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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


3. Mai 2011

Herr Schälike geht in den Knast

Wenn jeden Freitag am Landgericht Hamburg die Pressekammer tagt, findet sich seit ein paar Jahren ein freundlicher, manchem etwas wunderlich anmutender Herr in Saal 335 B ein, und äußert bisweilen bizarre Rechtsauffassungen. Wenn um 9.55 Uhr die Verkündungen der Entscheidungen beginnen, ist der Zuschauerraum praktisch leer. Damit sich dieser Herr nicht so einsam fühlen muss, leistet ihm Herr Schälike jedoch meistens Gesellschaft und hört ihm geduldig zu.

Die Überwachung der Hamburger Pressekammer wird jedoch Freitag kommender Woche unterbrochen werden, da Herr Schälike dann nämlich gegen Mittag eine Ordnungshaft antreten wird.

Der inzwischen strafrechtlich verurteilte Börsenguru Herr Markus Frick hatte ohne vorangegangener Abmahnung am Landgericht Berlin eine einstweilige Verfügung gegen Herrn Schälike erwirkt, die nicht hätte ergehen dürfen, wie das Landgericht das später schriftlich feststellte. Herr Schälike gab trotzdem eine Unterlassungsverpflichtungserklärung. Diesbezüglich konnte Fricks Anwalt wegen angeblichem Verstoß ein Ordnungsgeld in Höhe von 500,- Euro durchsetzen.

Herr Schälike zahlt natürlich nicht, sondern macht stattdessen fünf Tage Erlebnis-Urlaub in der unweit vom Sievekingplatz befindlichen Haftanstalt Holstenglacis. Diese genießt unter Kennern keinen guten Ruf, doch als Herr Schälike vor über fünf Jahren schon einmal da war, fand er es im Vergleich zum Stasi-Knast dort gar nicht so übel. Er saß übrigens schon damals freiwillig statt Geldzahlung, weil er eine Unterlassungsverfügung des anfangs erwähnten freundlichen Mannes angeblich nicht ausreichend genug beachtet hatte.

Und während die Berliner Promi-Anwälte die Sektkorken für fünf Tage knallen lassen und stolz auf sich sein dürfen, hat Herr Schälike nunmehr Zeit, seine überwiegend gegen diese Anwälte gewonnenen ca. 100 Entscheidungen zu lesen. In die Haft darf er übrigens 240 Zigaretten oder 75 Zigarren oder 125 Zigarillos mitnehmen. Man darf gespannt sein, ob er gute Tauschgeschäfte machen wird.

Ach ja: Herr Frick bekam lediglich eine Bewährungsstrafe. Neulich ließ er verlauten, seine Taten täten ihm leid. Wir wollen es ihm glauben.

Die eiserne Kanzlerin

Die ehemalige Parteisekretärin der FdJ für Agitation und Propaganda, Frau Dr. Angela Merkel, war schon früher mit einem nicht mit den Werten der Verfassung und der gesetzlichen Rechtslage entsprechenden Verständnis des Tötens aufgefallen. Den Irakkrieg hatte sie mit dem Argument verteidigt, sie hätte auch in einer Demokratie gelebt – was die Frage aufwirft, ob sie eine Bombardierung der DDR wirklich begrüßt hätte. Ihrem Vor-Vorgänger Helmut Schmidt wäre das Bejubeln einer Todesschwadron vermutlich nicht entglitten.

Das wäre beinahe sogar mal passiert: Frau Merkels Ur-Vorgänger, der fromme Katholik Herr Konrad Adenauer, hatte seinerzeit während der Berlin-Krise die USA gebeten, die DDR mit Atombomben aus der Geschichte zu tilgen. Als man höflich ablehnte, bat er, doch wenigstens symbolisch eine Atombombe auf das Gebiet der DDR zu werfen. Die Akten zu diesem Vorgang sind leider noch nicht frei gegeben, ebenso wenig wie die Stasi-Akte der heutigen Kanzlerin.

Siehe auch die Kollegen Vetter und Stadler.

2. Mai 2011

Mörder sollen nicht auf den Hund kommen

Wie der Kollege Dr. Bahr berichtet, können es die Hamburger Pressegerichte einfach nicht lassen: Die Namen verurteilter Mörder sollen entgegen dem Votum des BGH nun doch in Online-Archiven gelöscht werden – und zwar dann, wenn die ursprüngliche Nennung unzulässig gewesen sein soll. Die Meldung von 2006 soll deshalb unzulässig gewesen sein, weil die Haftentlassung auf Bewährung damals kurz bevorgestanden habe und damals die Resozialisierung gefährdet gewesen sei.

Liebe Mörder, liebe Hamburger Richter!

JEDER weiß oder kann binnen kürzester Zeit recherchieren, wie die Herrschaften heißen. Das kommt davon, wenn man der Boulevardpresse im Knast Interviews gibt. In den älteren Online-Nachrichten darf der Name laut BGH ganz legal verbreitet werden. Man darf die älteren Artikel mit den Namen wohl auch verlinken. Es ist komplett witzlos, was ihr da macht.

Wenn ich wegen des Mordes an Walter Sedlmayr verurteilt und wieder draußen wäre, ich würde mir erst einmal einen neuen Namen zu legen, da der alte nun einmal Schaden genommen hat. Da habt ihr ein Recht drauf. Falls mir keiner der Namen einfallen würde, könnte ich mich ja an denen der Richter orientieren …

1. Mai 2011

Jugendgefährdende Inhalte im TV

Eine Huldigungsbezeugung an den verstorbenen Vorsitzenden eines internationalen Kinderschänder-Netzwerks wird heute ohne STOP-Schilder im Internet sowie im TV übertragen. Eng befreundet mit dem Verblichenen war Herr Marcial Maciel, der die dann eher fleischlichen als geistlichen Legionäre Christi gründete, die heute nicht mehr mal der Ratz gut findet.

Wie die Katholische Kirche in Fällen von körperlich aufgedrängter Nächstenliebe geschäftlich agiert, dokumentiert Netzwerk B.

20. April 2011

Markwort soll vor griechischen Kadi

Helmut Markwort, der die Hamburger Gerichte seinerzeit zu dem weltfremden Unfug verleitete, die Saarbrücker Zeitung für eine irrtümliche Äußerung in einem Interview mit Roger Willemsen in die Haftung zu nehmen, kriegt nun selbst eins aufs Dach. Die Griechen fanden seinerzeit einen FOCUS-Titel nur halb so witzig wie ich und bitten nun Herrn Markwort zum Griechenland-Urlab vor die Agora, wo man ein schönes Scherben-Gericht bereithält. Bereits die Bezeichnung „Sympathisches Völkchen“ scheint in Griechenland auszureichen, um vor ein Strafgericht(!) gestellt zu werden.

Anscheinend sind da einige noch geistig in der gar nicht mal so lange zurück liegenden Militärdiktatur verhaftet, als die freie Rede in Griechenland mal aus der Mode gekommen war. Die wohl schönste Sternstunde dieser Zeit war jener Moment, als da so ein Überwachungspolitiker einer Reihe Journalisten den Überwachungscomputer vorführte und die Liste von potentiellen Staatsfeinden aufrief, die zu überwachen seien. Peinlich, denn es fanden sich darunter auch Namen eben jener geladenen Journalisten …

BILD: FOCUS, Burda-Verlag

30. März 2011

Obliegenheit, auf Festplatte Pornos zu platzieren

Der Kollege Vetter weist darauf hin, dass ein Rechner aus Sicht der Polizei verdächtig wirkt, wenn auf diesem keine Pornographie gefunden werde. Er rät dazu, den Ermittlern entsprechend Futter zu geben. Das wird die Ermittler im Zweifelsfall nicht nur beruhigen, sondern auch anregen und ablenken …

Die Strategie erinnert mich an den legendären Abhörspezialisten der Stasi, General Horst Männchen, der sich in dem Dilemma sah, seinen obersten Chefs über Dinge Meldung zu machen, die im nur Ärger bringen konnten, die er aber nicht unterschlagen durfte. Also versenkte er die unangenehmen Sachen jeweils in einem Stapel und legte nach oben Abhörprotokolle von den Sex-Affären westdeutscher Politiker. Die Plan ging auf: Die DDR-Bosse lasen häufig nur bis zu den „Politpornos“, wo sie offenbar hängen blieben. Männchen hatte damit Meldung ordnungsgemäß gemacht, jedoch seine Ruhe, weil die lästigen Sachen nie zur Kenntnis genommen wurden. ;)

17. März 2011

Freispruch für Theodor Reppe wegen WikiLeaks-Knoten

Der inzwischen auch in anderer Hinsicht umstrittene WikiLeaks-Aktivist wurde vom Landgericht Dresden vom Vorwurf der Verbreitung von Kinderpornographie freigesprochen. Reppe wurde vorgeworfen, die Verbreitung von Kinderpornos erleichtert zu haben, indem er seine von ihm privat gehaltene Domain wikileaks.de auf WikiLeaks.org umleitete und außerdem einen TOR-Server betrieb. Dort war die inzwischen legendäre australische Sperrliste entsprechend indizierter Links vorgehalten worden.
-> DNN-Online
Eine Neuauflage des weltfremden Compuserve-Urteil konnte offenbar abgewendet werden.

UPDATE: Kollege Udo Vetter weiß mehr!

13. März 2011

Gaddafis Killer

Schon interessant, mit welch sympathischen Leuten deutsche Firmen mit Segen der Politik so Geschäfte machen. Die Presse war an Enthüllungsjournalismus wohl nicht allzu interessiert.

Der Bonner Generalanzeiger hätte 1985 über die deutschen Panzerexporte nach Lybien berichten können, nachdem ein lybischer Ex-Botschaftsangestellter in Bonn für dieses Wissen in den Tod ging. Doch wie SPIEGEL ONLINE schreibt, dachte man anders:

Fathallah erwähnte auch, dass die Bundesrepublik möglicherweise Waffengeschäfte mit Libyen mache. Dinali war also nicht der einzige, der daran glaubte. Er berief sich auf ein Gespräch mit einem Angehörigen des libyschen Militärs, den er zufällig im Zug getroffen habe. Er sei auf dem Weg nach Kiel, hatte der Soldat Fathallah angeblich erzählt, um dort den Umgang mit Panzern zu üben, die von der Maschinenbau Kiel (MaK) hergestellt worden waren. Fathallah hielt es für möglich, dass die BRD solche Panzer an Libyen geliefert hatte. Natürlich wollte ich auch diese bruchstückhaften Informationen veröffentlichen. Ich sprach mit dem damaligen Chef der Politik-Redaktion, Bernd Leyendecker. Seine Antwort bestürzte mich: „Selbst wenn das stimmen sollte, können wir es uns als Zeitung der Bundeshauptstadt, die auf die Zusammenarbeit mit den Institutionen wie dem Auswärtigen Amt angewiesen ist, nicht leisten, darüber zu berichten. Außerdem sind wir auch für Ihre Sicherheit verantwortlich.“

Wir dürfen gespannt sein, welche Berichte wir in 25 Jahren über die heutige Gegenwart in den Redaktionsräumen der Gatekeeper lesen dürfen. Ich bevorzuge allerdings andere Informationsquellen wie WikiLeaks …

3. März 2011

Fußball ./. Internet

Die politische Bedeutung von Fußball lässt sich nicht hoch genug einschätzen. 1969 kam es ja mal zwischen Honduras und El Salvador nach eine WM-Quali zum Fußballkrieg mit über 2.000 Toten. Nun hat vier Jahrzehnte später die Türkei den zu Google gehörenden Bloggerhoster Blogger.com gesperrt. Grund: Die Blogger unterliefen das Monopol der Satelliten-TV-Anbieter zur Übertragung von Fußballspielen der türkischen Liga.

Hierzulande konnte die Fußball-WM 2006 dazu missbraucht werden, den Horden von Terroristen, die nichts dringenderes zu tun hatten, als den Fußballspielern Massenvernichtungswaffen zwischen die Beine zu werfen, durch Überwachungsgesetze Einhalt zu gebieten. Irgendwie hat man es in den letzten Jahren vergessen, diese im Nachhinein betrachtet wohl eher unnötigen Notstandsgesetze aufzuheben.

Vielleicht schafft ja der Fußball, was die KiPo (noch) nicht bewirkt hat …

Markus Frick: „Es tut mir leid.“

„Börsenguru“ und Heißluftproduzent Markus Frick nahm seinen Auftritt vor der Wirtschaftsstrafkammer als Angeklagter zum Anlass, sich bei seinen Fans zu entschuldigen.

Der Staatsanwalt liest die Anklageschrift vor. Die Vorwürfe: Der Kerl im feinen Anzug habe in 49 Fällen den Kauf von Aktien empfohlen, ohne zugleich seine „bestehenden eigenen wirtschaftlichen Interessen“ offen gelegt zu haben. Dies lief dann laut Staatsanwalt wie folgt ab: Die fast 20000 Abonnenten des Börsenbriefs investierten in die empfohlenen Aktien, wodurch die Kurse stiegen und Frick stillschweigend profitierte, da er sich selbst zuvor mit den Werten günstig eingedeckt hatte. Viele der Anleger verloren dagegen Geld. Der Staatsanwalt wirft Frick zudem vor, den Anlegern wertlose Aktien empfohlen zu haben. Dabei soll es sich um Papiere der Rohstofffirmen Star Energy, StarGold Mines und Russoil gehandelt haben, die Frick ebenfalls selbst besaß. Aufgrund von seinen Empfehlungen sollen die Kurse zunächst enorm gestiegen sein, bevor sie auf nahezu null abstürzten.

schreibt die Süddeutsche.

Herr Frick besaß nach seinen Großtaten die Frechheit, Kritikern vor Gericht den Mund zu verbieten, etwa dem Aktienblog. Muss ich noch schreiben, wo er das gemacht hat?