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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


19. April 2011

Unter Zirkusleuten

Die heutige Meldung über eine Schießerei rivalisierender Zirkusleute in Regensburg erinnerte mich an die Geschichten, die mir der Clown Fax zählte, nachdem wir unseren gemeinsamen Freund zu Grabe getragen hatten, den Zauberkünstler Marvelli. Die Sitten im Zirkusgewerbe, jedenfalls in den Familienbetrieben, sind schon ziemlich rustikal. Statt um Domains kloppte man sich um Raum für Plakate. Auch Marvelli selbst war viel im Zirkusmillieu unterwegs gewesen und beschäftigte für seine Zaubershow im Nachkriegsdeutschland zeitweise bis zu 55 Leute und zwei Elefanten. U.a. wegen Plakaten stritt er sich mal mit Roncalli, wegen Plätzen für seine Auftritte mit diversen Behörden, und er setzt in Rheinland-Pfalz durch, dass Unterhaltungskünstler keine Vergnügungssteuer zu zahlen hatten.

Apropos Marvelli: Der Mann war für seine Äußerungsfreudigkeit mehr als bekannt und hatte alleine deswegen schon etliche Gerichtssäle von innen gesehen, wo er jedes Mal ein Riesenshow abzog. Auch urheberrechtlich war er nicht uninteressant, denn er verklagte Nachahmer auf Unterlassung, blieb jedoch dennoch in den 80er Jahren der wohl am meisten kopierte deutsche Zauberkünstler. Sein Todestag jährt sich übermorgen zum dritten Mal.

Der seinerzeit sehr bekannte TV-Zauberer Marvelli doubelte übrigens im ZDF-Traumschiff die Hände für den Schauspieler Ivan Desny, der dort einen Falschspieler darstellte. Desny allerdings war tatsächlich ein Falschspieler, denn der Schauspieler behauptete dreist, ein Wunderdoktor habe ihn von Krebs geheilt – obwohl Desny nie Krebs hatte! Über dubiose Krebsärzte demnächst mehr in diesem Theater …

Bild: Hanjo Schnug: „MARVELLI, der Magier“ (1990)

18. April 2011

Zitieren aus persönlichen E-Mails eines Politikers

Im hier mehrfach berichteten Fall des ehemaligen Brandenburger Innenministers Speer, der sich gegen dem Axel Springer Verlag wegen der Preisgabe seiner E-Mails an seine – wie er zwischenzeitlich einräumte – Kindsmutter wehrt, hat das Kammergericht die einstweilige Verfügung des Landgerichts Berlin bestätigt. Das Zitieren derartig privater Sachen muss nicht sein – aber ein hohes Interesse der Öffentlichkeit rechtfertigt durchaus, dass man im Großen und Ganzen darüber berichten darf.

Herr Speer wünscht nun vom Axel Springer-Verlag 150.000,- Euro Geldentschädigung.

Die E-Mails waren sozusagen private Vorratsdaten, die in Speers Notebook gespeichert waren, das er sich klauen ließ. Eine Erfahrung wie die von Speer wünsche ich jedem seiner Innenminister-Kollegen, die sich für Bundestrojaner und ähnliche Schnüffeleien

17. April 2011

Dr. Nikolaus Klehr – Klagen, bis der Arzt kommt (5)

Der sympathische Krebsbehandler Dr. Nikolaus Klehr ist offenbar nicht über seinen Eintrag in der deutschsprachigen Wikipedia erfreut. Zweifellos fuchst den erfahrenen Kläger, dass selbst teure Hamburger Anwälte feinster Adresse wenig gegen die in den USA gehostete Wikipedia ausrichten können.

In seinem Schmerz hat der gepeinigte Herr Dr. Nikolaus Klehr daher eine Website namens http://wikipedia-warnung.de/ ins Netz gstellt, die ich aus diversen Gründen nicht verlinken möchte. Dort weist der klagefreudige Herr Dr. Nikolaus Klehr freundlich darauf hin, dass man für das Übernehmen von Wikipedia-Zitaten gesetzlich belangt werden könne. Herrn Dr. Nikolaus Klehrs lustige Website sieht genauso aus wie die sicherlich vielen Anwälten vertrauten Schreiben querulatorischer Mandanten: Viel Fettschrift, viele Unterstreichungen, jedoch gegenwärtig (17.04.2011) ohne inflationären Gebrauch von Ausrufezeichen, was sein Werk wohltuend von ähnlichen geistigen Ergüssen abhebt. Auf seiner Website jammert Herr Dr. Nikolaus Klehr, wie sein Wikipedia-Eintrag ursprünglich http://wikipedia-warnung.de/Ursprungsversion.html ausgesehen habe, und welche reduzierte Version man dort vorhielt: http://wikipedia-warnung.de/Willkuerlich_reduzierte_Version.html

Der arme Herr Dr. Nikolaus Klehr! Warum wird dem Manne soviel Unrecht getan? Wo er doch nur die Menschheit vor dem Krebs retten will! Undank ist der Welten Lohn …

Es gibt jedoch übrigens ein Wiki, das sich der Person des Dr. Nikolaus Klehr angenommen hat …

16. April 2011

Internetsperren: Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs sieht Grundrechte verletzt

Nach Ansicht von Generalanwalt Cruz Villalón verletzt eine Anordnung gegen einen Anbieter von Internetzugangsdiensten, zum Schutz von Rechten des geistigen Eigentums ein Filter- und Sperrsystem für elektronische Nachrichten einzurichten, grundsätzlich die Grundrechte. Recht hat er!

Schlussanträge des Generalanwalts in der Rechtssache C-70/10
Scarlet Extended / Société belge des auteurs compositeurs et éditieurs (Sabam)

14. April 2011

BayernLB: Attac-Büro wegen „Urheberrecht“ an Gutachten durchsucht

Da fällt mir nichts mehr zu ein.

13. April 2011

Graf von Krockow erlaubte sich einen Scherz …

Seine Durchlaucht Graf von Krockow, hochwohlgeborener Bankier der (*hüstel*) Bank für Superreiche Oppenheim, war bei einem Prozess zwecks Verbietung eines Buches dann wohl doch ein bisschen freigiebig mit einer eidesstattlichen Versicherung. Muss ein Scherz gewesen sein, denn erstaunlicherweise wurde eine entsprechende Strafanzeige „wegen Geringfügigkeit“ eingestellt.

Der Kollege Reinecke aus Köln berichtet.

Auch ich hatte mich mal vor ein paar Jahren Beweisschwierigkeiten gesehen, weil ein Firmenboss seinen Hamburger Nobel-Hobel-Advokat in Marsch setzte und dieser ihm ebenfalls zu einer fragwürdigen eidesstattlichen Versicherung geraten hatte. Meine Informationslage war allerdings besser …

Pressefreiheit für Links

Ich wollte eigentlich noch etwas Erbauliches zu den nunmehr veröffentlichten Urteilsgründen in Sachen Musikindustrie ./. Heise-Verlag schreiben. Der 1. Senat des BGH hatte ein pressefeindliches Verbot aufgehoben, in einem Beitrag auf einen Website zu verlinken, die der Content-Industrie nicht gefiel.

Aber alles, was zur Pressefreiheit zu kommentieren ist, hat der Kollege Stadler bereits 2005 in JurPC ab Absatz 18 ff. geschrieben.

Zu ergänzen wäre allenfalls die Hintergrund-Info, dass die Musikleute ursprünglich sogar ein Totalverbot des Heise-Artikels verlangt haben. Verständlich, weil sich dann jeder den Link hätte ergooglen können. Aber unverständlich, weil das nun einmal Zensur wäre. Und aus diesem Grund spiele ich oben mit speziellem Gruß an die Musikindustrie das „Lied gegen Zensur“!

Ich selber bin ja bekanntlich neulich von einem freundlichen Kollegen wegen einer Einbindung eines Youtube-Videos abgemahnt worden, dessen Inhalte seinem Mandaten nicht gefielen. Technisch gesehen ist diese Einbindung eigentlich nichts anderes als ein Link. Und wenn man ein fremdes Presseerzeugnis zur Diskussion stellt, macht man sich nicht dessen Inhalte zu Eigen. In Hamburg muss man allerdings mit so etwas vorsichtig sein … ;-)

12. April 2011

World Press Cartoon Award

WikiLeaks dominierte die Motive der diesjährigen Preisverleihung für politische Karikatur.

Humor, insbesondere gezeichneter, ist eine der besten Waffen gegen Zensur. Insbesondere mit Ironie können Gegner nur sehr schwer umgehen. Die Anzahl an Fotomontagen und Karikaturen, die in denen Jahren von deutschen Gerichten verboten wurden, ist sehr gering.

Seit der Farce um Ron Sommer sollte man allerdings darauf achten, dass eine gefotoshopte Fotomontage oder Verfremdung als solche zu erkennen ist, weil ansonsten ein rechtswidrige Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht angenommen werden kann. Sommers Kopf war auf einen eine Spur kleineren Körper montiert worden, was ihn sehr gekränkt haben muss. Herrschaften, die wegen so etwas vor dem Kadi ziehen, sind allerdings Realsatire, so dass eine Karikatur dann wenigstens insoweit ihren pädagogischen Auftrag erfüllt.

9. April 2011

Bauer ./. Spiesser

Der Bauer-Verlag, der sich mit seinem Fachorgan BRAVO um die Volksaufklärung Pubertierender verdient gemacht und etliche Spießern provoziert hat, findet es nicht gut, dass der Spiesser in den Schulen rumliegt.

7. April 2011

Kalte Abfuhr für Bofrost-Millionär am LG München

Ein Multimillionär wollte sich in Bescheidenheit üben und begehrte vom manager magazin vornehme Zurückhaltung mit Berichten über sein märchenhaftes Vermögen, das locker auf 950 Millionen Euro geschätzt wird. Mit der Durchsetzung dieses Zensurbegehrens befasste er einen Berliner Promi-Anwalt, der normalerweise in Berlin und Hamburg Unterlassungsverfügen zu beantragen pflegt. Aus einem geheimnisvollen Grund versuchte er es in München.

Doch die Richter am Landgericht München I sind aufgeweckte Leute, die gerne mal etwas lesen:

„Natürlich schaut man da rein, weil man neugierig ist“, räumte der Vorsitzende Richter Thomas Steiner zwar ein. Aber das sei nicht der entscheidende Punkt. Die Gesellschaft müsse wissen und „darüber diskutieren, wo sind die großen Vermögen? Wie wurden sie geschaffen? Wie geht jemand damit um?“

Irgendwas scheint der Burda-Verlag gegen den Promi-Anwalt zu haben, oder warum wird der Kollege im aktuellen FOCUS-Artikel über die Farce genannt?

Die Presse feiert diesen Sieg für Pressefreiheit gerade landesweit.