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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


5. Dezember 2011

Breaking News: Buske wird befördert

Der mir in den letzten fünf Jahren so ans Herz gewachsene Vorsitzende Richter von Deutschlands wohl bedeutendster Pressekammer wird ab kommendem Jahr eine Hausnummer weiter im Hanseatischen Oberlandesgericht wirken. Statt in einem vergleichsweise schlichten Sitzungsraum wird er dort gediegenes Ambiente mit hölzernen Stehpulten etc. vorfinden. Es wird erwartet, dass er die Nachfolge der zeitgleich in den Ruhestand gehenden Senatsvorsitzenden Frau Dr. Raben antreten wird, die in letzter Zeit reihenweise die Urteile der Zivilkammer 24 des Landgerichts Hamburg aufhob. Auf Herrn Buske, der derzeit seinen Resturlaub abfeiert, wartet dort bereits Richter Dr. Weyhe, vormals sein Beisitzer in der ZK 24.

Die Personalentscheidung ist durchaus der Erwähnung wert, denn an Herrn Vorsitzenden Richter Buske schieden sich die Geister, waren sich aber jedenfalls darin einig, dass Entscheidungen der ZK 24 nur schwer einzuschätzen waren, sieht man einmal von der scharfen Hamburger Tendenz zum Verbot ab.

Richter Buske irritierte selbst seine Kritiker durch seinen jovialen Arbeitsstil. Souverän domptierte er die skurrilsten Verbieter, Krakeeler und Anwälte. Auch mit seinem hartnäckigsten Kritiker, den Betreiber der Website Buskeismus.de, pflegte er bis auf Ausnahmen einen gelassenen Umgang. Doch die Freundlichkeit des charismatischen Königs der Löwenmähne im Termin täuschte über seine gefährlichen Eingriffe in die Meinungsfreiheit, die viele Justizopfer in den Wahnsinn oder nach Karlsruhe trieb, wo man immer wieder von seinen Entscheidungen abwich.

Künftig nun wird der streitbare Richter also nicht mehr in der praktisch wichtigsten Eingangsinstanz ZK 24 wirken, die fortan von dem dort eingearbeiteten beisitzenden Richter Herrn Dr. Maatsch geleitet wird. Die Serie an die ZK 24 aufhebenden Urteilen am Sievekingplatz 2 dürfte jedoch bald beendet sein.

Freunde der Meinungsfreiheit sollten nicht zu früh jubeln: Als vor Jahren die ZK 25 einen Teil der Internet-Fälle übernahm, wurde es mit dem gleichfalls souveränen Vorsitzenden Richter Schulz noch schlimmer.

Bild: Lurusa Gross.

Piraten werden Partei

Zwei Tage verbrachte ich unter Piraten, die am Wochenende in Offenbach einen neuen Politikstil einläuteten. Kurzfristig hatte mich Telepolis um Berichte und Kommentare gebeten, was ich wegen meiner Mitgliedschaft und dem hiermit verbundenen Interessenkonflikt zunächst ablehnte, obwohl ich praktisch nur passives Mitglied bin und wegen Arbeitsüberlastung nicht einmal die Zeit hatte, mir die Anträge anzusehen. Da die Redaktion jedoch gerade auch subjektive Eindrücke interessant fand, habe ich dem Transparenzgebot folgend unter Hinweis auf mein Partei-E-Book dann doch geschrieben, was mir gerade die Trolle im legendären Heise-Forum ganz furchtbar übel nehmen. Vielleicht hätte ich ja die FDP wirklich nicht als „obskure Kleinpartei“ bezeichnen sollen …

Ich glaube nicht, dass ich „Hofberichterstattung“ gemacht habe, im Gegenteil habe ich den Selbstfindungsprozess passiv beobachtet, mich bei den Inhalten eher zurückgehalten und mich als Pirat lediglich gegen die ignorante bis voreingenommene Presse positioniert – die ja nach dem ersten Tag deutlich brauchbarer wurde. Sogar der FOCUS, der statt mindestens 200 Frauen nur 10 („zehn“) gesehen haben wollte, vermochte seine Vorurteile größtenteils abzubauen. Keiner meiner Kommentare war mit irgendwem abgesprochen oer mir irgendwas eingeflüstert worden.

Über Sachverhalte oder Personen, die ich näher kannte, habe ich wegen fehlender Distanz nicht berichtet. So war ich etwa gemeinsam mit der inzwischen zum Star avancierten Marina Weisband im Wohnmobil angereist, und als ihr Prätorianer hätte ich nun wirklich nicht guten Gewissens über sie schreiben können. Das wäre auch definitiv nicht nötig gewesen, das taten alle anderen.

Einen besonders hörenswerten Kommentar zum erstaunlich reibungslos gelungenen Parteitag sprach der auf Netzthemen spezialisierte Journalist Philipp Banse. Und der war nicht embedded, sondern halt einfach mittendrin.

Ich habe übrigens nur im Einzelfall eine Meinung darüber, ob die Beschlüsse der Piraten gut waren, und ich halte es definitiv auch nicht für richtig, alles basisdemokratisch zu entscheiden, weil der Masse nun einmal Expertise fehlt, Konzepte widersprüchlich werden und Abstimmer durch Rhetorik verführt werden können. Dennoch finde ich den Politikstil der Piraten unglaublich sympathisch, der die etablierten Parteien mit deren von der Lobby untergeschobenen Parteiprogrammen vorführt und bei etlichen Themen in Zugzwang setzt. Es gibt nun eine Alternative im Spektrum der Parteien, die sich an der Parteispitze keine Opportunisten bieten lässt, und die keinen verdeckten Kuhhandel duldet. Anders als die bisherigen Splitterparteien und Verffassungsschutzausgründungen werden sich die Berufspolitiker damit abfinden müssen, dass wir gekommen sind, um zu bleiben.

1. Dezember 2011

Wikipedia hält telecomix für irrelevant

Ein für Anmaßung nicht ganz unbekannter Wikipedia-Mächtiger, der vermutlich im richtigen Leben genau gar nichts zu sagen hat, hielt es für eine gute Idee, den Artikel zum Hacker-Kollektiv telecomix zu löschen. Telecomix hatte sich während des „arabischen Frühlings“ um die Aufrechterhaltung der Informationsstrukturen gegen die staatliche Zensur verdient gemacht, indem man u.a. alte Modems einsetzte, auf welche die staatlichen Zensoren nicht vorbereitet waren.

Da sich zensurfeindliche Hacker nicht so einfach zensieren lassen, entsteht hier im relativ sicheren sogenannten „Benutzernamensraum“ eine neue Version.

@Wikipedia: Wird es nicht langsam mal Zeit, eure Kinderkrankheiten auszukurieren und unqualifiziertes Personal irgendwelchen unschädlichen Beschäftigungen zuzuführen?

Entscheidungsschlacht in der Berliner Pressekammer

Ein bekannter Berliner Medienanwalt, der Showstars, Spitzensportler und ehemalige Bundeskanzler zu vertreten pflegt, störte sich an einer illustrierten Liste von damals 102 Entscheidungen, die zugunsten eines Gerichtsbloggers ausgegangen waren, sowie an einer Presseerklärung. Die Berliner Pressekammer wies die Klage ab, sodass sich die Anzahl der „schönen Entscheidungen“ nunmehr auf 113 erhöhte:

(…) Der Beklagte bezweifelt die Prozessfähigkeit des Klägers. Dieser habe in den Jahren 2008 von dem Beklagten ca. 51.000,00 EUR erstreiten können, zugleich aber hätten der Kläger und „seine Mitstreiter im System XXX & Co.“ in den gegen den Beklagten gerichteten Verfahren Rechtsanwalts- und Gerichtskosten von ca. 105.000,00 EUR zahlen müssen. Daraus ergebe sich, dass bei dem Kläger der seltene Fall der „querulatorischen Prozesssucht“ vorliege.

(…)

1. Das Vorliegen der Prozessfähigkeit und der weiteren Prozessvoraussetzungen prüft das Gericht in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen, § 56 Abs. 1 ZPO. Dies bedeutet indessen nicht, dass das Gericht von sich aus die zur Beurteilung der Prozessfähigkeit erforderlichen Tatsachen zu ermitteln und aufzuklären hat. Vielmehr setzt die Pflicht zur Überprüfung der Prozessfähigkeit erst dann ein, wenn hinreichende Anhaltspunkte für ihr Fehlen vorliegen (BGH NJW 2004, 2523, 2524). Solche Anhaltspunkte sind hier nicht vorhanden. Sie sind insbesondere nicht schon darin zu erblicken, dass der Kläger eine Vielzahl von Verfahren gegen den Beklagten angestrengt hat, von denen er nur einen Teil gewonnen hat. Es ist jedermann unbenommen, gerichtliche Verfahren unabhängig von ihren Erfolgsaussichten anhängig zu machen. So steht es auch dem Kläger frei, seines Erachtens unzulässige Äußerungen des Beklagten anzugreifen, zumal sich aus dem Verlauf der bisher zwischen dem Kläger und dem Beklagten geführten Rechtsstreitigkeiten nichts für die Erfolgsaussichten des hiesigen Verfahrens ableiten lässt.

(…)

An dieser [Begründetheit der Klage] fehlt es allerdings insgesamt. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Unterlassungsansprüche gegen den Beklagten aus einer Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts, §§ 823, 1004 Abs. 1 Satz 2 analog BGB i. V. m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG, weder hinsichtlich der Unterseite „102 schöne Entscheidungen“ (unten 1.) noch hinsichtlich der „Presseerklärung“ (unten 2.) zu.

(…)

Der Beklagte bezweckt mit der „Presseerklärung“ auch offensichtlich nicht die Herabsetzung der Person des Klägers. Er bedient sich nicht einmal besonders scharfer Formulierungen, sondern schildert in sachlicher Form den Ausgang verschiedener Rechtsstreitigkeiten, die 6er Kläger gegen den Beklagten angestrengt hat. Soweit der Beklagte mit Formulierungen wie „Zensoren“, „fragwürdige und umstrittene Gestalten“ und „Die Geheimzensur und deren Vertreter erlitten eine Schlappe“ Meinungen kundtut, verlassen diese nicht den Boden sachlicher Auseinandersetzung und sind daher nicht als Schmähkritik zu werten.

30. November 2011

Strafanzeige gegen AWD-Mächtige in Österreich – Whistleblowing spielte offenbar wesentliche Rolle

Während sich hierzulande abgehalfterte Politiker bei Carsten Maschmeyer schamlos die Klinke in die Hand geben, ermittelt die Wiener Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt in der Causa AWD „gegen rund 20 Personen aus dem Kreis des Managements“ wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs.

Als Verdächtige werden AWD-Gründer Carsten Maschmeyer sowie aktuelle und frühere Geschäftsführer von AWD Österreich und das Unternehmen selbst ausgemacht.

berichtet der Standard.

Die Angelegenheit scheint nicht unerheblich mit den Enthüllungen des AWD-Whistleblowers Maximilian von Ah zusammen zu hängen, der dieses Jahr einen halbherzig getarnten Schlüsselroman über seine Zeit als offenbar AWD-Führungskraft veröffentlicht hat.

28. November 2011

Dr. Nikolaus Klehr – Klagen, bis der Arzt kommt (12)

Der sympathische Nicht-Onkologe Herr Dr. Nikolaus Klehr, der unglücklich darüber ist, dass viele Fachleute an seinen Krebsheilkünsten zweifeln und daher eine beachtliche Anzahl an medienrechtlichen Prozessen anstrengte, vermochte den Bayerischen Rundfunk offensichtlich nicht einzuschüchtern.

Heute nun lief ein neuer, nunmehr 30 Minuten langer Radio-Beitrag auf Bayern 2 über Herrn Dr. Nikolaus Klehrs erstaunliche PR-Gefechte. Auch medizinrechtlich zum Thema „Therapiefreiheit“ und Aufsicht hochinteressant. In den letzten fünf Minuten behandelt der Beitrag die Klagewut des Dr. Nikolaus Klehr.

Ob das alles im Beitrag stimmt, kann ich natürlich nicht beurteilen und erkläre hiermit zur Kenntnisnahme speziell der Zivilkammer 24 des Landgerichts Hamburg, dass ich mich von allen Behauptungen im Bericht distanziere. Man weiß ja nie, was die in Hamburg einem so zurechnen … ;)

25. November 2011

Armatix ./. ZDF: Wohl den Schuss nicht gehört …

Und das einst verbotene Video ist nun wieder da!

Christian Ströbele macht die Streisand

http://www.heddesheimblog.de/2011/11/22/ehefrau-von-bundestagsmitglied-christian-strobele-grune-zeigte-13-jahrigen-heddesheimer-an/

Alles Müller, oder was?

Der neue Verfassungsrichter Peter Müller, dessen Berufung ein wenig Knatsch vorausging, ist aus meiner Sicht ein guter Mann:

Nachdem er vor 12 Jahren Ministerpräsident des Saarlandes wurde, bestand eine der ersten Amtshandlungen darin, Lafontaines Maulkorbgesetz aufzuheben, mit welchem dieser den Nachkriegsrekord in legislativer Pressefeindlichkeit brach. Lafo hatte seinerzeit der Presse verbieten lassen, beim Abdruck von Gegendarstellungen diese kommentieren zu dürfen, etwa im Stil „Die Redaktion bleibt bei ihrer Auffassung“ usw.

Rein persönlich habe ich von dem Mann auch einen guten Eindruck: Vor ca. 15 Jahren assistierte er mir bei einer Veranstaltung des Saarländischen Landtags bei einem Seiltrick. Vielleicht kann ich ja an die Seilschaft bei meiner nächsten Verfassungsbeschwerde anknüpfen …? ;)

23. November 2011

Dr. Nikolaus Klehr – Klagen, bis der Arzt kommt (11)

Nachdem der Anwalt des sympathischen Krebsbehandlers Herrn Dr. Nikolaus Klehr in der mündlichen Verhandlung am Landgericht Hamburg erklärte, er habe nicht ausreichend Zeit gehabt, auf die jüngsten Schriftsätze der Beklagten zu antworten, gewährte ihm die Pressekammer eine Schriftsatznachlassfrist. Knapp 11 Monate nach Einreichung der Klage, die man in Hamburg als unschlüssig bewertete, fallen dem Herrn Dr. Nikolaus Klehr nun plötzlich noch 1,997 kg ein, mit denen er seiner Klage zum Erfolg verhelfen möchte. Allerdings scheinen Masse und Qualität vorliegend in einem umgekehrt proportionalen Verhältnis zu stehen.

Herrn Dr. Nikolaus Klehr erzürnten Websites, die man bei Google-Suchen findet, weshalb er jemanden sowie Google verklagt. Nun ja, wenn man heute nach „Dr. Nikolaus Klehr“ googelt, findet man in der Top Ten nunmehr neue Seiten, die Herrn Dr. Nikolaus Klehr vermutlich nicht gefallen werden. Das haben Sie aber gut hingekriegt, Herr Doktor!