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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


Unternehmenskritik: Klatsche für das Landgericht Hamburg

Herzlichen Glückwunsch, Herr Prof. W.!

Und meinen Respekt, dass Sie es durchgezogen haben!

Mit Urteil vom 03.02.2009 hat Ihnen der Bundesgerichtshof bestätigt, dass die Pressekammer des Landgerichts Hamburg und das angeschlossene OLG Hamburg einfach ihren Job nicht machen.

Risiko Unternehmenskritik

Wer immer etwas gegen einen finanziell übermächtigen Gegner zu sagen hat, bekommt deswegen einstweilige Unterlassungsverfügungen und Kostendruck. Seit der in Hamburg exzessiv betriebenen Stolpe-Rechtsprechung können findige Anwälte praktisch jede Kritik in eine angebliche Tatsachenbehauptung umdeuten, mit der Folge, dass der Äußernde die ihm unterstellte „Verdachtsberichterstattung“ zu beweisen hat.

Daraus folgt, dass Journalisten ohne (und selten genug mit) starker Rechtsabteilung nicht mehr kritisch berichten können – erst recht keine Kleinen wie freie Publizisten, Blogger usw. Öffentliches Äußern ist heutzutage zu einem unkalkulierbaren Risiko geworden. Verdachtsberichterstattung ist praktisch seit einigen Jahren tot. Wer genug Geld hat, kann schalten und walten, wie er will.

Hamburger Humbug

Die Urteilsgründe in der aktuellen Entscheidung sind alles andere als neu, wie man an den zahlreichen Rechtsprechungszitaten leicht ersehen kann. Trotzdem war der Gang nach Karlsruhe nötig, denn die Hamburger Presserichter scheren sich schlicht und ergreifend nicht um BGH und Bundesverfassungsgericht.

Wie oft habe ich die Hamburger angefleht, bei der Abgrenzung von Tatsachenbehauptungen und von der Meinungsfreiheit besonders geschützten Werturteilen den Kontext heranzuziehen, wie es eigentlich höchstrichterlich Brauch ist? Interessiert die Hanseaten nicht. Sollen die Leute doch erst einmal zwei Jahre Rechtsstreit in kauf nehmen!

Nachhilfe des BGH zwischen den Zeilen

Der BGH hat das Verfahren nicht etwa an die Hamburger mit Hinweis zur Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsauffassung zurückverwiesen, sondern selbst die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht habe die Äußerungen nicht als Meinungsäußerungen qualifiziert, und so sei insoweit keine Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsrecht geboten gewesen.

Das war noch sehr höflich, denn diese gebotene Abwägung, macht die Hamburger Pressekammer so gut wie nie, sondern löst ihre Probleme durch schematische Qualifikation einer Äußerung als angebliche Tatsachenbehauptungen, die vom Äußernden bewiesen werden muss. Richter Buske nennt das dann „Meinungsäußerung mit Tatsachenhintergrund“. Und – Zack! – wird’s verboten!

„Unternehmenspersönlichkeitsrecht“

Da die Meinungsäußerung vom Bundesgerichtshof nicht verboten wurde, stellte sich ihm erst gar nicht die noch immer spannende Frage, ob es denn ein presserechtliches „Unternehmenspersönlichkeitsrecht“ überhaupt gibt. Dazu hat man in Karlsruhe bislang nie Stellung genommen, und es gibt sehr gute Gründe, diese Konstruktion für ein Hamburger Hirngespinst zu halten.

Richterliche Unabhängigkeit

Ändern wird das neue Urteil freilich nichts. Die Hamburger werden auch künftig die Rechtsprechung aus Karlsruhe einfach weiterhin ignorieren und das Wasser die Elbe herunterfließen lassen. Recht bekommen ist im Presserecht nur etwas für betuchte Leute, die den unnützen Hamburger Rechtsweg beschreiten.

Herr Prof. W., Sie sind über zweieinhalb Jahre einen weiten Weg gegangen, haben sich von Richtern mitleidig ansehen und wie einen Querulanten behandeln lassen müssen. Sie haben Ihr Grundrecht in Anspruch genommen und sind standhaft geblieben. Und nun dürfen Sie endlich Ihre Meinung („Lüge“, „Täuschung“ und „Vertuschung“) sagen. Respekt, Herr Prof. W.!

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