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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


26. Mai 2009

JusProg filtert kanzleikompa.de – Bin ich ein Gedankenverbrecher?

gedankenverbrecher orwell 1984 remix

Die Seite kanzleikompa.de ist bereits in unserem Filter enthalten und wird als ‚Default ab 14‘ eingestuft.

jugendschutzprogramm.de

Zu den derzeit peinlichsten Versuchen der Medienmanipulation gehört der Internetfilter „JusProg“.

Nachdem mein Kumpel vom Denkfabrikblog.de „standard gesperrt“ wurde, hat es jetzt auch mein Hausblatt Telepolis erwischt. Die Nachdenkseiten werden großzügig als „individuell gesperrt“, ebenso das Lawblog und vieles mehr, was mit Pornographie nichts zu tun hat.

Wer steckt hinter dem JusProg? Ausgerechnet er Bundesverband Erotikhandel e.V. und Bild.de – zwei an Verlässlichkeit und Seriosität schwer zuüberbietende gesellschaftliche Kräfte.

Liebe JusProgger, ich möchte bitte auch standard gesperrt werden! Sonst verliere ich doch gegenüber dem denkfabrikblog mein Gesicht!

Ach übrigens … Die Zeitung, die täglich mit einem Tittenbild nebst dümmlichen Kommentar aufmacht und um keine Geschmacklosigkeit verlegen ist, wird so bewertet:

Die Seite bild.de wird von uns für unbedenklich gehalten.

25. Mai 2009

FAZ: Die Pressefreiheit schwindet

Zum 60-jährigen Jubiläum des Grundgesetzes konnte man allerhand Lobeshymnen vernehmen. Die FAZ hingegen hat ein bisschen genauer hingesehen:

Auch die seriöse Berichterstattung ist spürbar schwerer geworden. Wo die Grenzen für eine an sich durchaus erlaubte Berichterstattung verlaufen, wenn beispielsweise Behörden gegen namhafte Zeitgenossen wegen des Verdachts auf eine Straftat ermitteln, kann seither kein Presserechtler und kein Verlagsjustitiar mehr auch nur annähernd vorhersagen. Obwohl Bundesverfassungsgericht und Bundesgerichtshof oft genug unterstrichen haben, dass Unschuldsvermutung, Persönlichkeitsrechte und Privatsphäre nicht in jedem Fall einer ausgewogenen Wahrnehmung der Chronistenpflicht entgegenstehen.

Sogar mir neu ist diese Praxis:

Mancher Mandant soll Presseanwälten seine Vollmacht sogar erst erteilt haben, nachdem diese bereits zugeschlagen haben – eine Form kalter Akquise, die in anderen Branchen als unlauterer Wettbewerb eingestuft würde.

Nicht laut genug kann man den zum Missbrauch einladenden „fliegenden Gerichtsstand“ beklagen:

Was ebenfalls maßgeblich zur Verwilderung der Sitten beiträgt, ist eine Besonderheit der deutschen Zivilprozessordnung: der „fliegende Gerichtsstand“. Wer Medien auf Unterlassung verklagen will (für das Begehren einer Gegendarstellung gilt das hingegen nicht), kann sich seinen Richter fast beliebig aussuchen. So kommt es, dass „Personen der Zeitgeschichte“, wie es im Presserecht heißt, besonders gern vor jenen ein oder zwei Landgerichten in der Bundesrepublik prozessieren, die als besonders „prominentenfreundlich“ gelten. Dabei garantiert das Grundgesetz den „gesetzlichen Richter“: Nur nach objektiven und vorab festgelegten allgemeinen Kriterien darf entschieden werden, wer jeweils dazu berufen ist, ein Urteil zu fällen. Darauf sollten doch verklagte Medien gleichfalls einen Anspruch haben.

Und ebenfalls mit Recht kritisiert FAZ-Autor Joachim Jahn das seltsame Ansinnen, via Persönlichkeitsrecht das Gedächtnis der Welt löschen zu wollen:

Mittlerweile sind überdies Zeitungsarchive, die jeder Bürger gegen eine Gebühr über das Internet nutzen kann, in die Zwickmühle geraten. Inhaftierte Straftäter (besonders gerne übrigens Mörder) ziehen serienweise vor den Kadi – ebenfalls wieder vertreten von einschlägigen Anwaltskanzleien – und fordern im Interesse ihrer „Resozialisierung“ die Löschung ihrer Namen. Aus Artikeln wohlgemerkt, die einst tatsächlich erschienen sind und deren Richtigkeit unumstritten ist.

Es ist an der Zeit, dass sich die Presse der absurden Zustände an den Pressekammern bewußt wird und die offensiv anprangert – bevor der nächste Krieg mit einer Lüge legitimiert wird, der nächste Blogger aufgrund anwaltlicher Winkelzüge im Knast landet oder kleine Verlage in den Ruin getrieben werden. Eine Zensur findet nämlich statt – täglich in Form der Selbstzensur.

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„Du bist Terrorist“ wird abgemahnt

Wie u.a. die ZEIT berichtet, wurde der Urheber der obigen Satire Dubistterrorist.de auf die unsägliche „Du bist Deutschland“-Kampagne am Freitag zunächst wegen Verletzung von Markenrechten und Persönlichkeitsrechten abgemahnt, woraufhin eine Einigung erzielt wurde.

„Markenrecht“ ist hier völliger Quatsch, denn der Abgemahnte verfolgte ersichtlich keine wirtschaftlichen Interessen, was eine Anwendungsvoraussetzung des Markenrechts ist. Letztlich hatte der Abgemahnte allerdings nicht die Persönlichkeitsrechte von Kindern beachtet, welche allerdings beim Original eingewilligt hatten.

Juristisch ist das problematisch, weil grundsätzlich jeder ein „Recht am eigenen Bild“ hat, also die Veröffentlichung von Fotos, die ihn erkennbar abbilden, verbieten lassen kann. Das geht dann aber nur schwerlich, wenn das Original einer Parodie willentlich veröffentlicht worden war, denn eine Parodie darf das Original zitieren.

Hier wollte sich der Abgemahnte nicht nachsagen lassen, den Streit auf dem Rücken der abgebildeten Kinder auszutragen – PR-mäßig hätte er dann schlechte Karten gehabt und zog das Unkenntlichmachen einem Rechtsstreit vor. Der Ausgang eines entsprechenden Prozesses wäre kaum vorhersehbar gewesen, weil hier zwei persönlichkeitsrechtsrelevante Spannungsfelder kollidieren. Minderjährigenschutz wird von der Rechtsprechung der Pressekammern grundsätzlich großgeschrieben. Die Reichweite einer Einwilligung eines Minderjährigen bzw. seiner gesetzlichen Vertreter in das Recht zur Veröffentlichung bei § 2 KunstUrhG ist in der Rechtslehre umstritten und in der Praxis noch völlig ungeklärt.

Wie immer: Man hat mal wieder den Gegner unfreiwillig aufgewertet. Verdient hat die bissige Aufmerksamkeit jeglicher Form! Grüße an die Macher nach Kaiserslautern! Weiter so!

4. Mai 2009

SMS des Terrors

In Frankreich wurde jemand 24 Stunden festgesetzt, weil er nichts gemacht hatte.

Er hätte nämlich was machen sollen, weil er eine SMS bekommen hatte. Darin war er von einem Bekannten gefragt worden:

„Hast du eine Idee, wie man einen Zug zum Entgleisen bringen kann?“

Nun mag es ja recht unhöflich von dem Empfänger gewesen sein, nicht mit fachmännischen Tipps zu antworten. Was die französischen Behörden, die zwischenzeitlich Kenntnis von der SMS bekommen hatten, jedoch nicht gut fanden, war die Tatsache, dass der Empfänger nicht petzen ging.

Erfährt jemand glaubhaft von geplantern Straftaten großen Kalibers, wäre er auch nach deutschem Recht zur Anzeige hiervon bei den Behörden verpflichtet, vgl. § 138 StGB.

Hoffen wir, dass deutsche Behörden wissen, dass echte Terroristen verschlüsselt zu kommunizieren pflegen und keine Fragen auf Anfängerniveau stellen. So macht man das!

3. Mai 2009

Elektronische Informationsfreiheit wird Geschichte

Als sich Mitte der 90er Jahre das Internet als Massenmedium durchsetzte, bekamen es viele mit der Angst zu tun:

Was würde passieren, wenn die klassischen Medien ihren Status als Gatekeeper verlieren? Würden die Journalisten und Redakteure Ihren Anspruch auf Meinungsführerschaft einbüßen? Würden die Massen merken, dass sie Mumpitz konsumieren, die Medien nicht wirklich unabhängig sind, möglicherweise durch aufgeklärte Menschen sogar eine soziale Revolution ausbrechen? Wie sollte man die Bevölkerung weiter belügen, wenn ein jeder eine Website mit aufklärerischem Gedankengut verbreiten könne?

Sofort erhob sich ein Chor an Bedenkenträgern, die vor der Verbreitung von allerlei bösen Dingen warnen: Bombenbauanleitungen, Nazi-Propaganda, Kinderpornographie, Snuff-Movies … 10 Jahre später steht fest: Weder das eine, noch das andere trat ein. Die Internet-vernetzten Massen blieben genauso dumm, wie sie es schon immer waren, und die an die Internet-Wand gemalten Schreckensszenarien traten so, wie man es uns prognosdiziert hatte, nicht ein. Nach den Inhalten, die Frau von der Leyen angeblich so sehr fürchtet, sucht man im normalen Internet vergeblich.

Indem man nun Hand an die Provider anlegt und die Strukturen etabliert, um Verbindungen ins in Sachen Meinungs- und Pressefreiheit tolerantere Ausland zu kappen, trägt man ein gutes Jahrzehnt an Kommunikationskultur mündiger Individuen zu Grabe.

Halten wir uns also wieder an die Massenmedien. Alles, was hierzu zu kommentieren wäre, überlassen ich Georg Schramm im oben verlinkten Video.

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Tag der Pressefreiheit

For the Freedom of the Press from DSchr on Vimeo.

Wer hierzulande die Medien zensieren will, tut dies am elegantesten durch Stimulation vorauseilenden Gehorsams, etwa durch wirtschaftliche oder politische Verflechtungen mit dem Medienbetrieb. Notfalls – etwa bei nicht in am Tropf der medialen Verwertungskette hängenden Bloggern – bemüht man willfährige Gerichten wie dem Landgericht Hamburg, dass der Pressefreiheit nur noch einen marginalen Stellenwert beizumessen scheint.

Andernorts bedient man sich dem Primitivsten zur Einschüchterung: Gewalt und Mord. Den Wenigsten dürfte präsent sein, dass wir heute den von den Vereinten Nationen ausgerufenen Tag der Pressefreiheit begehen.

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Roter möchte schwärzen: Hans-Peter Martins Enthüllungsbuch vor Gericht

Der Österreicher Europa-Abgeordnete Hans-Peter Martin ist ein unbequemer Geist, der aneckt: Der vormalige SPIEGEL-Journalist, Greenpeace-Aktivist und Enthüllungsbuchautor in Sachen Pharma-Industrie und Österreicher Politik wurde selbst Zielscheibe mancher Anschuldigung, welche dieser als Kampagne wertet. Wenn eine Botschaft nicht bekämpft werden kann, dann muss man halt deren Überbringer mundtot machen.

Nun möchte der ehemalige Bundeskanzler der Alpenrepublik, Alfred Gusenbauer, gegen einige Behauptungen in Martins neuem Buch „Die Europafalle“ juristisch vorgehen. So erhielt der Piper-Verlag eine Abmahnung, der nun ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung folgt. Was genau Herr Gusenbauer nicht in der Öffentlichkeit sehen möchte, ist derzeit noch nicht bekannt.

Martin nutzt seine von Gusenbauer geschenkte PR-Chance und veranstaltet am Montag eine Pressekonferenz, für die er ein neckisches Wortspiel verwendet: „H.P. Martin schwärzt sein Buch wegen den Roten“

UPDATE:

Herr Gusenbauer ärgert sich über ihm von Martin nachgesagte Prahlereien bzgl. Aktienspekulationen. Schlimm, aber auch …

2. Mai 2009

Fremde Unternehmensmarke in Domain

Offenbar erst jetzt ist eine Entscheidung des Landgerichts Hamburg vom 17.06.2008 bekannt geworden, bei der ein Rechtsanwalt seine Anwaltskünste durch Bezugnahme auf eine große Firma (offensichtlich Ebay) anpreisen wollte und diese hierzu in diversen Domains nannte.

Dass man fremde Marken nicht ausbeuten soll, um damit seine eigenen gewerblichen Interessen zu bewerben, ist alles andere als überraschend. Um Markenrecht anwendbar zu machen genügt es bereits, wenn eine eigene Website „irgendwie“ kommerziell ist – ausreichend sind Werbebanner oder Google-Adwords.

Etwas trickreicher ging daher unsere Mandantschaft vor, die vor zwei Jahren ein Watchblog gegen ein bestimmtes Unternehmen gestartet hatte: Man nahm den Unternehmensnamen, kombinierte ihn mit der Bezeichnung „Blog“, handelte jedoch nicht zu Zwecken des Wettbewerbs. Damit fiel der Hamburger Kollege, der eine einstweilige Verfügung (natürlich am Landgericht Hamburg) beantragt hatte, sogar bei den Hanseaten gewaltig auf die Schnauze.

Allerdings kam der Kollege dann auf die eigenartige Idee, die Firma hätte ja ein „Unternehmenspersönlichkeitsrecht“ und könne sich daher auf Namensschutz aus § 12 BGB berufen. Und mit dieser absurden Nummer kam er beim OLG Hamburg sogar durch. Meine von der einstweiligen Verfügung völlig überraschte Mandantschaft entschied damals, aus Kostengründen keine weiteren Prozessrisiken einzugehen und den Richterspruch hinzunehmen.

Die Entscheidung wurde nicht nur in Fachkreisen berühmt (Im aktuellen „Handbuch des Domainrechts“ wird sie als „Unternehmensblog.de“-Entscheidung bezeichnet), sondern auch in der Tagespresse eifrig dikustiert, etwa bei SPIEGEL-online. Überwiegend wurde die Entscheidung für falsch gehalten. Für meine Mandantschaft war die Angelegenheit jedoch eine erstklassige PR gewesen. Das Bloggen gab man wohl auf, aber wie dem Spiegel-Artikel zu entnehmen ist, wurde das Projekt von Amerikanern unter ähnlicher Bezeichnung fortgeführt. Ein bei der World Intellectual Property Prganisation (WIPO) gestarteter Angriff wegen Verletzung von Marken- bzw. Namensrechten hatte keinen Erfolg, weil die Blogger nicht zu Wettbewerbszwecken, sondern zu solchen zulässiger Unternehmenskritik handelten. Auch dieser Fall brachte den Bloggern in erster Linie PR ein, der Schuss ging komplett nach hinten los.

Im obigen Video gibt der Kollege Udo Vetter (Lawblog) Basis-Tipps für Blogger.

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1. Mai 2009

Seewölfe

Letztes Jahr fetzten sich die Produzenten zweier parallel produzierter Neuverfilmungen von Jack Londons Klassiker „Der Seewolf“. Sowohl der Produzent des ZDF-Films, als auch der des Pro7-Films wollten nämlich den Werktitel des Buches auch für ihre Neuverfilmung verwenden. Nach Ablauf der Urheberrechte ist der Titel „gemeinfrei“, das heißt, jeder kann ihn verwenden, ohne eine Erlaubnis einzuholen oder Tantiemen zu bezahlen.

Die Firma der ZDF-Produktion beanspruchte die ausschließlichen Titelrechte für sich, weil man bereits vor 39 Jahren eine (höchst erfolgreiche) Verfilmung unter diesem Titel herausgebracht habe, sodass es sich gewissermaßen um dessen Remake handele. Damit bekamen die Mainzelmänner in einer einstweiligen sogar vorläufig Recht.

Doch im Hauptsacheverfahren wollten weder das Landgericht München, noch das Oberlandesgericht München der Argumentation folgen. Gemeinfrei ist gemeinfrei und bleibt es auch dann, wenn jemand als erstes das frei gewordene Werk nutzt.