Eine Schulklasse fand ihren Weg in den Zuschauerraum der Hamburger Pressekammer. In dieser Funktion sind die Schüler „Gerichtsöffentlichkeit“ nach § 169 GVG. In einer Pause zwischen Terminen war das Gericht bereit, der Schulklasse zu erzählen, wie die Dinge hier so laufen. Der nicht ganz unbekannte Vorsitzende hieß jedoch den „Gerichtsschreiber“ Rolf Schälike, solange den Raum zu verlassen, denn es handele sich nicht (mehr) um eine Verhandlung.
Rechtsreferendaren wäre es gestattet, etwa am Beratungsgespräch der Richter teilzunehmen. Insoweit können Richter den Gerichtssaal außerhalb eines Termins zum Verhandlungszimmer erklären. Auch können Gerichtssäle ad hoc zu Unterrichtssälen erklärt werden. Hier aber waren es bloß konventionelle, also nicht privilegierte Schüler, so dass es quasi eine Privatsache war, ob der Richter diesen etwas erzählen wollte, oder nicht. Durfte der Vorsitzende spezifisch Vertreter der Öffentlichkeit rauswerfen, solange keine Verhandlung läuft (jedoch am Richtertisch Roben getragen werden)?
Der Gerichtsblogger weigerte sich, den Saal zu verlassen und beantragte eine Entscheidung analog § 174 GVG. Der Vorsitzende lehnte ab und drohte mit der Sitzungspolizei. Da der Gerichtsblogger jedoch sowohl in der DDR als auch in Hamburg für seine Bürgerrechte in den Knast gegangen war, vermochte die Drohung keine Wirkung zu erzielen.
Schließlich bot der Vorsitzende an, Schälike dürfe in seiner Abwesenheit fünf Minuten vor den Schülern sprechen, was allerdings dem zuständigen Pädagogen missfiel. Daraufhin verkündete der Blogger, er werde nun herausgehen, denn er habe sein Ziel, nämlich die Verhandlungsbereitschaft des Vorsitzenden, erreicht:
Gut. Herr Buske, Sie haben einen Vorschlag gemacht. Was war, das genügt. Ich denke, die Schüler haben mitbekommen, dass in diesem Saal Persönlichkeitsrechte verletzt werden. Die Schüler haben mitbekommen, wie die Würde gewahrt werden, wie Widerstand gegen die Staatsmacht geleistet werden kann. Sie haben mitbekommen, dass man sich wehren muss, gegen den Abbau der inneren Freiheit, der in der Schule beginnt da k solcher Lehrer, wie der Herr hinter mir. Hier im Gerichtssaal wird die menschliche Würde, das Persönlichkeitsrecht missachtet. Ich brauchen keine Vortrag mehr zu halten. Die Schüler haben das in der Praxis erlebt, wie man als Persönlichkeit, von der Staatsmacht unterdrückt, trotzdem bestehen kann. Ich werde jetzt den Saal verlassen.
Den pädagogisch wertvollen passiven Widerstand, den Schälike da leistet, nannte ein bekannter indischer Rechtsanwalt Satyagraha. Mit Beharrlichkeit kennt Schälike sich definitiv aus.
Das FBI war an einigen Schlüsselfiguren des 11. September dran, durfte aber offenbar nicht, wie es wollte. Eine ehemalige Analystin des FBI ist der Ansicht, dass seinerzeit frustrierte FBI-Ermittler durch Whistleblowing öffentlichen Druck gegenüber ihren Vorgesetzten hätten aufbauen können.
Die Billigung von Straftaten wie etwa dem Bereiten eines Hindernisses beim Bahnverkehr ist strafbar, vgl. §§ 140, 138 in Verbidnung mit 315 StGB. Den „Schriften“ aus § 140 StGB stehen Datenspeicher gleich, vgl. § 11 Abs. 3 StGB, weshalb es keine wirklich clevere Idee ist, sich im Internet mit dem Vorhaben zu brüsten, man wolle Bahnstrecken sabotieren. Ggf. kann dadurch auch eine Anstiftung gesehen werden, was ebenfalls strafbar ist.
Die KriPo Rosenheim störte sich an einem Aufruf bzw. einer Ankündigung, Schotter unter Gleisen abtragen, um Castortransporte zu verhindern und bewirkte – offenbar durch gutes Zureden – beim Provider eine Sperrung, meldet Gulli.com. Ob das Zensur ist, oder eine nachvollziehbare Maßnahme zur Vermeidung von Straftaten, liegt im Auge des Betrachters.
Unstreitig hingegen dürfte sein, dass durch solches Vorgehen einmal mehr der Streisand-Effekt ausgelöst wurde – und dass wir langsam gewahr werden, dass der politische Wunsch nach Internetsperren nichts, aber auch gar nichts mit Kinderpornographie zu tun hat, sondern mit Kontrollbedürfnis. Gerne verweise ich immer wieder darauf, dass Frau von der Layen die Tochter des früheren niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht ist – der Mann, in dessen Ägide der Verfassungsschutz das Celler Loch in eine Mauer sprengte, um Terrorismus vorzutäuschen. Die Angst vor Terrorismus ist das politische Brecheisen, um einen Rechtsstaat in einen Polizeistaat zu verwandeln.
UPDATE: Ein Leser wies auf folgendes hin:
§140 verweist nur auf § 138 Abs. 1 Nr. 1-4, also so nicht zu § 315. Und die Kette §§ 140, 126 verweist nur auf §315 Abs. 3 der hier m.E. auch nicht einschlägig ist.
Der Vorstandsvorsitzende der HSH Nordbank hielt sich offenbar einen privaten Geheimdienst, schreibt der SPIEGEL. Neben Schnüffelei gehörte wohl auch die Überwachung von Internetforen zum Job. Warum bin ich nicht überrascht …?
Aber wenn wir schon gerade bei „Bank-Geheimnissen“ sind: Die Bundesbank hatte auch ein James Bond-würdiges Objekt …
Der Schockwellenreiter schimpft über eine Bloggerin namens „Piratenweib“, die sich nicht hinreichend referenziert sieht und daher Leute abmahnt. Trotz des plakativen Namens hat das Piratenweib, das gerade mit sehr fragwürdigen Abmahnungen auf Fischzug geht, nach meiner Kenntnis lediglich ein Parteibuch der Piratenpartei wie über 12.000 andere auch, übt aber keinerlei besondere Funktion aus.
UPDATE: Und diese Frau erteilt also Nachhilfe für das Referenzieren von Bildzitaten? Oups …
UPDATE: Das Piratenweib lässt mich wissen, dass es eine Erlaubnis für die Nutzung der in ihrem Blog verlinkten Graphik habe und ist jetzt sauer, weil ich einen falschen Eindruck erweckt hätte. Och … Wer der großzügige Urheber und Rechteinhaber ist, hat auch mir das Piratenweib allerdings bislang nicht verraten.
Der Blogger Rolf Schälike hat erneut Freiheiten zur Veröffentlichungsfreiheit von Urteilen erstritten.
Beim Landgericht Köln holte sich der Kollege Sch…, dem die Bezeichnung „Sch…“ nicht anonymisiert genug gewesen war, eine weiter Klatsche. (Die Bezeichnung „Klatsche“ für peinliche Urteil war in einem früheren Rechtsstreit ebenfalls erfolglos kritisiert worden.) Doch Sch… muss sich die Bezeichnung „Sch…“ gefallen lassen.
Auch das erstrebte Verbot einer Karikatur mit der Sprechblase „Ein Scher z zum Glück“ ging in die Wicken.
(Corpus Delicti, von dem sich der Autor mit dem Ausdruck der Entrüstung distanziert. Bild: Vermutlich Lurusa Gross via Buskeismus.de.)
Die Logik des Kollegen mutet eigenartig an:
Die Karikatur sei zu untersagen, weil – entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – durch Fotomontagen in bildlichen Darstellungen keine unwahren Tatsachen behauptet werden dürften. Wenn also über das Verfahren des Klägers nach dem Gewaltschutzgesetz unter Identifizierung des Klägers nicht berichtet werden dürfe, dann dürfe dies auch nicht unter Identifizierung des Klägers mittels einer Karikatur geschehen.
In einem weiteren Urteil, das ebenfalls am Mittwoch erging, wiesen die Kölner auch den Zensurwunsch hinsichtlich einer „Drei-Jahres-Bilanz“ zurück, in welcher der Blogger die gegen seine Berichterstattung unternommenen Zensurversuche dokumentierte. Wahrheitsgemäße Berichterstattung im Rahmen der Sozialsphäre muss jedoch ein gestandener Anwalt hinnehmen.
Schälike konnte seine gefürchtete Liste an gewonnenen Auseineindersetzungen mit Presseanwälten auf die Zahl „65“ aufstocken. ;-)
Das Herz der IT-Community schlägt bei Heise.de. 2oo5 war dem Verlag verboten worden, im Rahmen der redaktionellen Berichterstattung über Kopierschutzsoftware einen Link auf die Webpräsenz des Unternehmens Slysoft zu setzen. Land- und Oberlandesgericht München hatten „Landgericht Hamburg“ gespielt und so getan, als verstünden sie nicht, wie das Internet funktioniert.
Dieses (erstaunlicherweise) offenbar wenig bekannte Foto zeigt den angeblich so bösen „Protestopa“ (BILD) Wagner, kurz bevor ihm der Wasserstrahl „die Augen öffnete“. Angeblich hätte sich der 66jährige Mann vor dem Strahl wegducken können – was allerdings etwas schwierig ist, wenn auf dem Wasserstrahl genug Druck drauf ist, um Augenlider zu zerfetzen und Gesichtsknochen zu frakturieren.
Wozu in dieser konkreten Situation die Distanzwaffe eingesetzt werden musste, obwohl die Stormtroopers dem isoliert stehenden Menschen ohne Probleme hätten abführen können, gehört zu den Rätseln, die uns etwa die treudoof labernde Politikerin Karin Maag zumutet:
Selbst, wenn der Mann mit Kastanien geworfen haben sollte: Die Herrschaften mit den Helmen (die Demonstranten quasi verboten sind) waren gut eingepackt. Die hätten das kaum anders wahrgenommen als die Kamellen am Rosenmontag. Das Recht auf freie Meinungsäußerung bzw. das Demonstrationsrecht verlangt im Deutschland des Jahres 2010 offenbar gewisse Opfer.
Seit General Lyman Louis Lemnitzer, dessen quasi einziger deutscher Biograph ich mich schimpfen darf, in den 50ern die US-Army mit Raketen versorgte, trieb er Programme voran, Abwehrraketen zu entwickeln, um gegnerische Distanzwaffen im Anflug zu zerstören – erfolglos. Bis heute hat nicht ein einziges Waffensystem auch nur annähernd Zuverlässigkeit bewiesen. Im Irakkrieg vor knapp 20 Jahren hatte General Schartzkopf behauptet, die „Patriot“-Raketen könnten sämtliche Scud-Raketen abfangen. Nach dem Krieg stellte sich heraus, dass nicht ein einziger Abschuss beweisen werden konnte, die Raketen zum Teil sogar Schaden bei den eigenen Leuten anrichteten.
Vor Jahren vermeldeten die USA einen erfolgreichen Testabschuss, „vergaßen“ aber zunächst zu erwähnen, dass die Zielrakete einen Peilsender an Bord hatte. Nach wie vor ist ein „Raketenschirm“ ein militärisches Hirngespinst, von dem wie schon vom technisch undurchführbaren SDI-Programm in erster Linie Rüstungsfirmen profitieren, die entsprechend gönnerhafte Militärs nach deren Ausscheiden mit lukrativen Positionen als Frühstücksdirektoren belohnen.
Nun hat sich aus irgendwelchen unbekannten Gründen der Herr zu Guttenberg dazu bewegen lassen, das Geld der Steuerzahler für diesen Evergreen „Raketenschutzschild“ zu verschwenden. Man will sogar Russland unter den Schutzschirm holen, was die Frage aufwirft, gegen welchen Gegner man sich eigentlich verteidigen will. Ob das der Preis für den Sitz im Sicherheitsrat von Spaßguido war?
Die Frau zu Guttenberg hingegen hat bereits letzte Woche im deutschen TV „RTL 2“ ohne Not eines Wahlkampfes den von der Layenschen Krieg gegen das Internet fortgesetzt und dabei in bedenklicher Weise Einzelfälle aufgegriffen, wobei einer der präsentierten Täter einfach zu identifizieren war. Die Jagd auf Perverslinge ist Sache der Polizei, nicht die von nicht ausgelasteten Kriegsministergatinnen. Inzwischen ermittelt die zuständige Landesmedienanstalt. Wer sich für Opfer oder Prävention solcher Straftaten einsetzen will, für den gibt es sinnvollere Betätigungsmöglichkeiten.
UPDATE: Siehe auch netzpolitik.org!