Vor zwei Wochen schnackte ich mit dem Blogger Fefe – laut „Blogcharts“ die Nummer 7 unter den deutschen Bloggern – und Frank Richter vom CCC über Storys aus dem Kalten Krieg. Der Podcast „Alternativlos, Folge 8“ ist inzwischen von knapp 20.000 Hörern abgerufen worden. Auch zur Sprache kam die geheime Krise von 1983, als es beinahe zum Dritten Weltkrieg gekommen wäre. Zum „25 jährigen Jubiläum“ hatte ich 2008 einen Beitrag darüber gemacht- eine Episode, deren Bedeutung es bislang noch nicht so recht in das kollektive Bewusstsein geschafft hat.
Zu der Tatsache, dass wir von dem Beinahe-Krieg nichts mitkriegten, passt die heutige Meldung, dass in Afghanistan angeblich 90% der Bevölkerung nichts von den Anschlägen vom 11. September gehört haben. Das erklärt denn wohl auch, warum man dort die westlichen Besatzer als westliche Besatzer wahrnimmt, und nicht als „Befreier“, wie es die Kriegsrhetorik die Welt glauben machen will.
Von allen reaktionären Kommentaren zum „Terrorismus“ hat ein Rainald Becker vom SWR den wohl peinlichsten verfasst: Der fordert zur Terrorabwehr (die gegen Kofferverladen in Afrika keine erkennbare Wirksamkeit entfaltet), man solle sich an den USA orientieren.
Klasse Idee, denn die Amis haben keine Vorratsdatenspeicherung, keinen auslesbaren Personalausweis (nämlich gar keinen), sammeln meines Wissens nicht präventiv Fingerabdrücke und sie sind gegenüber dem Ausland wohl nicht ganz so auskunftsfreudig mit den Daten ihrer Bürger.
Außer Konkurrenz sprach jedoch der beim besten Willen nicht mehr ernst zunehmende Herr Schünemann. Der will nämlich verdächtige Personen von Handys und Computern ausschließen. Blöd, denn dann kann man die Jungs ja nicht mehr abhören. Und weltfremd, denn man kann auch ohne eigenes Handy und ohne eigenen Rechner telekommunizieren.
Wie kommen solche Leute eigentlich in solche Positionen?
Wenn Günther Jauch, der bekanntlich den Hals nicht voll kriegt, mal wieder einen seiner unverschämten Prozesse verliert, komme ich in Stimmung, eine Lokalrunde zu schmeißen. ;-)
Die heute vom Bundesgerichtshof bekannt gegebene Entscheidung ist jedoch inhaltlich interessanter, als angenommen. Eine Verlag hatte eine Nullnummer einer neuen Publikation gemacht, die testweise mit Jauchs Antlitz titelte. Das Ding sollte nie in den Verkauf kommen. Das aber war für den BGH nicht einmal entscheidend:
Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht durch die Abbildung eines Porträtfotos des Klägers war hier vergleichsweise geringfügig, weil die Beklagte damit lediglich die Aufmerksamkeit der Werbeadressaten auf ihre Zeitung gelenkt hat, ohne den Werbewert oder das Image des Klägers darüber hinaus auszunutzen oder sein Ansehen zu beschädigen. Die Beklagte kann sich demgegenüber auf das vom Grundrecht der Pressefreiheit geschützte Interesse berufen, die Öffentlichkeit mit der Abbildung einer Titelseite über die Gestaltung und den Inhalt ihres geplanten Magazins zu informieren.
Guck an!
Der BGH hat seine Auffassung bekräftigt, die Pressefreiheit werde übermäßig eingeschränkt, wenn ein Verlag, der für eine künftig erscheinende Zeitung in zulässiger Weise mit der Abbildung einer beispielhaften Titelseite wirbt, verpflichtet wäre, Beiträge zu Themen zu veröffentlichen, die zum Zeitpunkt des Beginns der Werbekampagne aktuell waren, zum Zeitpunkt des Erscheinens der Erstausgabe aber möglicherweise überholt sind (BGH, Urteil vom 26. Oktober 2009 – I ZR 65/07, GRUR 2010, 546 – Der strauchelnde Liebling).
Und noch etwas ist an dem Urteil interessant: Es ging nämlich um die Gerichtsberichterstattung, inwieweit Berichte über die Hochzeit des Herrn Jauch zulässig seien.
Ihr Männer und Frauen vom I. Zivilsenat: gut gemacht! Ein guter Tag für die Pressefreiheit!
Wer Jauch zum Thema Hochzeit hören möchte, der wird im Giftschrank fündig … ;-)
Die deutsch-französische Freunschaft wird offenbar im Wendland besonders hochgehalten. Der Kollege Christoph Müller hatte Strafanzeige wegen Amtsanmaßung und Verstoß gegen das Waffengesetz gegen den französischen Polizisten erstattet, die anscheinend nicht mehr zur Hand ist. Der Einsatz des Flics wird nun im Europaparlament diskutiert. Vielleicht haben die Drohnen, die keine Drohnen sind, schöne Fotos gemacht …
Der zeitliche Zusammenhang zwischen den jüngsten Begehrlichkeiten, die Vorratsdatenspeicherung wieder zu restaurieren, und den jüngsten „Terrormeldungen“ wird hauptsächlich von Bloggern gesehen. Trotz aller Meldungen von Leitmedium SPIEGEL online hat es hierzulande noch keinen islamistischen Anschlag gegeben. Null. Nada. Real ist allerdings die – selbstgemachte – Panik davor.
Eine Monegassin, die auf öffentlichen Bällen tanzt, aber unbeobachtet bleiben möchte, scheiterte mit ihrem Begehr nach Diskretion am BGH. SPON meldet:
Wer sich bei solchen Veranstaltungen zeige, müsse „die öffentliche Erörterung seiner Teilnahme (…) ebenso dulden wie kommentierende und wertende Bemerkungen zu seiner Person“, urteilte der BGH. In diesem Zusammenhang sei auch die Veröffentlichung von Fotos zulässig.
Für Praktiker interessant ist, dass der Hamburger Anwalt der Monegassen für die unteren Instanzen offenbar nach Berlin gegangen war, statt das bewährte Gericht vor Ort in Anspruch zu nehmen. Da solche Verfahren im Stadium einer einstweiligen Verfügung beginnen, kann es gut sein, dass eine solche etwa in Hamburg vergeblich versucht wurde und man es dann in Berlin erfolgreicher versucht hat.
Beim gestrigen Juraforum in Münster hatten die Veranstalter einen ansprechenden Mix an Gästen eingeladen: Unter Moderation von Manfred Gillig-Degrave, dem Chefredakteur der „Musikwoche“, schilderten folgende Referenten die Musikbranche der Gegenwart:
Der „Mann für alle Fälle“ Ralf Schroeter, ein ehemaliger Musiker, Radiomann, Universal-Angesteller, Indie-Kenner, usw. Schroeter managt den Indie-Künster Philipp Poisel, der in seinem Marketing neue Wege geht, sich nicht an ein Major-Label bindet, letztlich in einer Seitenlinie dennoch mit einem „Major“ zusammenarbeitet. Schroeter zufolge gibt man für ein Musik-Video heute keine 15.000 Euro mehr aus. Heute sei die Plattenfirma für den Erfolg eines Künstlers weniger entscheidend als das Team um den Künstler.
Dr. Florian Drücke, Deutschlands (neben Gorny) wohl oberster Musiklobbyist, erläuterte die Entwicklung der Musikindustrie und machte das Vorgehen gegen illegale Filesharer für den Rückgang entsprechender Downloads verantwortlich (Anzahl der Auskunftsverfahren). Ob seine Zahlen überzeugen, weiß man nicht. Inwieweit ist in den Statistiken das Anonymisierungstool „TOR“ berücksichtigt? So sympathisch Drücke seine Klientel zu repräsentieren vermag, so fragwürdig sind jedoch letztlich die Ergebnisse (aus Sicht eines Rechtsberaters der Piraten NRW …).
Bei aller Sympathie für Open Source: Mit ganz geringen Ausnahmen hat das Internet als Kommunikationsplattform noch keine Stars hervorgebracht. Echte Superstars werden nach wie vor von der Musikindustrie und den etablierten Kommunikationswegen „gemacht“.
Mit Blick auf Frankreich fand Drücke „Three Strikes“ interessant. Da hört es dann bei mir auf. Der Zugang zum Internet ist inzwischen eine fundamentale Angelegenheit, wie gerade die neu gekürte Verfassungsrichterin Dr. Susanne Baer erkannte. Es mag sein, dass die Franzosen mit der Amputation von für Kommunikation wesentliche Körperteile durch die Guillotine eine gewisse Tradition haben und die Kastration vom Internet eher hinnehmen. Hierzulande sollte dieser infamen Forderung der Content-Industrie entschieden der Mittelfinger gezeigt werden.
Der Musiker und Eigen-Manager Sascha Eigner der Band Jupiter Jones bot Einblicke in die geschäftliche Realität von Newcomern und empfahl wie schon Schroeter die frühzeitige Zusammenarbeit mit einem Medienanwalt.
Ein solcher war denn auch da: Prof. Dr. Ralf Höcker redete etwas von „geistigem Eigentum“ und wies darauf hin, dass halt alles sanktioniert würde. Wer auf dem Parkplatz sein Auto unverschlossen lasse, müsse für diese Ordnungswidrigkeit auch 30 Euro zahlen. Aha.
Gestern ging das Juraforum Münster im hiesigen Schloss über die Bühne. Diese Tagung wird ehrenamtlich von Studierenden jeweils zu juristischen Schwerpunkten gestaltet, zu denen hochkarätige Referenten eingeladen werden – diesmal zum Thema Wirtschaft und Recht, wobei ein Panel Wirtschaftskriminalität beleuchtete.
Schlossherrin Prof. Ursula Nelles, selbst eine Kapazität für Wirtschaftsstrafrecht, begrüßte bei der Eröffnungsveranstaltung die Gäste. Was diese Gäste und Schirmherren betrifft, so kennen die sich mit Wirtschaftskriminalität aus, so etwa der Bischof von Münster, der die kriminellste Organisation vertritt, welche dieser Planet je gesehen hat, vgl. Deschner: „Kriminalgeschichte des Christentums“, Band 1-10.
So richtig Humor bewies man aber, in dem man als Hauptredner dem ehemaligen Chefökonomen der Deutschen Bank(!) ein Plenum bot. Der Mann mit Hang zum Predigen redete ohne erkennbaren Bezug zur Veranstaltung einen Stuss mit konservativem Glaubensbekenntnis daher, dass man nicht weiß, wo man mit der Kritik anfangen und wo aufhören soll. Der gläubige und gutgläubige Walter beschwor sogar das Wirtschaftswunder und pries dessen „Vater“, den damaligen Wirtschaftsminister und späteren Kanzler Ludwig Erhard.
Lieber Norbert, jemand in deiner Position, der auch mit Josef Abs („IG FARBEN“) auf gutem Fuß stand, sollte eigentlich informiert sein, was es mit dem „Wirtschaftswunder“ offensichtlich auf sich hat. Triebfeder für das geheimnisvolle „Wirtschaftwunder“ waren aus dem „Nichts“ in Südamerika aufgetauchte Berge von Bargeld, die sich seltsamerweise ausschließlich für deutsche Güter interessierten und hierdurch sowohl die Wirtschaft ankurbelten, als auch das Steuersäckel füllten. Woher dieses germanophile Geld kam, ist unbekannt – so unbekannt wie zuvor der Verbleib des als „Nazigold“ bekannten größten Raubzugs der Geschichte, nämlich die die Beutezüge der Nazis in Osteuropa.
Ebenfalls dubios ist der Verbleib von unschätzbaren Gütern der deutschen Wirtschaft, die nach dem Fall von Stalingrad ins Ausland verbracht wurden, vorwiegend in die Schweiz. Auf einem damals geheimen Treffen in Straßburg hatten Eliten der deutschen Wirtschaft erkannt, dass der Krieg nicht mehr zu gewinnen war, und wollten aufgrund der Erfahrung nach dem Ersten Weltkrieg einen Zugriff der Siegermächte auf deutsches Kapital diesmal vermeiden. Man wollte mit dem Geld nach Abzug der Siegermächte „ein viertes Reich“ finanzieren, wie sich der Koordinantor der Aktion ausdrückte – eben jener Herr Ludwig Erhard.
Da die Siegermächte nach dem Zweiten Weltkrieg jedoch etwas länger blieben, das Geld aus dem Ausland also nicht zu repatriieren war, entschloss man sich offensichtlich zur Geldwäsche, wobei ein großer Deutscher Autokonzern eine wesentliche Rolle spielte. Erhards Schwiegersohn leitete praktischerweise in Südamerika dessen Filiale. Es ist für Nicht-Wundergläubige offensichtlich, dass das „Wirtschaftswunder“ eine gigantische Geldwäsche-Aktion gewesen ist, organisiert vom Reichsgeldwäscher Ludwig Erhard.
Lieber Prediger Norbert, willst du uns wirklich das Märchen erzählen, das Wirtschaftswunder beruhe auf „deutschen Tugenden“ und „deutschen Fleiß“? Und warum ging es dann so plötzlich zu Ende, wie es begann? Der Vortrag des Dampfplauderers endete glücklicherweise bereits nach knapp einer Stunde.