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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


15. November 2010

„Call-In-TV“-Forum gewinnt gegen Call-In-TV-Shows

Der Betreiber des Forums Call-in-TV, Marc Döhler, hatte sich kritisch zu entsprechenden Shows geäußert, was ihm Ärger entsprechender Firmen einbrachte, denn die Branche ist gegen Kritik bekanntlich sehr empfindlich.

Das Landgericht Hamburg hatte daraufhin eine einstweilige Verfügung gegen Döhler erlassen. Inzwischen ist Döhler seine damalige Domain los und befindet sich insoweit im niederländischen Exil.

Die Münchner Richter waren den Zensurwünschen in einem ähnlichen Verfahren gegen Döhler nicht ganz so aufgeschlossen. Schließlich konnte Döhler nun auch die Hamburger Landrichter umstimmen. So richtig glücklich ist Döhler nicht:

So sehr mich dieses Urteil freut, so sehr befremdet mich dann doch die offensichtliche Willkür des Landgerichts. Zur Erklärung: Wir haben damals die fast wortgleiche Einstweilige Verfügung vom Landgericht Hamburg erhalten – und uns wurde in einer mündlichen Anhörung seitens der Richter deutlich gemacht, dass es keinen Zweck habe, dagegen vorzugehen.

Das machen die Hamburger eigentlich immer so.

(…) Das ist das glatte Gegenteil von dem, was uns gesagt wurde – wohlgemerkt von der selben Kammer des Landgerichts! Unsere damalige Anerkennung der Einstweiligen Verfügung führte schließlich angesichts des hohen Streitwertes von 100.000 Euro zu den fünfstelligen Kosten, für die Sie dann erfreulicherweise so fleißig gespendet haben. Dass mich das Ganze dadurch nicht finanziell ruiniert hat, bedeutet aber nicht, dass ich das so auf sich beruhen lasse: Wir werden nun mit allen Mitteln dagegen vorgehen und eine Wiederaufnahme des Verfahrens verlangen.

Hm. Naja, so ähnlich halt.

Glückwunsch, Herr Döhler! Man darf sich von den Hamburger Richtern nicht einschüchtern lassen, sondern muss Stehvermögen beweisen.

Mich fasziniert die Kritik Döhlers an den Game-Show-Veranstaltern besonders, weil es da um den Vorwurf des Falschspiels ging. Ich hatte 2005 eine Publikation zu dieser in Deutschland kaum bekannten Kunst des Glücksspielbetrugs verfasst und verfolge das Genre mit Leidenschaft.

UPDATE: „Animösen“-Kritiker Stefan Niggemeier hat das Ding schon besprochen.

Schlagwörter:

Darf man Rundmails anderer Leute veröffentlichen? OLG Stuttgart 4 U 96/10

Das ungebetene Veröffentlichen von E-Mails gehört zu den Graubereichen des IT-Persönlichkeitsrechts.

Die Kölner Landrichter hatten mal ein seltsames Judikat in die Welt gesetzt, in dem sie grundsätzlich jede Veröffentlichung einer E-Mail untersagten, sogar aufgedrängte, wobei der Hausherr sogar bekanntgegeben hatte, derartige Mails grundsätzlich zu veröffentlichen. Dieses krasse Fehlurteil ist allerdings nie rechtskräftig geworden, wird jedoch trotzdem häufig von findigen Anwälten angeführt.

Die extreme Gegenposition scheint ausgerechnet Blogger Stefan Niggemeier zu vertreten, der etwa nichts dabei findet, mit dem deutlich erkennbaren Wunsch nach Vertraulichkeit zugesandte E-Mails rauszuposaunen. Erstaunlich, hatte sich der Journalist doch einst als Tugendwächter des Persönlichkeitsrechts profiliert.

Im Mai diesen Jahres hatte sich das Landgericht Stuttgart einen Floh ins Ohr setzen lassen. Ein Kritiker der Schulmedizin hatte eine Rundmail an ca. 100 zum Teil anonyme Empfänger versandt und darin seine Ansichten zum Thema „Impfen“ kundgetan, die er allerdings ohnehin seit Jahren in der Öffentlichkeit verbreitete. Als wiederum ein Kritiker dieses Impfgegners aus dieser Rundmail zitierte, entdeckte der Impfgegner plötzlich das allgemeine Persönlichkeitsrecht und ließ die Verbreitung seines eigenen Wortes verbieten. Der Kläger ist übrigens kein Arzt, der etwa Patientengeheimnisse schützen müsste, sondern gelernter Molkereifachmann, der eine neue Karriere als Missionar gegen die Schulmedizin begonnen hat.

Wie es zu dem in mehrfacher Hinsicht erstaunlichen Urteil des LG Stuttgart kam, kann ich nicht so recht beurteilen, weil ich den Fall erst in der Berufung auf den Tisch bekam. Vor und während der Verhandlung folgte mir das Oberlandesgericht Stuttgart, dass der Anwendungsbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vorliegend nicht einmal betroffen war. Im Urteil hat man die Argumentation dann auf die Ebene der Abwägung verlagert, was an der Entscheidung allerdings nichts änderte: Wer an ihm persönlich unbekannte, sogar teilweise anonyme Leute Rundmails verschickt, diese nicht als vertraulich kennzeichnet und keine Inhalte verbreitet, die nicht aufgrund ihrer Natur etwa der Privat- oder Intimsphäre unterfallen, kann nicht den Schutz der „Privatsphäre“ beanspruchen. Betroffen ist vielmehr die Sozialsphäre, welche grundsätzlich und jedenfalls dann der öffentlichen Meinungsbildung offen steht, wenn die entsprechenden Informationen schon zuvor selbst bekannt gegeben waren. Der Kläger hatte u.a. sogar den Hinweis auf eine Powerpoint-Präsentation verbieten wollen, welche er auf seiner Homepage für jedermann zum Abruf bereithielt.

Oberlandesgericht Stuttgart 4 U 96/10, Urteil vom 09.11.2010

14. November 2010

Alter Schwede! Der Monarch und das schwedische Presserecht

Seine Durchlaucht, der König von Schweden, erfreut sich dieser Tage gesteigerter Präsenz in der Boulevardpresse. Der Sylvia ihr König soll beim außerehelichen Liebesspiel mit Mätressen gefilmt worden sein, auch habe er sich für die Smoerebroeds der Sängerin von „Army of Lovers“(!) interessiert.

Will man in Schweden eine Unterlassung durchsetzen, so muss man selbst die Karten auf den Tisch legen. So bürgerlich wird man sich bei Königs allerdings kaum geben wollen. Anders im deutschen Presserecht: Da ist der Äußernde beweisbelastet, der Betroffene kann einfach bestreiten, sich dann feist zurücklehnen und genüsslich zusehen, wie ein Hamburger Richter daraus eine Unterlassungsverfügung zimmert. (Es hat schon einen Grund, warum etwa WikiLeaks u.a. schwedisches Presserecht in Anspruch nimmt.)

Speziell in Angelegenheiten des Herzens und der Prinzenrolle kommt es in Deutschland allerdings nicht einmal darauf an, ob etwas stimmt oder nicht: Die Intimsphäre ist hierzulande grundsätzlich vollumfänglich geschützt. Zudem besteht unter den großen Verlagen Konsens, die Seitensprünge von Politikern nicht zu thematisieren, was jedenfalls in der Bonner Republik durchgehalten wurde. Hätten Sie gedacht, dass Brandt und Strauß die gleiche Mätresse hatten? Und dass Sie so eine fette Story NICHT in der BILD-Zeitung finden würden?

13. November 2010

CDUler beruft sich auf BILD-Zeitung

Eigentlich spricht die Medienkompetenz dieses Politikers für sich. Den meisten Menschen sollte inzwischen das Informationskartell zwischen BILD-Zeitung und CDU bekannt sein. Zu kommentieren ist lediglich noch, dass es Hinweise darauf gibt, dass diese Leute verdeckte agents provocateurs sein können.

12. November 2010

„Es gibt einiges, was dafür spricht, dass Sie einer Verbrecherorganisation angehören.“

Zwei Herrschaften aus dem italienischen Kulturkreis wollten sich nicht in dem Buch „Mafiaexport“ von Francesco Forgione verewigt sehen und bestanden auf ihrer einstweiligen Verfügung gegen den Verlag.

Der Vorsitzende Richter der Münchner Pressekammer ist ein souveräner Jurist, der sich durch nichts einschüchtern lässt, forschen Anwälten etwa schnell ihre Grenzen zeigt. Auch vor den ehrenwerten Herren nahm er kein Blatt vor den Mund:

Der Vorsitzende Richter leitete die Verhandlung mit dem mutigen, an den ehemaligen Pizzabäcker gerichteten Satz ein: „Es gibt einiges, was dafür spricht, dass Sie einer Verbrecherorganisation angehören.“ Damit, man entschuldige das Sprachbild, hatte der Richter aber sein Pulver weitgehend schon verschossen. Im weiteren Verlauf zeigte sich schnell, dass dem Gericht die vorgelegten Beweise führender europäischer Polizeibehörden nicht ausreichten, um alle beanstandeten Buchpassagen als zulässig zu erachten.

Bei einem BKA-Bericht soll dessen Authentizität in Zweifel gezogen worden sein. In einer Widerspruchsverhandlung, also dem Verfahren, um eine einstweilige Verfügung zu bekämpfen, hat man nur sehr eingeschränkte Verteidigungsmöglichkeiten und im Äußerungsrecht nun einmal die Beweislast. Vorerst wurde das Buch kalt gemacht.

11. November 2010

Recht am eigenen Bild: Sixt-Guerilla-Werbung

Der Autoverleiher SIXT ist schon mehrfach durch progressive Aktionen zur Förderung der Rechtsprechung zum Recht am eigenen Bild aufgefallen. So hatte man Lafontaine als „Mitarbeiter während der Probezeit“ verspottet und Angela Merkel eine Cabrio-Frisur verpasst. Die Frage, inwieweit kommerzielle Interessen das Recht auf Meinungs- und Kunstfreiheit schwächen, wird unterschiedlich gesehen. Verboten wird so etwas – Überraschung! – in Hamburg, da gibt es sogar eine satte Geldentschädigung. Die wird dann natürlich wieder in Karlsruhe kassiert.

Nunmehr hat sich SIXT an die Demos gegen die Castor-Transporte rangewanzt und anscheinend Demonstranten gefilmt, wobei unklar ist, ob diese um ihr Einverständnis in die Veröffentlichen der Aufnahmen gemäß § 22 KunstUrhG ersucht wurden. Die Einschätzung des TAZ-Interviewpartners Dirk Feldmann, dieser Fall sei „ganz klar“, teile ich nicht. SIXT wird den Instanzenweg ausschöpfen und sich auf die Meinungs- und Kunstfreiheit berufen. Falls die erwarteten „ganz klaren“ Urteile in Karlsruhe gekippt werden, werden einige der Gesichter, die man nicht zeigen soll, vermutlich länger …

KJM: „Tatort Internet“ wird nicht beanstandet

Die KJM lässt den RTL2-Schrott mit der feschen Kriegsministergattin unbeanstandet. Das ist auch gut so. Denn jeder soll sich so gut blamieren, wie er es irgendwie kann …

Die erhoffte Quote hat der Murks übrigens nicht gebracht.

LG Berlin erlaubt irreführende Werbung der Atomindustrie

Von wegen “ CO2-Ausstoß = 0″:

Bei der unmittelbaren Gewinnung von Kernenergie entsteht kein CO2-Ausstoß. Bei der Herstellung der Brennelemente allerdings nicht zu knapp …

Die Verbraucherzentrale NRW unterlag der Atomlobby.

Amerikanischer Raketenschild-Bluff


Nukes In Space 1/5
Hochgeladen von ManchaFu. – Nachrichtenvideos top aktuell.

1962, also vor knapp einem halben Jahrhundert, verarschte das Pentagon die Amis das erste mal mit der Behauptung, man könne „demnächst“ anfliegende Raketen abfangen.

Vor dem ersten US-Angriff auf die irakischen Ölfelder 1990 ließ General Schwartzkopf verlauten, die Trefferquote das „Patriot-Systems“ läge bei 100%. Nach Ende der Kampfhandlungen kam eine Kommission zu dem Schluss, das nicht ein einziger Abschuss nachgewiesen werden konnte. Das war so in etwa die Zeit, als man den Bluff mit Reagans „Star Wars-Programm“ als Ursache für das Ende des Kalten Kriegs ausrief. An der technischen Undurchführbarkeit allerdings dürfte kaum ein Physikschüler Zweifel gehabt haben, denn schon das Prinzip funktionierte allenfalls bei gutem Wetter. Das für das SDI-Programm entwickelte Space-Shuttle, das laut Konzept wie ein Flugzeug lediglich Zwischenstopps auf der Erde einlegen und binnen Stunden wieder Killersatelliten ins All tragen sollte, geriet zum zum technischen wie finanziellen Desaster.

Das Pentagon organisierte vor ein paar Jahren eine Zaubershow, in der vermeintlich eine Rakete im Anflug zerstört werden konnte. Später kam dann der Taschenspielertrick heraus: In der Zielrakete hatten die Komiker einen Peilsender eingebaut. Bei echten Atomraketen ist ein solcher eher nicht zu erwarten.

Aber weil sich die Show mit „Abwehrschild“ zum Evergreen entwickelt hat, muss es mal wieder sein: Jetzt sollen „Tarnkappen-Drohnen“ die Raketen während der Startphase abfangen. Hört, hört! Dazu müssten die allerdings erst einmal wissen, wo die Abschussbasen stehen. Als die Sowjets 1983 nervös wurden und heimlich alle mobilen Basen in die Wälder gefahren und zum Abschuss stationiert hatten, hatten weder CIA noch Pentagon das überhaupt mitbekommen. Aufgrund der großen Anzahl der russischen Raketen – und der beliebig großen Anzahl an Täusch-Objekten – haben diese Drohnen bereits konzeptionell keine Chance. Aber es werden sich schon Politiker finden, die sich den Lobbyisten aufgeschlossen zeigen …

Französische Geheimagenten im operativen Einsatz im Wendland

Dass Polizisten nicht ohne weiteres im Ausland operieren dürfen, sollte jedem Tatort-Fan bekannt sein. Nun kommt heraus, dass im Wendland französische Spezialeinheiten beteiligt waren. Das wurde erst abgestritten bzw. zu einem „Beobachtungseinsatz“ marginalisiert. Doch der Putz bröckelt bereits. Zählen wir also die Tage, wann sich die Verfassungsfeinde durchsetzen und endlich das Militär im Inneren einsetzen.

Vielleicht ist das aber auch gerade schon geschehen. AFP meldet:

Außerdem will Ströbele Hinweise darauf haben, dass auch polnische und kroatische Polizisten sowie Bundeswehrangehörige an dem Einsatz beteiligt gewesen seien.

Wir lernen: Noch immer halten es Regierungspolitiker für eine gute Strategie, einfach kackendreist die Öffentlichkeit zu belügen. Und leider könnten sie Recht behalten. Denn wenn die Wähler auch nur ein Minimum an Aufmerksamkeit und Intelligenz aufbrächten, hätten wir in der Regierung anständige Leute, und nicht solche Opportunisten.