Ein Wikipedia-Autor namens „Feliks“, dem die sonst so argwöhnischen Admins auffällig freie Hand bei der Diskreditierung von Politikern, Aktivisten und Publizisten lassen, wenn diese nicht seine politisch-religiöse Auffassung etwa zum Nahost-Konflikt teilen, war vorletzten Herbst enttarnt worden. Feliks bemühte in neureicher Manier eine renommierte Hamburger Anwaltskanzlei, die unter Heranziehung etlicher branchüblicher Tricks den Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung beantragte, um das YouTube-Video über Feliks zu attackieren.
Nunmehr hat das OLG Hamburg geurteilt, dass der Antrag jedenfalls erstinstanzlich gänzlich unbegründet war. Feliks muss also erstinstanzlich die gesamten Kosten tragen, was bei einem ursprünglichen Streitwert von 216.000,- € gegen ursprünglich drei Gegner schon ein teurer Spaß ist.
Von den in der Berufungsinstanz noch verhandelten Einzelanträgen mit Streitwert 108.000,- € nahm Feliks auf dringendes Anraten des Gerichts alles bis auf einen Antrag zurück. Bei diesem Antrag hatte er in der zweiten Instanz neue „Glaubhaftmachung“ angeboten, die dem Gericht insoweit ausreichte. Für die zweite Instanz muss Feliks 80% der Kosten tragen.
Wie bereits im Blog besprochen, ist die Deanonymisierung von Wikipedanten dem OLG Hamburg zufolge bereits dann zulässig, wenn diese zu meinungsbildenden Themen wie Politik oder Gechichte schreiben.
Ebenfalls ist es zulässig, konspiratives Verhalten von Feliks mit dem von Geheimdienstlern zu vergleichen, ohne hierdurch einen zwingenden Eindruck einer Mitgliedschaft in einem Geheimdienst zu erzeugen. Die Mandanten müssen also nicht mehr den Beweis für die aberwitzig untergeschobene Behauptung erbringen, Feliks sei ein Geheimagent.
Untersagt wurde nunmehr eine Äußerung über Berichte über ein Foto, das den Mandanten übereinstimmend von mehreren Personen beschrieben wurde. Aufgrund der Beweislastumkehr in § 186 StGB trägt bei Tatsachenbehauptungen die Beweislast der Äußernde. Zwar konnten die Mandanten eine schlüssige eidesstattliche Versicherung eines gut beleumundeten Zeugen vorlegen, die erstinstanzlich zum Erfolg führte. In der zweiten Instanz nun legte Feliks eine eigene eidesstattliche Versicherung in eigener Sache vor, in welcher er die Existenz des Fotos bestritt.
Nach Rechtsmeinung des OLG Hamburg sollen die Mandanten, die sich in einem YouTube-Video äußerten, für die Meldung haften, ihnen hätten Dritte die Existenz eines Foto bestätigt, das Feliks in einer für ihn angeblich ansehensmindernden Situation zeige. Eine eigene Behauptung hatten die Mandanten schon nicht aufgestellt. Beantragt war auch nicht etwa das Verbot eines unwahren Eindrucks, sondern der Bericht über Aussagen Dritter soll zur Haftung führen. Dieses Haftungskonzept erinnert auffällig an die vom BGH aufgehobene Markwort-Entscheidung der Hamburger Richter, die eine Zeitung für den Abdruck eines Interviews mit Roger Willemsen haften ließen, in welchem diesem ein Irrtum unterlief.
Wenn man diese drakonische Verbreiter-Haftung auf die Wikipedanten anwendet, haften die übrigens auch für jede falsche oder nicht beweisbare Aussage, welche sie aus fremden Quellen übernehmen. Ob sich ausgerechnet unser Feliks da wirklich einen Gefallen tut, solche Urteile zu produzieren?
Als Beleg für seine Rechtsmeinung zur Verbreiterhaftung zitierte der Senat eine Rechtsmeinung in einem juristischen Buch, dessen Autor insoweit allerdings der beteiligte Richter des OLG-Senats persönlich ist. Ich wage mal die Prognose, dass diese in Karlsruhe nicht geteilt wird. -> Hamburg hört in Karlsruhe auf
Allerdings wird es voraussichtlich nicht so weit kommen, denn während im Verfügungsverfahren so seltsame Beweismittel erlaubt sind wie eidesstattliche Versicherungen einer Prozesspartei in eigener Sache (Interessenkonflikt?), und diese dann in Hamburg auch nicht gewichtet werden, können im Hauptsacheverfahren Zeugen gehört werden, und da bieten wir mehrere.
Prozessrechtlich ist das Urteil auch interessant. So soll das Landgericht nicht verpflichtet gewesen sein, hinsichtlich der von Anfang an abgewiesenen Anträge die Mandanten einzubeziehen. Dies ist vor allem deshalb ungewöhnlich, weil die Mandaten vor Antragstellung eine umfangreich begründete Schutzschrift hinterlegt hatten und sich die Abmahnung praktisch im Antragstenor erschöpfte.
Spannend ist auch, dass ein Antragsteller, der eine Erstveröffentlichung erwartet, sich sechs Wochen mit seinem Antrag Zeit lassen darf und eine Abmahung mit kurzer Frist übers Wochenende akzeptiert wird. Nach wie vor also laden die Hamburger Gerichte jeden Querulanten zur Gängelung von Journalisten und Bloggern durch absurde einstweilige Verfügungen ein.
Ein gewisser „Feliks“ hatte am Landgericht Hamburg zunächst eine einstweilige Verfügung erstritten, die es den Mandanten verbot, Feliks echten Namen zu verraten. Feliks gehört zu den ca. 300 Wikipedia-Autoren, die in kontroversen Beiträgen im Ergebnis die Macht haben, diese zu kontrollieren – dieses, obwohl er häufig extrem subjektiv editiert und Interessenkonflikte nicht offenlegt. So kontrollierte er eine beträchtliche Anzahl an Wikipedia-Biographien von Politikern der Linkspartei sowie politische Lemmata, obwohl er selbst Mitglied der Linken ist, sogar mal im Vorstand der bayrischen PDS saß. Wer immer Feliks‘ (extreme) Meinung zum Nahost-Konflikt nicht teilte, musste damit rechnen, gebrandmarkt und verächtlich gemacht zu werden.
Das Landgericht Hamburg hatte vor einem Jahr die einstweilige Verfügung unter anderem in diesem Punkt wieder einkassiert, denn wenn jemand andere ausgiebig anprangert und sehr, sehr einseitig und irreführend dar- und bloßstellt, der müsse sich halt auch die eigene Medizin schmecken lassen. Der Serienrufmörder ging in Berufung.
Das Oberlandesgericht Hamburg ließ in der Berufungsverhandlung erkennen, dass es an dieser Bewertung nicht nur festhält, sondern die Hürden für eine De-Anonymisierung sogar deutlich niedriger legt. Laut dem Bundesverfassungsgericht hat der Einzelne eine Unterlassungsanspruch, gegen seinen Willen nicht ohne besondern Anlass etwa in einem Text identifiziert zu werden. Wenn sich jemand aber an einer Diskussion über politische oder historische Themen beteiligt, tendiert das OLG Hamburg dazu, eine Deanonymisierung zu gestatten. Mit anderen Worten: Die Denunziationen und Interessenkonflikte, die Feliks nachgewiesen werden konnten, waren nicht einmal nötig, um ihn beim Namen nennen zu dürfen.
Feliks hat damit den anderen Heckenschützen in der Wikipedia einen Bärendienst erwiesen, denn jeder, der nicht gerade zu Themen wie „Algebra“ editiert, muss nun damit rechnen, mit seinen Hinterlassenschaften öffentlich konfrontiert zu werden. Ein Urteil hierzu wird es nicht geben, denn mangels Erfolgsaussicht nahm Feliks diesen und weitere Anträge im Gerichtssaal auf Anraten seiner Anwältin zurück.
Anders als das Landgericht Hamburg vermochte das Oberlandesgericht aus den Äußerungen keinen zwingenden Eindruck zu konstruieren, Feliks sei Mitarbeiter eines Geheimdienstes. Den Mandanten war aufgefallen, dass es sehr schwierig war, ein Foto von Feliks zu finden, was einen Mandanten, einen renommierten Geheimdienstexperten, eben an Geheimdienstler erinnerte, die Weisung haben, jegliche Fotos zu vermeiden.
Erfolgsaussichten hat Feliks jedoch mit einem Antrag gegen die berichtete Behauptung eines Zeugen, dieser habe auf einem Foto eine bestimmte Uniform getragen. Im Verfügungsverfahren konnte Feliks die Mandanten mit einer eidesstattlichen Versicherung in Beweisnöte bringen. Im Rahmen der allerdings von den Mandanten erhobenen negativen Feststellungsklage am Landgericht München wird ihm dieses „Beweismittel“ nicht zur Verfügung stehen.
Die Verhandlung war auch prozessrechtlich interessant. Eine einstweilige Verfügung ist nur zulässig, wenn man mit dem Antrag nicht zu lange trödelt. Vorliegend hatte sich Feliks allerdings in mehrfacher Weise dringlichkeitsschädlich verhalten:
Die Enthüllung war ihm angekündigt worden, sodass er eine Woche zuvor sogar anwaltlich auf Unterlassung abmahnen ließ, dann aber keine Unterlassung gegen eine Erstveröffentlichung durchsetzte.
Feliks ließ nach dem Zeitpunkt der behaupteten Kenntnisnahme fünf Wochen Zeit verstreichen.
Es gibt starke Indizien dafür, dass Feliks die Enthüllung bereits am Tag der Veröffentlichung und nicht erst am Folgetag gekannt haben dürfte.
Die Zivilprozessordnung definiert nicht, wann eine Sache dringlich ist und wann nicht mehr. Normalerweise zählen die Umstände des Einzelfalls. In Hamburg gibt es allerdings eine Tradition, dass man dort „sehr strikt“ an einer Ausschlussfrist von fünf Wochen festhält, die Feliks nach unserer Auffassung um ein paar Stunden verpasst hätte.
Das Landgericht hatte einer einsilbigen eidesstattlichen Versicherung von Feliks Glauben geschenkt, das OLG hingegen meint, dass es auf ein paar Stunden mehr gar nicht ankomme. Das ist insbesondere dann sehr großzügig, wenn man bedenkt, dass Feliks ja nach seiner Abmahnung noch eine Woche ins Land gehen ließ und keine weiteren Maßnahmen ergriff, etwa die Erstveröffentlichung zu unterbinden.
Es bleibt dabei, dass Feliks die ursprünglich mit einem Streitwert von 216.000,- € angesetzte einstweilige Verfügung, die es in der Berufung noch immerhin auf 108.000,- € brachte, fast vollständig verloren hat. Den Rest machen ihm die Mandanten am Landgericht München streitig. Unterm Strich dürfte Feliks das Hamburg-Abenteuer knapp 30.000,- € gekostet haben. Dafür hätte man auch anders Spaß haben können.
Der Rechtsstreit hat noch eine ironische Wendung: Der Titel der ersten Dokumentation eines der Mandanten über Manipulationen in der Wikipedia lautete „Zensur“. Die ist Feliks nun im wahren Leben nicht gelungen.
Auf Initiative von Günter Wallraff haben heute 130 Erstunterzeichner die Haftentlassung von Julian Assange gefordert. Auch die Medien, welche dieses Thema und den Melzer-Report erstaunlich vernachlässigt haben, erkennen offenbar langsam, dass sie Narrativen aufgesessen haben.
Man muss Assange nicht in allem zustimmen, die Einhaltung der Menschenrechte durch den – in diesem Fall britischen – Staat ist jedoch unverhandelbar. Politische Gefangene und Folter sind eines Rechtsstaats unwürdig.
Wer ebenfalls unterschreiben möchte, kann den Appell hier zeichnen: assange-helfen.de
Das Beste aus gegnerischen Schriftsätzen im Januar:
„Die Zuziehung des Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners (…) war nicht notwendig. Es handelt sich bei dem Rechtsstreit um keine medienrechtliche Fallgestaltung, sondern um zivilrechtliche Unterlassungansprüche.“
(Medienanwälte befassen sich zu ca. 90% mit zivilrechtlichen Unterlassungsansprüchen.)
„Zwischen den Parteien besteht kein Wettbewerbsverhältnis.“
(Es handelte sich um zwei große Konzertveranstalter.)
„Mangels Urheberrechts und mangels dessen Übertragbarkeit gem. § 29 UrhG macht der Kläger das behauptete ausschließliche Recht an der Verwertung des Lichtbilds aus eigenem Recht geltend.“
In der aktuellen Ausgabe der Computerfachzeitschrift c’t vom 04.01.2020, S. 166, warnt ein Artikel vor der Abzocke mit provozierten Verstößen gegen Creative Commons-Lizenzen. So streuen Fallensteller ihre Bilder im Netz unter kostenfreien Lizenzen, obwohl allgemein bekannt ist, dass praktisch niemand die komplizierten Regeln zur korrekten Benennung tatsächlich beherrscht. Dann aber bitten diese Leute mit einem breiten Grinsen zur Kasse wegen einer Urheberrechtsverletzung. Ich beobachte diese Masche seit 2011.
Folgendes möchte ich aus der Sicht eines mit dieser Branche erfahrenen Anwalts anmerken:
99% dieser zweifelhaften Forderungen kommen nicht von „Abmahnanwälten“, sondern von den (angeblichen) Fotografen direkt. Einzig der Kollege Herr Rechtsanwalt Lutz Schroeder aus Kiel mahnte bis letztes Jahr in großem Stil für einen angeblichen Fotografen Christoph Scholz sowie jedenfalls früher für einen obskuren „Verband zum Schutz geistigen Eigentums im Internet (VSGE)“ immer sofort ab. Andere CC-Lizenzforderer bemühten nur sehr gelegentlich Rechtsanwälte. (Update: Magister Kulac fällt wohl noch in diese Kategorie.)
Dem Beitrag zufolge seien solche unberechtigten Forderungen in der Praxis selten. Das kann ich so nicht bestätigen. Es sind zwar wenige „Anbieter“, deren Fallzahlen sind allerdings durchaus beeindruckend. In diesem Bereich gibt es aber sehr wenig Urteile, weil andere Anwälte entsprechende Rechtsstreite ganz überwiegend durch Vergleiche beenden. Ich allerdings habe einige Musterklagen durchgezogen, darunter auch die im c’t-Bericht genannten Sachen am OLG Köln.
In dem Beitrag wird geraten, die Forderungen zurückzuweisen und als ggf. aktive Gegenmaßnahme eine negative Feststellungsklage zu erheben. Das Kostenrisiko läge hier bei einem Streitwert von 6.000,- € bei etwa 2.650,- €.
Das kann ich so nicht bestätigen. Eine wirtschaftlich geführte negative Feststellungsklage sollte keinen höheren Streitwert als den der finanziellen Forderung aufweisen. Daher sollte man eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abgeben, denn eine mögliche Unterlassungsforderung wäre ein unproduktiver Kostenfaktor. Die Lizenzforderungen, mit denen man heute bei Creative Commons-Rechnungen konfrontiert wird, liegen inzwischen meistens unter 1.000,- €. (2015 hatte mal jemand sagenhafte 5.310,38 € verlangt – bekommen hat er am Ende, als wir beim BGH waren, 0,- €, dafür aber unsere Rechnung.) Das Kostenrisiko erster Instanz liegt also bei 620,72 € zzgl. ggf. Anfahrtskosten.
In dem Beitrag wird behauptet, Dreh- und Angelpunkt sei die Tabelle der „Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing“ (mfm). Nein, ganz sicher nicht! Diese Tabelle wird schon bei konventionellen Bildern von den Gerichten müde belächelt und nur bei professionellen Fotografen bzw. Agenturen zum Ausgangspunkt einer Honorardiskussion genommen. Wer aber seine Werke zur kostenfreien und sogar kommerziellen Nutzung freigibt, ist nun einmal insoweit kein professioneller Anwender. Einen mfm-Tarif für Bilder, die unter Creative Commons lizenziert wurden, gibt es logischerweise nicht. Ich glaube nicht, dass aktuell irgendein Gericht für solche Bilder mehr als 100,- € geben würde. Aktuelle Tendenz ist 0,- €.
Die Autoren meinen, bei einer Forderung von 200,- € würde sich der Gang zum Anwalt nicht lohnen. Da viele Kollegen eine kostenlose Erstberatung anbieten (ich nicht) und ich freundliche E-Mail-Anfragen zumindest mit einem hilfreichen Standard-Text beantworte, kann ich das so nicht bestätigen.
Die Autoren raten, statt des Gangs zum Anwalt (wer „geht“ im E-Mail-Zeitalter eigentlich noch zum Anwalt?) bei geringen Forderungen lieber selbst mit dem Gegner unter Verweis auf die jüngeren Urteile zu verhandeln, um eine reduziere Rechnung rauszuschlagen. Damit geht man dem Gegner bereits ein Stück weit auf den Leim: Die meisten dieser „Anbieter“ fügen ihren exoribitant berechneten Ansprüchen ohnehin ein „gutes Angebot“ bei und machen auch noch bei einem Euro einen Gewinn. Das einzig akzeptabe Angebot ist jedoch in Wirklichkeit „0,- €“. (Selbst bei möglichen 100,- € würde niemand klagen, der bei Trost ist, weil solche Prozesse grob unwirtschaftlich wären.)
Die Empfehlung des Beitrags, ansonsten einen Fachanwalt für Urheberrecht oder IT-Recht aufzusuchen, ist mir zwar im Prinzip sympathisch. :) Aber: Zwar müssen Fachanwälte für IT-Recht Grundkenntnisse im Urheberrecht nachweisen, aber gerade gestern hatte ich einen solchen auf der Gegenseite, der § 97a Abs. 4 UrhG selbst in der Berufung noch immer nicht verstehen wollte. Daher rate ich, in vorliegenden Fällen eher nach Spezialisierung auf Urheber- als auf IT-Recht zu achten (und mich mit IT-Recht in Ruhe zu lassen).
Der Beitrag geht auch kurz auf die „Unterlassungserklärung“ ein, die bei Abmahnungen gefordert werden. Richtig ist, dass man diese nicht ohne fachmännische Prüfung unterschreiben sollte. Die Beobachtung, dass bei Verstoß Vertragsstrafen zwischen 1.500,- € oder 5.000,- € fällig würden, kann ich so nicht bestätigen. Zum einen werfen Gerichte vor allem bei Privatleuten häufig deutlich geringere Summen aus, zum andern ist ein Großteil der mir in diesem Bereich bekannten Vertragsstrafevereinbarungen aus unterschiedlichen Gründen schlicht und ergreifend unwirksam. (Unter uns: Ich habe bislang alle solche Forderungen abgewehrt …)
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Einer der eifrigsten Massenabmahner im Bereich Creative Commons wegen unzureichender Benennung ist der Hamburger „Fotograf“ Christoph Scholz. Anders als seine Mitbewerber, die sich mit dem Fordern von angeblichen „Lizenzschäden“ begnügen, kommen die Abmahnungen von Herrn Scholz immer sofort über einen Rechtsanwalt, bislang Herr Lutz Schroeder aus Kiel. Die Abmahnung wirkt dadurch nicht nur professioneller, berechnet werden hierfür noch zuätzlich über 400,- € Anwaltskosten, obwohl er seit Jahren den identischen Abmahntext verwendet.
Inzwischen habe ich für Mandanten zwei weitere negative Feststellungsklagen erhoben, bei denen ich nunmehr stark zur Rechtsauffassung tendiere, dass sämtliche mir bekannten Abmahnungen des Duos Christoph Scholz/Lutz Schroeder fehlerhaft iSd § 97a UrhG sind. Dann aber kann kein Abmahnhonorar verlangt werden, im Gegenteil muss der Abmahnersogar die Kosten des Abwehrschreibens erstatten.
Ob wir zu dieser Rechtsfrage im Fall des oben abgebildeten Werks überhaupt kommen, ist allerdings aus anderen Gründen zweifelhaft.
Schroder/Scholz behaupteten in ihrem Standardtext, es handele sich bei dem Werk um eine „Fotografie“. Meine Recherchen ergaben allerdings, dass Herr Scholz die Erdoberfläche noch nie weiter als 15.000 m verlassen hat. Er konnte auch unmöglich bei Gegenlicht Sterne abbilden, das ist fotografisch einfach gleichzeitig nicht machbar. Und siehe da, der „Fotograf“ räumte ein, dass er das Werk per Photoshop aus fremdem Material erstellt habe. Dann aber handelt es sich nicht um eine „Fotografie“ und insbesondere nicht um ein durchgängig eigenes Werk. Insbesondere liegt wohl eine ungenaue Beschreibung der Verletzung nach § 97 Abs. 2 Nr. 2 und 4 UrhG vor.
Aber auch dies wird vorliegend wohl irrelevant sein, denn der Abmahnanwalt hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, die Passivlegitimation zu prüfen. Das Werk hatte nämlich jemand Unbekanntes in ein Wiki eingestellt. Der Betreiber, mein Mandant, haftet aber für User Generated Content erst ab Kenntnis. Ein gewissenhafter Abmahner, dessen Künste mehr als 400,- € wert sind, hätte das erkennen können. Mithin war die Abmahnung unberechtigt und wird finanziell wohl nach hinten losgehen.
Doch die Abmahnungen weisen noch eine Vielzahl weiterer Schwächen auf, die demnächst in einem anderen Fall eine Rolle spielen. Da Herr Scholz Tausende solcher Abmahungen versenden ließ, könnte da bald auf den Abmahner einiges an Forderungen zukommen …
Inzwischen hat Christoph Scholz aus irgendwelchen Gründen einen neuen Anwalt, nämlich den Kollegen Herrn Dr. Matthias Schaefer aus München, dessen Abmahnungen deutlich fachmännischer ausfallen.
UPDATE: Der Kollege Dr. Schaefer aus München hatte Herrn Scholz bereits früher mal vertreten. Dass dessen Abmahnungen „fachmännischer“ ausfallen, bedeutet nicht, dass sie überzeugen. Bei den Schriftsätzen hingegen konnte ich keine Qualitätsunterschiede feststellen. Inzwischen habe ich noch eine zweistellige Anzahl weiterer negativen Feststellungsklagen gegen Scholz eingereicht …
Dieses Wochenende lief im ZDF ein Spionagethriller „West of Liberty“ (Mediathek), bei dem es um einen Julian Assange nachempfundenen Betreiber einer Leak-Platform „HydraLeaks“ ging, der sich in Berlin in der syrischen Botschaft versteckt bzw. gefangen gehalten wird. Der alternde CIA-Stationschef möchte den Mann während eines von ihm inszenierten Sturm syrischer Protestler auf die Botschaft entführen. Zwischen die Fronten gerät eine Anwältin, die sich für den Hacker einsetzt und an die Leak-Plattform glaubt. Tatsächlich aber hat der Hacker alle verraten.
Ich musste ein bisschen schmunzeln, denn vor genau zehn Jahren kam ich mit WikiLeaks in Kontakt und wurde gelegentlich um meine anwaltliche Meinung gefragt. Leider wurde ich auch Zaungast des Streits zwischen den Betreibern.
Die sehr freie Darstellung von WikiLeaks-Betreibern in der Fiktion, um Julian Assange zu dämonisieren, ist nicht neu. In „Jason Bourne“ etwa gab es ebenfalls einen fiesen politischen Hacker, von dessen Extremismus sich der Protagonist ausdrücklich distanziert und seinen Gegner im mannhaften Duell tötet. Das war zwar billige Propaganda, wenigstens aber in einem sehr aufwändigen, spannenden und ansonsten sehr intelligenten Thriller.
Warum das öffentlich-rechtliche TV so ein Propagandstück finanziert, ist für mich nur sehr schwer nachvollziehbar. Die Rundfunkgebühren häte das ZDF deutlich besser in einer TV-Doku über den echten Politthriller um Julian Assange anlegen können, der sich gerade in London abspielt. Die unmenschlichen Haftbedingungen eines politischen Gefangenen sollten eigentlich für Medienaufmerksamkeit ausreichend sein.
Letzte Woche fand in den Berliner Räumen der Mozilla-Foundation ein zweitäiges Treffen von internationalen Anwälten, Aktivisten und Forschern statt, die den Einfluss von Algorythmen auf die Gesellschaft kritisch beobachten.
Der Digital Freedom Fund hatte mich eingeladen, um über das von mir für einen Mandanten gegen den Google-Konzern erstrittene Urteil Oberlandesgericht Köln, 15 U 56/17 zu referrieren. Damals war durch ein irreführendes Suchergebnis ein Mensch sozial und geschäftlich erledigt worden. Mir war nicht bewusst gewesen, dass dieser Fall sogar im Ausland registriert wurde.
Die Geschichten der anderen Vortragenden waren ähnlich krass. So kürzte ein Programm mit mäßigem Sachverstand mal eben die Zuteilung von Pflegekräften für extrem hilfsbedürftige Menschen. In einem anderen Fall gerieten Hunderte von Menschen durch einen EDV-Fehler in Misskredit, was eine Kaskade an weiteren Problemen auslöste. Wir leben in spannenden Zeiten.
Die Lektüre von Rezensionen über juristische Fachliteratur kann man sich im Regelfall sparen, da diese „Kritik“ wegen Interessenkonflikten praktisch immer positiv ausfällt.
Denn die Rezensenten sind meist selbst Buchautoren, die keinen Liebesentzug der Branche riskieren und außerdem weiterhin kostenfreie Rezensionsexemplare beziehen möchten. Zudem erscheinen die meisten Rezensionen in Fachzeitschriften der wenigen Verlage, welche die besprochenen Bücher anbieten. Alles muss man also selber machen …!
Presse- und Medienrecht
Soehring/Hoene, neben dem Wenzel DER Klassiker im Presse- und Medienrecht, hat nach nunmehr sechs Jahren eine überfällige Neuauflage erfahren. Die Überarbeitung war schon wegen etlichen neuen Gesetzen überfällig. Jan Böhmermann hat es sogar ins Vorwort geschafft! Zweifellos sind die 119,- € gut angelegt, aber es bestehen Zweifel, ob den Verfassern bei Redaktionsschluss April alle bis dahin wichtigen Urteile bekannt waren. Irritiert hat mich das Versprechen auf dem Cover, das Werk behandele auch das Recht der sogenannten Neuen Medien, denn die werden allenfalls gestreift.
Korte, der einst in der berüchtigten Hamburger Pressekammer wirkte, hat eine zweite Auflage seines Skripts „Praxis des Presserechts“ (2014) vorgelegt. Dessen praktischen Wert schmälert Kortes Perspektive als Richter, denn einen praktizierenden Rechtsanwalt werden vor allem spezifisch-prozessrechtliche Fragen interessieren, bei denen das Werk Lücken lässt. Für 59,- € OK, aber dafür, dass das Buch aus Kortes Fachanwaltskurs hervorgegangen ist und „Praxis“ im Titel trägt, wäre da noch Luft nach oben.
Urheberrecht
Im Urheberrecht im engen Sinn erscheinen in dieser Saison keine Titel. Zum einen waren die ganzen UrhG-Kommentare letztes Jahr aktualisiert worden, zum andern weiß nach der seltsamen Europäischen Urheberrechtsrichtlinie („Artikel 13“) niemand so genau, wo insoweit die Reise denn jetzt hingehen soll. Die Umsetzung der Richtlinie ins deutsche Recht steht ja bekanntlich noch aus, und da hat der Gesetzgeber noch ausgiebig Gelegenheit zum weiteren Dilletieren.
Um genau zu sein, müsste man noch den Anfang des Jahres aktualisierten Wandtke/Bullinger erwähnen, der als „Praxiskommentar“ vermarktet wird. Meine Stichproben im Bereich Abmahnunrecht ergaben allerdings den Eindruck, dass die Bearbeitung oberflächlicher als anderswo ausfällt. Für 249,- € wird man bei Schricker, Dreier und Möhring besser bedient.
IT- und UWG
Im IT- und UWG-Recht sind gerade zwei Wälzer erschienen, die natürlich wieder als „unverzichtbar“ angepriesen werden. Beide Bücher haben mir im Prinzip gut gefallen, hielten aber meinen (subjektiven) Stichproben nicht stand.
Die soeben erschienene Neuauflage von Auer-Reinsdorff / Conrad: „Handbuch IT- und Datenschutzrecht“ erweckt den Eindruck einer eierlegenden Wollmilchsau. Laut Vorwort deckt das Werk alle Bereiche der Fachanwaltsordnung für IT-Recht ab. Die Autoren des Ende Oktober erschienenen Werks versprechen den redaktionellen Stand von Februar 2019, was mir im IT-Recht als ziemlich großzügig erscheint. Erstaunlicherweise fehlt allerdings manch höchst relevantes Urteil aus Mitte 2018, obwohl das Thema behandelt war. Bei einem Preis von 349,- € dürfte man eine sorgfältigere Endredaktion erwarten.
Nach einem Jahrzehnt Pause erfuhr das „Handbuch des Wettbewerbsrechts“ von Gloy/Loschelder/Danckwerts eine fünfte Auflage. Bei Werbung für ein Buch über unlautere Werbung darf man wohl die Werbung etwas genauer prüfen … Das Werk ist gut, aber der versprochene Praxisbezug bedeutet nicht, dass alle für Praktiker alltagsrelevanten Aspekte abgebildet werden, etwa bei der Abwehr von Abmahnungen. Insbesondere erspart der Kauf dieses 269,- € teuren Handbuchs nicht die jährliche Anschaffung einer Neuauflage des Köhler/Bornkamm/Federsen (185,- €), wo ich die vermissten praxisrelevanten Antworten fand.
Nachtrag: Die vierte Auflage des Spindler/Schuster „Recht der elektronischen Medien“ hatte ich zu erwähnen vergessen. Die 299,- € sind gut angelegt.
Hier in der Kanzlei nehmen noch Vorauflagen von Soehring/Hoene, Korte, Zöller und Fischer Platz weg, die ich gerne verschenke (Selbstabholer).