Während ich in diesem Blog stets die Süddeutsche als den letzten Hort des seriösen Journalismus gepriesen und SPIEGEL / SPIEGEL Online häufig kritisiert habe, scheint sich das Verhältnis in den letzten beiden Wochen ins Gegenteil verkehrt zu haben. Das „ehemalige Nachrichtenmagazin“ enthält seit dem Deal mit WikiLeaks wieder Nachrichten, während der Chefankläger politische Redakteur der Süddeutsche und andere Schreiberlinge dieses Blattes gegen WikiLeaks in einer Weise wettern, die teils deftige Gegenreaktionen provozierte.
In gewohnt kompetenter Weise setzen sich die beiden Edel-Nerds Frank Rieger und Fefe vom Chaos Computer Club in ihrem Podcast Alternativlos mit den Medienreaktionen auseinander, wobei sie auch die Strategie des durchaus streitbaren Julian Assange analysieren. Der Programmierer dürfte einen Großteil der Reaktionen programmiert haben, oder sollte es tatsächlich Zufall sein, dass er ausgerechnet viele US-Firmen mit Dienstleistungen betraute, die sie jetzt in Interessenkonflikte mit der US-Regierung bringen? Und diese Zensur-Versuche Empörung und harsche Gegenreaktionen auslösen?
So gesehen war das PR-Kalkül des als genialer Hacker geltenden Assange eine Meisterleistung. Man mag dem von ihm genossenen Personenkult kritisch gegenüberstehen, jedoch geht Assange bereits heute in die Geschichte ein als der Hacker, der die Weltöffentlichkeit hackte und eine Weltmacht, die sich als Hüterin der Freiheit anpreist, zur Selbstentblößung provozierte. Zum Drehbuch gehört das Martyrium des Julian Assange, der nun unter für jeden offensichtlich dubiosen Umständen in Haft geriet und nun als prominentester politischer Gefangener seit Nelson Mandela gehandelt werden darf, und der seine Richter als Pontii Pilati vorführen wird, die ihre Hände nur schwerlich in Unschuld waschen können.
Als Assange seine ersten Konzepte für eine Guerilla-Website entwickelte, propagierte er die Strategie, dass die Website selbst dann funktionsfähig bleiben müsse, wenn einer der Mitglieder in Haft geriet und die Organisation hierdurch erpressbar werden könne. Der Programmierer hat sein globales Schachspiel mit einiger Sicherheit mehr als zwei Züge in die Zukunft geplant, werden die USA nur in plumper Weise reagieren und offensichtlich noch immer keine Gegen-Strategie gefunden hat, die den Mann auf der Straße überzeugt.
Wie gewaltig der WikiLeaks-Effekt sein wird, prophezeit ausgerechnet ein Beitrag von FoxNews: „The Revolution has begun“
WikiRebels - The Documentary - Inside WikiLeaks | Planet VaoVaoWeb
[…] wird sicher spannend zu beobachten, ob Julian Assange nun als prominentester politischer Gefangener seit Nelson Mandela gehandelt werden darf und ein englischer Untersuchungs-Richter die Nachfolge des römischen […]
#1 Pingback vom 13. Dezember 2010 um 15:38
Das Schachspiel des Julian Assange » Rechtsanwalt Markus Kompa | My Wikileaks
[…] hier den Originalbeitrag weiterlesen: 15 – Das Schachspiel des Julian Assange » Rechtsanwalt Markus Kompa […]
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