Zum Inhalt springen


Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


Die Gummiparagrafen, die er rief …

Und nochmal zu Edathy:

Zum aktuellen Informationsstand, dass es sich wohl um sogenannte „Posing Pictures“ handeln soll, sowie zum Verhalten seiner „Parteifreunde“ hatte ich vorhin auf Telepolis geschrieben.

Die – nennen wir es mal – Pointe des Falles liegt eigentlich darin, dass Edathy bis 2009 Vorsitzender des Innenausschusses war und dann (als Nichtjurist) im Rechtsausschuss wirkte. 2008 war er dabei, als § 184b StGB überarbeitet wurde. Er hat also an dem Gummiparagraf mitgewirkt, der ihm jetzt verdachtsweise zur Last geworden ist.

Damals fügte man den bis dahin straflosen „Besitz“ von kinderpornografischem Material ein, sowie die Strafbarkeit sogenannter „Jugendpornografie“ und hantierte mit Begriffen wie „wirklichkeitsnahes Geschehen“. (Update: Offenbar war Besitz kinderpornographischer Schriften bereits seit 1993 strafbar, nicht nur das Verbreiten.) Der Besitz von Posing Pictures kann dann strafbar sein, wenn Kinder abgebildet werden, die ihre unbedeckten Genitalien oder ihr unbedecktes Gesäß „aufreizend zur Schau stellen”. Wann dies der Fall ist, wird in Evidenzfällen nachvollziehbar sein, dürfte aber noch einige Strafrechtler beschäftigen. Vermutlich kann so manch harmloses Foto von Kleinkindern im Planschbecken bei entsprechender Neigung Reize auslösen.

Apropos Gummiparagraf: 2011 hatte Edathy einmal die Vorratsdatenspeicherung(!) mit dem Argument(!) gefordert, ihm habe jemand unverlangt eine Plastik-Vagina zugesandt(!). Nun ist er ja selbst über alte Daten gestolpert, die ein Kreditkartenunternehmen quasi auf Vorrat gespeichert hatte …

Ein anderes Körperteil nahm Rechtsausschuss-Mitglied Edathy quasi in den Mund, als er einem Fotografen das kreuzweise Züngeln hieran empfahl – nachdem Edathy dessen Urheberrecht auf Facebook missachtet hatte. Pharisäertum ist Edathy also nicht unbedingt fremd. Im Bundestag allerdings werde ich ihn jedenfalls nicht vermissen.

Nichtsdestotrotz hätte auch für ihn die Unschuldsvermutung gelten müssen. Und wie der Kollege Vetter zu Recht anmerkt, ist es schon fragwürdig, wenn der Erwerb legaler Bilder ohne weiteres einen „Anfangsverdacht“ für illegale Bilder auslöst, auf den sich Hausdurchsuchungen stützen lassen. Ob die Staatsanwaltschaft wohl nichts Dringenders zu tun hat?

(Update: Selbstverständlich halte ich es für richtig, dass Kinderpornographie verboten ist.)

« Anmerkungen zur Berichterstattung über Edathy – TTIP-Leak von Erwin Pelzig »

6 Comments

  1. und jetzt alle so: KINDERFICKER!!!!1!! (update) | -=daMax=-

    […] 2: Die Gummiparagrafen, die er rief… damit trifft es ja dann nicht mal den falschen. Vielleicht begreifen Juristen und Richter jetzt […]

    #1 Pingback vom 13. Februar 2014 um 09:06

  2. Würdelos | Blog

    […] und seinen Protagonisten ist angezeigt. Das scheint auch im aktuellen Fall um den zurückgetretenen Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy notwendig zu […]

    #2 Pingback vom 13. Februar 2014 um 16:34

  3. Hinweise des Tages | NachDenkSeiten – Die kritische Website

    […] Die Gummiparagrafen, die er rief … […] Die – nennen wir es mal – Pointe des Falles liegt eigentlich darin, dass Edathy bis 2009 Vorsitzender des Innenausschusses war und dann (als Nichtjurist) im Rechtsausschuss wirkte. 2008 war er dabei, als § 184b StGB überarbeitet wurde. Er hat also an dem Gummiparagraf mitgewirkt, der ihm jetzt verdachtsweise zur Last geworden ist. Quelle: Markus Kompa […]

    #3 Pingback vom 14. Februar 2014 um 10:23

  4. “Mehr als nur ein Fall” |

    […] Seit 2010 wurde in Kanada gegen die Kunden von Azov Films ermittelt. Man vermutete, dass dort mehr als nur “naturistische Filme” vertrieben wurden. Eine Vermutung die sich nach Beschlagnahme und Durchsicht der internen Unterlagen von Azov Films schnell als richtig herausstellte. Was darin gipfelte, dass im November 2013 bei der Operation Spade weltweit 354 Personen verhaftet wurden. Sebastian Edathys Name ist dabei anscheinend auf der normalen Kundenliste aufgetaucht, wo es zwar um moralische Fragwürdigkeit, aber nicht um strafrechtliche Relevanz geht. Allerdings geht man bei sowas immer ganz gerne davon aus, dass wer am Rande der Legalität wandelt, gerne auch einen Schritt weitergeht. Teilweise trifft das zu, teilweise erweist es sich als totaler Reinfall, wie bei Operation Himmel, die sich zu einem Desaster für Justiz und zu Unrecht beschuldigte entwickelte. Wobei die Ironie bei Sebastian Edathy schon brachial ist, schließlich war er bis 2009 Vorsitzender des Innenausschusses und danach im Rechtsausschuss tätig:  “2008 war er dabei, als § 184b StGB überarbeitet wurde. Er hat also an dem Gummiparagraf mitgewirkt, der ihm jetzt verdachtsweise zur Last geworden ist. Damals fügte man den bis dahin straflosen “Besitz” von kinderpornografischem Material ein, sowie die Strafbarkeit sogenannter “Jugendpornografie” und hantierte mit Begriffen wie “wirklichkeitsnahes Geschehen”.” [Link] […]

    #4 Pingback vom 14. Februar 2014 um 23:40

  5. In den letzten Tagen bin nur dazu gekommen, mir das … | sb'log

    […] dann aber doch noch notieren, weil ich mir da eine gewisse Schadenfreude nicht verkneifen kann: Sebastian Edathy stolperte über den Gummiparagraph, den er selbst maßgeblich mit zu verantworten h…. Kommt ja selten genug vor, dass Politiker mal ihre eigene Medizin […]

    #5 Pingback vom 16. Februar 2014 um 18:31

  6. Duckhome

    Aufgelesen und kommentiert 2014-02-17

    Kosten der Arbeitslosigkeit in zehn Jahren angeblich halbiert Gastgewerbeumsatz im Dezember 2013 real um 3,4 Prozent gesunken Steuerhinterziehung: Scheinheilige Süddeutsche Zeitung Finanzkriminalität: Deutschlands Problem mit der Geldwäsche-Bekämpfung

    #6 Trackback vom 18. Februar 2014 um 00:09

Kommentar-RSS: RSS feed for comments on this post.

Sorry, the comment form is closed at this time.