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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


7. Juli 2010

Weiß der gute Mann eigentlich, wovon er redet?

Ein Kollege hat einem Blogger ein Interview zur Meinungsfreiheit von Bloggern gegeben. Darin spielt er die juristischen Risiken in einer Weise herunter, die sich sich nicht mit meinen Erfahrungen deckt.

Hätte der Blogger mich interviewed, hätte ich ihm von der anhaltenden Ära der Stolpe-Rechtsprechung gekündet, die Diskrepanz zwischen Hamburg und Karlsruhe aufgezeigt und über die Unsitte berichtet, dass man sich einstweilige Verfügungen durch offensiven Einsatz falscher eidesstattlicher Versicherungen erschleicht.

Ein großes Problem ist, dass der Äußernde alles beweisen muss, was er sagt, insbesondere auch Spekulationen! Der Kläger mus nur „Lügner“ sagen und darf sich bequem zurücklehnen und dabei zusehen, wie der Blogger in Beweisnöte kommt. Es reicht bereits aus, eine falsche Andeutung gemacht zu haben, sogar unbewusst. Meinungen werden und Hamburg zu Tatsachenbehauptungen gemacht.

Wenn die Staatsanwaltschaft gegen eine Firma wegen des Verdachts auf Bilanzfälschung ermittelt und das auch seit Jahren in der Zeitung steht, dürfen Sie nicht einmal die Vermutung bloggen, dass man die wohl Betrüger nennen dürfte, solange noch kein Urteil gesprochen wurde.

Alleine, wenn ich gerade die aktuell von mir vertretenen Fälle durchsehe, dann stehen einem die Haare zu berge, was findige Anwälte da von willfährigen Richtern verboten wissen wollen. Und dann gibt es da noch solchen Blödsinn.

6. Juli 2010

Fritz Teufel †

Wenn jeden Freitag in der Hamburger Pressekammer die drei Zeremonienmeister im Ornat einziehen und sich alles wie in der Kirche brav und ehrfürchtig erhebt, bleibt einer im Publikum immer sitzen. Konsequenzen hatte das nie.

Dies dürfte der Gerichtsblogger dem legendären Fritz Teufel verdanken, dem man einmal dieses Unterwerfungsritual abforderte, worauf Teufel die berühmten Worte äußerte:

„Wenn es der Wahrheitsfindung dient…“

Heute ist der zähe Justiz-Rebell Fritz Teufel gestorben. Möge ihm vor dem jüngsten Gericht mehr Gerechtigkeit widerfahren!

„Zensuranwälte“ in Podiumsdiskussionen

Gestern wurde bei netzpolitik.org der Schlagabtausch des Rechtsanwalts Prof. Mullis mit Wikileaks-Gründer Julian Assange in Brüssel aufgegriffen. Während sich Assange über den Libel-Tourismus nach London beschwerte, das gegenwärtig als das Hamburg Europas zum Verbieten der Meinungs- und Pressefreiheit gilt, hatte der wieselflinke Anwalt sogar das eigene Wort abgestritten, was Assange auf die Palme brachte. Fliegender Gerichtsstand XXL. Mich erinnerte die Mullis Gedächtnisschwund an einen Vorgang in der Kölner Pressekammer, als Mullis deutsches Pendant Dr. Christian Schertz abstritt, zu wissen, was eine Computermaus sei.

Kommenden Freitag wird beim Kongress der Journalistenvereinigung „Netzwerk Recherche“ Dr. Schertz an einer Podiumsdiskussion teilnehmen – und genau das machen, was er an gleicher Stelle vor zwei Jahren tat: Er wird das Problem der durch die Justiz bedrohten Pressefreiheit marginalisieren und auf den Boulevard reduzieren. Damals im Publikum wurde ich Zeuge, wie die Journalisten das dem Mann widerspruchslos durchgehen ließen. Das wird diese Woche wohl nicht anders werden.

5. Juli 2010

Prof. Hoeren fordert mehr Medienkompetenz für Landgericht Hamburg

Laut netzpolitik.org hat Prof. „Internet“ Hoeren, selbst Richter am OLG Düsseldorf, bei der heutigen Anhörung der Enquette-Kommission mehr Internet-Kompetenz für das Landgericht Hamburg gefordert!

Wie stets in seiner Vorlesung forderte er:

“Geistiges Eigentum ist ein dummer Begriff, bitte verzichten Sie darauf”. Kampfbegriff der Preußen für dumme Politiker, damit die das irgendwie als Eigentum verstehen. Ist gefährlicher Begriff, gehen viele unreflektiert ran. Besser: Immaterialgüterrecht.

Außerdem sprach er sich insbesondere in seiner schriftlichen Stellungnahme gegen den fliegenden Gerichtsstand aus (der die Bedeutung von Hamburg erst ermöglicht hat).

UPDATE: Siehe auch Telepolis.

4. Juli 2010

Bilder vom US-Strand verboten

Im Mutterland der Pressefreiheit herrschen talibane Verhältnisse. Fotografen begehen Straftaten, wenn sie dem Strand zu nahe kommen.

Die Russen greifen stattdessen aus der anderen Richtung an: Mit einem U-Boot wurden von BP Aufnahmen gemacht, denen zufolge laut den russischen Auswertern die Lage noch ungleich schlimmer ist, als man es uns derzeit vormacht.

Via fefe und fefe.

3. Juli 2010

Pressekammer reingelegt: Jan Ullrich hatte doch gedopt

Und wieder füllt sich das Archiv mit einer Lüge, der die Pressekammer zeitweise Glanz verlieh. Der Doping-Experte Prof. Werner Franke, der gelegentlich in der Hamburger Pressekammer seine Ehre zu verteidigen suchte, hat eine Sorge weniger.

Das Hamburger Abendblatt berichtet:

Franke hatte dem Tour-de-France-Sieger von 1997 in einem TV-Interview vorgeworfen, Ullrich habe dem spanischen Arzt Eufemiano Fuentes mindestens 35 000 Euro für den Kauf von Dopingmitteln gezahlt. Ullrich hatte das bestritten und ließ Franke die Behauptung, er habe Fuentes Geld für Doping überwiesen, per Einstweiliger Verfügung untersagen.

Nach etlichen Jahren darf der Professor seine zutreffende Meinung bald wieder sagen.

28. Juni 2010

Fussball in der Pressekammer: Videobeweis fehlt!

Letzten Freitag liefen vor Schiedsrichter Buske der klagende Spieler Olivier Caillas und das Sportmagazin TAZ auf. Caillas soll vor über einem Jahr einen anderen Spieler rassistisch beleidigt haben, worauf der Kläger (offenbar in Berlin) eine Gegendarstellung durchsetzte und auf Unterlassung klagte. Zur Unterlassungsklage bat der Düsseldorfer ins Hamburger Pressestadion, wo mal jemand gegen die zuvor lange geduldete Bezeichnung „Negerkalle“ geklagt hatte.

Ob diese Äußerung tatsächlich gefallen war, ist streitig. Die Äußerungen des TAZ-Anwalts hingegen sind dokumentiert (wenn auch aus dem Zusammenhang gerissen und möglicherweise falsch zitiert). Nach dem ersten Termin (Herbstsaison) war ein Beweisbeschluss ergangen.

Im Hinspiel hatte sich der TAZ-Anwalt bereits gegen das Trikot gesträubt:

Muss ich mit Robe sitzen? In Berlin ist das nicht mehr nötig.

Anpfiff. Der Unparteiische vermisst den Videobeweis:

Es gibt keine Zeugen, keine Fernsehaufnahmen.

Foul TAZ-Anwalt:

Ich lass mich hier nicht verarschen.

Der Unparteiische lässt einwechseln:

Wir haben einen Wechsel in der Kammer.

Rückspiel letzten Freitag. Caillas läuft persönlich auf. Der geladene Spieler Mouhani will offenbar nicht in den Strafraum. Im Fanblock an der Vuvuzeela: Rolf Schälike.

Der Unparteiische:

Er sagt, er ist im Trainingslager und muss sich vorbereiten. Wir dachten, wir sind besonders schlau und haben den Termin vorverlegt. Kamerun ist gestern rausgeschmissen worden. Ja, er ist Kongolese.

Fouls TAZ-Anwalt:

Ausgerechnet die Zivilkammer in Hamburg entscheidet, ob die Presse berichten darf. Es gibt die BGH-Entscheidung, dass keine überhöhten Forderungen an die Verdachtsberichterstattung zu stellen sind.

Kenne ihn nicht. Ist mir nicht als Irrer aufgefallen.

Wenn der Hausanwalt von FC Union Berlin ein schlechter Anwalt ist. Bei mir hätte er gewonnen. Wären Sie bei Mauck [Vorsitzender Richter der Pressekammer am Landgericht Berlin] nicht weit gekommen.

Caillas:

Habe kein einziges Wort gesprochen während des Spiels. Nach dem Spiel kam ich auf ihn zu, wollte ihm die Hand geben. So verabschiede ich mich nach jedem Spiel von den Profispielern, die ich kennen gelernt habe. Er wollte nicht.

Der Unparteiische:

Kein Wort?

Caillas:

Nachdem der Trainer mir gesagt hat, ich hätte ihn rassistisch beleidigt.

Der Unparteiische:

Während des Spiels?

Caillas:

Während den 90 Minuten fiel kein einziges Wort. Nach dem Spiel, ich war ausgewechselt. Mouhani kannte ich neun bis zehn Jahre. Unterhalten uns nach dem Spiel. Haben ein kollegiales Verhältnis. Ich habe es nicht gesagt.

Der Spielverlauf wird diskutiert:

Unparteiische Ritz:

Habe eine kurze Frage. Vertreter der Beklagtenseite sagt, dass es zu einem …

TAZ-Anwalt:

Handspiel …

Unparteiische Ritz:

Freistoß wegen absichtlichem Handspiel kam.

Caillas:

Der Spieler Mouhani hatte schon im Spiel eine gelbe Karte gehabt. Bei …. Wäre es eine Rote Karte geworden.

Unparteiische Ritz:

Das verstehe ich.

Caillas:

Hätte eine Rote Karte gegeben.

Der Unparteiische:

Wir sind Spezialisten.

Caillas:

Hat gesagt, mehr Absicht gibt es nicht. Dem Schiedsrichter Wolfgang Stark gegenüber hat er das gesagt. Ich habe kein einziges mal mit Mouhani gesprochen. Er wusste, dass die zweite Gelbe Karte gezogen wird. Dementsprechend die Äußerung. Das denke ich. Um das Ganze abzulenken. Daraufhin hat keiner von uns Gelb bekomme. (…)

Nach dem Handspiel kam es zur Rudelbildung. Mouhani und ich wurden zum Schiedsrichter geholt. Wenn Du zu mir noch ein Mal musst, bekommst Du gelb, hat er mir gesagt. Zu Mouhani hat er gesagt – genau was, weiß ich nicht – bla, bla, fliegst Du vom Platz.

TAZ-Anwalt:

Ich berufe mich auf die Zeugenaussage vom Schiedsrichter Stark. Du sagst: Handspiel. Beide Spieler gingen aufeinander los.

Der Vorsitzende:

[Nicht dokumentiert, in der Pressekammer sind keine Aufzeichnungen zulässig. Vermutlich, weil die Rechte bei der FIFA liegen.]

Schiedsrichter-Foul TAZ-Anwalt:

Ich weiß mehr als Sie.

Unparteiische Ritz:

Das ist nicht selten.

TAZ-Anwalt:

Beide Spieler, beide waren schon mit Gelb geahndet. Der da auch. Ist vergessen worden. Das ist die Wahrheit. Die habe ich dazu … Der hat dagegen protestiert. So werden Sie, Herr Buske an der Nase herumgeführt. Sie sollten sich schlau machen, Herr Richter.

Der Unparteiische:

Wir können es kurz machen.

Foul TAZ-Anwalt:

Bei Ihnen kann man alles erwarten.

Der Unparteiische:

Der Beklagten-Vertreter sagt,“Ich berufe mich in Bezug für die folgenden Tatsachen auf das Zeugnis von Wolfgang Stark, [Adresse].“ Er ahndete in der 65. Spielminute ein Handspiel von Young-Mouhani. Direkt nach dem Freistoß-Pfiff gingen beide Spieler, der Kläger und der Zeuge Mouhani, aufeinander los und schlugen aufeinander ein. Der Schiedsrichter separierte beide und informierte beide, dass er in Falle der Fortsetzung, beide mit Gelb und somit mit Gelb-Rot des Feldes verweisen wird. Beide waren bereits mit Gelb verwarnt. Der Zeuge Mourani hat … dass er so reagiert hat, weil der Kläger zu ihm „Neger“ gesagt hat. Damit ist widerlegt, dass beide kein Wort gewechselt haben. Ist ja Sinn dieser Lüge, hat mit diesem Menschen gar nicht geredet.

Das Verfahren geht in die Verlängerung. Der ausgebliebene Zeuge darf mit einem Ordnungsgeld rechnen.

21. Juni 2010

Wikileaks: Der „Reisende“ ist (oder war) in Brüssel

WikiLeaks-Mastermind Julian Assange, der seit Jahren die Welt bereist und seit einigen Wochen aus Sicherheitsgründen komplett untergetaucht war, ist auf Einladung der Liberalen in Brüseel aufgetaucht, wo er in einem Gebäude des Europaparlaments IMMI promotet und sich gegen Internetsperren ausgesprochen hat. Es war unklar gewesen, ob er tatsächlich zu der Veranstaltung erscheinen würde.

Nachdem vorher so gut wie nichts Privates über Assange bekannt war, berichtet die Frankfurter Rundschau nun erstmals etwas aus der schwierigen Kindheit und Jugend des legendären Hackers. Die USA wird Assange auf Anraten von Daniel Ellsberg und anderen Experten vorerst meiden. Demnächst soll es wieder einen Leak über ein US-Massaker geben, diesmal in Afghanistan.

20. Juni 2010

Frau Wagenknechts innere Tatsachen

Die telegene Politikerin Sarah Wagenknecht hatte den bedruckten Papierhaufen Super-ILLU auf Unterlassung in Anspruch genommen, weil darin kritisch über ihren Mann und den für eine Kommunistin als widersprüchlich empfundenen Lebensstil der Hummer schätzenden Politikern berichtet wurde. Auch von alten Geschichten über die Geschäfte ihres Mannes wurde berichtet (die Zeitung hatte irrtümlicherweise insoweit auch etwas verwechselt). Der Mann residiert nämlich nicht in einem Osterberliner Plattenbau oder einer Datscha, sondern in einem schicken Reetdachhaus in Irland, wo man sich im Garten über die Nöte der deutschen Arbeiterklasse sorgt. U.a. die sinngemäße Äußerung, ihr Mann sei ihr peinlich, wollte Frau Wagenknecht verboten wissen.

Auch innere Vorgänge wie Gefühle usw. können Tatsachen sein, obwohl wenn man sie nur indirekt beweisen kann, sogenannte „innere Tatsachen“. Die Äußerung über eine fremde Meinung ist eine Tatsachenbehauptung, ggf. auch die Meinung über eine fremde Meinung (kompliziert, das …). Da im Äußerungsrecht grundsätzliche der Äußernde die Beweislast trägt, gerät dieser bei inneren Tatsachen naturgemäß in Beweisnöte.

Das Landgericht Hamburg hatte in erster Instanz Plastikstühle als Indiz dafür gewertet, dass es unter Frau Wagenknechts Hintern so feudal gar nicht zugehe und bestätigte die einstweilige Verfügung insgesamt.

Doch die Plastikstühle nutzten dann doch nichts. In der Berufung beim OLG Hamburg kam es zu einem für Wagenknecht überwiegend nachteiligen Vergleich. Dem Protokoll des inoffiziellen Gerichtsschreibers zufolge sah das Hanseatische OLG die Schlussfolgerung, ihr Mann sei der Politikerin „peinlich“, als zulässige Meinungsäußerung an. Vom Verbot blieb offenbar gerade einmal die Nennung des Ortsnamens übrig.

Auch mit dieser Verhandlung zeichnet sich ein Trend ab, dem zufolge das OLG Hamburg – ebenso wie das LG Berlin – die in letzter Zeit aus Karlsruhe erfolgten Klatschen offenbar ernst nimmt und die exzessiven Eingriffe in die Meinungs- und Pressefreiheit der Hamburger Pressekammer nicht mehr weiter mittragen möchte. Wurde auch langsam Zeit.

18. Juni 2010

Censordyne

Es wäre doch schade, wenn nur wir durchgeknallte Politiker wie Zensursula hätten. Am weitestentfernten Ort, nämlich Australien, gibt es ähnliche Labertaschen – aber auch coolen Widerstand. Hier noch ein Video: