Im August hatte ich bei Telepolis über das Verfahren von Gaby Weber gegen den BND berichtet, der mit allerhand Ausreden der Journalistin Zugriff auf eine betagte, aber wohl brisante Akte verweigern wollte. Wie Geheimdienste halt so sind. Es geht um die Nachkriegsrolle von Adolf Eichmann, die sich wohl etwas anders gestaltete, als man es uns so erzählt. Im September dann gab das Bundeskanzleramt sogar eine Sperrerklärung ab.
Nunmehr hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die Sperrerklärung der Kanzlerin und ihrer Spione für rechtswidrig erklärt. Der Beschluss kann bei Lexis Nexis nachgelesen werden. Nunmehr berichtet auch die konventionelle Presse über die Sache, etwa SPIEGEL online.
Als Zaungast hatte ich den Prozess mitverfolgt und sage nur: Herzlichen Glückwunsch und gut, dass es hartnäckige Journalisten wie Gaby Weber gibt, die ihren Job ernst nehmen. Vergangene Woche starb Paul Schäfer, in dessen Colonia Dignidad sich Gaby Weber seinerzeit undercover eingeschlichen hatte. Ich bin gespannt, welche Geheimnisse sie aus der Akte fördert.
Für die Leser der „WELT“ mag die Existenz der Piratenpartei durchaus Neuigkeitswert haben, so dass man diesen Internetausdruckern wohl erklären muss, was das ist. Leider findet sich dann auch so ein Mumpitz:
Das Wahlprogramm der Piratenpartei ist schmal. Themen wie Arbeit, Umwelt oder Familie kommen nicht darin vor.
Und wer schon so einen Stuss ins Blaue dahinschreibt, der muss dann natürlich das alte Klischee wieder bemühen.
„Die Piratenpartei ist eine Ein-Themen-Partei“
Nö.
Übrigens: Beim Anteil an intellektuellen Wählern ist die Piratenpartei schon heute führend und hat ein schnelleres Wachstum als seinerzeit die GRÜNEN. Letztere wurden seinerzeit auch als Fantasten hingestellt.
Widerspruch gegen eine einstweilige Verfügung ist Geldvergeudung und unnötig. Die Widerspruchsverhandlungen sind Schnellverfahren. Als Beweis genügen eidesstattliche Versicherungen und bei non liquet (Gleichstand) obsiegt der Antragsteller. Die Richter legen sich umsonst fest und es wird schwieriger im Hauptsachverfahren zu obsiegen. Unnötige Nerven- und Zeitverschwendung.
Siehe das Schulbeispiel in der Sache 324 O 117/10 vom 26.04.2010.
Mit Spendengeldern sollte man vorsichtiger umgehen. Eile ist nicht geboten. Alles rechtlich vorab prüfen, Beweise sichern, Zeugen finden und dann Antrag auf Einleitung des Hauptsacheverfahrens stellen.
Auch der Weg zum Bundesverfassungsgericht über OLG, BGH wird leichter, schneller und billiger. Im Verfügungsverfahren gibt es keine Möglichkeit, das Bundesverfassungsgericht anzusprechen, es sei denn, die Veröffentlichung ist eilig und absolut nötig. In diesem streitgegenständlichen Fall ist diese Eile allerdings nicht geboten.
Gruß
Rolf
Mit seiner Einschätzung liegt Pragmatiker Schälike nicht ganz unrichtig. Einstweilige Verfügungen heben die Hamburger Zivilkammern 24 und 25 nur in rechtlich evidenten Fällen auf, bei Wertungsfehlern allenfalls unter beträchtlichem öffentlichen Druck (würde ich aber nicht überschätzen).
Die Strategie, bei einer einstweiligen Verfügung die Faust in der Tasche zu ballen und lieber gleich zur Klage in der Hauptsache aufzufordern, bietet beachtliche Vorteile und erspart die prozessualen Tücken des Eilverfahrens. Die Kanzlei, welche die hier vorliegende einstweilige Verfügung durchgesetzt hat, ist in diesem Geschäft erfahren.
Bis es zu einer Widerspruchsverhandlung kommt, können etliche Monate ins Land gehen. Die Handhabung des Widerspruchsverfahrens ist in Hamburg eine Farce. Wenn die einstweilige Verfügung bestätigt wird, lassen sich die Hamburger Richter bis zu fünfeinhalb Monaten Zeit, bis sie die Begründung schicken, gegen die man dann „im Eilverfahren“ vor das Hanseatische Oberlandesgericht ziehen kann. Da kann man genauso gut sofort zur Hauptsacheklage auffordern, der Zeitgewinn eines Widerspruchs fällt unter den Tisch und wiegt die Nachteile des Eilverfahrens nicht auf.
Im Gegenteil verdoppeln sich bei Widerspruch im Eilverfahren die finanziellen Forderungen der Gegenseite und Gerichtskosten, auch der eigene Anwalt möchte seine Gebühren – zzgl. der Reisekosten zum Sievekingplatz. Ökonomisch denkende Parteien (ohne Rechtsschutzversicherung oder ähnliches) sollten es sich daher gut überlegen, ob sie sich den Risiken des Verfügungsverfahrens aussetzen möchten und nicht lieber gleich Nägel mit Köpfen machen.
UPDATE: Der Kommentar wurde inzwischen freigeschaltet.
Der Blogger, dem der Regensburger Hirte den Hamburger Bann auferlegte, wird nicht nach Canossa gehen, sondern zum Sievekingplatz, wo er von der Zivilkammer 25 seine Meinungsfreiheit zurückfordert. Innerhalb weniger Tage ging eine Kollekte von ca. 9.000,- Euro an Spendengeldern ein, sowie ein verbohrter Kommentar der Geistlichen:
Einen lesenswerten Artikel über eine kalkulierte Zensurprovokation bietet die Süddeutsche Zeitung. Der Sohn des politischen Filmemachers Costa Cavras hat auf Youtube einen verstörenden Film platziert, den man dort nicht haben wollte.
Schade nur, dass der Autor des Artikels die Filme von Cavras senior offenbar aus einer sehr bürgerlichen Perspektive wahrnimmt. Vielleicht sollte sich der SZ-Schreiber mal etwas näher mit den Militärdiktaturen in Griechenland und in Südamerika befassen, wenn er die Cavras-Filme in der Weise einordnet, wie er es tut.
Fefes Blog weist darauf hin, wie man im Vereinigten Königreich die „Three Strikes“-Gängelung elegant aushebelt: Man erklärt sich um Communications Provider und öffnet sein WLAN für alle!
In Deutschland wäre das allerdings gegenwärtig nicht zu empfehlen, weil die Gerichte hierzulande mit der Haftung für offene WLANS nicht ganz so viel Spaß verstehen.
Es war ein Eingriff in die Pressefreiheit, wie er radikaler kaum sein konnte. Vor einem Monat untersagte das Bezirksgericht Leopoldstadt in Wien der österreichischen Zeitschrift News, aus den Ermittlungsakten in der Causa Hypo Alpe Adria zu berichten. Das Verbot ließ keine Ausnahmen zu, über den Inhalt der brisanten Akten sollte nicht berichtet werden.
Da jedoch der Österreicher Staat faktisch der Eigentümer der Hypo ist, war dieser Eingriff in die Pressefreiheit der Alpenrepublik dann doch ein bisschen unschick.
Über die oben genannte Tagung findet sich ein lesenswerter Bericht in der FAZ, der viele Themen im Konfliktfeld zwischen Staat und Presse streift.
Mir hat am besten der Schluss gefallen:
Im Übrigen, so Degenhardt, sei „angesichts aktueller Ereignisse“ zu fragen, „ob wir im öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht schon längst einen mittelbar staatlichen Rundfunk haben“. Die verfassungsrechtliche Brisanz des Falles Brender liege schließlich nicht in der Zusammensetzung der Anstaltsorgane, die noch den Karlsruher Vorgaben entsprechen dürfte. Vielmehr mache der Fall „eine systemimmanente Schwäche des Anstaltsfunks“ deutlich: das „symbiotische Abhängigkeitsverhältnis von Staat und Anstalten mit seinem stillschweigenden Agreement: publikumswirksame Darstellung und auch sonst mediales Wohlverhalten gegen großzügige Gebührenalimentation, milde Aufsicht und plein pouvoir für Online-Medien“.
Für Kirchen – Stichwort Missbrauch – gilt der Auskunftsanspruch des Einzelnen übrigens nicht; sie haben eine verfassungsrechtliche Sonderstellung. Doch Degenhardt nannte wohl nicht ohne Grund die Rundfunkanstalten und die Kirchen „öffentlich-rechtliche Dinosaurier“.
„Grundlegendes Fehlverständnis des Gewährleistungsgehaltes der Meinungs- und Pressefreiheit“
Warum die sehr eindeutige Haltung der Karlsruher Richter zu Art. 5 GG in Hamburg nahezu völlig ignoriert wird und sich jeder seine Meinungsfreiheit selbst in Karlsruhe erstreiten muss, sollen andere erklären. Wie das Video hier zeigt, wohnen in Hamburg auch vernünftige Leute.