22. Februar 2011
In diesen an Peinlichkeiten gewiss nicht armen Zeiten kam die nun einmal nicht für Internet-Kompetenz bekannte Regierung mit einem „digitalen Radiergummi“ um die Ecke, mit welcher die Datenautobahn zu reinigen sei. Wie nun bekannt wurde, kann ein dreizeiliges Plugin aus Regensburg den Radiergummi sabotieren – und weitaus mehr. Sie nannten es Streusand“ …
-> Netzpolitik.org
Barbra Streisand zeigte sich so gerührt, dass sie „Memory“ (Gedächtnis) für die Regensburger intonierte:
… sagt heute das Bundesverfassungsgericht.
Auch der private Flughafen unterliegt der Grundrechtsbindung:
(…) Auch die Meinungsäußerungsfreiheit ist dem Bürger allerdings nur dort
gewährleistet, wo er tatsächlich Zugang findet. Anders als im Fall des
Art. 8 Abs. 1 GG ist dabei die Meinungskundgabe aber schon ihrem
Schutzbereich nach weiter und nicht auf öffentliche, der Kommunikation
dienende Foren begrenzt. Denn im Gegensatz zur kollektiv ausgeübten
Versammlungsfreiheit impliziert die Ausübung der Meinungsfreiheit als
Recht des Einzelnen in der Regel keinen besonderen Raumbedarf und
eröffnet auch nicht einen eigenen Verkehr, der typischerweise mit
Belästigungen verbunden ist. Als Individualrecht steht sie dem Bürger
vom Grundsatz her überall dort zu, wo er sich jeweils befindet. (…)
Mit Demos hat man am Frankfurter Flughafen ja ausgiebig Erfahrung …
UPDATE: Und noch einmal Frankfurter Flughafen: Auf den Toiletten gibt es auch juristische Neuigkeiten!
21. Februar 2011
Die Süddeutsche Zeitung erinnert an die vor 60 Jahren beim Filmstart von „Die Sünderin“ einsetzenden Werbekampagne der Katholischen Kirche.
Die schärfsten Worte fand der Regensburger Erzbischof Michael Buchberger. Er sprach von einem „Vorgeschmack auf einen bolschewistischen Angriff, der die christliche Grundordnung zerstören“ wolle. (…)
Die Regensburger Feuerwehr, so überliefert es die Lokalpresse, habe sich geweigert, auf die Bürger zu spritzen – daraufhin habe die Polizei die Spritze beschlagnahmt. Vor dem bischöflichen Palais äußerten Demonstranten massive Beschimpfungen gegen die Geistlichkeit, außerdem beschädigten sie das Gebäude.
Ich werde bei Gelegenheit mal einen Sachverständigen fragen, ob er solche „bolschewistischen Angriffe“ kennt. Was die Diözese Regensburg betrifft, so hat man ja bei Kirchens dort mit der Sexualität ganz andere Probleme … Ohne Bolschewismus
20. Februar 2011
Jeder PR-Berater mit einem Minimum Resthirn hätte Baron zu Googleberg geraten:
„Oups, erwischt! Ja, sorry, war nicht böse gemeint! Wir haben ja alle mal einen Joint geraucht oder eine Steuererklärung, na wissen schon, oder?“
Dann wäre das Thema durch gewesen. Kein Mensch wäre auf die Idee gekommen, zu Guttenbergs Eignung als PR-Figur für das Kriegsministerium infrage zu stellen, denn verglichen mit der Lügerei beim Kundusausschuss ist das Geschummele ein Dumme Jungen-Streich. Die nächste Sau, die durchs Dorf getrieben werden will, hätte schon in den Startlöchern gewartet.
Aber für die „Krisen-PR“, seine evidente Jugendsünde „mit Nachdruck“ abzustreiten, hat er seine Eignung als Politiker eingebüßt. Chuzpé geht anders. Weggetreten!
Vor den Toren des piratenfeindlichsten Landgerichts gibt es eine klare Ansage:
21.08 Uhr: Piratenpartei toppt CDU auf St. Pauli
In Hamburgs Rot-und-Blaulicht-Distrikt sind fast die Hälfte der Stimmen ausgezählt – und die CDU ist demnach nur fünftstärkste Kraft. Mit derzeit 5,9 Prozent liegt sie nicht nur hinter der SPD und den Grünen, sondern auch hinter der Linken und der Piratenpartei (aktuell bei 6,3 Prozent). Die Satire-Truppe „Die Partei“ liegt auf Pauli knapp unter der Fünf-Prozent-Hürde.
meldet SPON den Wasserstand.
19. Februar 2011
Der inzwischen nicht mehr als Anwalt tätige Kollege Gysi macht sich derzeit wieder um die Achtung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts verdient. So geht der Kollege gegen den NDR vor, weil dieser in seiner jüngsten Dokumentation den Eindruck erzeugt haben soll,
er habe in seiner Zeit als Anwalt in der DDR mit der Stasi zusammengearbeitet. Unmittelbar vor der Ausstrahlung hatte Gysi dem NDR per einstweiliger Verfügung untersagt, in einer Vorankündigung zu behaupten, ihm sei als Anwalt die Staatsräson oft wichtiger gewesen als das Schicksal seiner Mandanten.
schreibt das Hamburger Abendblatt.
Entgegen einer weit verbreiteten Ansicht in der Bevölkerung kann man medienrechtlich nicht nur wegen Tatsachenbehaupten in Anspruch genommen werden, die man tatsächlich gesagt hat, sondern auch für solche, die durch Schlussfolgerungen des Publikums entstehen. Nach Karlsruhe benötigt es einen „zwingenden Eindruck“, der unabweisbar erweckt werde, in Hamburg hingegen reicht es aus, wenn man etwas in den Mund gelegt bekommt. Man muss dann absurderweise Behauptungen, die man ggf. nie gesagt oder auch nur gemeint hatte, aufgrund der Beweislastumkehr beweisen. Während man Fehlurteile in Karlsruhe über eine Abwägung mit der grundgesetzlich garantierten Meinungsfreiheit korrigiert, ist in Hamburg die Meinungsfreiheit eher die des Richters. Meinungen über Sachverhalte sind in Hamburg Tatsachenbehauptungen.
Ich habe den Eindruck, die Geschichte des Herrn Gysi ließe sich nur sehr schwer erzählen, ohne, dass der Eindruck gewisser Interessenkonflikte des Kollegen Gysi entsteht. Daher lässt sich nicht ausschließen, dass der vom NDR erzeugte Eindruck den Tatsachen entspricht. Immerhin erlagen dieses Eindrucks etliche in der Doku erwähnten Ex-Mandanten. Nicht in der Doku erwähnt ist Gysis Ex-Mandantin Bärbel Bohley, der Gysi den StaSi-Verdacht in Hamburg untersagen ließ. Frau Bohley hatte schon zu DDR-Zeiten in der Bürgerrechtsbewegung eine Frau als Spitzel verdächtigt, was sie nicht beweisen konnte und sich durch den Vorwurf in Misskredit brachte. Die verdächtigte Frau war tatsächlich eine eingeschleuste – sogar hauptamtliche – Mitarbeiterin der StaSi, Frau Bohley hatte richtig gelegen.
Wenn Herr Gysi den Gegenbeweis nicht führen kann, dann hat man zwar nicht das Recht, zu behaupten, Gysi habe dies und das definitiv getan. Aber man hat das Recht, das zu meinen, und dies auch als Meinungsäußerung kund zu tun. Mit diesem – möglicherweise falschen – Eindruck muss er leben. Daran werden auch 1000 Sprüche des Landgerichts Hamburg nichts ändern. Versaut allerdings wird durch Gysis Prozess-Exzess die Kultur der Meinungsfreiheit, die Gysis Kumpel Manfred Stolpe so erfolgreich attackierte. Von beiden fühlte sich Bohley seinerzeit verraten und hatte geseufzt: „Wir wollten Gerechtigkeit, und haben den Rechtsstaat bekommen!“ Frau Bohley hat sich übrigens an das Hamburger Verbot nicht eine Sekunde gehalten.
Apropos Manfred Stolpe: Seiner früheren Behörde, dem Bundesverkehrsministerium, habe ich letzte Woche per einstweiliger Verfügung für einen Mandanten eine bestimmte Behauptung untersagen lassen. Der Rechtsstaat funktioniert gelegentlich auch nach oben … ;)

admin •

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Die zum Axel Springer-Verlag gehörende Hamburger Mottenpost druckt diese Anzeige der Hamburger Piratenpartei nicht, weil man angeblich die Persönlichkeitsrechte des Spitzenkandidaten nicht verletzen möchte:

Liebe Mottenpost, das ist Unsinn. Und ihr wisst das. Der Axel Springer-Verlag hat erfahrene Anwälte, die exzellent informiert sind über die in Wahlkampfzeiten sehr begrenzten Persönlichkeitsrechte von Spitzenpolitikern sowie über die Harmlosigkeit des vorliegenden Bildnisses. Nicht einmal euer örtliches Landgericht würde einem nicht kommerziellen Anbieter, schon gar nicht einer politischen Partei, diese leicht erkennbare Fotomontage verbieten. Ich zeige es doch auch, ohne dass der Olaf oder ein ans-tändiger Hamburger Anwalt ein Fax schickt!
Ich habe den Olaf vor einiger Zeit mal kennen gelernt. Der ist entspannt. Der hat inzwischen sogar erkannt, dass die Internetsperren doof sind. Der macht nix gegen euch. Versprochen!
UPDATE:
Die Hamburger Morgenpost gehört NICHT zum Axel Springer-Verlag!
Ich bestreite mit Nichtwissen, dass die gute Anwälte haben!

admin •

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18. Februar 2011
Nachdem sich die Ägypter ihres Verwalters entledigt haben, kaufen sie die ihnen bislang verbotenen Bücher. Mit Zensur hat im Land der Hieroglyphen schon etwas länger Erfahrung, insbesondere auch anlässlich des Wechsels des Pharao: Wenn ein Thronfolger oder Usurpator ein Problem mit dem Vorgänger hatte, dann wurde dessen Existenz aus allen Aufzeichnungen, Münzen, Reliefs usw. getilgt.
Statt Pressekammern hatten die damals Grabkammern …
17. Februar 2011
Der Kollege Prof. Schweizer berichtet, dass dem Amtsgericht Charlottenburg der fliegende Gerichtsstand langsam zu doof wird.
Das Gericht argumentiert, die Ausnahmeregel des § 32 ZPO verfolge den Zweck, die Sachnähe zum Ort des Geschehens herzustellen. Der Kläger könne sich deshalb nicht einen beliebigen Ort aussuchen. Die bloße Abrufbarkeit im Internet reiche nicht aus.
Aus meiner Praxis weiß ich, dass auch namhafte Landgerichte langsam fragen, ob denn die Gerichtstouristik im Rechtsprechungsgefälle des Presserechts im Sinne des Erfinders ist. Aber keine Angst, liebe Kollegen: Noch ist Hamburg nicht verloren!

admin •

10:07 •
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Das Social Network für zeitreiche Netzbewohner, die über die Inhalte und Relevanzkriterien eines Internet-Lexikons wachen und streiten, hat in einem Meinungsbild zu 51% Mehrheit herausgefunden, das Wikipedia-Schiedsgericht sei wohl irrelevant.
Recht so! Warum sollte man eine Oligarchie, in der die geschriebenen Rechtssätze tribalistisch gehandhabt werden, mit einem Feigenblatt bemänteln? Das WP-Schiedsgericht war seit Gründung vor allem mit sich selbst beschäftigt. Ein Ombudsmann wäre effizienter gewesen.
Solange die Wikipedanten nicht klare Regeln für Admin Abuse formulieren, solange es neben oder über den Admins keine Position eines Quasi-Staatsanwalts gibt, der ohne Ansehung der Person die Initiative ergreift, solange der Streit um Inhalte ein politischer statt ein wissenschaftlicher Prozess ist, wäre jegliches „Schiedsgericht“ nur Heuchelei.