag NRW kleine Anfragen gestellt, ob das denn alles so überzeugend sei. Von wegen Datenschutz und Verwicklung in CIA-Entführungen. Doch wie schon die Bundesregierung bezeihen auch die Landesregierungen ihre Infos über CSC allenfalls aus der Zeitung. Grund zur Aufregung: Alles töfte!

Wofür noch mal brauchen wir eigentlich unsere Gehemdienste? Da war immerhin ein Deutscher entführt, um die halbe Welt verschleppt und gefoltert worden.

8. April 2014

Recht am Bild am eigenen Hund – Amtsgericht Bonn, 109 C 228/13

Inzwischen ist das von der Lokalpresse berichtete Urteil des Amtsgerichts Bonn online, das einem selbsternannten Umweltschützer verboten hatte, (heimlich) den Halter eines unangeleinten Hundes im Naturschutzgebiet zu fotogragieren, um ihn an die Behörden zu verpetzen. Die Bilder wurden nicht veröffentlicht, sondern für einen Rechtsstreit verwendet.

Das in den §§ 22 ff. KunstUrhG geregelte „Recht am eigenen Bild“ regelt zwar, ob man angefertigte Fotos von Personen auch veröffentlichen darf, nicht aber verbietet das KunstUrhG das Fotografieren (andere Ansicht: RA’in Janina Ruland). Grundsätzlich ist allerdings das Anfertigen von Fotografien in der Öffentlichkeit erlaubt, solange man nicht gerade ein militärisches Sperrgebiet ablichtet oder die „Öffentlichkeit“ zufällig eine öffentliche Sauna oder ähnliches ist. Juristisch ist Fotografieren von der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG geschützt.

Vereinzelt gibt es Entscheidungen, die etwa fotografierten Polizisten vor Ort das Löschen von Fotos erlaubten, da diesen nicht zumutbar sei, eine drohende Veröffentlichung abzuwarten. Das Abfilmen von öffentlichem Raum mit Überwachungskameras kann gegen Datenschutzbestimmungen und das allgemeine Persönlichkeitsrecht verstoßen, etwa dann, wenn die Kamera auf den Hauseingang des Nachbarn gerichtet ist. Ggf. ist auch Haus- und Urheberrecht ist zu beachten.

Vorliegend aber war der Fotograf alles andere als aufdringlich, sondern fotografierte sogar heimlich. Die Bilder waren nicht zur Veröffentlichung oder zu einem Missbrauch bestimmt, sondern gingen ausschließlich an die Behörden, die sogar nach § 24 KunstUrhG und § 45 UhrG privilegiert sind. Angeblich hatte sie der Fotograf sogar anschließend gelöscht. Sie kamen dem Hundehalter erstmals im Wege einer Akteneinsicht zur Kenntnis:

(…) mit 18 dokumentierten und fotografierten Verstößen an dem streitursächlichen Tag und gut 35 mögliche Verstößen in einer Woche zielgerichtet letztlich an behördenstatt Ordnungswidrigkeiten festhält und die Personen während ihres Aufenthaltes systematisch überwacht ohne dass dies dem Kläger als Betroffenen zuvor bekannt gemacht worden wäre. (…)

Das Amtsgericht bewertete die Fotonachstellungen als Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Hundehalters, der nicht gerechtfertigt gewesen sei. Der selbsternannte Hilfssherrif hätte sich durch Notieren des Autokennzeichens behelfen und die Behörden ihren Job machen lassen können. Daher verurteilte es den Fotofreund zur Unterlassung und erkannte auf einen für Persönlichkeitsrechtsstreitigkeiten sensationell niedrigen Streitwert von 500,- €.

Unabhängig von der Frage, ob man das Gestalke von solch selbsternannten Wildhütern nun schätzt oder nicht: Juristisch ist das Urteil nicht ganz so überzeugend. Die vom Amtsgericht angeführten Urteile befassen sich nicht mit gezielter detektivischer Dokumentation von Hundeunrecht, sondern mit penetranter dauerhafter Videoüberwachung und betreffen überwiegend schon nicht den Unterlassungsanspruch.

1. Eingriff in allgemeines Persönlichkeitsrecht?

Während das Amtsgericht Bonn sich ausgiebig damit befasste, dass der Eingriff nicht gerechtfertigt gewesen sei, hielt es sich bei der Begründung, ob überhaupt ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht vorläge, nicht allzu lange auf. Ein allgemeines „Recht aufs Nichtfotografiertwerden“ im öffentlichen Raum gibt es aber derzeit nicht. Soweit in jenem Nachbarschaftsfall von 1995 die Kameraüberwachung verboten wurde, ging es um einen Überwachungsdruck, der massiv in das Persönlichkeitsrecht eingriff.

2. Güter- und Interessenabwägung

Im bezogenen Urteil machte der BGH eine in derartigen Fällen nun einmal gebotene Güter- und Interessenabwägung zwischen dem Eingriff ins allgemeine Persönlichkeitsrecht (grundrechtlich geschützt aus Art.. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG) und dem Interesse des Filmers, der seinerzeit das Abladen von Unrat auf seinem Grundstück dokumentieren wollte (grundrechtlich ebenfalls geschützt, nämlich durch die allgemeine Handlungsfreiheit, Art. 2 Abs. 1 GG). Letzteres sah der BGH in diesem konkreten Fall als weniger gewichtig an.

Beweisverwertung

Das Amtsgericht Bonn bezog sich auf zwei weitere Zivilurteile, in denen es allerdings nicht um Unterlassung ging. So hatte das OLG Köln die Beweisverwertung von Videoaufnahmen in einer Waschküche abgelehnt, weil diese heimlich angefertigt worden waren, was als Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht bewertet wurde. Ebenso erkannte als OLG Karlsruhe, als jemand sein Auto gegen Vandalismus verdeckt überwachen wollte. Ggf. wäre es sinnvoll gewesen, mit der gleichen Argumentation auch im Bonner Hunde-Fall einer Verwertung der Bilder durch die Behörden zu widersprechen.

Unterlassungsanspruch?

Ein gesetzlicher Unterlassungsanspruch gegen das Anfertigen von Fotos ist außer in § 201a StGB nicht vorgesehen. Einem Richter ist es auch nicht ohne weiteres gestattet, selbst Gesetze zu erfinden oder nicht anzuwenden, vgl. Art. 100 GG. Wenn nunmehr ein Richter unter extensivem Heranziehen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts das Dokumentieren von Rechtsverstößen verbietet und damit Fotografen eine Rechtfertigung für seine Fotos aufbürdet, dann steht künftig jeder Fotograf mit einem Bein mindestens im Gerichtssaal. Wenn etwa heimliches Fotografieren verboten ist, werden darüber vermutlich Privatdetektive nicht allzu glücklich sein. Betroffen wären jedenfalls definitiv die Dashcams, die ja derzeit auch datenschutzrechtlich in der Kritik stehen. Teleobjektive werden demnächst dann wohl waffenscheinpflichtig.

Wie gesagt, dem Denunziantentum gilt grundsätzlich nicht meine Sympathie. Aber solange sich ein Umweltfreund rechtstreu verhält und die Behörden unterstützen möchte, kann man dem Leinenmuffel durchaus zumuten, als Fotomotiv herzuhalten, wenn dies nur den dargestellten Zweck betrifft. Es wäre Sache des Gesetzgebers, hier Änderungen ausgestalten.

Jedenfalls der Hund hat ganz sicher keinen Anspruch auf Unterlassung, vgl. § 1 BGB.

2. April 2014

Filesharing im Sonderangebot

Schöne Entscheidungen der Amtsgerichte Bielefeld und Köln.

In Bielefeld schloss sich das Amtsgericht dem Trend an, Abmahnopfern mit Familie bei der Störerhaftung keine überspannten Überwachungspflichten aufzuerlegen. Der Bielefelder Kollege Ralf Petring kommentiert.

Den Vogel ab schoss aber das Amtsgericht Köln, das selbst bei einem aktuellen Musikalbum die heiße Luft aus den grotesk überhöhten Forderungen und Streitwerten ließ.

5. März 2014

Nichts Neues auf der Krim

 

Vor 160 Jahren machte sich der britischen Journalist William Howard Russell sehr unbeliebt. Russell war nämlich, wenn man so will, der erste Kriegsberichterstatter. Sein Einsatzgebiet war 1854 die Krim. Bis dahin war es bei Kriegen in Europa üblich, dass die Geschichte im Nachhinein geschrieben wurde, während Russell per Telegraf für die Zeitungsleser quasi „in Echtzeit“ schrieb. Da Russel nicht mit Kritik am britischen Militär sparte, führte dieses 1856 die Militärzensur ein.

Dieser Tage wird auf und über die Krim wieder allerhand gelogen. Besonders peinlich file  eine Propagandainszenierung auf, bei der ein und dieselbe Schauspielerin in fünf verschiedenen Rollen Ukrainerinnen darstellte. Wer von der Zuverlässigkeit der Medienwelt in Sachen Krieg geheilt werden möchte, dem empfehle ich unbedingt Phillipp Knightleys „The First Casualty“.

25. Februar 2014

Nikolaus Klehr hat’s bei Gericht mal wieder schwer

 

Dem grundsympathischen Krebsbehandler Herrn Dr. Nikolaus Klehr bleibt es weiterhin verboten, die von ihm kreierten Eigenblut-Präparate in seiner Betriebsstätte in Grünwald zu produzieren. Das Anrühren seiner angeblich so wirkungsvollen Krebstherapie hat ihm nun trotz edelster Anwälte der Bayrische Verwaltsungsgerichtshof verwehrt, der seine Berufung verwarf und Rechtsmittel nicht zuließ. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, hatte Klehr der Regierung jahrelang keine Sachkunde- und Zuverlässigkeitsnachweise für verantwortliche Personen vorgelegt. Ich wäre nicht überrascht, wenn er es mit einer querulatorischen Verfassungsbeschwerde versucht.

Mit Herrn Dr. Klehr habe ich ja selbst so meine Probleme. Seit fast zwei Jahren warten ich darauf, dass das Hanseatische Oberlandesgericht endlich einen Termin zur Berufungsverhandlung macht.

Neulich hatte ich für einen Mandanten Dr. Klehrs Domain „krebsbehandlung.de“ gepfändet, worauf der Wunderdoktor wohkl sehr nervös wurde und ganz schnell seine Schulden bezahlte. ;)

Die Cyber-Zauberer

Beim Lesen des heute veröffentlichten GCHQ-Dokuments “The Art of Deception: Training for Online Covert Operations” über die Zersetzungsmanipulationen des britischen Geheimdienstes musste ich trotz des widerwärtigen Themas mehrfach schmunzeln: Es geht um geheimdienstliche Täuschungsoperationen im Internet, die den Schlapphutschülern anhand des Schemas eines Zauberkunststücks erläutert werden. Diese werden aufgelockert durch Hinweise auf bekannte Zauberkünstler, die mit Geheimdiensten zu tun hatten.

Vor einem Jahrzehnt hatte ich Fachkreisen Biographien über exakt solche Zauberkünstler veröffentlicht, etwa über den angeblichen „War Magician“ Jasper Maskelyne oder eben John Mulholland (zudem ich gerade einen Dokumentarfilm berate). Mein speeniges Buchprojekt „Böse Zauberer“ müsste ich mal wieder angehen. Über gelegentlich zauberhafte Spionage habe ich  neulich ein ePub bei HEISE mit dem Titel COLD WAR LEAKS. (Hier ein Mitschnitt einer Lesung mit der Mulholland-Story).

Einige der Beiträge sind mit Kartentricks illustriert. Nun ja, dafür reicht es bei mir noch … ;)

A Gambler’s Nightmare from Oguz Teoman on Vimeo.

23. Februar 2014

Die Schlacht um Helms Klamauk

 

Die Pressesprecherin der Piratenpartei Deutschland (Berlin) beharrt noch immer tapfer darauf, dass die Identität der mäßig vermummten „Feme“ von Dresden nicht geklärt sei. Nahezu der Rest der Welt beurteilt dies offenbar anders. (Update: taz bleibt bei ihrer Behauptung. ;) ) Mit Verspätung von 69 Jahren detonierten Harris‘ letzte Blindgänger in der Piratenpartei: #Bombergate. Dem hallte ein sehr häßlicher Twitterstorm hinterher, bei dem es zu Schwerveletzten kam – mancher wurde in seinen Ansichten verletzt, mancher in seiner Würde. Jeder kann sich ein Bild davon machen, wie schnell insbesondere Berliner Weltverbesserungspiraten fähig sind, ihre Gesprächspartner als „Nazis“ zu bezeichnen.

Nachdem sich der Bundesvorstand gewisse Zeit mit einer Reaktion ließ, die dann eher halbherzig ausfiel, setzte ein Exodus etlicher bekannter Piraten ein, darunter ehemalige Bundesvorstände, ein amtierender Landesvorsitzender und ITler, die den Laden aufgebaut hatten. Die größten Landesverbände veröffentlichten daraufhin deutlich kritischere Stellungnahmen. Doch der Shitstorm der Trollhorden, die überwiegend in Berlin heimisch zu sein scheinen und bundesweit einzufallen pflegen, riss nicht ab – dafür der Partei-Orga der Geduldsfaden, so dass diese in Streik tat: #orgastreik!

Die „Sabotage“ von Kommunikationseinrichtungen war gerade in der für Netzneutralität kämpfenden Piratenpartei ein eher unerwarteter Schritt. Ungleich absurder fiel jedoch die Reaktion etwa der selbsternannten Anarchisten(!) aus, die mit Schadensersatzforderungen, Parteiausschlussverfahren und Strafrecht drohten – wie Anarchisten halt so sind … ;) Manche dem ultralinken Flügel zuzurechnende Helden sprachen auch noch den ehrenamtlichen IT-Arbeitssklaven das „Streikrecht“ ab, etwa die ideologisch besonders aufgeladenen JuPis. Absurder geht es nicht mehr. (Update: Doch, geht! Ein Antideutscher bemängelte in einer Stellungnahme schlechtes deutsch.)

Wie man es dreht und wendet: Orgastreik mag radikal gewesen sein, aber für viele, die eher eine sozialliberale Bürgerrechtspartei und nicht eine Anarcho-ultrafeministische MLPD 2.0 für Bildungsferne sein wollen, der letzte Schritt vor dem Austritt aus einer gekaperten Partei.

Während man gewisse Trolle ertragen, ignorieren oder blocken muss, möchte ich gerne einen Tweet für die Nachwelt konservieren. Die folgende „geistreiche“ Äußerung stammt nicht von irgendwem, sondern vom sich dem „linken Flügel“ zurechnenden Beauftragten für die Bundesparteitagsorga, der dort regelmäßig die Versammlungsleitung macht und gelegentlich in Selbstgerechtigkeit zu ertrinken droht:

Die Piraten hatten nach der Bundestagswahl den dysfunktionalen Bundesvorstand von Neumünster ausgetauscht – aber das sonstige schrille Personal beibehalten. Selbst notorische VersagerInnen behielten Einfluss. Keine Pointe.

Auch in Berlin gibt es durchaus zivilisierte und konstruktive Piraten, allerdings werden die kaum wahrgenommen. Leuchtendes Beispiel war Cornelia Otto, die für die Berliner ins Rennen für den Bundestag geschickt worden war. Doch ihre ruhige, freundliche und kompetente Art passte nun einmal nicht zur Trollhochburg. Am Freitag verließ sie nach langem Ringen mit sich selbst die Partei.

Schließlich trudelte auch aus Sachsen eine altklug belehrende Stellungnahme ein, die den Linksautonomen/Antideutschen/Ultrafemimimiwasweißich gefällig sein dürfte – brav. Keine ausdrückliche Äußerung kam bisher vom „LV Hollywood“ (Berlin), wo man sich um mangelnde Solidarität mit Dramaqueens sorgt – und lieber weiter Party macht. Die deutlichste Stellungnahme hingegen bot am Samstag schließlich der Landesverband Schleswig-Holstein. Well done! :)

13. Februar 2014

TTIP-Leak von Erwin Pelzig

Frank Markus Barwasser, besser bekannt als „Erwin Pelzig“, hat neulich in seiner satirischen Talkshow ernsthaft geleakt. Barwasser ist nämlich auch kein so großer Fan des Freihandelsabkommens, dass sicher nur zu unserem Besten hinter verschlossen Türen verhandelt wird. Wie man das so macht in Demokratien …

Barwasser bekam nun Protokolle gesteckt, wie krass da die Geheimhaltung läuft. Wer es noch nicht gesehen haben sollte, bitte mal machen.

Die Gummiparagrafen, die er rief …

Und nochmal zu Edathy:

Zum aktuellen Informationsstand, dass es sich wohl um sogenannte „Posing Pictures“ handeln soll, sowie zum Verhalten seiner „Parteifreunde“ hatte ich vorhin auf Telepolis geschrieben.

Die – nennen wir es mal – Pointe des Falles liegt eigentlich darin, dass Edathy bis 2009 Vorsitzender des Innenausschusses war und dann (als Nichtjurist) im Rechtsausschuss wirkte. 2008 war er dabei, als § 184b StGB überarbeitet wurde. Er hat also an dem Gummiparagraf mitgewirkt, der ihm jetzt verdachtsweise zur Last geworden ist.

Damals fügte man den bis dahin straflosen „Besitz“ von kinderpornografischem Material ein, sowie die Strafbarkeit sogenannter „Jugendpornografie“ und hantierte mit Begriffen wie „wirklichkeitsnahes Geschehen“. (Update: Offenbar war Besitz kinderpornographischer Schriften bereits seit 1993 strafbar, nicht nur das Verbreiten.) Der Besitz von Posing Pictures kann dann strafbar sein, wenn Kinder abgebildet werden, die ihre unbedeckten Genitalien oder ihr unbedecktes Gesäß „aufreizend zur Schau stellen”. Wann dies der Fall ist, wird in Evidenzfällen nachvollziehbar sein, dürfte aber noch einige Strafrechtler beschäftigen. Vermutlich kann so manch harmloses Foto von Kleinkindern im Planschbecken bei entsprechender Neigung Reize auslösen.

Apropos Gummiparagraf: 2011 hatte Edathy einmal die Vorratsdatenspeicherung(!) mit dem Argument(!) gefordert, ihm habe jemand unverlangt eine Plastik-Vagina zugesandt(!). Nun ist er ja selbst über alte Daten gestolpert, die ein Kreditkartenunternehmen quasi auf Vorrat gespeichert hatte …

Ein anderes Körperteil nahm Rechtsausschuss-Mitglied Edathy quasi in den Mund, als er einem Fotografen das kreuzweise Züngeln hieran empfahl – nachdem Edathy dessen Urheberrecht auf Facebook missachtet hatte. Pharisäertum ist Edathy also nicht unbedingt fremd. Im Bundestag allerdings werde ich ihn jedenfalls nicht vermissen.

Nichtsdestotrotz hätte auch für ihn die Unschuldsvermutung gelten müssen. Und wie der Kollege Vetter zu Recht anmerkt, ist es schon fragwürdig, wenn der Erwerb legaler Bilder ohne weiteres einen „Anfangsverdacht“ für illegale Bilder auslöst, auf den sich Hausdurchsuchungen stützen lassen. Ob die Staatsanwaltschaft wohl nichts Dringenders zu tun hat?

(Update: Selbstverständlich halte ich es für richtig, dass Kinderpornographie verboten ist.)