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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


29. Januar 2011

Der Pharao und das Internet

Der Künstler ist mir leider gleichermaßen unbekannt wie der Schöpfer der Sphinx. Genialer hätte man es nicht auf den Punkt bringen können.

Medienversagen im Afghanistan-Krieg

Wenn die Medien ihren Job gemacht hätten, so hätte die Bevölkerung gestern nicht ihren Parlamentariern gestattet, den Afghanistankrieg zu verlängern. Wie gerufen, platzierte gestern SPIEGEL ONLINE eine Story über ein von den Taliban gesteinigtes Pärchen. Zufall oder Propaganda? ;-)

Und auch im Iran wird in der Perspektive von SPON gesteinigt. Nicht bei SPON habe ich von den 40 Hinrichtungen vor einem Monat in Saudi Arabien durch Köpfen, darunter ein 15jähriger Junge. Offenbar war es der, der bei seiner Festnahme gerade einmal 12 Jahre alt war. Stattdessen wurde Saudi Arabien als Märchenwelt aus 1000 und einer Nacht präsentiert. Der Erbauer der Anlage um die Kaba in Mekka hat übrigens einen prominenten Sohn, einen gewissen Bin Laden, der in den 80ern mit religiösen Fanatikern und Nichtsnutzen das Land verließ, um unter CIA-Anleitung Afghanistan zu infiltrieren. Die Investition hat sich gelohnt, denn das CIA-kontaminierte Land wird unter diesem Vorwand nunmehr im 10. Jahr besetzt.

Der Krieg dort ist jedoch offensichtlich allenfalls dann zu gewinnen, wenn die Army potentielle Feinde abballert wie seinerzeit die Rothäute bei der „Befreiung“ der USA. Ein Land, das die mittelalterliche Todesstrafe praktiziert, keine Krankenversicherung hat und eine grotesk hohe Kriminalitätsrate aufweist, will der Welt „Frieden“ bringen.

Hoffen wir mal, dass die Taliban nicht auf die Idee kommen, Afghanistan am Brandenburger Tor zu verteidigen. Mit Blick auf Ägypten dürfte klar werden, warum unsere Mächtigen das Internet unter ihre Kontrolle bringen wollen. Kein Vorwand ist dem Pack schäbig genug.

UPDATE: Na also, geht doch!

28. Januar 2011

Khaled Said – Martyrium eines Bloggers

Der politische Blogger Khaled Said wurde von Polizisten in einem Internetcafé aufgegriffen und brutal zu Tode geprügelt.
-> Süddeutsche

In Ägypten hat man übrigens inzwischen das Internet abgeklemmt.

Mich würde die Meinung von Stephanie zu Guttenberg interessieren. Hm, möglicherweise doch nicht.

Alice Schwarzers Umkehr(schlüsse)

Die medienrechtliche Schlacht um Kachelmanns angeblichen parallelen Heiratsversprechungen wird aus arithmetischer Sicht langsam interessant. So hatte der medienrechtliche beratene Kachelmann verlauten lassen:

„Ich habe noch nie zwei Frauen gleichzeitig die Ehe versprochen.“

„Ich habe weder 6 noch mehr Frauen die Ehe versprochen, insbesondere nicht 6 oder mehr Frauen, mit denen ich gleichzeitig eine Beziehung geführt haben soll.“

Nun drängt sich angesichts der eidgenössischen Präzision des Schweizers die Rückfrage auf, wie es sich denn mit 3 bis 5 Frauen mit einem gleichzeitigen Eheversprechen verhält.

Wesentlicherer Knackpunkt war offenbar die Frage, ob das angeblich versprochene gemeinsame Auswandern und Gründen einer Familie mit einem Eheversprechen gleichzusetzen sei, was streng juristisch nicht der Fall ist. Die Sicht der Feministin, auf die relevante Bedeutung der angeblichen Versprechungen abzustellen, ist in der Sache überzeugend, denn offenbar wäre keine der Frauen mit einem Konkubinat eines Rainer Langhans einverstanden gewesen, und die formale Eheschließung hat gesellschaftlich nun einmal an Bedeutung verloren.

Medienrechtlich jedoch können Umgangssprache und Verkürzung ein teurer Spaß werden. Zu warnen ist ausdrücklich vor dem Missverständnis, es gäbe hierzulande so etwas wie Meinungsfreiheit, wenn man es mit betuchten Leuten zu tun hat. Seit der Stolpe-Entscheidung ist öffentliches Äußern grob fahrlässig.

Medienprofi Schwarzer verwandelte die Niederlage publizistisch geschickt in eine Pseudoentschuldigung.

27. Januar 2011

„schillernder Plagiatsbegriff“ zieht nicht – Verfassungsrichter ./. Juraprof

In der Hamburger Pressekammer saß man zu Gericht über den Autor des Werkes „Das Wissenschaftsplagiat“ – einen Münchner Juraprofessoren. Der Jurist hatte in seinem Buch einen weiten Plagiatsbegriff definiert, der reichen sollte

vom Abschreiben bis zu fahrlässiger Unkenntnis des Forschungsstandes verwandt,

weiß Legal Tribune Online. Der Juraprofesor glaubte, der nicht gesetzlich definierte Begriff des Plagiats und die grundgesetzlich garantierte Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit könnten ihn schützten.

Doch der Kläger, der nicht nur selbst Honorarprofessor, sondern auch Bundesverfassungsrichter ist, mochte nicht des Plagiats geziehen werden. Womöglich hat er in der Karlsruher Kantine von den Auslegungskünsten der Hamburger Pressekammer gehört, wo er mit Rubrum „c/o Bundesverfassungsgericht“ klagte: Die Hamburger wollten dem „schillernden Plagiatsbegriff“ denn auch nicht folgen und legten die Äußerung selbst aus. Die Äußerung enthalte nun einmal einen „Tatsachenkern“, der zu beweisen sei. Auch, wenn es Karlsruhe noch und nöcher in die Urteile schreibt, wird der Kontext am Sievekingplatz häufig ignoriert. Und auf die gebotene Abwägung mit der Meinungsfreiheit wartet man in Hamburg vergeblich, wie man in Karlsruhe sehr genau weiß.

Mehr Glück in Hamburg hatte der beklagte Juraprofessor bei einem anderen Plagiator, nämlich bei einem Anwalt, der seinen Namen wegen Resozialisierungsinteresse nicht lesen wollte. Das machen so ohne weiteres auch die Hamburger nicht mehr mit, seit man diese Masche in Karlsruhe „geSTOPPt“ hat.

Morgen beim BGH: Euroweb ./. Rest der Welt

Die Firma Euroweb hat großes Pech mit ihren Kunden, die irgendwie nicht einsehen, warum sie dem Unternehmen, das kostenlose Angebote macht, Geld zahlen sollen. 1.400 Prozesse soll sie deswegen schon geführt haben. Morgen macht der BGH dem Spuk hoffentlich ein Ende. Die Firma hat inzwischen „Konkurrenz“ bekommen … ;-)

Die von Euroweb gekaperte Domain „nerdcore“ verlinkt inzwischen wieder den zu crackjack ausgewichenen Nerdcorer.

(Via Netzpolitik)

OpenLeaks ist da!

OpenLeaks 101 from openleaks on Vimeo.

Das Projekt WikiLeaks scheiterte unter anderem daran, dass täglich ca. 30 Einsendungen kamen, die Betreiber jedoch in erster Linie Informatiker waren, und zwar offensichtlich nur sehr wenige. Daher bildete sich ein enormer Rückstau, der das Projekt bei der Überprüfung der Echtheit blockierte und zu redaktionellen Entscheidungen wie Priorisierung zwang.

Das neue Projekt OpenLeaks spezialisiert sich nur auf den Prozess der Eingabe von Informationen. Der Informant soll geschützt werden, die Information soll von Spuren beseitigt werden, damit sie möglichst nicht zurückverfolgt werden kann. Anders als „Deep Throat“ bei der Watergate-Affäre müssen sich geheime Informanten nicht mehr nachts in Tiefgaragen treffen. Nach einer aufwändigen Phase der Programmierung durch ehemalige Leute WikiLeaks beginnt heute nun die Testphase.

OpenLeaks wird selbst nichts leaken, sondern nach Wunsch des jeweiligen Einsenders die Information an bestimmte Redaktionen, Gewerkschaften, NGOs usw. zuleiten. Dort können jeweils kompetente Leute die Informationen auf Authentizität prüfen.

Außerdem schießen gerade etliche Leak-Plattformen aus dem Boden. Auch an solche kann das durch OpenLeaks anonymisierte Material gehen.

Es wird spannend!

25. Januar 2011

OLG Köln: Nümann unterliegt gegen Heise

Der Kollege Nümann von der Kanzlei Nümann und Lang, welche sich um das Urheberrecht gegen die bösen Filesharer verdient macht, hatte sich in erster Instanz erfolgreich gegen einen Artikel gewehrt, in dem u.a. auch sein Namen erwähnt wurde. Dem Landgericht Köln hatte er auf die Nase gebunden, dass schändliche Überlegungen zu Massenabmahnern mit ihm verbunden würden. Das sah das OLG Köln anders. Nümann ist nicht der erste Massenabmahner, der an einer Einzelabmahnung gescheitert ist … ;-)

Wikipedia offline – nicht geheime Briefwahl ist doof

Etwa einmal im Jahr entsteigen die Wikipedia-Krieger ihrer digitalen Matrix und materialisieren sich in der realen Welt, um sich bei der Hauptversammlung des Vereins „Wikimedia Deutschland e.V.“ in Berlin gegenseitig zu zerfleischen.

Während es die Wiki-Mächtigen im Vorfeld der MV gegenüber kritischen Anträgen mit Förmlichkeiten und angeblichem Datenschutz sehr genau nahmen, ließ man es umgekehrt eher lax angehen. So kam es nicht nur bei der Versendung von Wahlunterlagen zu eigenartigen Pannen, sondern auch bei der Wahl selber: Der mit 17 bezahlten Angestellten ausgestattete Verein, der in neureicher Manie etliche seiner Schritte seit Jahren mit einer großen Berliner Anwaltskanzlei eng abstimmt, war nicht in der Lage, eine brauchbare Briefwahl durchzuführen.

Wahlen unterliegen aus gutem Grund strengen Formvorschriften: Durch die Formstrenge soll die Autorität einer authentischen Wahl garantiert werden. Zudem kommen Manipulationen bei Wahlen häufiger vor, als man in zivilisierten Gefilden annehmen sollte. Daher gibt es Wahlrechtsgrundsätze. Im Zweifel ist eine formwidrige Stimme als ungültig anzusehen.

Die Wahlordnung von Wikimedia sieht zwei antagonistische Wahlformen vor: offene und geheime Abstimmungen. Da die Wahl offensichtlich nicht offen war, sollte sie logischerweise geheim sein. Aus dem Wahlgeheimnis folgt, dass dieses auch kein Wähler eigenmächtig unterlaufen darf, damit kein psychischer Druck entsteht, sich zur Wahl bekennen zu müssen.

Wie man eine Briefwahl zünftig gebacken kriegt, hätte Wikimedia locker in der Wikipedia nachlesen können. Oder in § 75 Bundeswahlordnung, wo erklärt wird, dass

  • sowohl der Wahlbrief (äußerer, postalischer Umschlag)
  • als auch der Stimmzettelumschlag (innerer Umschlag mit Stimmzettel)

von den entsprechenden Wahlvorständen geöffnet werden – und von niemandem sonst.

Die Authentizität (Unmittelbarkeitsgrundsatz) einer Briefwahl ist nur dann gewährleistet, wenn ersichtlich der Umschlag des Wählers mit dem Stimmzettel seinen Weg in die Wahlurne findet. Das Wahlgeheimnis ist nur dann gewährleistet, wenn die Wahl hierdurch anonymisiert wird. Daraus folgt, dass der Wahlbrief, der den Wahlschein und den Stimmzettelumschlag enthält, nur vom Wahlvorstand geöffnet werden darf. Briefwahlen sind übrigens auch durch das Postgeheimnis geschützt.

Bei der Schicksalswahl der Wiki-Warriors, in der es um u.a. ein Misstrauensvotum sowie das Generieren von lukrativen Pöstchen (hauptamtlicher Vorstand mit bis zu 5 Jahren Amtsdauer!) ging, wurden die Wahlumschläge seltsamerweise vor der Hauptversammlung durch die Geschäftsstelle geöffnet.

Mir wurden die Briefwahlunterlagen von Pavel Richter übergeben. Ich habe die verschlossene Stimmzettel erhalten, und ein Ordner mit den geprüften Wahlscheine.

WiseWoman

  1. Damit ist es der Mitgliederversammlung unmöglich geworden, zu beurteilen, ob der beigefügte Stimmzettelumschlag tatsächlich vom Absender stammte.
  2. Sofern der Stimmzettelumschlag nicht zugeklebt war, wäre eine Kenntnisnahme möglich und daher das Wahlgeheimnis verletzt worden.

Ob eine Manipulation oder Kenntnisnahme tatsächlich erfolgte, ist irrelevant, denn der Formfehler schließt eine nachprüfbare Authentizität der Wahl sowie das zu garantierende Wahlgeheimnis aus.

Sofern die Behauptung zutreffen sollte, man habe es in den Vorjahren genauso gemacht, dann macht es das nicht besser.

Doch haben wir noch einige schöne Einzelfälle:

Martin Zeise, der wie WiseWoman auszählte als ein Versammlungsleiter fungierte, schreibt:

Da gab es einerseits einen vor Ort vorhandenen Briefumschlag, der drei Stimmumschläge enthielt und (weil äußerlich nicht als Briefwahl erkennbar) bereits geöffnet war.

Das hört sich aber verdammt nach drei ungültigen Stimmen an …

Weiterhin gab es fünf Briefe, die keinen Wahlschein enthielten..

Na sowas …?! Es wäre interessant, zu erfahren, ob das Umschläge von den 66 Kritikern waren, welche die außerordentliche MV erzwungen hatten.

Bei zwei Briefen war durch die Angabe eines Absenders eine solche Zuordnung möglich (die eingelegten Stimmumschläge waren verschlossen)

Damit waren die Stimmzettel nicht mehr anonymisiert, da diese nach dem Urnengang dem Absender zugeordnet werden konnten. Sie wurden trotzdem als gültig bewertet.

Der „Wahlexpertin“ WiseWoman“ aber sollte irgendjemand mal den Unterschied zwischen Rechtsanwalt und Notar erklären.

Für den Misstrauensantrag fanden nur 58 als gültig bewertete Stimmen ihren Weg in die Wahlurne. Erstaunlich, denn immerhin hatten sich vorher 66 Mitglieder namentlich dazu bekannt, indem sie die außerordentliche Hauptversammlung erzwangen. Die seltsamen Vorfälle werden im offiziellen Wikimediablog in einer Rhetorik marginalisiert, die erstaunlich an die gute, alte DDR erinnert. Besonders gut gefällt mir die Stelle:

Der Rechtsanwalt war die ganze Zeit anwesend, es war ja eine offene Auszählung. Er wurde vor allem gebraucht, als nachgerechnet werden musste, ob der zweite Antrag – die von Sebastian Moleski eingebrachte Satzungsänderung – nun erfolgreich war oder nicht, weil ganz genau in der Wahlordnung nachgeschaut werden musste, wie Enthaltungen zu zählen sind.

Das steht doch in der Wikipedia … ;-)

Die Abstimmung leidet an einem schwerwiegenden Formfehler. Irrelevant ist die Frage, ob über die Möglichkeit der Manipulation hinaus ein entsprechender Verdacht besteht. Führt man sich die Tendenz des Wikimedia-Vorstands vor Augen, hinter dem Rücken der Vereinsöffentlichkeit zu konspirieren und bezahlte Vorstandspöstchen zu backen, so wäre es manchem wohl lieber, wenn die Wahlbriefe künftig von einem Notar verwaltet würden.

(Der Autor ist Mitglied im Schiedsgericht eines großen deutschen Vereins.)

Bitte beachten Sie unsere Hinweise zu Rechtsthemen!

24. Januar 2011

Wie schmierige Millionäre Rechtsanwälte mit Selbstachtung akquirieren

Vielleicht so …?