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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


7. September 2010

Presserat veröffentlicht Leitfaden zur Berichterstattung über Amokläufe

Der Deutsche Presserat als Reaktion auf die nicht selten misslungene Berichtersattung über den Amoklauf von Winnenden einen Leitfaden erstellt, wie mit solchen Themen umzugehen sei.

Heinz Bellos Meinungsäußerung

Dieser Tage wäre Heinz Bello 90 Jahre alt geworden, hätte der Medizinstudent sich folgende Meinungsäußerung verkniffen:

„Die Laternenpfähle Münsters reichen nicht aus, die Nazis und die Kommißköpfe daran aufzuhängen“

Der Hobbygeiger Bello hatte privat seinen Unmut geäußert, weil er wegen eines Fehlers scheinbar einen Tag vor einer Prüfung abkommandiert worden war und wegen dieses Irrtums seinen geliebten Musikabend abgesagt hatte. Trotz Auszeichnung für seine Verdienste gegen Russland und Verletzungen reichte 1944 diese Äußerung aus, um ihn in Berlin vor das Heeresgericht stellen zu lassen, dass ihn hinrichten ließ. Neben den furchtbaren Juristen verdankte Bello sein Schicksal auch einem Denunzianten.

Programmtipp: Überwachungsstaat Deutschland

Die wohl unglaublichste Farce unserer Überwachungsexperten der letzten Jahre war wohl das Theater um die „MG“.

Ein junger Mann erfährt durch eine Panne bei seinem Mobilfunkbetreiber, dass er von Verfassungsschutz und BKA abgehört wird. In einer Zeitung, der Polizisten die Abhörprotokolle verkauft haben, liest er ein Gespräch seiner Freundin im Wortlaut. Die Schlagzeile, seine Verhaftung als angeblicher Gründer der terroristischen Vereinigung „Militante Gruppe“ stehe unmittelbar bevor, lässt ihn wochenlang bei jedem Geräusch hochschrecken.

Die Geschichte ging weiter. Es bedurfte erst eines Machtworts des Bundesverfassungsgerichts, bis diese absurde Episode ihr Ende fand.

Heute um 19.15 Uhr bringt der Deutschlandfunk ein Feature über diese Tragikkommödie.

„In Deutschland wird 30-mal mehr abgehört als in den USA.“

Gegen die heutige technisierte Überwachung in unserem Rechtsstaat war die StaSi in Sachen Abhören ein Kindergarten, jedenfalls in der Größenordnung. Aber es scheint uns irgendwie nicht zu stören. Ist ja wegen der Terroristen, und so.

Respect, Schwester S.!

Jeden Morgen beim Aufstehen ist mein erster Gedanke: Respect, Sabrina Setlur, welche wichtigen Kulturgüter Du geschaffen hast! Du solltest nie wieder arbeiten müssen, damit wir Dir für das Erschaffen Deiner Werke hinreichend Respekt erweisen! Statt Deiner bislang nur zwei Millionen verkauften Tonträger sollen es zwei Milliarden sein!

Übrigens: Setlur wurde seinerzeit von den Typen produziert, welche später die streitbare Firma „Digiprotect“ aufzogen, die ihren Schnitt mit Filesharing-Abmahnungen macht. Moses P. erregte auch einmal Aufsehen, als er Stefan Raab mit einem Kinnhaken den Unterkiefer brach.

Vielleicht liegt Dein Gejammer über die Filesharer aber auch nur daran, dass Dein letztes Album ein Flop war, Du Deine Gewinne offenbar längst verjuxt hast und Dich in billigen Privat-TV-Shows rumdrückst, die selbst dem anspruchslosen Zielpublikum zu doof waren.

Dann jammer mal schön weiter! Aber bitte in Rap-Form …

UPDATE: Auch der Kollege Stadler schimpft:

Dass Setlur und Pelham, wenn es um den eigenen Profit geht, den Respekt vor dem Werk anderer Künstler durchaus vermissen lassen, belegt das nicht autorisierte Sampling des Kraftwerkstücks “Metall auf Metall” für einen der vielen belanglosen Setlur-Songs. Pelham und Setlur sind Steinewerfer im Glashaus.

6. September 2010

Pocher macht den Kachelmann

Mir sind von Pocher bislang nur eine Sternstunde, aber viele eher schwache Leistungen bekannt, weshalb ich diesen Künstler nicht weiter verfolge. Sein heutiger Guerilla-Auftritt als Jörg Kachelmann vor dem Landgericht Mannheim war dann wohl auch wieder eher etwas für seine pubertäre Zielgruppe.

Witzig fand ich allerdings das Detail, auch einen Doppelgänger des Kollegen RA Birkenstock zu inszenieren, der wie bei der Haftentlassung den Chauffeur gibt.

UPDATE: Kommentar des Kollegen Jan Mönnikes zur fragwürdigen Öffentlichkeitsarbeit der Staatsanwaltschaften im Deutschlandfunk. Mönnikes war auch Anwalt von Tauss.

UPDATE: Die Show hatte doch noch einige Pointen:

Honigfalle

Vor ein paar Jahren lernte ich eine unglaublich charmante Frau kennen, die wie die wie die meisten anderen Partygäste auch den Eindruck erweckte, sie wäre eine Führungskraft des Bundeskriminalamts. Erst später wurde mir klar, dass das eine Coverstory war, denn ihren tatsächlichen Dienstherren durfte sie mir gar nicht offenbaren – die Dame arbeitete beim Bundesnachrichtendienst.

An diese Begegnung musste ich denken, als ich neulich zu meinem aktuellen Telepolis-Beitrag über „Honigfalle“ recherchierte. Vielleicht gibt es über den BND ja noch Unbekanntes in diesem Bereich zu erzählen …

UPDATE: Jetzt kloppt auch die BILD-Zeitung auf den BND ein. Das hat meine „(Un)Bekannte“ nicht verdient!

4. September 2010

„Wir wollen keine Sprechverbote“

Die BILD-Zeitung positioniert sich in ihrer heutigen Ausgabe als Volkstribun für Meinungsfreiheit und kommentiert Äußerungen von Sarrazin, die man womöglich „nicht sagen dürfe“.

Ich habe die Sarrazin-Kontroverse nur sehr am Rand verfolgt und habe derzeit leider nicht die Zeit, mich damit zu beschäftigen, was genau wer wann gesagt hat und möchte daher keine keinerlei Stellung beziehen. Spannend finde ich den nicht notwendig populären Eingriff der BILD-Zeitung jedoch in jedem Fall.

Meinungsfreiheit ist eine prinzipielle Angelegenheit, die gegenwärtig auf vielfache Weise unterhölt wird. Wenn ich allein an die Post denke, die ich diese Woche aus Hamburg erhielt, kriege ich das kalte Kotzen.

Weder durch grundgesetzverachtende Richter, noch durch ein Kartell an Political Corectness in den Medien sollte dieses fundamentale Prinzip der Meinungsfreiheit infrage gestellt werden. Durch Verbote und Denkverbote wertet man Rechtspopulisten ohnehin nur auf. Mir imponieren in den USA die jüdischen Anwälte der ACLU, die Neonazis verteidigen, weil für sie die Meinungsfreiheit ein höheres Gut ist als ihre persönliche Befindlichkeit.

3. September 2010

Zahnarztkammer beißt sich die Zähne aus

Die Zahnärztekammer Hessen hat Bekanntschaft mit einem liebenswerten norddeutschen Landgericht gemacht. Die Kammer darf nicht mehr behaupten, das Buch „Zahnarztlügen – Wie Sie ihr Zahnarzt krank behandelt“ sei gelogen.

„Die deutschen Krankenkassen pumpen jährlich 12 Milliarden Euro in die Zahnarztpraxen und dennoch ist jeder krank.“, erklärt Hendrickson.

Meinungsfreudiger Betriebsrat lässt sich kaum verklagen

„Nein zum Krieg“ hatte ein Betriebsrat 2003 anlässlich des (wie jeder Krieg auf Lügen basierenden) Irak-Kriegs auf einem Plakat ausgehängt und 2007 zur Beteiligung an einem Volksentscheid in Hamburg aufgerufen.

Gut, es ist nicht die primäre Aufgabe eines Betriebsrats, allgemeinpolitische Stellungnahmen zu formulieren, zumal sich ja auch nicht alle mit der Meinung des Betriebsrats notwendig identifizieren müssen. Wenn der Betriebsrat seine Grenzen überschreitet, gibt es durchaus Wege, das zu sanktionieren, ihn unter gewissen Voraussetzungen auflösen lassen.

Aber Äußerungsrecht gehört nicht dazu. Denn mangels Vermögen könnte man Unterlassungsverfügungen nicht sanktionieren, also nicht vollstrecken. Die entsprechende Klage, die es bis zum Bundesarbeitsgericht brachte, war daher zum Scheitern verurteilt. Außerdem sahen die Richter keine Wiederholungsgefahr eines Antikriegsaufrufs, was für eine Unterlassungsverfügung erforderlich gewesen wäre. Warten wir doch mal ab, was sich im Iran tut.

2. September 2010

Kachelmann wettert gegen BILD

Der Axel Springer-Verlag wehrt sich gegen Kachelmanns Diskretionswünsche hinsichtlich seiner Strafakte und konnte gestern am Landgericht Köln einen weiteren Erfolg verbuchen. Für Presserechtspraktiker interessant ist, dass Kollege Höcker offenbar nur einen beschränkten Antrag stellte. So berichtet Media:

Verlagssprecher Tobias Fröhlich: „Wichtig ist, dass das Berichterstattungsverbot nun vom Tisch ist. Dass das Gericht die eigene Verfügung bestätigen konnte – und das für einen geringen Zeitraum bis zur Anklageerhebung – , ist nur darauf zurückzuführen, dass Kachelmann schon zuvor auf die EV für die Zeit nach dem 19. Mai verzichtet hatte. Anderenfalls hätte das Landgericht die gesamte EV aufheben müssen. Der Verzicht ist daher nichts anderes als eine juristische Nebelkerze um die Niederlage Kachelmanns zu verhüllen. Das wird sich in der Berufungsverhandlung zeigen.“