Bild: Lurusa Gross: Hamburger Pressekammer 2008, rechts im Bild die heutige Vorsitzende Frau Käfer
Heute war Münster überdurchschnittlich in der Pressekammer vertreten. Es begann damit, dass die Herzspezialistin Sabine Däbritz den „Westfälischen Nachrichten“ etliches an Berichterstattung untersagen lassen wollte. Am besten mal Frau Däbritz googeln …
Die Westfälischen Nachrichten hatten neben ihrem Anwalt in Hamburg sogar ihren Chefredakteur persönlich und den Justiziar aufgeboten. Dort machten das Trio die Erfahrung, die ich 2006 dort hinter mich brachte. Die Anforderungen, die man in Hamburg an Berichterstattung aufstellt, haben mit dem journalistischen Alltag und der Verwirklichung der Pressefreiheit wenig bis gar nichts zu tun. So durfte die Zeitung Vorwürfe der Staatsanwaltschaft deshalb nicht mehr bringen, weil man nicht zuvor Frau Däbritz angehört hätte. Der Witz an der Geschichte ist, dass man das mehrfach versucht hatte, die gute Frau jedoch hatte wissen lassen, dass sie nicht mit der Presse rede. Nach den hanseatischen Vorstellungen muss jedoch ein Journalist vor praktisch jeder Behauptung erneut einen Korb abholen und dies auch belegen können. Die Äußerung der Staatsanwaltschaft unter dem Gesichtspunkt des Behördenprivilegs kann man auch vergessen. Der WN-Chefredakteuer kommentierte, dass Wulff wohl noch im Amt wäre, wenn das gelten würde. Wenn er wüsste, was in B 335 jede Woche abgeht …
Fast die gleiche Nummer ereignete sich bei einer weiteren Verhandlung heute bei einem anderen medizinischen Fall. Da hatte eine Ärztin unter Berufung auf ihre Schweigepflicht eine Auskunft abgelehnt, die nun einmal von der Anamnese bis zur Bahre gilt. Nichts, da, sie hätte stets gefragt werden sollen. In dem Prozess wurde absurde Wortklauberei betrieben und unter anderem darüber gestritten, ob man eine bis auf einen unwesentlichen Stoffrest bekleidete Frau als „nackt“ bezeichnen dürfe. Der Beklagten-Anwalt bezog sich auf den jüngsten Münster-Tatort, wo die an der Aaa gefundene Frauenleiche ebenfalls als „nackt“ bezeichnet wurde, obwohl die Kamera ein Höschen einfing. (Der Kollege hat aber genau geguckt …)
Den hanseatischsten Angriff auf die Pressefreiheit jedoch haben wir den Schlagerfuzzis zu verdanken. Ein Herr Karl Moik hatte sich im ZDF über ein bekanntes Ehepaar aus dem Stadl-Millieu wohl dahingehend geäußert, er meine, die inzwischen anscheinend beendete Ehe sei eine Inszenierung des Managements oder so gewesen. Etliche Medien hatten Herrn Moik zitiert. Die Ehepartner verstanden sich aber wohl immerhin noch so gut, dass sie jeweils die gleiche Kanzlei beauftragten. Nach Meinung der Hamburger Pressekammer hätte Moik nicht ohne weitere Recherche zitiert werden dürfen. Ergo: Die Presse darf künftig keine fremden Meinungsäußerungen oder Verdächtigungen wiederholen, ohne eigene Recherchen anzustellen. (An dieser Stelle distanziere ich mich von Karl Moik und insbesondere von seiner Musik.)
Damit sind wir wieder ziemlich genau beim vom BGH in der Luft zerissenen Markwort-Urteil, das mich zu diesem „Interview“ mit dem vormaligen Häuptling der Hamburger Pressekammer inspiriert hatte. Dessen Nachfolgerin, Frau Käfer, macht genau da weiter. 2008 hatte ich Frau Käfer als damalige Beisitzerin in der ZK 24 erlebt, wie die Kammer meinem Mandanten die Haftung für ein Wiki aufs Auge drückte. Irgendein Unbekannter hatte dem Mandanten nachts etwas in sein Wiki geschissen, das er ab Kenntnisnahme sofort gelöscht hatte. Obwohl es bereits damals allgemeine Meinung war, dass Betreiber für fremde Äußerungen in Foren, Blogs oder Wikis nur ab Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis haften und dies sogar die Vorinstanz so entschieden hatte, hat die Kammer tatsächlich eine wirre Haftung konstruiert, die nach heutiger Rechtsprechung allerdings ohne jede Grundlage ist. Zu dem, was mir die Pressekammer letzte Woche angetan hat, ein andermal.
Nachdem gerade gestern nebenan am Hanseatischen OLG das Schandurteil gegen RapidShare verkündet wurde, das im Widerspruch zur Sicht des OLG Düsseldorf steht, hat es diese Woche mal wirklich wieder in sich gehabt. Diese unfassbare Seuche namens „fliegender Gerichtsstand“ muss abgeschafft werden. Es reicht jetzt.
PS: Meinen für Samstag geplanten Vortrag zum „Hanseatischen Persönlichkeitsrecht“ beim IT-LawCamp in Frankfurt muss ich leider absagen. In Münster findet kommendes Wochenende der Aufstellungsparteitag der Piraten NRW statt, dessen Vorbereitung im Moment dringender ist. Vielleicht mache ich den Vortrag, den ich letzte Jahr auch schon gehalten hatte, ja mal als Podcast und lasse es anonym verbreiten …
Ca. 60 bis 200 freundliche Herren möchten am heutigen Samstag, den 03.03.2012, der an Femdenverkehr gewöhnten Stadt Münster einen Besuch abstatten und ihr grundgesetzlich geschütztes Demonstrationsrecht wahrnehmen, indem sie einen Aufmarsch veranstalten. Doch leider, leider, mussten die Herrschaften beim Anmelden ihrer Demo feststellen, dass an diesem Tage bereits etliche andere Demonstranten alle möglichen Routen in der Innenstadt für Demonstrationen in Beschlag genommen hatten, so dass nur noch das entlegene Rumphorst-Viertel zur Verfügung stand. Schade aber auch …
Westfalen sind bekanntermaßen ein stures Völkchen. So werden denn auch 130 Gruppierungen, darunter auch die lokale Piratenpartei, den Demonstranten unter dem Motto „Keinen Meter den Nazis“ Gesellschaft leisten. Die geplante Route soll zum Sperrgebiet erklärt werden, so dass in der fraglichen Zeit nur Anwohner und deren Gäste rein dürfen. Erstaunlicherweise werden an diesem Samstag wohl mehr „Parties“ mit Gästebeteiligung im Rumphorst-Viertel veranstaltet als am Altweiber-Donnerstag in ganz Münster, auch haben etliche ihren Glauben wieder entdeckt. Und gastfreundlich sind die Anwohner …! ;)
Die Stadt nimmt den Termin außerordentlich ernst. In städtischen Bussen etwa wurde diese Woche in Durchsagen auf mögliche Engpässe und Umleitungen hingewiesen. Der Kollege Hoffmann informiert über das Demonstrationsrecht. Zwischen allen Stühlen sitzt Münsters Polizeipräsident Hubert Wimber, der erste grüne Polizeipräsident Deutschlands überhaupt, der nun einmal dem geltenden Recht verpflichtet ist.
UPDATE: Die GVU hat keine entsprechenden Strafanträge gestellt, die StA Dresden ermittelt von Amts wegen. Die GVU kommentiert aber so, als ob sie das billigt.
Mir ist gerade aufgefallen, dass ich noch nicht auf den Verfassungsschutz geschimpft habe. Und dass man im Internet wenig historisches zu dieser erstaunlichen Einrichtung findet. Alles muss man selber machen …
„Guten Morgen, Herr Oberstaatsanwalt!“ wurde unser Ausbildungsleiter zackig per Lautsprecher begrüßt, als wir Referendare uns damals an der JVA Bochum zum Knastcheck einfanden. Damit man uns später wieder rauslassen würde, waren gewisse Formalitäten erforderlich, wie Durchzählen. Das Gangster-Hotel mit internationalem Flair war Ende des 19. Jhdts erbaut worden und erfreut sich heute der höchsten Sicherheitsstufe. Bereits in den 1980er Jahren hatte der Bau richtungsweisend eine Modernisierung wie eine Zentralheizung und fließend Wasser erhalten. Beeindruckend war vor allem die Sammlung an Asservaten mit Scheinwaffen, die Ausreisewillige aus Papier, Seife, Müll und Dreck bisweilen täuschend echt gebastelt hatten. Ein Killer hatte seiner Pistolen-Attrappe sogar einen Schalldämpfer hingewurschtelt, weil er es nicht anders kannte.
Nun muss ich lesen, dass aus dem Hotel Krümmede in letzter Zeit Gäste vorzeitig abreisen. Trotz der zusätzlichen Angebote wie hauseigenem OP, Zahnarztpraxis und psychologischem Service bleiben die zahlreichen Gäste nur ungern, was auf die Überbelegung sowie die direkt in den Zimmern befindlichen Toilleten zurückzuführen sein könnte. Da springt mal dann schon mal aus 6 m Höhe.
Hoffentlich kriegen die Schließer das Problem bald in den Griff, denn sonst geht den Anwälten ein wichtiges Geschäftsmodell flöten.
Ende letzter Woche waren die Urteile gegen einen Arbeitskollegen von Günter Wallraff und den SWR erwartet, die ein mittelständischer Backunternehmer beantragt hatte. Das Gericht hatte deutlich signalisiert, dass es sich für diese Unverschämtheiten nicht hergeben würde, so dass es nicht überraschte, dass kurz vor Verkündung der Urteile die Anträge zurück genommen wurden.
Inzwischen hat mir Günter Wallraff freundlicherweise die Akten überlassen, so dass ich die Geschichte nun auf TELEPOLIS dokumentieren konnte.
Mein aufmerksamer Blog-Leser Dr. Nikolaus Klehr, der mich gegenwärtig auch persönlich am Landgericht Hamburg verklagt, beschäftigt sich auch mit Strafrecht. Am Landesgericht Salzburg ist er wegen des Verdachts auf Betrug angeklagt, weil seiner teuren Therapie der eine oder andere die Wirksamkeit abspricht. Doch Herr Dr. Nikolaus Klehr will weder Heilung versprochen haben, noch möchte er sich nachsagen lassen, sein Zeugs wirke nicht.
So hat der Mann nun angekündigt, seine „Erfolgsfälle“ zu präsentieren:
Doch es gebe eben nicht immer für alles wissenschaftliche Beweise, sagt der Angeklagte. Er habe auch viele Erfolgsfälle vorzuweisen, mindestens 20. Die werde er präsentieren, er sei jedenfalls kein Betrüger.
Falls er damit den Kram meint, den er am Landgericht Hamburg in einem von mir betreuten Fall aufgeboten hat, um die behauptete Wirksamkeit seiner Heilkünste darzulegen, dann könnte man beinahe lachen – wenn die ganze Angelegenheit nicht so unsäglich abstoßend wäre …
Der Buskeismus.de-Betreiber Rolf Schälike, bekannt für seine emprischen juristischen Studien, hat sich letzten Freitag in die drei Wallraff-Verhandlungen am Landgericht Köln eingeschlichen. Wie Wallraff benutzte der Blogger gewiefte Tarnung und verkleidete sich geschickt als Markus Kompa. Hier nun die ganze Steno-Wahrheit: