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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


16. Januar 2013

Hessische CDU ./. Hessische Piraten: Schwarze Socken

Die CDU Hessen hatte Anfang Dezember ihre aus den 1970ern stammende Cold War-Kampagne „Komm aus deiner linken Ecke“ exhumiert. Diese grottig-provinzielle Nummer, die an sich schon Realsatire war, nahmen die hessischen Piraten zum Anlass, die Kampagnen-Website der CDU zu parodieren. Dabei kopierten die Piraten auch das Logo mit dem Schriftzug „CDU Hessen“. Das wiederum fanden die hessischen Christdemokraten nicht witzig. Man war sauer darüber, dass die Piraten sich den Namen der CDU Hessen angemaßt hätten. Allerdings war die Website unschwer als Parodie zu erkennen.

Nachdem die Piraten ihren Spaß – und natürlich auch Medienaufmerksamkeit – gehabt hatten, änderten sie auf die Kritik der CDU hin ihre Website. Dennoch forderten die Christdemokraten zusätzlich über ihren Anwalt im Wege einer anwaltlichen Abmahnung die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, außerdem begehrten sie die Abmahnkosten. Damit nicht genug, nahmen die gekränkten Christdemokraten einen Piraten persönlich in die Haftung.

Doch Piraten lassen sich jedoch nur ungern abmahnen. So gaben denn auch die hessischen Piraten ein gutes Vorbild und nahmen für sich das Recht auf freie Meinungsäußerung in Anspruch, das auch die Freiheit zur Satire beinhaltet, und die geht nun einmal sehr weit. In den Verhandlungen zeigte sich der CDU-Anwalt allerdings unnachgiebig und kündigte stur einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung an. Doch auch von diesem Säbelgerassel ließen sich die hessischen Piraten nicht irritieren. Ich habe dann im Auftrag vorsorglich bei diversen für entsprechende Querulanz anfälligen Gerichten sozusagen „Tretminen“ hinterlegt, nämlich sogenannte „Schutzschriften“. Nach dem „Hase-und-Igel-Spiel“ kann man nämlich einer drohenden einstweiligen Verfügung zuvorkommen, indem man seine Sicht der Dinge vorab bei Gericht einreicht, die dann im Falle eines Eingangs eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung berücksichtigt werden muss. Außerdem löst derartiges bei einem erfolglosen Angriff zusätzliche Kosten aus … ;-)

Leider hat sich die CDU von meiner vorgerichtlichen Argumentation offenbar bekehren lassen und den hessischen Piraten leider keine weitere PR mehr geliefert. Heute nun, als die gerichtsübliche Ausschlussfrist für die Dringlichkeit einer einstweiligen Verfügung auslief, erklärte der Anwalt der Christdemokraten sinngemäß, man werde die Angelegenheit wegen der prompten Änderung der Website nun auf sich beruhen lassen. Man werde jedoch künftige der CDU Hessen „untergeschobene Äußerungen“ nicht hinnehmen und insbesondere den als Admin-C fungierenden Pirat persönlich in Anspruch nehmen.

Es sieht nicht so aus, als ob die hessischen Piraten deswegen schlaflose Nächte hätten … ;)

14. Januar 2013

Käufliche Ex-Minister

Über Herrn Ernst Strasser, Österreichischer Innenminister a. D., hatte ich gestern einen Kurz-Beitrag bei Telepolis gemacht. Heute hat er seine verdienten vier Jahre Knast erhalten. Gestolpert ist der Träger eines Big Brother Awards u.a. über abgehörte Telekommunikation.
Bei der Gelegenheit hatte ich auch auf die Verdienste des Herrn Grasser hingewiesen, Österreichischer Finanzminister a. D., ähnlich käuflich. Auch in seinem Fall gab es schöne Abhörprotokolle, die geleakt und dann in der juristischen Fakultät von bekannten Kabarettisten der Alpenrepublik aufgeführt wurden … ;-)

Beschwerde gegen Bundesregierung wegen mangelnder Unabhängigkeit des Bundesdatenschutzbeauftragten

Die Datenschutzexpertin Katharina Nocun hat Beschwerde gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen Untätigkeit erhoben, weil die EU-Richtlinie bezüglich der Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten weder von Rot-Schwarz, noch von Schwarz-Gelb umgesetzt wurde. Ich habe gerade einen Fall beim Bundesdatenschutzbeauftragten anhängig gemacht, bei dem ich sehr gespannt bin, was da wohl herauskommen wird.

13. Januar 2013

GEMA ist digitaler Vandalismus

Aktuell kloppen sich mal wieder GEMA und Youtube, diesmal am Bundespatentgericht.

Letztes Jahr korrespondierte ich wegen eines Artikels mit dem Video-Künstler Cristóbal Vila, der seine Studien kostenfrei ins Internet stellt und bei Verwendung durch kommerzielle Anbieter wie TV-Sender von diesen vergütet wird. Vila war erstaunt, dass sein großartiges Werk „Nature by Numbers“ im deutschen Youtube wegen der Musikverwendung nicht zu sehen war, denn der Komponist Wim Mertens war mit der Verwendung sehr glücklich und hatte seine ausdrückliche Einwilligung erteilt; es kam sogar zu einer gemeinsamen Arbeit.

In Deutschland müssen GEMA-Mitglieder aufgrund des einheitlichen Vertrags ihre Kompetenzen zur Einwilligung an diese abgeben. Die GEMA wiederum ist dann zwar Interessenten gegenüber grundsätzlich kontrahierungspflichtig, will aber stets Geld sehen. Ein weiteres Problem ist, dass die GEMA selbst zahlungswilligen Konsumenten, die ihre Videos mit GEMA-pflichtiger Musik unterlegen wollen, keine Möglichkeit hierzu. Auch aus anderen Gründen bin ich schon lange zu dem Schluss gekommen, dass die GEMA nicht reformierbar ist.

11. Januar 2013

Dürfen Piraten Anwälte sein?

Bei einigen Piraten wird gerade lebhaft diskutiert, ob man Anwälte guten Gewissens in den Bundestag schicken kann. Bei manchen Piraten gelten wie im Heise-Forum Anwälte als Quell alles Bösen, die Berufsausübung sei unter Beibehaltung von Charakter und Anstand nicht möglich. Der Bundestag habe ohnehin schon zu viele Juristen, so dass eine künftige Piratenfraktion mit gutem Beispiel vorangehen solle …

Das Vorurteil einer Anwaltsverschwörung lässt sich leicht entkräften: Die Missstände, die wir derzeit durch die Privatisierung der Urheberrechtsdurchsetzung (Abmahnunwesen) haben, wurden nicht durch Anwälte im Bundestag verursacht, sondern durch Lobbyisten bei der EU in Brüssel, sowie durch Politiker mit schlechten Rechtskenntnissen, die den Scheiß nicht durchschaut hatten.

Demgegenüber waren es etwa fähige Juristen, welche am Bundesverfassungsgericht u.a. die Vorratsdatenspeicherung zu Fall brachten und dem Bundestag die Schaffung von Datenschutzgesetzen etc. aufgaben. Auch sind die Anwälte, die sich ja gerade bei den Piraten engagieren, wohl eher nicht des Missbrauchs ihrer Künste verdächtig. Im Gegenteil sind Anwälte Menschen, vor denen viel Elend ausgebreitet wird, und deren Job es ist, mit Ungerechtigkeit umzugehen.

Die Proteste gegen ACTA, die sich gerne die Piraten auf die Fahnen schreiben, wurden ursprünglich von Netzaktivisten außerhalb der Piraten organisiert. Leute im Umfeld von Anonymous, WikiLekas, Chaos Computer Club und vor allem netzpolitik.org hatten die Missstände aufgedeckt, transparent gemacht und Öffentlichkeit hergestellt. Mir ist bei den Piraten niemand bekannt, der den Gesetzgebern ähnlich eifrig und kompetent auf die Finger sieht, wie Markus Beckedahl. Letzterer ist übrigens kein Jurist ist, aber bei unseren Kernthemen wie Urheberrecht, Datenschutz, Überwachungswahn und Open Government weiß er immer sehr genau, über was er spricht und wo gerade welche Gesetzgebungsorgane welchen Mist bauen. Im Zusammenhang mit den ACTA-Protesten kam von Piraten hingegen häufig gepflegtes Halbwissen, was politische Gegner leicht hätten angreifen können.

Ich habe speziell im letzten Jahr den Eindruck gewonnen, dass selbst bekannten Piraten die Feinheiten des Urheberrechts und der Prozess der Gesetzgebung unbekannt sind. Man kann etwa im Bundestag Gesetze wie das UrhG nur insoweit ändern, wie dies aktuell geltende internationale Staatsverträge und Europarichtlinien etc. zulassen. (Wir müssen vor allem nach Brüssel zur EU und nach Genf zur World Intellectual Property Organisation (WIPO), zur International Telekommunication Union (ITU) usw..) Ich glaube nicht, dass viele Piraten schon einmal das TRIPS-Abkommen wirklich gelesen oder von der Existenz von Informationsquellen wie der Zeitschrift für Gesetzgebung, GRUR-Int oder dem Hastings Communications and Entertainment Law Journal auch nur gehört haben.

Ich behaupte keineswegs, dass Juristen die besseren Abgeordneten seien, im Gegenteil tendieren auch Volljuristen oft zum Vollpfosten. Aber es gibt einige Aufgaben in einer Fraktion, bei der solide Rechtskenntnisse mindestens sinnvoll sind. Im Rechtsausschuss etwa sitzen praktisch nur Volljuristen, also Leute, die sieben Jahr hart gearbeitet haben, um das 2. juristische Staatsexamen zu erhalten. Diesen Vorsprung kann ein Rechtslaie kaum ausgleichen. (Wer anderes behauptet, kann ja einmal versuchen, juristische Fachzeitschriften zu lesen und dabei Spaß zu haben …) Auch im Innenausschuss sitzen durchweg Juristen, die im Verwaltungsrecht fit sind. Das sind Leute, die stundenlang ätzende Diskussionen führen können, genau wissen, wie der Staat und seine Behörden funktionieren und Neulingen vermutlich keine Nachhilfestunden geben möchten, wenn diese Lücken im Verfassungsrecht haben.

Als Abgeordneter hat man von morgens bis abends mit Recht zu tun. Etliche parlamentarische Abläufe sind stark formalisiert. Als Abgeordneter muss man eine Menge Dinge mit juristischem Bezug organisieren, etwa als Arbeitgeber von Mitarbeitern, die natürlich dem Arbeitsrecht unterliegen. Abgeordnete ohne eigene Rechtskenntnisse machen sich abhängig von ihren Ratgebern. Für Crash-Kurse in Verwaltungs- und Verfassungsrecht haben Abgeordnete schlichtweg keine Zeit. Wenn man den Staat ändern will, so muss man ihn und seine Organisation erst einmal verstehen. Ignoranz ist insoweit keine zielführende Strategie.

10. Januar 2013

EU-Norm für Whistleblower: Telepathie

Der vormalige EU-Beamte Guido Strack geriet 2002 in die Verlegenheit, einen Korruptionsfall zu melden, wozu er sogar verpflichtet war. Leider war das nicht ganz so einfach. Nach gegenwärtiger Rechtslage scheint man von Whistleblowern sogar telepathische Fähigkeiten zu verlangen.

Guido hat sich nicht unterkriegen lassen und stattdessen das Whistleblower-Netzwerk gegründet, das bei den Bundestagsfraktionen wichtige Überzeugungsarbeit leistet, um endlich das überfällige Whistleblower-Schutzgesetz zu liefern.

9. Januar 2013

Jahrbuch Netzpolitik 2012

Auf dem Hacker-Kongress 29C3 habe ich mir nach einem bemerkenswerten Vortrag der Netzaktivisten Markus Beckedahl und Kirsten Fiedler das druckfrische „Jahrbuch Netzpolitik 2012“ besorgt und in einem Rutsch durchgelesen. Um es kurz zu machen: Jeder Pirat und jeder andere, der zu diesem Themenbereich Kompetenz beansprucht, sollte es gelesen haben.

Opern gegen Gewalt

Die GEMA-Lobbyistin und Bundestagsabgeordnete Agnes Krumwiede, die bei der GRÜNEN-Fraktion für Kultur usw. zuständig ist, hält Opern für ein Mittel gegen Gewalt.

Das einzige GRÜNEN-Politgenie, das mit Krumwiede mithalten kann, ist die Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes NRW Barabara Steffens. Die erfahrene Studienabbrecherin (Kunstgeschichte, Politik, Afrikanistik, Romanistik, Chemie) tritt nämlich für Homöopathie ein und ist gegen E-Zigaretten (die offenbar gar nicht gesundheitsschädlich sind). Hat eigentlich schon jemand eine Opern-Therapie vorgeschlagen …? ;)

Freundliche Erinnerung an den NDR

In diesem Beitrag über den Niedersachsen-Wahlkampf im Internet kommen ausgerechnet die Piraten nicht vor:

Dem NDR fiel dazu das Folgende ein:

Lieber Herr Kompa,

vielen Dank für Ihr Schreiben, das ich zuständigkeitshalber beantworte.

Der von Ihnen kritisierte Beitrag „Wahlkampf im Internet“ hatte einen Test zum Gegenstand, inwieweit die im Niedersächsischen Landtag vertretenen etablierten Parteien das Internet nutzen. In der Anmoderation haben wir nicht nur darauf ausdrücklich hingewiesen, sondern auch gerade die Piratenpartei als beispielgebend für die Nutzung dieses Mediums angeführt.

Die Vorwahlberichterstattung des NDR berücksichtigt im Rahmen eines abgestuften Redaktionskonzepts alle Parteien, die zur Wahl zugelassen sind. Studiogespräche gibt es dabei mit jenen Gruppierungen, die dem Niedersächsischen Landtag angehören. Über die anderen Parteien, also auch über die Piraten, wird in Beitragsform berichtet.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Arno Beyer
Stv. Intendant | Direktor

Meine Antwort:

Lieber Herr Dr. Beyer,

der Informationsauftrag des NDR beschränkt sich aber nicht auf die „die im Niedersächsischen Landtag vertretenen etablierten Parteien“.

Im 15. Rundänderungsfunkstaatsvertrag heißt es in § 11:

Auftrag
(1) Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist, durch die Herstellung und Verbreitung ihrer Angebote als Medium und Faktor des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu wirken und dadurch die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft zu erfüllen. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben in ihren Angeboten einen umfassenden Überblick über das internationale, europäische, nationale und regionale Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben. Sie sollen hierdurch die internationale Verständigung, die europäische Integration und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Bund und Ländern fördern. Ihre Angebote haben der Bildung, Information, Beratung und Unterhaltung zu dienen. Sie haben Beiträge insbesondere zur Kultur anzubieten. Auch Unterhaltung soll einem öffentlich-rechtlichen Angebotsprofil entsprechen.
(2) Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben bei der Erfüllung ihres Auftrags die Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Meinungsvielfalt sowie die Ausgewogenheit ihrer Angebote zu berücksichtigen.

Das ist offensichtlich nicht der Fall. Warum gelingt es dem NDR nicht, was der WDR vorbildlich geleistet hat? Insgesamt kamen die Piraten in der NDR-Berichterstattung erstaunlich kurz, und nach einem bemerkenswert tendenziösen NDR-Bericht über die Piraten aus anderen Bundesländern vom letzten Jahr wäre es ein Gebot der Fairnis gewesen, wenigstens die niedersächsischen Piraten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu berücksichtigen.

Mit freundlichen Grüßen

Markus Kompa

8. Januar 2013

„Bundespräsident Schramm“

Heute vor genau einem Jahr hatte ich mit diesem Artikel den Hype für eine Präsidentschaftskandidatur Georg Schramms ausgelöst. Der satirisch gemeinte Beitrag löste ganz real eine Kette an unterhaltsamen Ereignissen aus, die sich über eineinhalb Monate hinzogen. Der Artikel wurde 2012 bei TELEPOLIS am meisten angeklickt.