Der Mitmachwille fällt bei Wikipedia von sechs Prozent aller Nutzer im Vorjahr auf drei Prozent im bisherigen Verlauf dieses Jahres ab.
Respekt: Seit Beginn der Relevanzkriterien-Krise haben die nicht einmal ein Jahr gebraucht, um den Goodwill zu halbieren! Die inzwischen auf Distanz gegangene Wikipedianerin „Elian“, auch bekannt als „die Mutter von det Janze“, bringt es auf den Punkt:
„Die Gesundheit eines Projekts zeigt sich am Umgang mit seinen Kritikern und Unangepassten. Und da kann man der Wikipedia nur ein zunehmend schlechter werdendes Zeugnis ausstellen. Wer nicht pariert, wird ausgegrenzt und so lange gereizt und beleidigt, bis er den passenden Sperrgrund liefert.“
Zum Thema „Umgang mit Kritikern“ könnte ich etliches Forschungsmaterial beisteuern: Ich habe bisher bewusst darauf verzichtet, öffentlich zu machen, was der (übrigens fürstlich bezahlte) Geschäftsführer des Vereins „Wikimedia e.V.“, ein gewisser Pavel Richter, für unterirdische Aktionen gegen meine Person unternommen hat, denn ich bin mir nicht so sicher, ob diese peinlichen Kindereien ihn bei seiner seltsam verschrobenen Community sogar aufwerten könnten.
In a nutshell: Statt intellektuellen Lichtgestalten tummeln sich da unreife Jungens, denen der frühe Ruhm ordentlich zu Kopf gestiegen ist, die auf einem Berg an Spendengeldern sitzen und Probleme in neureicher Manie an den Anwalt delegieren. Wenn Journalisten erst Gerichte bemühen müssen, um derbe Verleumdungen abzustellen, dann haben wohl sämtliche Instanzen in einem Verein inklusive top of the notches-Anwalt kommunikativ versagt. Vielleicht aber ist es wirklich besser, diesen mäßig spannenden Haufen an Spendensammlern einfach zu ignorieren bzw. ihm beim Sterben zuzugucken wie es Fefe vorschlägt.
Apropos Gericht: Alvar Freude, der von einer bekannten Wikipedianerin wegen angeblicher Verletzung von Urheberrechten stolz vor den Kadi gezerrt wurde, konnte sich gerade diesen unverschämten Ansinnens ebenfalls erwehren. Ehrensache, hat man natürlich am für seine Strenge bekannten Landgericht Hamburg anhängig gemacht. Während ich mit den Medienkammern der Hamburger so meine Schwierigkeiten habe, sind die Urheberrechtskammern dort eigentlich ganz geerdet, zumindest meiner Erfahrung nach.
Tja, der Verein der „Freunde des Freien Wissens“ hat ein Problem, das er nur schwerlich wird vertuschen können. Diese und andere Fragen zur Wikipedia werden demnächst bei dieser Veranstaltung näher beleuchtet.
Gegen den Missbrauch des fliegenden Gerichtsstands hat das OLG Köln eine interessante Entscheidung erlassen. Ein bekannter Medienanwalt aus Berlin hatte in eigener Sache gegen einen bekannten Gerichtsblogger aus Hamburg geklagt – in Köln. Der fliegende Gerichtsstand macht´s möglich.
Das verursachte nicht nur dem Blogger sinnlose Fahrtkosten, auch der klagende Anwalt, der sich trotz eigener Sachkunde vornehm von einem Kanzleikollegen vertreten ließ, zahlte für dessen und die eigene Anreise zum Beweistermin von Berlin nach Köln über 1.800,- Euro. Enthalten waren Flüge in der Business Class sowie stolze 211,- Euro Taxigebühren für die Flughafentransfers.
Grund für das persönliche Erscheinen war allerdings auch die Doppelfunktion der Anwälte als Zeugen in eigener Sache: die tapferen Anwälte wollten einen bestimmten Inhalt im Internet gesehen haben, waren aber nicht clever genug, den Quelltext zu sichern. In ihrer Eigenschaft als Zeugen lehnten sie generös Ansprüche auf Zeugenentschädigung ab – die sie ja auch hätten vorleisten müssen. Das langwierige Verfahren wurde schließlich vom Medienanwalt letztinstanzlich gewonnen, und die Berliner Anwälte, die sich in Köln gegenseitig vertraten, baten für Reisekosten zum Kölschen Abstecher zur Kasse.
Nun sind der obsiegenden Partei grundsätzlich nur die Kosten für einen Anwalt vor Ort zu erstatten, nicht aber Reisekosten für einen auswärtigen Anwalt, denn andernfalls könnte man so dem Gegner künstlich die Prozesse verteuern. Doch das Landgericht Köln, das sich damals im Sommer 2008 nun erstmals des Glanzes des Promianwalts erfreuen durfte, setzte die beantragten Kosten gegen den Blogger wie beantragt fest.
Das Landgericht war damals dem Medienanwalt in dessen Argumentation gefolgt, er hätte sich bislang immer von seinem Kanzleikollegen vertreten lassen. Zur alternativen Einarbeitung eines Kölner Anwalts hätte er mindestens zweimal nach Köln fliegen müssen. Offenbar hatten sich Konferenzlösungen wie Skype noch nicht zum Medienanwalt herumgesprochen, der in diesem legendären Termin sogar bestritt, zu wissen, was eine Computermaus sei.
Schon gar nicht störte sich das Landgericht Köln an der willkürlichen Wahl des Gerichtsorts Köln, auch wenn der Medienanwalt auch zu Hause in Berlin hätte klagen können – wie in zahlreichen Fällen gleichen Rubrums. Auch das OLG hatte keine prinzipiellen Einwände gegen die Anwendung des fliegenden Gerichtsstands.
Da der Kläger sich jedoch als Koryphäe für Medienrecht versteht, wäre er jedoch wohl auch sachkundig genug gewesen, einen Prozessvertreter aus Köln mit vertretbarem Aufwand zu instruieren. Auch in Köln gibt es fähige Medienanwälte. Ein „eingängiges Mandantengespräch auf persönlicher Basis“ sah das OLG Köln nicht als erforderlich an.
Nun bleibt der Kollege auf seinen über 1.800,- Euro Fahrtkosten sitzen.
Just for the records: Ich hatte den Blogger in dem Beweisaufnahmetermin von 2008 als kurzfristig zugezogener weiterer Anwalt mitvertreten, war jedoch an dem weiteren Gang des Verfahrens nicht beteiligt. Das haben zwei Kollegen vor Ort gemacht.
Wie schön die Zukunft mit Internetsperren werden wird, demonstriert gerade Thailand, wo man dem Volk politische Geheimnisse nicht zumuten will. Nachdem der Duisburger OB Sauerland inzwischen ja die inländischen Sperren hochgefahren hat, weil unliebsame Dokumente im Netz kursieren, dürfte klar sein, was hierzulande Politiker machen würden, wenn sie könnten: Die Internetsperren nutzen, die man über das Vehikel KiPo den Wählern untergejubelt hat.
Das Landgericht Köln hält das Gutachten für eine persönlich geistige Schöpfung und macht Urheberrecht fruchtbar. Bei 300 Seiten scheint das wohl vertretbar. Eine interessante Frage ist, warum man nach Köln ging, denn Duisburg hätte doch „näher“ gelegen. Nun ja: Bei Leaks haben die Kölner sich einen gewissen Ruf erworben.
Ich hatte in der Kölner Pressekammer mal erlebt, dass die einer gemailten Löschungsaufforderung, die aus zwei Sätzen bestand, Urheberrechtsqualität beigemessen hatte. Als ich denen ob diesen groben Unfugs die Augen geöffnet hatte, kam der Vorsitzenden eine neue Idee: das Briefgeheimnis! Eine Information, die aufgeschrieben ist, scheint in Köln automatisch ein von Dritten zu wahrendes Geheimnis zu sein. Das entsprechende Urteil, in dem man sich dann auch mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht behalf, wurde natürlich nie rechtskräftig.
Nun gut, lieber Oberbürgermeister! Sein Sie bitte nicht böse, wenn das Ding bei WikiLeaks auftaucht! Manche werden das Internet hat nie begreifen …
Die Kollegen Damm&Partner weisen auf eine aktuelle Entscheidung des Berliner Kammergerichts zu Massenabmahnern hin, die mit Prozessfinanzierern arbeiten. Das Gericht sah § 8 Abs. 4 UWG als gegeben an, dem zu folge die Geltendmachung eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs unzulässig ist, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist, insbesondere wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen.
Entgegen der Meldungen der letzten Tage, welche den Internetsperrern in die Hände spielte, scheint es sich wohl um ein Sommerloch-Thema gehandelt zu haben.
Der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco hat wegen „Fehlinterpretationen“ einen Zeitungsbericht zurückgewiesen, wonach die Bemühungen der Netzanbieter zum Löschen kinderpornographischer Seiten häufig im Sande verliefen und die Branche einschlägige Erfahrungen vertuscht habe.
Diese Woche bat die Initiative „Pro Netzneutralität“ um Unterschriften für eine entsprechende Petition, wobei sich kompetente und von mir sehr geschätzte Erstunterzeichner wie Markus Beckedahl oder Chris Köntopp für die Sache verbürgten. Angesichts der politischen Großwetterlage kann es eigentlich nicht das falsche Signal sein, den Kontrolettis etwas entgegenzusetzen und der Politik Dampf zu machen. Wie inzwischen schon 7.000 andere Leute auch habe ich das mitgetragen.
Allerdings hätte es mich stutzig machen müssen, dass bei den 20 Erstunterzeichnern nicht der CCC vertreten war, die wohl geachtetste Organisation, die sich Gedanken über die Beziehungen zwischen Menschen und Maschinen macht. Heute hat der Sicherheitsexperte Felix von Leitner gebloggt, warum er mit der Initiative und den Trägern derselben so seine Probleme hat. Ich hätte mir das vielleicht nochmal überlegen sollen.
Habe mir gerade den beeindruckend gemachten Film „8. Wonderland“ angesehen.
Ich hatte jede Menge Déjàs Vues, denn ich habe in den letzten Jahren viele kontroverse Blogger vertreten, die die Welt zu einem besseren Ort machen wollen. Ebenso wie die Leute in dem Film machen das manche Blogger aus guten Gründen anonym.
Regisseur und Autor Jean Mach war bei der Vorführung anwesend. Er erzählte, dass er das Drehbuch vor drei Jahren geschrieben hatte – also zu einer Zeit, als Facebook und WikiLeaks praktisch noch in den Kinderschuhen steckten.
Dem Film möchte ich nicht vorgreifen, denn wenn man sich irgendetwas intelligentes – und witziges! – im Kino antun möchte, dann unbedingt das. Schade, dass der Film nur in Programmkinos läuft, denn der in rasantem Tempo dargebotene Streifen braucht keinen Vergleich zu scheuen.
Eine knappe Mehrheit ist dafür. Wenig später fallen Schüsse, und der spanische Präsident ist tot. Ein Beschluss, der die virtuelle Gemeinschaft spaltet. Und die alten Institutionen erschüttert.
ist offensichtlich Müll.
Da lobe ich mir doch ein Medium namens TELEPOLIS. ;-)