SPIEGEL online hat einen brauchbaren Bericht über den zensurfreudigen Balltreter, der verbieten will, was jeder weiß. Sein insoweit wohl ehrgeizigster deutscher Kollege dürfte wohl Oliver Kahn sein, dessen Liebeleien, Ableger und Abgelegte die Hamburger Pressekammer in Atem halten.
In obigem Video ist auch die zur Zensur hilfreiche Perücke abgebildet … ;-)
Die TAZ berichtet über die per Twitter ausgehebelte Super Injunction eines Fußballers.
Der Anwalt des superberühmten und zunehmend ungeheimen Mannes (ob er nun wirklich den ehelichen Treueschwur gebrochen hatte oder nicht, scheint nun nichts mehr zur Sache zu tun) wollte sowohl den Kurznachrichtendienst als auch alle User verklagen, die den Namen seines Mandanten nannten. Schließlich gab es ja die gerichtliche Anordnung, und diese verbat eben auch das digitale Lästern.
Das wären also über 75.000 einzelne Klagen. Der Mann hätte sich anschließend zur Ruhe setzen können … ;-)
BILD hatte bzgl. der Berichterstattung über die HMI-Lümmeleien ein (offenbar inzwischen entferntes) Video ins Netz gestellt, auf dem ein hochrangiger HMI-Mitarbeiter beim Konsumieren einer weißen Substanz durch die Nase zu erkennen sein soll. (Hier ein paar erstaunlich schwach gepixelte Fotos!) Nunmehr lässt das Unternehmen laut HANDELSBLATT verlautbaren, es habe sich um Salz gehandelt.
Die Berichterstattung in der heutigen Ausgabe der BILD-Zeitung, wonach Handelsvertreter der Hamburg-Mannheimer auf sog. Top 5 Reisen Kokain konsumiert hätten, ist unwahr. Die von der BILD-Zeitung veröffentlichten Fotos zeigen ein Trinkspiel mit Salz, Tequila und Zitronensaft. Dazu gehört das Einschnupfen von Salz durch die Nase. Bei den Handlungen der Akteure auf den von der BILD-Zeitung veröffentlichten Fotos handelt es sich nicht um den Konsum von Kokain. Der ERGO liegen dazu inzwischen auch eidesstattliche Versicherungen von auf den Lichtbildern abgebildeten Personen vor.
Salz durch die Nase? Das darf man sich dann wohl so vorstellen:
Das BILD-Video sah aber nicht nach Spiel aus …
George Bush Sr. hatte mal an einem Joint gezogen, will aber nicht inhaliert haben.
Am schönsten finde ich dieses Dementi:
„Wir legen Wert auf die Feststellung, dass der Schauspieler, der
Herrn Kaiser darstellt, nicht dabei war“, sagte ein anderer Unternehmenssprecher.
Auch der in 2007 amtierende Vertriebsleiter hatte eine lustige Einlassung zu bieten: Der will nur in der Diskothek getanzt und von den Geschehnissen in der Gellert-Therme nichts mitbekommen haben.
UPDATE: BILDblog glaubt das Dementi und untermauert dies mit dem Salzstreuer, der ja auf dem Foto zu erkennen sei sowie einem angeblichen Trinkspiel. Wenn BILD das Gegenteil schreibt, muss es ja falsch sein …
Aus meiner Sicht hat das Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit im „Gerichtsbezirk Hamburg“ gerade den Tiefststand erreicht. Inzwischen nähert sich die hanseatische Unrechtsprechung dem an, was man in Großbritannien als „Super Injunction“ bezeichnet: Man darf nicht mehr über verbotene Äußerungen berichten. (Derzeit ist das Thema gerade wegen der Gag Order gegen Twitter aktuell.) Letzte Woche hat das Hanseatische Oberlandesgericht eine Entscheidung bestätigt, welche den Verdacht des Bundesverfassungsgerichts erhärtet, man kultiviere in Hamburg ein „grundlegendes Fehlverständnis des Gewährleistungsgehaltes der Meinungs- und Pressefreiheit“.
Eine ehemals drogensüchtige Frau war nach ihrem Entzug freiwillig in eine Art Rehabilitationseinrichtung gezogen, in welcher sie wieder an den Alltag gewöhnt und von Drogen ferngehalten werden sollte. Beim Einzug in die mit u.a. Spenden finanzierte Einrichtung musste sie ihre Habseligkeiten und Bargeld in einem „Filzkeller“ einschließen lassen. Andere Patienten berichten davon, man hätte ihnen den Ausweis weggenommen, was kaum mit anerkannten Therapie-Standards zu vereinbaren sein dürfte.
Die Einrichtung machte rein äußerlich einen guten Eindruck, wird als „Fachkrankenhaus“ bezeichnet und von jemandem geleitet, der sich mit den Titeln „Prof. Dr.“ zieren darf. Dieser Doktor allerdings vertritt eher esoterische Konzepte wie „Energietherapie“. Dass die Dissertation nicht die eines „Dr. med.“, sondern eines „Dr. phil.“ ist und offenbar einen anthroposophischen Hintergrund und Doktorvater hat, lässt sich nicht ohne Weiteres erkennen. Die Professur ist die einer einer christlich-konfessionellen Hochschule, wobei man sich schon fragen darf, wie sich denn die anthroposophische Karma-Lehre etc. mit dem christlichen Gedankengut in Einklang bringen lässt. Auch scheint mit den weiteren Bezeichnungen als Psychotherapeut einiges durcheinander geraten zu sein, denn der gute Mann hat nie Psychologie studiert, ist offenbar gerade einmal diplomierter Sozialpädagoge.
In dieser Einrichtung geht es obskur zu. So postuliert der mit zwei windigen Titeln gezierte Sozialpädagoge eine Art karmischen Zusammenhang zwischen Enkeln und Großeltern, zwischen denen ein offenbar erblicher Konflikt bestehe. Dieser sei die Ursache von Drogensucht und könne durch ein Art Ritual bereinigt werden, nämlich durch eine „Familienaufstellung“ – eine höchst umstrittene Therapieform, die von vielen Fachleuten für Quacksalberei gehalten wird. Ein Großteil des Personals besteht aus ehemaligen Bewohnern der Einrichtung, was vornehm als „mangelhafte therapeutische Hygiene“ bezeichnet werden darf.
Um seine diversen Verhaltensregeln wie zum Beispiel ein Verhütungsgebot durchzusetzen praktizierte man in der Einrichtung ein eigenes Strafgesetzbuch: Wer die Hausordnung verletzte, hatte aus seinem Taschengeld ein sogenanntes „Konsequenzgeld“ zu bezahlen. Da es für für solch archaische Strafen keine rechtliche Grundlage gibt, insbesondere schon wegen Interessenkonflikt keine Eigenfinanzierung durch Strafgelder irgendwelcher Art zulässig ist, zählt das bezahlte Konsequenzgeld nach wie vor zum Vermögen der Klienten und müsste eigentlich beim Verlassen der Einrichtung ausbezahlt werden.
Das Seltsame ist jedoch, dass ein reguläres Verlassen der Einrichtung die Ausnahme zu sein scheint. Soweit mir bekannt, nehmen diese Leute irgendwann aus eigenem Entschluss Reißaus. Damit sich derartige Fälle nicht in der Einrichtung herumsprechen, lässt ,man die eingelagerten Sachen nicht abholen, vielmehr übergibt diese der promovierte Sozialpädagoge konspirativ in einem Waldstück.
Nicht nur Sachen werden übergeben, sondern auch Kinder. Diese dürfen nämlich bei ihren Eltern in der Einrichtung wohnen – und müssen es nicht selten, da das Personal den Eltern ihr Sorge- und Umgangsrecht streitig macht. Für jede in der Einrichtung wohnende Person – auch für jedes Kind – kassiert die Einrichtung nämlich pro Monat einen wirklich üppigen Geldbetrag. Die Betreiber müssten geradezu bescheuert sein, ihre Pappenheimer als nicht mehr therapiebedürftig ziehen zu lassen. Die Methoden, mit denen die Sorgerechte streitig gemacht wurden, sind fragwürdig. Auch am Familiengericht hat man sich inzwischen über die Einrichtung eine kritische Meinung gebildet.
Während die meisten der Betroffenen in Scham schweigen, ging vor eineinhalb Jahren eine Frau an die Öffentlichkeit und beklagte sich wegen ihr nicht zurückgegebener Sachen. Sie fragte auch nach dem Verbleib von Konsequenzgeldern und fragte süffisant „Indien?“ Der Sozialpädagoge, in dessen Vorgarten eine Buddha-Statue steht, hatte nämlich einen Spendensammlerverein für Tsunami-Opfer Indien aufgezogen, der übrigens von einer anthroposophischen Bank einen Kredit bekam.
Zwar hat der promovierte Sozialpädagoge bei den Familiengerichten kaum noch Glück, jedoch erkannte sein Anwalt, dass die gesamte Republik sich im Gerichtsbezirk Hamburg befindet und erwirkte bei der ZK 25 zwei einstweilige Unterlassungsverfügungen gegen die mittellose vierfache Mutter. Die Äußerungen seien Tatsachenbehauptungen, für welche sie die Darlegungs- und Beweislast träfe.
Über dieses Äußerungsverbot berichtete mein Mandant in seinem journalistischen Blog, wobei er es nur sinngemäß zusammenfasste, also nicht einmal die konkret verbotenen Äußerungen wiederholte. Er kommentierte die Äußerungen auch nicht weiter, berichtete jedoch wahrheitsgemäß, ihm lägen schriftliche Aussagen von anderen Betroffenen vor, welche die Behauptungen bestätigen. Er wies darauf hin, dass zur juristischen Gegenwehr eidesstattliche Versicherungen benötigt würden, meinte jedoch skeptisch „Das wird nicht reichen“. Der Bericht war schon deshalb ausgewogen, weil ja zutreffend über das antragsgemäß erlassene Verbot berichtet wurde, das Dementi des Quacksalbers damit also mitgeteilt war. Presseanfragen hatte der immer ignoriert.
Das Landgericht Hamburg interpretierte diese Berichterstattung jedoch als üble Nachrede. Mit seiner Äußerung hätte der Mandant beim Leser den Eindruck hervorgerufen, die berichteten Anschuldigungen träfen zu. Tatsächlich allerdings hat der Mandant nur eine fremde Behauptung zur Diskussion gestellt, wobei es ihm freigestanden hätte, sogar eine Meinung darüber zu äußern, dass er der Frau glaubte. Jedenfalls aber hat er das Recht, das Verbot zu thematisieren.
Dennoch sah das Landgericht Hamburg die Berichterstattung als eigene Äußerung. Weder ließ sich das Gericht von eidesstattliche Versicherungen beeindrucken, welche die Version der Frau bestätigten, noch wollte es in einer mündlichen Verhandlung in Mannschaftsstärke aufgelaufene präsente Zeugen hören. Auch in einem anschließenden Hauptsacheverfahren wurde das Persönlichkeitsrecht des Quacksalbers höher gehängt als die Meinungs- und Pressefreiheit meines Mandanten.
Zwar gilt bei Behaupten von Tatsachen eine Beweislastumkehr. Man hätte jedoch die Beweise dazu aufnehmen und bewerten müssen. Die Hamburger jedoch gingen von einem zu erwartenden Patt aus („non liquet“) und sparten sich die Beweisaufnahme. In Hamburg hat nämlich das Persönlichkeitsrecht stets das ausschlaggebende Gewicht, da braucht man sich nicht mit lästigen Beweisaufnahmen rumschlagen. Da hat man Wichtigeres zu tun.
Das Oberlandesgericht Hamburg äußerte die Rechtsauffassung, die Andeutung des Mandanten erwecke „zwingend“ den Eindruck, dass die Anschuldigungen der Frau wahrheitsgemäß seien. Denn der Bericht der fremden Äußerung werde durch den Hinweis auf die bestätigenden Aussagen verstärkt. Auch das Oberlandesgericht wollte keine Zeugen vernehmen oder andere Beweise aufnehmen, sondern bohrte das dünnste Brett und verwarf die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO.
Wie soll man künftig über von Dritten erhobene Vorwürfe berichten? Bisher galt es als Tugend, wenn ein Journalist eigene Recherchen anstellte.
Zur Ehrenrettung des Landgerichts Hamburg ist zu bemerken, dass der Quacksalber in der ZK 24 alle weiteren Verfahren gegen meinen Mandanten verloren hat. Der Mandant hatte sich früher erfolgreich gegen Scientology und die Zeugen Jehovas gestemmt, und wird sich auch von anthroposophischen Energiefeldbeschwörern nicht die Tastatur verbieten lassen.
Der wohlhabende Therapeut übrigens scheute sich nicht, wegen der Anwaltskosten bei der unvermögenden alleinerziehenden Ex-Klientin die Rentenbezüge zu pfänden. Ob das wohl gut fürs Karma ist?
Kein Witz: Das Amtsgericht Hamburg schließt sich in Internet-Krawallfällen der Meinung des Amtsgerichts Charlottenburg an und will § 32 ZPO nur noch bei örtlichem Bezug anwenden.
Der entsprechende Amtsrichter und bereits sein Vorgänger waren stets durch Vernunft und Augenmaß für Hamburger Verhältnisse aufgefallen. Doch obwohl man in der gleichen Kantine isst, hat mich neulich ein gewisser Hamburger Landrichter wissen lassen, er werde am fliegenden Gerichtsstand festhalten. Auch das Landgericht Berlin ist noch nicht zur Vernunft gekommen. Da es im Medienrecht keine Kunst ist, den Streitwert jenseits der 5.000,- Euro zu treiben, wird sich die Meinung des Amtsgerichts kaum praktisch auswirken. Der Moral allerdings tut solch eine Haltung gut!
Der neben § 32 ZPO, den man zur Allzuständigkeitsnorm des Landgerichts Hamburg für Internetdelikte pervertierte, wohl größte Schandfleck in der gegenwärtigen Zivilprozessordnung ist ohne Zweifel der vor einem Jahrzehnt eingeführte § 522 Abs. 2 ZPO. Hat man sich eine Willkürentscheidung in der ersten Instanz eingefangen und die Kosten und Mühen der Berufung auf sich genommen, haben es derzeit die Richter der Instanz in der Hand, ohne Angabe von Urteilsgründen die Berufung zu verwerfen. Diese Aushöhlung des Rechtswegs ist dann besonders fatal, wenn man aufgrund des fliegenden Gerichtsstands im Netz des Zensurkartells am Hamburger Sievekingplatz gefangen ist. Eine Zensur findet statt, nicht aber eine Berufung – sollte es nicht umgekehrt sein?
Obwohl die Probleme mit § 522 Abs. 2 ZPO eigentlich absehbar waren, hat es erst Schmerzen bedurft, bis dieser Missstand endlich mit der erforderlichen Lautstärke in die Diskussion geraten ist. Die Bundesanwaltschaft hat nun ein aktuelles Statement (PDF) nebst zwei Referaten von Prof. Greger und RA beim BGH Dr. Schultz vorgelegt, denen wenig hinzuzufügen ist. Den bereits woanders geäußerten Eindruck, dass sich in Wirklichkeit nicht drei Richter mit der Akte befassen, sondern lediglich der Berichterstatter, und daher nicht wirklich eine „einstimmige“ Entscheidung ergeht, schließe ich mich ausdrücklich an – was gefährlich ist, denn Hamburger Gerichte mögen „Eindrücke“ und Zu-Eigen-Machen derselben überhaupt nicht.
Ich hatte häufig positiv über WikiLeaks und solidarisch mit Julian Assange geäußert. Teilweise allerdings mit Bauchweh, denn als Anwalt seines früheren Partners Daniel Domscheit-Berg hatte ich hinter den Kulissen schon früh einen Einblick in die seelischen Abgründe des Julian Assange. Der einst als Rebell gegen Zensur angetretene Freiheitskämpfer („Information wants to be free!“) hat die gegenwärtige WikiLeaks-Generation von einem liebenswerten Projekt im wesentlichen zweier Freunde in eine straffe Organisation verwandelt, die genau jene Instrumente benutzt, die sie bei anderen kritisiert.
Ausgerechnet der Leaker-Papst will eigene Leaks um jeden Preis verhindern. Während das Anliegen der Geheimhaltung bei einem Projekt wie diesem durchaus nachvollziehbar ist, so ist die Methode der Durchsetzung diesbezüglich entlarvend: Er hat seiner Crew absurde Verträge gestellt, in denen sich diese für Verrat zu hohen Geldzahlungen von bis zu 12 Millionen Pfund verpflichten und auch hierüber nicht berichten dürfen. Ehrensache, dass einer der Leaker diese Farce geleakt hat. Erstaunlicherweise erhielt Assange für diesen Verrat an den eigenen Idealen etwa auf Twitter großen Zuspruch. Assange hat offensichtlich Jünger.
Aus Sicht von CIA & Co. ist das prima gelaufen: Assange diskreditiert sich selbst, die Feinde können die Hände in den Taschen lassen und sich vom Hochsitz aus amüsieren. Assange gehört nun einmal zu den Typen, die das, was sie mit den Händen geschaffen haben, mit dem Hintern wieder einreißen. Schade um eine großartige Idee.
Viele Jurablogger hatten sich Buskeismus-Blogger Rolf Schälike in ihren Blogforen eingefangen, wo der Edel-Troll kenntnisreich die Diskutanten aufzumischen pflegte. Ich habe mich heute in Hamburg persönlich davon überzeugt, dass Schälike ordnungsgemäß seine Ordnungshaft im „Holstenglacis“ antritt. Für fünf Tage ist jetzt Ruhe!
Damit sich allerdings die Hamburger Richterschaft nicht unbeobachtet fühlt, habe ich die restlichen Verhandlungen bei Herrn Buske für Schälike mitgeschrieben. Und das hat sich sogar gelohnt, denn ich wurde auf diese Weise Zeuge einer Rechtsprechungsänderung bzgl. des Kommentierens von Bildnissen. Da hatte es neulich vom OLG ein interessantes Urteil zugunsten der Meinungsfreiheit gegeben, das die Hamburger nun anzuwenden hatte. Ich werde das kommende Woche mal genauer analysieren.
Außerdem habe ich gelernt, dass nicht nur der private Bereich, sondern auch der häusliche Bereich auf Reisen gehen kann, nämlich beim Umzug. Da darf man nun auch nicht mehr knipsen. Ob das auch für den Umzug in den Knast gilt …?
Heute ist ein schwarzer Tag für clevere Anwälte, die den hierfür eigentlich nicht gedachten § 32 ZPO dazu benutzen, um bei Streitigkeiten im Internet einen beliebigen Gerichtsstand zu er… – also geltend zu machen. Normalerweise wird via § 32 ZPO das Landgericht Hamburg zuständig gemacht, weil man da die billigsten Entscheidungen zum Verbieten bekommt. Außerdem kann man den Gegner mit Fahrtkosten nerven.
Hat man jedoch einen Gegner, der sowieso in Hamburg wohnt (und große Teile seiner Freizeit sogar im Landgericht Hamburg verbringt), dann zieht die Verteuerung mit den Fahrtkosten natürlich nicht. Dann ist es besonders schertzhaft, wenn man den Gegner via § 32 ZPO in Berlin, Köln und München vor den Kadi bittet. Das ist bzgl. der Reisekosten für den Anwalt des Gegners insoweit ärgerlich, als dass diese nicht ohne weiteres erstattet werden. Man könne sich ja vor Ort einen Anwalt suchen.
Doch jetzt hat die Zivilkammer 25 des Landgerichts Hamburg endlich erkannt, dass die Nummer mit dem fliegenden Gerichtsstand nicht rechtfertigt, dass sich ein gehijackter Gegner sich in jeder Metropole einen neuen Anwalt suchen muss. Sein Anwalt darf dem Gerichtsstand nunmehr hinterher fliegen. Es handelt sich um die 101. „schöne Entscheidung“ eines Gerichtstouristen, der künftig nun wohl weniger reisen muss.
In den kommenden fünf Tagen hat er ohnehin Pause. Die Berliner Kollegen, die den Mann ab morgen in den Knast gebracht haben, müssen beim Feiern ihrer hart erarbeiteten Leistung wohl mit ALDI-Sekt Vorlieb nehmen: Es fehlen seit heute nunmehr 2.216,05 € in der Kasse …
Vorab: Bevor man dem Journalisten René Pfister den Egon Erwin Kisch-Preis aberkannte, hätte man ihn schon aus Prinzip anhören müssen. So geht man einfach nicht miteinander um, insbesondere dann, wenn man einander schwache Recherche vorwirft.
Dass man ihm diesen Preis aberkannt hat, halte ich für richtig. Zwar hat ein Journalist gewisse Freiheiten der Rhetorik, und es spielt auch keine wirkliche Rolle, ob er dem Seehofer beim Modelleisenbahnspielen zugesehen hat. Aber wer des wohl prominentesten Journalisten-Preises würdig sein will, muss seinem Handwerk nun einmal in gehobenem Maße huldigen.
Unsere „Qualitätsjournalisten“ machen es sich beim Durchreichen politischer PR häufig zu einfach. Vor knapp 10 Jahren hatte man uns das Märchen von Bin Ladens „Alpenfestung“ in den Tora Bora-Höhen erzählt. In einem deutschen Magazin der Qualitätspresse(?) sah ich damals diese Grafik, die wohl eher in einen James Bond-Film oder zu konventionellen militärischen Einrichtungen passen würde. Die „Hightech-Festung“ hatte nach Stand der Forschung wohl nicht einmal elektrisches Licht, auch von einer Camping-Toilette habe ich nichts gehört. Das waren lediglich ein paar Höhlen, die Keyhole 2 nicht checken kann.
Derzeit erzählt man uns, der „Terror-Fürst“ (vormals ganz offiziell leitender Außendienstmitarbeiter der CIA) sei in einem Haus aus 1000 und einer Nacht liquidiert und wie Optimus Prime im Meer entsorgt worden, was man beim SPIEGEL ernsthaft als Nachricht durchgehen lässt. Beißender Spott wie dieser hier hat mit Journalismus mehr zu tun als unkritisches Verbreiten von Propaganda.
Mit Blick auf Stuttgart 21 halte ich Politiker mit Eisenbahnen im Keller für suspekt. Wenn ein auf sein Image bedachter Politiker wie Seehofer sein Hobby „Modelleisenbahn“ in die Öffentlichkeit trägt, dann will ich im Zweifel wissen, ob er wirklich eine hat, oder ob es eine PR-Inszenierung ist. Journalisten, die etwa Politkern glauben, beherrschen ihr Handwerk nicht – jedenfalls nicht meisterlich.
UPDATE: Man hat mich darauf hingewiesen, dass nicht „Optimus Prime“ versenkt worden sei, sondern dessen Gegner „Megatron“. Mag sein. Rubrums-Verwechslung kommt bei Anwälten schon mal vor, wir sind ja nicht scharf auf den Kisch-Preis.