Einen weiteren journalistischen Offenbarungseid leisteten sich die Spitzenkräfte vom SPIEGEL. Es wirkt irgendwie überhaupt nicht cool, wenn man über einen altklugen „Wir sind die geilsten Journalisten“-Artikel sowas kleben muss:
In der aktuellen Ausgabe (15/2010) des SPIEGEL wurde auf Seite 63 nicht Daniel Schmitt von WikiLeaks abgebildet.
Abgebildet ist stattdessen Alexander Schill.
Dieser steht in keiner Verbindung zu WikiLeaks.
Wir bedauern diese Verwechslung.
Ignoranz und Arroganz pur leistet sich das so eben der eigenen Unfähigkeit überführte „Nachrichtenmagazin“ dann, wenn es herablassend schreibt:
WikiLeaks begnügt sich jedoch nicht mit der reinen Veröffentlichung geheimer Unterlagen, sie will diese auch journalistisch einordnen. Dem Bagdad-Video stellte WikiLeaks ein George-Orwell-Zitat voran, angekündigt werden die Bilder mit den Worten, man bekomme ein „wahlloses Töten“ zu sehen. Die im Qualitätsjournalismus angestrebte Objektivität gilt für WikiLeaks ebenso wenig wie der Schutz der Privatsphäre.
Hallo? Haben die Damen und Herren „Qualitätsjournalisten“ möglicherweise übersehen, dass WikiLeaks parallel auch das unkommentierte, ungeschnittene Originalvideo in Rohfassung online gestellt hat? Wie kann ein „Qualitätsjournalist“ diese wesentliche Tatsache unterschlagen?
In der bekannteren Version, in der sie dem Leser authentischen Kontext vermitteln, haben sie ein paar Wertungen einfließen lassen, die wohl kaum den Konsens humanitär orientierter Zeitgenossen verlassen. Die Bezeichnung von wahllosem Töten als wahlloses Töten ist ein schlechter Witz gegen Wertungen, die uns der selbsternannte „Qualitätsjournalismus“ des SPIEGEL konstant unterjubelt. Die effizienteste Wertung ist übrigens die, uns nur den Ausschnitt der Realität zu zeigen, den wir sehen sollen – etwa die Verbreitung des unkommentierten Videos zu unterschlagen.
Ich wüsste auch ganz gerne vom zitierten Herrn Schirrmacher von der FAZ, was er damit meint, wenn er sagt:
„Es ist ein perfekter Geheimagentenspielplatz.“
@ Schirrmacher: In drei Jahren hat WikiLeaks noch keinen einzigen Bock geschossen und Desinformation ventiliert. Anders als die FAZ, die früher solche obskuren „Geheimdienstexperten“ wie den einst BND-nahen Udo Ulfkotte beschäftigt hat, arbeitet WikiLeaks offenbar sorgfältig.
Bislang waren bei WikiLeaks Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte eher Petitessen. Und bitte, liebe „Qualitätsjournalisten“ aus Hamburg: Wie kann ein Magazin, das solche manipulativen Cover bringt, gegenüber den zurückhaltend kommentierenden WikiLeakern so weit die Klappe aufreißen? Schade, dass ich euch nicht abonniert habe – wäre ein Anlass, das Abo zu kündigen.
Auch der siegesgewisse Kollege Dr. S. konnte Herrn Z. nicht dabei behilflich sein, Herrn A. wegen den ihm gemachten Vorwürfen in die Nähe des Kirchenskandals rücken zu dürfen. Herr Dr. S. musste auf dem Spielfeld am Landgericht Augsburg eine herbe 2:0-Niederlage einstecken: Die einstweilige Verfügung gegen Herrn Z. wurde bestätigt.
Bemerkenswert ist, dass der für seine sehr weitgehenden Unterlassungsanträge bekannte Medienwalt Herr Dr. S. nunmehr als vehementer Streiter für die Meinungsfreiheit posiert. Vielleicht wird sich ja Herr Schälike künftig der Dienste des Herrn Dr. S. bedienen … ;)
Es stellt sich allerdings die Frage, ob es für einen DFB-Boss angemessen ist, wie ein Kabarettist verletzende Vergleiche zu ziehen, wenn man es mit einem sehr ernsten wie delikaten Sachverhalt zu tun hat.
Der Herr A. kramt inzwischen einen Anspruch auf 100.000 „Schmerzensgeld“ aus der Mottenkiste hervor, weil er vorverurteilt worden sei. Bekanntlich ist die Rechtsprechung in dieser Hinsicht sehr zurückhaltend. Die Forderung werden wir wohl eher in den Boulevard-Medien als in der juristischen Fachpresse lesen.
Überlassen wir daher das Kabarett den Kabarettisten und greifen in Augsburg nicht in die Mottenkiste der pompösen Schmerzensgeldansprüche, sondern in die Puppenkiste!
Die Komödie Amerell, Zwanzieger, DFB usw. wollte ich eigentlich aussparen. .
Derzeit beginnt in Mainz wieder die Versteigerung von Frequenzen. Als vor ca. einem Jahrzehnt die UMTS-Frequenzen in Mainz versteigert wurden, hatten sich die Manager hierzu in einer ehemaligen Kaserne eingefunden. Um jegliches Falschspiel zu vermeiden, hatte man die Parteien isoliert untergebracht und darauf geachtet, dass keine Kommunikation möglich war. Ironie: Die mussten alle die Handys abgeben, obwohl es doch genau um deren Bandbreiten ging.
Doch die Frequenzpokerer schienen damals auf einen lässigen Trick gekommen zu sein: Bei den einzelnen Geboten gab es bei den letzten Stellen auffällig krumme Werte, die ganz schwer nach Geheimcode aussahen … Und etwa die Mogelcom geriet ins Zwielicht!
Falls Sie kein TK-Manager sind, probieren Sie es vielleicht mit ehrlichem Falschspiel. Ich hatte vor fünf Jahren für eine Monographie über die Kunst des Falschspiels Steve Forte interviewt, der unbestritten kompetenteste Experte auf diesem Gebiet. ;)
Ich verlinke netzpolitik.org prinzipiell nicht – denn die Beiträge sind so gut, dass ich beinahe täglich dorthin verlinken müsste. Also setze ich die tägliche Lektüre als digitale Allgemeinbildung voraus!
Heute aber hat sich Internet-Feind Uhl in der konservativen Bankfurter Allgemeinen jedoch dermaßen blamiert, dass ich keinesfalls riskieren möchte, dass meine Leser den von netzpolitik.org kommentierten Uhl-Unfug verpassen können.
Zwei Fragen stellen sich:
Wollte die FAZ den Sünden-Uhl reinlegen und hat ihm absichtlich Platz zur Selbstentblößung eingeräumt?
Oder sind Uhl und/oder FAZ komplett bescheuert – und kommen damit bei der Leserschaft durch?
Die Piratenpartei und ihr Umfeld hatte es schon immer geargwöhnt, nun zeigt sich am Beispiel der Briten, dass die angebliche „Verschwörungstheorie“ 100% richtig lag: Unter dem Vorwand der Bekämpfung der Kinderpornographie usw. haben sich die Engländer von ihren Politikern kastrieren lassen.
Auf der Insel redet künftig der Staat ein Wörtchen dabei mit, wer welche Informationen bekommen soll. Das fängt bei der Content-Industrie an, die künftig wieder ihre klebrigen Finger ausstreckt und wird bei politisch unerwünschten Datenschleudern wie WikiLeaks kaum halt machen. Zum Regieren benötigt man Propaganda und Beschiss, da stört das Internet halt nur.
Derzeit will man uns diese Augenwischerei durch die Hintertür via ACTA bringen. Wie kommentierte der Lobbyist der Musikindustrie vor zwei Wochen beim LawCamp zu ACTA? „Verschwörungstheorie“.
Falls Sie den etablierten Politikern genauso vertrauen wie ich, hätte ich hier für die Wahlberechtigten in NRW für Mai eine Alternative:
Die FAZ hat einen lesenswerten Beitrag über das Verhältnis der konventionellen Medien zu WikiLeaks.
ZAPP (NDR) hat sich bei einem Beitrag über die zögerliche Medienresonanz letztlich dann leider doch unter sein ansonsten geschätztes Niveau begeben. So wird kritisiert, dass WikiLeaks selbst kommentiert und Kontext gesetzt habe. Wenig überzeugend, denn die haben auch das unbearbeitete Rohmaterial veröffentlicht.
In dem ZAPP-Beitrag lamentiert der SPON-Häuptling unwidersprochen, man habe doch erst einmal prüfen müssen, ob das Video echt sei. Lächerlich. WikiLeaks ist in drei Jahren noch kein einziger Fake durchgegangen. Einen Film aus sich bewegender Helikopter-Perspektive in einem solchen Setting zu produzieren – ungeschnitten – wäre eine sehr kostspielige Angelegenheit. (Da hätte man die Mondlandung bedeutend billiger fälschen können!) Da die Namen der REUTERS-Mitarbeiter genannt wurden sowie andere Details, etwa zur militär-juristischen (Nicht-)Aufarbeitung des konkreten Falles, wäre eine Fälschung binnen Stunden aufgefallen. Niemand, der einen solchen Film produzieren könnte, wäre ein so hohes Risiko einer Blamage eingegangen.
Wenn ich mir das Ausmaß an durchgereichter PR, Fehlgewichtung von Themen und Desinformation der konventionellen Medien ansehe, hätte man sich diese „Kritik“ an WikiLeaks getrost sparen können.
Was haben die Recherchekünstler von SPON nach ca. 24 Stunden Neues rausgekriegt: Nix.
Manche Medien werden offenbar nervös, wenn man ihnen Deutungshoheit und Gatekeeper-Status streitig macht. Herrschaften, gewöhnt euch mal langsam dran … (Und SPON: Bitte keine afghanischen Amazonen mehr …)
Nicht wenige verspotten die Printausgabe des SPIEGELS als das „ehemalige Nachrichtenmagazin„, weil insbesondere zu außenpolitischen Themen die Zuverlässigkeit – nennen wir es höflich – zu wünschen übrig lässt.
Wenig zu wünschen haben diese Woche USA an SPON: Das angebliche „Leitmedium“ hat mit beachtlicher Verspätung das Wikileaks-Video zwar gebracht, aber so niedrig gehängt, das man es auf der Homepage mit der Lupe suchen musste. Gerade einmal im „SPAM“ ist es thematisch nachhaltig platziert.
Andere Beiträge wie das Gejammer, unsere Jungs in Afghanistan seien nicht gut genug ausgebildet (etwa so wie die Amis in ihren Appache-Helikoptern über Bagdad?) oder die offensichtlich inszenierte Karzai-Komödie, waren dagegen sehr prominent platziert.
Und nun macht Alpha-Blogger Fefe darauf aufmerksam, dass in der kürzlich geleakten CIA-Propaganda-Anweisung die Empfehlung stand, den Deutschen den Afghanistankrieg durch afghanische Frauen schmackhaft zu machen. Und was bringt SPON heute prompt? Richtig, eine afghanische Amazone, die eine Afghanin auf dem Mond sehen will.
UPDATE: Ein Bloggerkollege teilt mir mit, gestern sei die Video-Story sogar der Aufmacher gewesen. Ich war zwischen 9.00 und 17.00 Uhr offline, kann es nicht ausschließen. Aber während ich online war, musste man den Beitrag mit der Lupe suchen.
UPDATE:
ZAPP interessiert sich für die Resonanz des Videos bei den Medien. Die Kritik am Kommentar von WikiLeaks verfängt nicht, denn sie haben auch eine unkommentierte Rohfassungs ins Netz gestellt. Die Befürchtung, es hätte sich ja um eine Fälschung handeln können, ist angesichts des hiermit verbundenen Aufwands (Helikopter-Kamera, Set) und der Überprüfbarkeit der genannten Daten eher etwas für Verschwörungstheoretiker. Hier ein Interview von CNN.
Herzlichen Glückwunsch an den Kollegen Reinecke aus Köln!
Der aktuelle Anwalt des Buskeismus.de-Betreibers hatte nun für einen anderen Mandanten, der ebenfalls gelegentlich Händel mit gewissen Berliner Medienanwälten ausficht, Erfolg mit einer Verfassungsbeschwerde.
Anlass für den Kontakt zu den Anwälten war Werner Rügemers ungebetener Nachruf auf einen Bankier eines berühmten (heute jedoch nicht mehr so recht glänzenden) Kölner Bankhauses, der in für die Pressefreiheit bedenklicher Weise mit juristischen Angriffen bedacht wurde. Die Betroffenen hatten Gegenwehr geleistet und ihrem Unmut über die Zensurwünsche Luft verschafft. Exakt diese Luft wurde ihnen ebenfalls von den Medienanwälten streitbar gemacht, was das BVerfG so angekotzt hat, dass sie den Kollegen heute kräftig auf die Fingerchen gegeben hat.
Beim Anwalt war um Erlaubnis für den Abdruck eines Fotos von ihm ersucht worden, worauf der Kollege so antwortete:
„…wir widersprechen ausdrücklich jedweder Nutzung von Bildnissen von Herrn H. und meiner Person. Sollten Sie hiergegen verstoßen, werden wir eigenständige rechtliche Schritte einleiten. Wir weisen darauf hin, dass wir unlängst auch anderen Medienunternehmern die Veröffentlichung von Bildnissen unsererseits verboten haben.“
Als dieser Text veröffentlicht wurde, wetterte der sich in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt wähnende Kollege gegen seine angebliche „Anprangerung“, die das BVerfG jedoch bei Widergabe der eigenen Texte nicht erkennen konnte – im Gegensatz zu den Berliner Vorinstanzen. Die Entscheidung schließt mit der Banalität, dass …
… die Äußerung wahrer Tatsachen, zumal solcher aus dem Bereich der Sozialsphäre, regelmäßig hingenommen werden muss.
Warum man für diese simple Erkenntnis in Deutschland drei Jahre lang den Rechtsweg beschreiten muss, verstehe, wer will.
Netzpolitik.org weist auf eine eigenartige Jugendschutzpraxis der ARD hin. Der auch in diesem Blog mehrfach thematisierte Scientology-Spielfilm des SWR wird im Internet aus Gründen des Jugendschutz nur zwischen 20.00 und 6.00 Uhr angeboten, weil es sich um “entwicklungsbeeinträchtigende Angebote” handele.
Da hätte ich jetzt mal ein paar Fragen:
Müsste die ARD dann nicht konsequenterweise SÄMTLICHE Informationsangebote mit religiösem Inhalt ins Nachtprogramm verlagern (“entwicklungsbeeinträchtigende Angebote”)?
Wie verhält es sich mit deutschsprachigen Kindern im Ausland, die sich in anderen Zeitzonen befinden? Die armen Kindlein sind schutzlos den ARD-Informationen ausgeliefert!
Sollten die Kindlein denn nicht auch von der Berichterstattung über die Summe an Einzelfällen über Missbrauch in der Katholischen Kirche ferngehalten werden?
Wie sieht es den GEZ-mäßig aus, wenn das Qualitätsprogramm nur zu ca. einem Drittel des Tages (eher wohl der Nacht) zum Abruf bereit steht? Muss ich dann für meinen internetfähige/n/s Computer/Handy/Registrierkasse nur ein Drittel GEZ-Gebühr zahlen?
Kann man denn auch von der Scientology-Church verlangen, dass deren operierende Thetane tagsüber ebenfalls Ruhe geben und wie Vampire erst nachtaktiv werden?